Memoiren Bericht |
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Abschuß RB-66
Aufgrund des Kalten Krieges gab es über unserem Territorium eine Reihe von
Abschüssen westlicher Militärmaschinen. Durch die besonderen Lage erfolgten diese
Abschüsse durch sowjetische Jäger.
Bereits am 28. Januar 1964
war eine
T-39 abgeschossen worden. Kurz darauf darauf, am 10. März 1964, kommt es wieder
zum Abschuß:
Ein Luftbildaufklärer vom Typ
RB-66
der
USAF / 10th TRW / Alconbury dringt von Sembach kommend mit
Spionageauftrag in den Luftraum der
DDR ein. Südlich von Altenhausen (Kreis Haldenseben) wird der Aufklärer
von sowjetischen Jagdfliegern gestellt, zur Landung aufgefordert und,
als die Besatzung nicht reagiert, mit Warnschüssen auf den Ernst der
Lage aufmerksam
gemacht. Als alle Forderungen unbeachtet bleiben, wird die RB-66 von MiG-19
abgeschossen. Die Trümmer stürzen auf ein freies Feld nördlich von
Gardelegen. Ein
Besatzungsmitglied wird beim Absprung leicht verletzt. Alle drei
Besatzungsmitglieder,
Capt. Holland, Capt. Kessler und First Lieutenant Welch, kehren nach
vier Wochen zurück.
Hauptmann Sinofjew
wurde, wie der andere Paarführer Hauptmann Iwannikow, mit dem Rotbannerorden ausgezeichnet. |
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Vergrößerung auf das Bild klicken:
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Ein Wrack-Foto
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Die Luftraumverletzung fand während eines Manövers
der GSSD in der DDR statt. Zur Bekämpfung des Luftziels wurde ein Paar
(das "diensthabende" von den
"Nördlichen") von Wittstock - mit dem Führenden Sinofjew - und ein Paar
unter der Führung von Iwannikow aus
Zerbst (ebenfalls das "diensthabende", von den "Südlichen", welches
wegen des Manövers von Zerbst nach Altengrabow verlegt hatte)
herangeführt. Die Beiden schossen auf das Luftziel, sowohl
mit Kanonen als auch mit S-5-Raketen. Iwannikow fügte sich dabei einen
eigenen Treffer (durch Splitter) in einen Treibstoffzusatztank zu, weil
er bei der Bekämpfung mit den Raketen zu dicht an das Ziel ging .
Nunmehr liegt der Bericht eines der sowjetischen Piloten
vor, die den Abschuß durchführten. Der Bericht wurde im Heft 03/02 der russischen
Zeitschrift "MiA" (Mir Aviazia) veröffentlicht:
Bericht Melde, am 10.
März 1964, befand ich mich in der Gefechtsbereitschaft der 2. Stufe, um 16.46 Uhr
(Moskauer Zeit) erhielt ich das Kommando vom Gefechtsstand der Jagdfliegerdivision in die
1. Stufe überzugehen und zu starten. Im Verlauf des Startes kam das Kommando zum Rollen
zur Startbahn, zum Start mit Nachbrenner und ein Abdrehen nach den Start auf Kurs 330°.
Der Start erfolgte um 16.49 Uhr mit Kurs 249° und einer folgenden Drehung auf Kurs 330°.
Im Steigflug, bei einer Höhe von 5.000 m erhielt ich die Information:
"Realer Luftraumverletzer, mir Kurs 90°, in einer Flughöhe von 10.000 m. Fortsetzen
des Aufstieges und Vorbereiten der Zieleinrichtung und der Waffen zum Schießen". Bei
der Höhe von 8.000 m kam die Meldung: "Ziel links, höher 2.000 m, mit ihm ein
Abfangjäger".
Um 16.53 Uhr, links, unter einen Winkel von 80°, auf einer Weite von
10 km, höher 2.000 m, bei guter sichtbarer Inversion wurde das Flugzeug des
Luftraumverletzer gesichtet sowie auf einer Distanz von 500 - 600 m und einen Intervall
von 300 - 400 m vom luftraumverletzenden Flugzeug der Abfangjäger des Hauptmannes
Sinowjew. Um das luftraumverletzende Flugzeug und das Flugzeug des Hauptmannes Sinowjew
nicht aus den Sichtfeld zu verlieren, wurde eine energische Linkskurve ausgeführt, um so
den Ausgang auf das Ziel von der hinteren Hemisphäre zu erreichen. Im Zuge der Kurve und
der nachfolgenden Annäherung ans Ziel zwecks Feuereröffnung, beobachtete ich die
Aufforderung des Hauptmannes Sinowjew zur Landung des luftraumverletzenden Flugzeuges
sowie die Warnschüsse des Hauptmannes.
Nach den Warnschüsse führte das Ziel eine linke Kurve auf Kurs 270°
durch, in dessen Verlauf Hauptmann Sinowjew das Feuer zur Vernichtung aus den
Flugzeugkanonen eröffnete. Resultate des Schießen von Hauptmann Sinowjew waren nicht zu
beobachten. Nach der zweiten Hälfte der Kurve ergab sich die Ausgangslage für ein
Angriff: Intervall 400 - 500m, bei einer Distanz von 300 - 400 m sowie einen Visierwinkel
von 70 - 75°. Nachfolgend wurde unter zu Hilfenahme der Abgase des luftraumverletzenden
Flugzeuges die Entfernung auf 200 m verkürzt.
Um 16.57 Uhr, nach den Abbruch des Angriffes von Hauptmann Sinowjew,
vollzog ich eine innere Linkskurve und erhielt den Befehl des Gefechtstandes der
Jagdfliegerdivision zur Feuereröffnung und Vernichtung mit unlenkbaren Raketengeschosse
S-5, mit einer Reichweite von 150 m sowie einer Zielverkürzung von 0/4. Die Spur der
Rakete und der Treffer waren deutlich zu beobachten. Im Ergebnis des Treffers zeigte sich
Rauch im Bereich des linken Triebwerkes. Auf Grund der geringen Schußweite und des kurzen
zeitlichen Intervalls kamen unwillkürlich Splitter in die Flugbahn, mit den Folgen eines
Durchschlages des rechten aufgehängten Zusatztanks, was nach der Landung festgestellt
wurde. Wegen der Schnelligkeit des Luftkampfes, als auch die schnelle Verkürzung der
Schußentfernung, war ein weiteres Schießen mit den Raketengeschosse unmöglich, da bei
einer Entfernung unter 110 m, die Zeit zum scharfmachen des Zünders R-3 des
Raketengeschosses S-5 nicht gewährleistet war und so ein weiteres Schießen mit Ihnen
nicht effektiv wäre.
Bei einer Entfernung von 80 - 100 m, erfolgte der Beschuß mit dem
Flugzeugkanonen NR-23. Beobachtete einzelne Treffer im Bereich des Stabilisators und im
unterem Bereich des Flugzeugrumpfes, bei den Bremsklappen. Das Ergebnis des Angriffes
meldete ich den Gefechtsstand der Jagdfliegerdivision. Die Attacke wurde mit den Abflug
nach Rechts mit steigender Höhe beendet.
Nachfolgend ist das Ziel mit einer zunehmenden Linksneigung in eine
tiefe Spirale übergegangen. Beobachtet das Öffnen dreier Fallschirme. Nach der Meldung
an den Gefechtsstand über die Fallschirmabsprünge und der Explosion des
luftraumverletzenden IwannikowFlugzeuges, erhielt ich den Befehl zum Abflug aus der Zone des
Luftkampfes und zur Landung auf dem Flugplatz "Altes Lager".
Um 17.15 Uhr erfolgte die Landung auf dem Flugplatz "Altes
Lager".
Chef (Leiter) PDS
Dienstältester Flieger
Hauptmann Iwannikow |
Hauptmann Iwannikow landete beim 833. IAP in "Alten Lager",
Jüterbog. Aus technischer Sicht ist hier interessant, dass die MiG-19 des
Hauptmanns offensichtlich u.a. mit Kanonen vom Typ "NR-23"
ausgerüstet war, obwohl MiG-19 eigentlich über "NR-30" verfügten.
(Kanonenbewaffnung: NR-37 + 2x NR-23) |
(NR-30; fotografiert im Luftfahrmuseum Krakau 2004) |
Das erste Baumuster der MiG-19, die SM 9, bildete den
Prototypen für die ab 1954 an die Regimenter ausgelieferten Überschallflugzeuge
dieser Baureihe. Sie waren mit 2 Triebwerke AM 5F sowie einer Bordkanone N-37D
und zwei NR-23 ausgestattet. Die Bordbewaffnung entsprach somit noch der MiG-17.
Auch fehlte u.a. der spätere charakteristische Gestängetunnel an der
Rumpfoberseite. Dieses Baumuster kam in den Truppendienst (kleine Serie, daher
relativ unbekannt, einige Fotos finden sich auf
airwar.ru)
und wurde kurze Zeit später mit der Variante MiG 19 S verbessert. Es handelte sich bei
der MiG-19 von Hauptmann Iwannikow offensichtlich um einen solchen "Exoten", um
eine MiG-19 SM 9.
Nunmehr liegt ein weiterer Bericht vor, hier von
einem beteiligten sowjetischen General. Der Bericht erschien als Teil einer
Laudatio zum 65. Jubiläum der 16. Luftarmee und ist "aus höherer Sicht"
geschrieben.
Der Autor des Artikels I. I. Pstygo wurde am 10. April 1918 geboren.
Im 2. Weltkrieg war er bei den Bombenfliegern und beendete den Krieg als
Geschwaderkommandeur. Zwischen 1960 und 1967 befehligte er die 16. Luftarmee der
GSSD. Danach folgten verschiedene Dienststellungen bei den Luftstreitkräften und
im Verteidigungsministerium der UdSSR. I. I. Pstygo wurde 1975 Marschall der
Flieger und 1978 Held der Sowjetunion.
Der Artikel selbst ist in recht martialisch-patriotischem Ton geschrieben, mit
typisch sowjetischen Redewendungen – was ggf. im Wesentlichen am
Selbstverständnis des Autors liegt. Möglich auch, dass die Passagen einem Buch
entnommen sind, das Pstygo vor einigen Jahren zu seiner Arbeit bei der 16.
Luftarmee geschrieben hat. Einige der genannten Fakten sind ungenau, so wird
schon in der Überschrift wird von einem Abschuss über Berlin gesprochen .... nun
ja bei der damaligen Größe der Sowjetunion liegt Gardelegen schon „bei Berlin“.
Ebenfalls verwirrt ein Hinweis auf Führungspunkte der 16. Luftarmee und der GSSD
"30 bis 40km" östlich von Berlin. Andere Details sind wieder sehr interessant,
wie das Heranleiten der MiG-19 aus der Sperrflugzone über den Manövertruppen.
„Das Flugzeug
abgeschossen, die Besatzung in Gefangenschaft!“
Es geschah im Frühjahr 1964. Über Berlin wurde ein Luftraumverletzer
abgeschossen. Abgeschossen von Piloten der 16. (24.) Luftarmee, welche zu dem
Zeitpunkt von General I. Pstygo kommandiert wurde. Der Held der Sowjetunion,
Marschall der Flieger Iwan Iwanowitsch Pstygo berichtet über diese
Ereignisse.
Im Frühjahr 1964 führt der Oberkommandierende der GSSD, der Armeegeneral und spätere
Marschall der Sowjetunion, I. Jakubowskij ein großes Manöver zur Überprüfung
der Gefechtsbereitschaft von Truppenteilen und Verbänden durch. Dieses
Manöver beobachtete auch eine große Gruppe führender Militärs mit dem Stellvertreter
des Verteidigungsministers Marschall der Sowjetunion A. Gretschko und dem
Chef der Luftstreitkräfte Hauptmarschall der Flieger K. Werschinin an der
Spitze.Die
Manöverhandlungen fanden auf dem größten Truppenübungsplatz in der DDR
bei Magdeburg statt. Von beiden Seiten wurden in großem Masse
Fliegerkräfte eingesetzt. Der Führungspunkt der Luftarmee befand sich
30 km östlich von Berlin, etwa 6 bis 8 km weiter lag der
Führungspunkt der Streitkräfte. Auf dem ersten befand sich,
entsprechend dem Plan des Manövers, mein Stellvertreter General
Modjajew, auf dem zweiten alle leitenden Personen, darunter war auch
ich.
Als
es bis zum Beginn der „Kampfhandlungen“ buchstäblich nur noch Minuten
waren, erreichte mich eine Meldung von General Modjajew: "Wir haben
einen Luftraumverletzer, Geschwindigkeit 850 bis 900 km/h, Höhe
8.000 m, der Kurs führt aus Westen kommend in Richtung des
Übungsgebietes." Das hörte der neben mir stehende Oberkommandierende
der GSSD Iwan Ignatjew Jakubowskij: "übermittle Deinen Piloten, sie
sollen das präzisieren und wenn es wirklich ein gegnerisches Flugzeug
ist: angreifen"
Von unseren Flugzeugen konnte nur die Il-28 mit dieser Geschwindigkeit und
in dieser Höhe fliegen, ich hatte davon eine ganze Menge, eine
Bombenfliegerdivision und ein Aufklärungsgeschwader, die befanden sich zu
dem Zeitpunkt aber alle am Boden. Transportflugzeuge schieden aus, bei
dieser Geschwindigkeit. Das Wichtigste war der Kurs von Westen, der
Führungspunkt hatte das Ziel natürlich aufgefaßt und begleitete es, die
Meldung von Modjajew kam im letzten Moment, länger hätte er nicht warten
könne - Ich habe Sie verstanden Genosse Oberkommandierender! Antwortete ich. An Modjajew übermittelte ich den Befehl:
"Den Luftraumverletzer abschießen!"
Die Dynamik der Ereignisse erfuhr ich einige Zeit späte. Alles lief so ab,
wie es sich gehörte. Modjajew schickte ein Paar MiG-19, die über unseren
Truppen in der Sperrflugzone kreisten, dem Eindringling entgegen. Die
erfüllten de Befehl!
Modjajew meldete: "Das Flugzeug wird angegriffen, jetzt ist ein Fallschirm zu sehen, ein
zweiter, jetzt ein dritter..."
Iwan Ignatjew Jakubowskij sprang von seinem Stuhl auf: "Was, habt ihr ein Transportflugzeug abgeschossen? Ach ihr..."
Die
Aufregung des Oberkommandierenden war verständlich, gerade erst war ein
vierseitiges Abkommen (USA, GB, Frankreich, UdSSR) über den
ungehinderten Flug von Transport- und Passagierflugzeugen über das
Territorium der DDR unterschrieben worden. Über zeitweise
Einschränkungen hatten die Beteiligten rechtzeitig zu informieren. In
diesem Fall hatten wir das getan und über ein Flugverbot für die Zeit
des Manövers informiert, aber was war nicht alles möglich ... Dann
folgte die Nachricht vom Führungspunkt der Luftarmee: "Das Flugzeug ist
im Gebiet unserer Truppen abgestürzt, der Bereich ist abgeriegelt, die
Besatzung wurde gefangen genommen, Modjajew ist auf dem Weg zum Ort der
Ereignisse."
Der umsichtig handelnde Modjajew untersuchte die Trümmer und brachte ein
großes Stück mit dem Kennzeichen der amerikanischen RB-66 per Hubschrauber
zu uns auf den Führungspunkt. Das erregte die Aufmerksamkeit der Anwesenden.
"Nun, was habt ihr da? Fragte Marschall Gretschko, der gerade das Zeichen
zum Beginn der Schlacht geben wollte."
Jakubowskij meldete:
- Genosse Marschall der Sowjetunion, unsere Piloten haben einen
Luftraumverletzer über dem Territorium der DDR abgeschossen. Die Besatzung
aus 4 Mann ...
- Wie, vier Mann? Unterbrach ihn Gretschko. Ein Transportflugzeug habt ihr
abgeschossen, ach ihr Helden!
Ich trat vor und stand meinem Kommandeur bei:
- Nein, kein Transportflugzeug, das abgeschossene Flugzeug war eine RB-66,
der übliche Aufklärer der USA. Hier ein Trümmerstück, das General Modjajew
vom Ort der Ereignisse mitgebracht hat.
- Nun, das ist eine andere Geschichte, antwortet der inzwischen beruhigte
Gretschko. Was ist mit der Besatzung?
- 2 wurden gefangen genommen, einer befindet sich verletzt im Krankenhaus,
der vierte kam ums Leben, sein Fallschirm hat sich nicht geöffnet.
Gretschko richtet sich zu voller Größe auf und sagte:
- Prachtkerle! Das Manöver beginnt mit einem realen Gefechtseinsatz. Danke!
Blicken wir nun auf diese Episode im Zusammenhang mit den laufenden
Ereignissen zu der Zeit:
In der DDR lief ein großes Manöver, zu dem leitende Militärs aus der UdSSR
und den anderen Ländern des Warschauer Vertrages anwesend waren – das ist
natürlich auch dem „Westen“ nicht verborgen geblieben. Von dort schickte man
einen Aufklärer mit der modernsten Foto- und Filmausrüstung, Funk- und
Funkmessaufklärungsgeräten, die alles aufnehmen sollten, was bei dem Manöver
geschah. Die RB-66 flog mit maximaler Besatzung, die zur Bedienung der
Anlagen nötig war. Offensichtlich rechnete man damit, die Aufgabe vor dem
Hintergrund der vielen Flugbewegungen des Manövers unbemerkt erledigen zu
können.
Für unsere Truppen, die angetreten waren ihr Können und ihre Erfahrungen bei
Kampfhandlungen unter realitätsnahen, aber doch Übungsbedingungen unter
Beweis zustelle, war das Auftauchen der RB-66 als realer Gegner eine
zusätzliche Stimulierung. Die Kommandeure und Politarbeiter nutzten das
intensiv bei der militär-patriotischen Ausbildung. Das ungeplante Ereignis
half so, noch bessere Ergebnisse im Manöver zu erreichen.
IwannikowDer Jagdflieger Hauptmann Sinowjew, der den Eindringling abgeschossen hatte,
wurde mit dem Rotbannerorden ausgezeichnet, eine Auszeichnung erhielt auch
sein Geführter. Aber auch alle anderen Piloten der Luftarmee fühlten sich
besonders geehrt.
Am Ende sei noch bemerkt, dass der verletzte Amerikaner (er war mit dem
Leitwerk seiner Maschine zusammengestoßen und hatte sich an der Wirbelsäule
verletzt) in unserem Lazarett operiert wurde. Er wurde wieder gesund. Als
eine Delegation erschien, um ihn in die Heimat zurück zu holen (aus der
Gefangenschaft), waren auch Verwandte dabei, die sich herzlich bei unseren
Ärzten bedankten. |
Ein paar Wochen später bringt das "Neues
Deutschland" folgende lapidare
ADN-Meldung:
Der "Schwarze Kanal", Nr. 208 vom 30. März 1964 widmete sich u.a. auch diesem
Thema. Die handschriftlichen Notizen von Karl Eduard von Schnitzler sind im
Deutsches
Rundfunkarchiv online einsehbar. Dazu gehört ebenfalls die Mitschrift einer
entsprechenden TV-Sendung des BRD-Fernsehens. Darin wird u.a. die abenteuerliche
These wiedergegeben, die RB-66 sei in die "Zone" gelockt worden, um ihr eine
Falle zu stellen .....
Valentin Falin[externer
Link] schreibt dazu - wobei wohl er die
Dienstgrade durcheinander bringt - in seinen "Politischen
Erinnerungen", Knaur Taschenbuch (September 1995):
»Kaum jemandem werden konkrete Assoziationen kommen, wenn
ich zwei tragisch endende Verletzungen des Luftraums der DDR durch
amerikanische Flugzeuge erwähne. Nach dem zweiten Zwischenfall verlangte
Washington Beweise dafür, daß das Flugzeug nicht durch schlechte
Wetterbedingungen vom Kurs abgekommen sei (Version der USA), sondern
Spionagetätigkeit betrieben habe (sowjetische Erklärung).
Über den Generalstab erfrage ich Einzelheiten. Die
abgeschossene Maschine war für Aufklärung ausgerüstet. Beim Absturz waren
die Foto- und radiometrischen Apparate zerstört worden. Der am Leben
gebliebene Oberstleutnant, der bei uns in einem Krankenhaus lag, bestritt
nicht, daß die Besatzung eine Kommandoaufgabe zu erfüllen hatte, doch unter
Berufung auf seine Dienstvorschrift lehnte er jede Art von Präzisierung ab.
Ich bat, ein Experiment ausführen zu dürfen. Ich ließ den
Film, der in den Kassetten gefunden worden war und als belichtet galt, doch
entwickeln sowie die gespeicherten Daten sämtlicher an Bord befindlichen
Geräte dechiffrieren. Am anderen Tag ist mein kleines Arbeitszimmer voll von
höheren und hohen Offizieren. Das Experiment ist geglückt. Wir haben
großformatige Aufnahmen in der Hand, die elektronische Signale der
sowjetischen und der DDR-Luftraumbeobachtungsposten fixieren. Auf meine
diesbezügliche Frage kommt die Antwort: Nein, aus dem zentralen oder dem
südlichen Korridor lassen sich derartige Daten nicht erbringen. »Also werden
wir die Amerikaner mit den Beweisen bekanntmachen. Welche Aufnahme bringt
uns den geringsten Schaden, Wenn wir sie der anderen Seite in die Hand
geben?« »Auf keinen Fall dürfen die Aufnahmen an die Amerikaner gegeben
werden. Jede von ihnen ist das Leben von ein paar Fliegern wert«, erklärte
ein General, der Ranghöchste der Gruppe. »Das wird Nikita Sergejewitsch
entscheiden, er hält diese Affäre unter Kontrolle. Solange nicht befohlen
ist, alles abzugeben, stellen Sie fest, was uns am wenigsten schadet. «
Den Vertretern der USA wurden zwei oder drei Aufnahmen
übergeben. Kennedy zog einen Schlußstrich unter den Zwischenfall. Das
amerikanische Kommando, das mit "ablenkenden Erklärungen« seinen
Oberbefehlshaber irregeführt hatte, erhielt Order, dreißig Meilen Distanz
von der DDR-Grenze zu halten. Daraufhin wurde es ruhiger.«
(Hervorhebungen von mir) |
Natürlich werden die abgeschossenen Piloten "im Westen"
weiterhin als
Helden gefeiert und ein purer Navigationsfehler als Grund für den Einflug in die
DDR angegeben:
(pdf-File, 230 kb)
Westliche Darstellung, nach einem Artikel in der
Zeitschrift "Combat Aircraft"
von
USAFEDie 19th Tactical Reconaissance Squadron
(taktische Aufklärungsstaffel; TRS) in Toul flog nur RB-66B (den
Photoaufklärer mit den Mann Besatzung), die RB-66C (mit 7 Mann Besatzung,
davon 4 Eloka-Offiziere) wurde von der Schwesterstaffel 42d TRS eingesetzt.
An besagtem 10. März befand sich die Maschine 54-0541 (oft irrtümlicherweise
als 54-0451 aufgeführt, eine RB-66C, was die Verwirrung mit den Typen
erklärt) auf einem Übungsflug, um einen neuen Navigator (Lt. Welch) zu
testen. Um den Navigator prüfen zu können, wurde der Radiokompass des
Flugzeugs auf den VORTAC-Sender des Heimatflughafens (Toul-Rosieres)
eingestellt, damit er in einer gewissen Entfernung seine Wirkung verlor und
der Navigator tatsächlich auf sich gestellt war. Vorgesehen war ein
Hi-Lo-Hi-Profil mit Photographien von Objekten im Osnabrücker Raum in
niedrigerer Höhe. Obwohl es nach durchsichtiger Ausrede klingt, wies der
Kompass aufgrund der Fehlfunktion einer Spule (coil) einen Defekt auf, der
zu einer Missweisung um c. 90 Grad führte. Dieser Fehler hatte bereits
früher zum Verlust einer RB-66 über dem Atlantik geführt, die sich auf dem
Weg zu den Azoren verirrte und aus Treibstoffmangel abstürzte. Im Fall der
54-0451 führte derselbe technische Fehler zum Einflug in den Luftraum der
DDR. Das Wendemanöver hatte nichts mit einem Fluchtversuch zu tun, sondern
entsprach zusammen mit dem Sinkflug dem vermeintlichen Anflug auf das erste
"Ziel" (low-level photo run). Dass die Maschine beschossen worden war,
bemerkte Cap Holland erst als sie manövrierunfähig gen Boden stürzte. Die
Sache mit den Düppeln (Alu-Streifen) ist durch einen Blick auf
zeitgenössische Photos und weiter Nachforschung leicht zu erklären: Ab 1960
wurde die doppelte Bordkanone im Heck bei den R/B-66 gegen einen
ECM-Heckkonus, u.a. mit Düppeln ausgetauscht, die auch auf normalen Flügen
mitgeführt wurden. Bereits vor 1964 flogen auch die normalen Photo-RB-66B
(also nicht nur die C-Modelle der auf ECM spezialisierten 42d TRS) zu
Trainingszwecken Störmissionen gegen NATO-Radaranlagen unter dem Codenamen
"Dancing Girl". Dies erklärt die Beobachtungen von W. Preisler und einiger
anderer Zeugen hinreichend. 1965 wurden die langsamen RB-66B als
Photoaufklärer durch die RF-4C abgelöst. Für einen schnellen Überflug bei
Tag wären die RF-101 des 66th Tactical Reconaissance Wing (taktische
Aufklärungsgeschwader; TRW) aus Laon ohnehin geeigneter gewesen. Es gibt
also keinen Anlass für Verschwörungstheorien. Zudem wurde der
Geschwaderkommodore des 10th TRW nach dem Abschuss gefeuert und die
Besatzung der 54-0541 nach ihrer Rückkehr in Einzelverhören "gegrillt". Erst
nachdem ein Navigator der Staffel gegen heftigen Widerstand der
USAFE-Hierarchie die Erlaubnis erhielt auszuprobieren, seine Theorie einer
Fehlfunktion der o. g. Kompassspule zu überprüfen und sein Testflug zum
gleichen Profil führte wie derjenige der 54-0541, wurde die abgeschossene
Besatzung rehabilitiert.
Diese Zusammenhänge sind schon seit 1990 bekannt (damals veröffentlichte
Cap Holland seine Erinnerungen in einem Artikel in den USA: "Check Ride to
Soviet Detention"), der aber nur schwer allgemein zugänglich gewesen sein
dürfte. |
Verwirrend an dieser Darstellung sind weniger die
englischsprachigen Fachvokabeln als die Geographie: Demnach lag das
Geschwader in "Alconbury", Großbritannien (52°22'31.63"N
0°13'20.91"W)
und die Staffel in "Toul-Rosieres", Frankreich (48°46'56.30"N
5°58'46.15"E). Allerdings flog die Maschine nach DDR-Darstellung von "Sembach
kommend" in den DDR-Luftraum ein. Sembach liegt in der BRD (49°30'18.79"N
7°51'50.80"E) und war eine US-Air-Base. Der Platz soll jedoch wegen seiner
zu kurzen und welligen Rollbahn für die B-66 ungeeignet gewesen sein. Bereits
1957 sollte eine der dort ansässigen Staffeln, die 30th TRS auf die B-66
umgerüstet werden, zog aber nach Spangdahlem und 1959 von dort nach Alconbury
um. Die 19th TRS war nie in Sembach stationiert, allerdings eine Zeitlang dem
dort ansässigen o.g. 66th TRW unterstellt; vielleicht rührt die Information
daher ... Im betreffenden Jahr 1964 lagen in Sembach jedoch keine geschlossenen Fliegereinheiten. Demnach käme ggf.
höchstens eine kurzzeitige
Verlegung von Flugzeugen der 19 TWS oder eine Zwischenlandung in Frage. Das paßt das
aber
dann nicht zur Darstellung der "Combat Aircraft": "Um den Navigator prüfen zu
können, wurde der Radiokompass des Flugzeugs auf den VORTAC-Sender des
Heimatflughafens (Toul-Rosieres) eingestellt, ...."?!
Für die "54-0541" (RB-66B), statt "54-0451"
(RB-66C) spricht m.E., daß es "nur" drei Mann Besatzung waren. |
Die Magdeburger "Volksstimme"
brachte vor Jahren ein Artikel zum Thema, in dem örtliche Zeitzeugen zu Wort
kamen. Einleitend hieß es:
»Viele Bürger erinnern sich an den Abschuss des amerikanischen
Spionageflugzeuges 1964 / Dr. Schroller behandelte Verletzte
Die Geschehnisse am 10. März 1964 sind vielen Menschen aus dem Raum Gardelegen
noch gut in Erinnerung. Zahlreiche Leser meldeten sich bei der Volksstimme,
nachdem wir am Dienstag über den Abschuss eines amerikanischen
Spionageflugzeuges vor 42 Jahren berichtet hatten." Der Erstkontakt mit der
einheimischen Bevölkerung wurde wie folgt geschildert: Willi »Gille hielt an,
ging hin, sah einen der Piloten, der offenbar Schmerzen hatte. "Seine linke
Seite schmerzte", Blut habe er nicht gesehen, sagt Gille. Die Verständigung
funktionierte mit Handzeichen und mit wenigen Worten. "Hospital", sagte Gille
und deutete an, dass er den Mann ins Krankenhaus fahren wollte. Einen Fallschirm
hatte der Flieger nicht mehr, auch keine Fliegermütze mehr auf. "Is this West
Germany?", fragte der Amerikaner. "Ich habe geantwortet : 'DDR'. Da hat er das
Gesicht verzogen", erinnert sich Gille. Angst habe der Amerikaner aber nicht
gehabt : "Der war einigermaßen gefasst."«
Vielen Dank an
Jan, für die Übersendung des
russischen Artikels aus der MiA, André für dessen meisterhafte Übersetzung.
Der Dank für den zweiten Artikel geht uneingeschränkt an
radist aus dem
Flugzeugforum.
Hermann schickte die Links, Matze
den Hinweis mit der Kanone, Uwe klärte die
Sache auf .... Madelt schickte die
Geschwaderchronik-Bilder. Burghard Keuthe ergänzte die Angaben. Herzlichen Dank allen! NVA-Literatur
findest Du hier |
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