Rituale
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Ein Beispiel für einen Bandmaßbehäter

Das Bandmaß

Das "Heiligste" war der Besitz des Bandmaßes. Das Abschneiden jedes Zentimeters ab dem 150. Tag vor der Entlassung war das Symbol des EK.

Die Vorschriften zur Bemalung des Bandmaßes waren sehr von Zeit und Ort (d.h. dem jeweiligen Truppenteil) abhängig. Zumal keine entsprechende Literatur, wie "Bandmaßbemalen, aber wie?",  "Bandmaßbemalen in 21 Tagen", "Bandmaßbemalen für Dummies" existierte und existiert. Auch ist niemals ein Praktic-Sonderheft "Bandmaße bemalen" oder gar eine DV "Bandmaßbemalung" erschienen ;-) Folglich wurden in manchen Einheiten nur die Sonntage und die letzten 10 Tage gekennzeichnet. Bereits bei der Nachbarkompanie konnten die Maßbänder allerdings wie eine bunte Perlenkette aussehen, bei denen alles irgendwie gekennzeichnet war, bis zur Quersumme des Geburtsjahres.

Zum bemalen wurde das Bandmaß normalerweise auf die Spindtür geheftet, welche zu diesem Zweck ausgehangen wurde. Der entsprechende "Anschnitt" wurde an der Uhr getragen oder nach Hause geschickt und dort auf eine Rotkäppchen-Flasche - die am Rückkehrtag "geköpft" wurde - geklebt. Manchmal wurde auch ersten Anschnitt mit Metalllasche am Bandmaß aufgehoben. Der Stoff wurde dazu rundherum abgeschnitten, so daß das halbrunde Metallteil übrigblieb. Das wurde dann mit einem kleinen Schlüsselring an einer Uhr befestigt.

BandmaßHäufige Regeln zur Bemalung:

Faben:
Montag -> schwarz
Dienstag -> schwarzer Strich diagonal
Mittwoch -> grün
Donnerstag -> schwarz-rot-gelb
Freitag -> schwarz-rot längsgestreift
Sonnabend -> halbrot
Sonntag -> vollständig rot

Sondertage:
die Zahl "133" wurde vergittert, da das die Postleitzahl der Stadt Schwedt war
"zweigleisige" Zahlen, wie die "99" wurden besonders makiert

Die letzten 10 Tage schwarz oder wurden verbrannt, dafür gab dann die Kelle: t-EK-L.jpg (2398 Byte) t-EK-R.jpg (2206 Byte)

Auf die Rückseite kam die Heimfahrtstrecke und die einzelnen Tage wurden an den Schnittstellen leicht eingeschnitten, so das der Abschnitt eigentlich ein Achteck war. In den fliegenden Einheiten war das "Einfliegen" der EK-Maßbänder durch die Flugzeugführer (Offiziere) Tradition. Auf den Maßbändern wurde anschließend Gipfelhöhe, höchste EK-KragenbindeGeschwindigkeit etc. eingetragen.

Die so gefertigen Bandmaße wurden in ebenso liebevoll gefertigte Behälter "Bandmaßbehälter" (s.o.) eingebaut, wobei die Bandmaße ständig herausgezogen und wieder eingerollt werden konnten. Einige (leere) Behälter wurden auch von E zu E "vererbt". Dadurch ergab sich in den 80er Jahren manchmal folgendes Problem: An einigen neueren Bandmaßen mußte die vorhandene Gummierung entfernt werden, sonst paßten die sie nicht in die alten Behälter, die für reine "Stoffmaßlies" dimensioniert waren. In manchen Einheiten waren sogar zwei Bandmaße, ein Ausgangsmaß und ein Dienstmaß, üblich.

Abgeschnitten wurde (wenn möglich) 16.00 Uhr, ab diesem Zeitpunkt musste, auf den Ruf "Kontrolle", der durch jeden E möglich war, jeder E sein Bandmaß zeigen und der korrekte Abschnitt wurde geprüft sogar unter der Dusche.

Als stillschweigende Übereinkunft mit den Offizieren galt oft: ausgerollte Bandmaße werden einkassiert.

EK-Baum EK-Baum

Andere Rituale:

Music-Box:
Der Glatte wurde in den Besenschrank gesperrt und er musste singen, ggf. wurden Münzen eingeworfen. In allen Teilen der NVA kursierte das Gerücht, dass mal einer umgekommen sei, als angeblich der ganze Besenschrank mit "Musik" aus dem ersten Stock zum Fenster hinauskippte wurde.

Staubsauger:
Gasmaske aufsetzen, Schlauch zuhalten, eine Schaufel Kehrdreck bereithalten und diesen beim Öffnen des Schlauches direkt darunter gehalten.

Schildkröte:
An Ellenbogen, Knien, Kopf, Bauch und Rücken wurden Stahlhelme gebunden und dann über den Gang geschoben.

Heimfahrt:
Glatte mußten mit grünen Zweigen und selbstgemalten "Bahnhofsschildern" draußen am Fenster vorbeilaufen, so dass für die drinnen am Tisch sitzenden und z.B. Karten spielenden E's der Eindruck entstand, sie befänden sich im Zug auf Heimfahrt - ja, "Kindergarten" ;-)

 

Auszug aus: tilt - Wehrpflicht, Zwangsdienste, Militär, Ausgabe 2/1996:

Wer den Anschnitt hinter sich hat, ist fein raus, denn er ist im letzten Diensthalbjahr - ein "EK" oder "Entlassungskandidat". Er kann die erlebten Schikanen nun selbst an den jüngeren Rekruten auslassen. Die NVA organisierte den 18monatigen Wehrdienst in drei Abschnitten, die in der selben Einheit durchlaufen wurden. Im ersten Halbjahr ist man noch "Glatter" und den Älteren zu Diensten, als "Vize" hat man dann schon ein paar Rechte mehr. Wer drei Jahre dient, durchläuft gleich sechs Phasen: Etwa vom "Keks" zum "Konter". Letzterer darf nicht vergessen, seiner "Kontermutter" zu Diensten zu sein, muß "ihr" die Betten bauen und niedere Arbeiten abnehmen.

Typische niedere Aufgabe der "Glatten" in den ersten Tagen: Übernahme des "Stuben- und Revierreinigens", das eigentlich Sache auch der Älteren ist. "Am Anfang wird schon mal die ganze Nacht geputzt", erzählt Krischan. Und der Kompaniechef? "Der meinte nur zu den EKs: 'Treibt es diesmal nicht so doll.'" Und schaute weg. Die "Glatten", müssen auch für Zeremonie und Biernachschub sorgen beim "Anschnitt", wenn sie, ehrenvoller Job, mit Turnhose und Stahlhelm bekleidet, die Schere bei den Maßbändern der EKs ansetzen. Damit diese dann die unteren Halbjahre, stolz wie Oskar, "anrollen" können: "Schau, so kurz ist mein Band, bald ist Schluß." Lange Nase.

Privilegien der EKs: Sie gehen als erste zum Essenfassen, sitzen beim Fernehabend in der ersten Reihe. Krischan: "Kein Glatter wäre auf die Idee gekommen, sich einfach nach vorne zu setzen. Meist müssen die stehen oder bekommen gleich Fernsehverbot von den Kameraden." Warum die Anpassung so funktioniert? "Man wird da automatisch reingeführt in die interne Hierarchie, kann sich kaum entziehen. Bei all dem Frust und Zwang wagt es keiner, sich in der Gruppe zu isolieren. Schließlich hätte man als Außenseiter nichts zu lachen. Und die Chefs dulden das ganze stillschweigend."

Und zwar auch solch krude Rituale wie das "Vizeschlagen" nach der Hälfte der Dienstzeit: In der abgedunkelten Stube brennt eine Kerze. Der "Vize" steht auf dem Tisch, nackt bis auf die kurze Turnhose. Über den Kopf gestülpt eine Decke. Völlige Stille. Bis der Kandidat sagt: "Ich armes Schwein will Vize sein, drum schlage auf mich ein." Ein EK versohlt ihm dann mit Gürtel und Koppelschloß den Hintern, die Zahl der Schläge ist traditionell festgelegt. Wer Schiß hat und das Ritual verweigert, ist untern durch: "Ah, da kommt unser Ungeschlagener..."

 

Ein Gruß nach Hause von einem EK, 80er Jahre:
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Merke: Es gibt keine EK-Bewegung - denn ein EK bewegt sich nicht! ;-)


verwendete Literatur,
unter Verwendung eines Diskussionsthread in news:de.alt.folklore.ddr und NVA-Forum

Die Page entstand mit dankenswerter Unterstützung (Fotos) durch:
Ralph, Torsten Werkmeister

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Militärflugplätze der NVA