Illig bleibt sich selber treu

(Der folgende Text wurde unter Verwendung des Beitrags mit der Message-ID: <8YxzcmHE3SB@pppoint.stud.UNI-GOETTINGEN.DE> von Dieter Lehmann am 16. Oktober 2002 in de.sci.geschichte erstellt.)

In Illigs Buch über die "größte Zeitfälschung der Geschichte" führt Illig als einen der Kronzeugen für seine Behauptungen den deutschen Diplomatiker Harry Bresslau an. Dummerweise hatte Bresslau an der von Illig "zitierten" Stelle nichts von dem geschrieben, was Illig ihm unterstellt hatte. Auf diese Tatsache hatte Professor Rudolf Schieffer bereits 1997 in seiner Rezension hingewiesen, und Heribert Illig hatte diesen Rezensenten durchaus wahrgenommen.

Hat Illig daraufhin seine Behauptung in seinem 1999, also zwei Jahre nach Schieffers Hinweis, erschienen "Uhren"-Buch[1] modifiziert?

Hier sind die entsprechenden Passagen aus diesem Buch:

[207]
"...Die Datierung nach der Anno-Domini-Methode setzte sich anerkannterweise erst ab dem Jahr 1000 durch. Ab da erhielten immer mehr Urkunden in ihren Datumszeilen den neuen Vermerk. Wollte man etwas übriges tun, so überarbeitete man jene kaiserlichen Urkunden der letzten Jahrzehnte, die ebenfalls eine Anno-Domini-Datierung tragen sollten. Dies gilt auch für jene Urkunden der ersten Jahrzehnte nach 1000, die ursprünglich noch nicht mit diesem Datum versehen waren. Es liegt nahe, daß sich nach dem überraschend schnellen Tod von Otto und Silvester die Datierung nach Christi Geburt nur mit Verzögerung durchsetzte. Insofern ergab sich auch noch nach dem Jahre 1000 Neudatierungsbedarf. Daß es gerade mit
[208]
den Datumszeilen damals im argen lag, hat schon der große Diplomatiker Harry Bresslau registriert, Wilhelm Kammeier dann thematisiert (Bresslau 1958; Kammeier 1935) ..."

[241]
"...Wir finden vor wie nach der Jahrtausendwende Urkunden, die entweder falsche Datierungen tragen oder deren Datumszeilen geändert worden sind. Die Diplomatiker, also die Urkundenforscher, wissen das längst, Standardwerke wie jenes von Harry Bresslau berichten seit vielen Jahrzehnten, daß die damaligen Notare größte Mühe mit dem kleinen Einmaleins und mit der aktuellen Jahreszahl gehabt haben müssen. Als das ein Außenseiter, Wilhelm Kammeier, hervorhob und zur Basis einer Verschwörungsaktion der Kirche gegen das deutsche Kaisertum machte, war erst die Verunsicherung und später die Empörung der Fachleute groß. (vgl. Fuhrmann 244) Seitdem behilft sich die Fachwelt so: Wer unsere Urkunden derart bezweifelt, wird als rechtsnational eingestuft. (vgl. Fuhrmann 1996; Fried 1996b; hierzu Illig 1997c, 277ff.)) Eine solche Diffamierung offenbart aber nur die eklatante Schwäche ihrer Position...."

Es ist also ganz offensichtlich, dass Illig stur seine Behauptung, "A.D. erst ab 1000", wiederholt und sie nach wie vor mit dem Diplomatiker Harry Bresslau "belegt", obwohl ihn Schieffer schon zwei Jahre zuvor auf die Unhaltbarkeit der sachlichen Aussage wie der angeblichen Belegstelle aufmerksam gemacht hatte.

Allerdings wird bei genauem Lesen schon deutlich, dass Illig nun einräumt, dass er lediglich Kammeier nachplappert, ohne selbst auch nur die blasseste Ahnung davon zu haben, was Bresslau wirklich geschrieben hat ...

Illig versucht nicht, seine Glaubwürdigkeit mit sachbezogenen Argumenten zu fördern, die sich auf Recherchen am fraglichen Gegenstand hätten stützen können, sondern vielmehr mit einer verlogenen Verfolgtenlegende, die an das Mitleid der Leser appelliert.

Soviel zur "Stärke" der "Position" des Privatgelehrten Dr. Heribert Illig, die sich sachlichen Argumenten unzugänglich zeigt und weiter mit falschen Belegen operiert.


[1] Heribert Illig, Wer hat an der Uhr gedreht? Wie 300 Jahre Geschichte erfunden wurden, Econ- und List-Taschenbuch-Verlag, München 1999, Econ & List: 26561, ISBN 3-612-26561-X (zurück).


zu Chladek im Netzzur EinleitungDer reale KarlDie WissenschaftEditorial BoockmannRezension SchiefferIlligs ZitierweiseIllig-Vortrag in K&ouml;lnKarolingische FundeSeibers Tischler (Einhard)Nachleben KarlsMillennium - verrücktZurueck zu Chladek
zurückblätternzurückblättern
zurück zum Anfangzurück zum Anfang

Text: Tilmann Chladek / Dieter Lehmann

Kontakt zu Dieter Lehmann

HTML-Fassungen erstellt am 27.11.2005
Zuletzt geändert am 30.11.2005
Copyright © 2002–2010 Tilmann Chladek / Dieter Lehmann

Kontakt zu Tilmann Chladek
zurück nach oben


Zähler