1. Einleitung
In dieser Arbeit möchte ich den Alternativtourismus als Faktor des kulturellen Wandels in der Gemeinde San Pedro La Laguna in Guatemala darstellen und analysieren. Beginnen werde ich jedoch, nach der Vorstellung des Forschungsgebietes, mit einem ethnohistorischen Teil, in dem ich kurz die Geschichte und Aspekte der Kultur der Tz´utujiles, der Maya-Sprachgruppe, der die Einwohner San Pedros angehören, in der Zeit vor der spanischen Eroberung 1524 n. Chr. beschreibe. Weiterhin werde ich, um die kulturellen Wandlungen aufzuzeigen, welche die Conquista mit sich brachte, die historischen Ereignisse und den Akkulturationsprozeß der Tz´utujiles im ersten Jahrhundert nach ihrer Unterwerfung durch die spanischen Eroberer darstellen.

In Kapitel 4 der Arbeit stelle ich die wissenschaftliche Tourismusforschung mit einem Schwerpunkt auf Alternativtourismus vor, sowie den wissenschaftlichen Diskurs bezüglich des Themas Kulturwandel.

Kapitel 5 meiner Arbeit beschäftigt sich mit der Gemeinde San Pedro La Laguna in diesem Jahrhundert, einer Beschreibung des Alternativtourismus vor Ort und schließlich der Analyse seines Einflusses auf den kulturellen Wandel der Gemeinde. Die Erkenntnisse dieses Teiles der Arbeit entstammen zum größten Teil meiner Feldforschung, die ich im Februar und März des Jahres 1997 in San Pedro unternommen habe. Die Tatsache, daß ich auch in den Jahren 1994 und 1996 einige Zeit in San Pedro verbracht habe, 1994 selber primär als Tourist und 1996 um meine Forschung vorzubereiten, versetzt mich in die Lage eine Entwicklung über diese drei Jahre hinweg aufzuzeigen.

Zum Schluß werde ich eine kurze Zusammenfassung meiner Arbeit leisten, in der ich die einzelnen Teile miteinander in Verbindung bringen und ein Resümee ziehen werde.

Im Anhang finden sich die Karten, Tabellen und Abbildungen, die im Text erwähnt werden.



2. Vorstellung des Forschungsgebietes

2.1. Geographische Lage

San Pedro La Laguna ist eine Gemeinde von ca. 10.000 Einwohnern am südwestlichen Ufer des Atitlán Sees in Guatemala (siehe Karten 1, 2). Der Atitlán See ist, nach dem Lago Izabal, der zweitgrößte See Guatemalas (Orallana 1984: 7) und im südlichen Hochland auf einer Höhe von 1562 m ü.d.M. gelegen (Meyers Grosses Taschenlexikon Bd. 2 1994: 194). Der See hat eine Fläche von 126 km² und ist bis zu 384 m tief (ebd.: 194). Am südlichen Ufer erheben sich die drei Vulkane San Pedro (3.029 m), Atitlán (3.537 m) und Tolimán (3.134 m), sowie der kleine Cerro de Oro (1.892 m). Auch das Becken des Atitlán Sees selbst ist vulkanischen Ursprunges und hat keinen oberirdischen Abfluß (Honner 1995: 241).

Das Atitlán See-Becken liegt klimatisch betrachtet in der Zone der tierra templada, die sich über die Höhen von 1.000 bis 2.000 m ü.d.M. erstreckt und eine Jahresdurchschnittstemperatur von 15 bis 20° C hat (Orellana 1984: 6).


2.2. Die Tz´utujiles und ihre Sprache

Die Tz´utujiles bewohnen heute die südliche-, westliche- und nordwestliche Uferregion des Atitlán Sees. In präkolumbischer Zeit erstreckte sich das Machtgebiet der Tz´utujiles, die als drittwichtigste Nation des zentralen guatemaltekischen Hochlandes, neben den Quiché und den Cakchiqueles bezeichnet wurden,(1) bis in die südliche Küstenregion (Orellana 1984: 3). Der Hauptort der prähispanischen Tz´utujiles war Chiya´, oder Atitlán auf Nahuatl. Atl heißt im Nahuatl "Wasser", ti ist eine Verbindungssilbe und tlan ein Suffix, der Nähe ausdrückt, Atitlán heißt also "am Wasser gelegen". Chiya´ oder Chíaa ist das Tz´utujil-Äquivalent zu Atitlán (ebd.: 4). Der Hügel, auf dem der alte Tz´utujil-Hauptort lag, dessen Ruinen Lothrop 1932 (siehe Lothrop 1933) freilegte (siehe Abbildung 1), heißt Chuitinamit. Dieser Name wird in den Quellen jedoch häufig als Bezeichnung für die befestigte Anlage Chiya´ als solche benutzt (ebd.: 5). Weitere Verwirrung stiftet auch die Bezeichnung Tz´iquinajá, welche ebenfalls des öfteren in den Quellen als Synonym für Chiya´ Verwendung findet, die aber eigentlich, als eine Form von Ajtz´iquinajay den prähispanischen Tz´utujil-Herrscher bezeichnet. Ajtz´iquinajay bedeutet "Der vom Hause des Vogels" (ebd.: 5) und bezeichnet zugleich die wichtigste Tz´utujil-lineage und moiety (siehe Kapitel 3.1.2.). Die alte, befestigte Tz´utujil-Hauptstadt lag am Fuße des Vulkanes San Pedro, auf der anderen Seite der Bucht, in der heute der Tz´utujil-Hauptort Santiago Atitlán gelegen ist (siehe Karte 3).

Die Tz´utujil-Sprache gehört neben dem Quiché, dem Cakchiquel, dem Sacapulteco und dem Sipacapa zu dem Quiché-Komplex der Maya-Sprachen (Smailus 1990: 268). Tz´utujil wird heute in den Ortschaften San Lucas Tolimán, Cerro de Oro, Santiago Atitlán, San Pedro La Laguna, San Juan La Laguna, San Pablo La Laguna und Santa María Visitación gesprochen (Orellana 1984: 3). Das Wort tz´utuj bedeudet "in der Blüte stehen" (in Bezug auf Mais, Blumen etc.) und scheint totemistischen Ursprunges zu sein (ebd.: 3).

In der Literatur werden verschiedene Schreibweisen des Wortes Tz´utujil verwendet. Orellana läßt z.B. den Knacklaut weg und schreibt 'Tzutujil'. Ich richte mich in meiner Schreibweise nach dem Diccionario Tz´utujil von Mendoza und Mendoza (1996).

 


1. Edmundson, M.: Quiche-English dictionary. Middle American Research Institute, Tulane University, Publication no. 30. New Orleans 1965, S. 137. (zurück)

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