"Dunkle Zeiten" in Byzanz (Illig-ema(12)-a)

Illigs Umgang mit seinem "Aufhänger" habe ich schon geschildert. Durch das Nichtverstehen(-Wollen) gelangte er zur Idee einer angeblich verfälschten Chronologie. Daß ihm bei seinem Vorgehen ganz flau wurde, wie er S. 12 schreibt ("blümerant"), ist verständlich. Die Skrupel überwindet er dann aber und sucht ebenda nach "Schwachstellen im Geschichtsablauf".
Zur byzantinischen Geschichte will er 'Stellen' entdeckt haben, die seine Ansicht bestätigen sollen. Er führt u.a. ein Zitat von Peter Schreiner an, der von einem Nachlassen der Geschichtsschreibung ("historische Tradition") während der als "dunkle Jahrhunderte" bezeichneten Epoche zwischen 600 und 800 schrieb. Aus jener Zeit seien keine eigenständigen Geschichtswerke erhalten. Na und, möchte man da sagen, das heißt doch nicht mehr und nicht weniger, als daß es aus dieser Zeit also Geschichtsschreibung gab, nur eben im Vergleich zur Zeit davor deutlich weniger. Werke, die als eigenständige, unabhängige Leistung anzusehen anzusehen wären, sind nicht erhalten geblieben, wohl aber solche, denen geringerer historiographischer Wert zugeschrieben wird.
In dem "Byzanz"-Band von Peter Schreiner (München 1986 [Grundriß der Geschichte; Bd.22]) hätte Illig Erläuterungen finden können (S. 109 ff.), welche Quellen heute noch verfügbar sind und warum das so ist. Illig zog es vor, dies nicht zur Kenntnis zu nehmen.
Statt dessen bringt er ein Zitat, nach dem die byzantinische Literatur im 7. Jahrhundert auf einmal erloschen sei. "Man schrieb nicht mehr, man baute nicht mehr". Dies will er einem Werk über "Byzantinische und russische Malerei" entnommen haben, das 1966 erschienen war. Keiner Untersuchung also, die sich mit der byzantinischen Literatur oder Architektur befaßt hat. Zwar betont Illig, die von ihm gebrachten Zitate seien nur Resultate einer ersten Suche. Statt mit Zitaten aus abseitigen Titeln zu operieren, wäre es aber sinnvoller gewesen, wenn er zunächst ein Standardnachschlagewerk wie den auch viel aktuelleren Grundriß-Band von Schreiner zu Rate gezogen hätte. Dort hätte er die mit einem aus sachfremdem Zusammenhang gerissenen Zitat begründete Behauptung widerlegt finden können (vgl. Schreiner, S. 82 ff.).


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Text: Dieter Lehmann

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HTML-Fassungen erstellt am 11.9.1999
Zuletzt geändert am 30.11.2005
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