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Episoden aus dem JG-3  MiG21UM-229-JG3

* Absturz 766 / 507
* Falkenberg / Finsterwalde
* Einfuhr des Hauptfahrwerkes

Absturz 766 / 507
von Bodel

Der Übungsinhalt war Abfangen eines Luftzieles in der Kette mit Wiederholungsangriffen mit (simuliertem) Einsatz der Bordkanone. Es waren insgesamt FÜNF MiG-21MF unmittelbar beteiligt. Der Flug fand auf der Strecke 712 in 7.300m Höhe statt und der getötete Ltn. Sachse hat wohl offenbar den, die Katastrophe auslösenden Fehler gemacht - er war wohl nach dem Ausgang aus dem Kanonenangriff in einer Position zum Ziel, wo er eigentlich nicht sein sollte. Dies bedeutet aber auch, dass sich Ltn. Haßkerl bei seinem Ausgang aus dem Angriff nicht vergewissert hatte, dass der Luftraum "frei" war. So kam es zum verhängsvollen Zusammenstoß. M.W. konnte nur "Hasso" und dies auch nur unter erheblichen Anstrengungen (das Flugzeug fiel in einer trudelähnlichen Bewegungen, mit ständig heftig wechselnden Lastvielfachen um alle Achsen - er hat große Mühe überhaupt an die Griffe zu gelangen!) katapultieren. Der Kettenkommandeur wurde anschließend zum Major degradiert da, und das war Prinzip, der Kommandeur auch immer für die Handlungen seiner Unterstellten mit Verantwortlich zeichnete.

 

Falkenberg / Finsterwalde
von Bodel

Um es vorweg zu nehmen, es ist lang her, Aufzeichnungen gib es nicht, aber die Erinnerung daran gibt noch einiges her (vielleicht ließt es ja auch einer, der auch dabei war und wir können es gemeinsam "Ping-Pong-mäßig" völlig abklären). Das Ereignis fand im Juni 1985, genauer gesagt am 24. Juni (sagt zumindest mein Flugbuch), statt. Auftrag war die Verlegung des gesamten Geschwaders (Ausnahme DHS) nach Falkenberg unter Funkstille. Die Verlegung sollte jedoch nicht auf direktem Wege erfolgen, sondern es vorgesehen, dass vorher ein Flug (bzw. Abfangen) auf einer unserer Standartflugstrecken durchzuführen war, um danach über die "berechnete Linie Preschen" nach Falkenberg zu fliegen und zu landen. Letzterer Teil unter Funkstille (damit der Gegener nichts mitbekommt ;-)). In der Staffel gab es eine ganze Menge junger Leutnante. Damit ergab sich, dass die Leutnante noch nicht für alle Elemente ausgebildet und zugelassen waren, so u.a. nicht zum Fliegen in der "Gefechtsordnung Funkmesskolonne" als Geführte, aber als Führende eines Verbandes (Paar, Kette) waren sie natürlich auch noch nicht zugelassen.

Wie es immer so ist, am Tag der Verlegung spielte das Wetter nicht so richtig mit. Damit konnten wir nicht, wie ursprünglich vorgesehen unter Sichtbedingungen nach Falkenberg fliegen, sondern mussten nach Geräten fliegen (ich vermeide bewußt das Wort Instrumentenflugregel, denn darunter versteht man heute etwas anderes). Eigentlich kein Problem, allerdings waren ja unsere Leutnante noch nicht dazu ausgebildet. Die Geschwaderleitung hielt "Kriegsrat" und danach wurde befohlen, dass die drei (oder vier ?) betroffenen Paare die Funkmesskolonne "verkehrt herum" fliegen sollten. Was war darunter zu verstehen? Der Führende des Paares (in der Regel ein älterer FF) war zwar Führender, flog aber in der Gefechtsordnung Funkmesskolonne hinter seinem Geführten (noch alles klar?), denn er war ja in diesem Element ausgebildet und dafür zugelassen! Gesagt - getan.

Die Verlegung erfolgte streng nach Hierarchie. Zuerst die I., dann die II. und schließlich die III.Staffel, den Abschluß bildete eine MiG-21UM in der der Geschwaderkommandeur flog. Die Verantwortung vor Ort trugen bis zum Eintreffen des Kdr. der Stabschef des Geschwader OSL Gundermann und als Flugleiter, der Fluginspekteur des Geschwaders OSL Blavius. Wie bereits erwähnt war Funkstille befohlen, die nur bei besonderen Fällen zu brechen war. Als Landeerlaubnis galt das Einschalten der Bodenscheinwerfer. Ich flog als Geführter meines Kettenkommandeurs in der Leitungskette der Staffel mit, so dass wir relativ früh in Falkenberg gelandet waren. So standen wir in der Nähe unserer Flugzeuge und beobachten die Landungen der anderen Maschinen. Dabei fiel uns zwar auf, dass zwischen zwei Maschinen eine größere Pause entstanden war, dachten uns aber nichts dabei. Als dann allerdings einer unserer Leutnante mit ziemlich hängenden Kopf unserem, etwas Abseits stehenden Staffelkommandeur OSL "Paul" Hoyka meldete, dass Oberleutnant N. wohl in Finsterwalde gelandet sei, war die Ruhe vorbei. "Paul" holte mehrfach tief Luft, wechselte zwei-drei mal die Farbe, griff sich den Leutnant und lief mit ihm zum "Leitungszelt", in dem sich der Stabschef des Geschwaders befand. Da der Kdr. noch nicht gelandet war, musste ihm nun die Meldung übermittelt werden. Das Zelt bebte einige Male kurz auf und nach einigen Minuten wurde der Leutnant entlassen. Er war natürlich gleich dicht umringt und sollte berichten, was vorgefallen war.

Kurz zusammengefasst, lief es auf folgendes hinaus: Befohlener Weise flogt der Leutnant in der Gefechtsordnung des Paares vorn. Nach dem Auflösung der Funkmesskolonne im direkten Anflug des Fernfunkfeuers (FFF) Finsterwalde flog er etwa 8km vor seinem "Führendem", Oberleutnant N. Als er in ca. 900m Höhe aus den Wolken kam, sah er die Start- und Landebahn vor sich, stellte aber fest, dass erstens viel zu hoch war und auch zweitens noch keine Landekonfiguration eingenommen hatte. Er versuchte zwar noch zur Landung zu kommen, stellte aber irgendwann fest, dass dies zu "kriminell" werden würde und entschloss sich deshalb in die "zweite Runde" zu gehen. Dies hat er auch gemeldet und hinzugefügt, dass er zu hoch war. Es hat jedoch niemand darauf reagiert. Falsch! Oberleutnant N. hat reagiert, denn auch er stellte fest, dass er zu hoch war als er aus den Wolken kam. Jedoch hatte er bereits mehr Erfahrung, sein Landeanflug dürfte wohl etwas steiler als normal ausgefallen sein, aber er kam zur Landung. Erst kurz vor dem Aufsetzen fiel ihm auf, dass die Bodenscheinwerfer nicht auf der Seite der SLB standen, wo sie eigentlich sollten, aber da war es schon zu spät.

Er machte eine blitzsaubere Landung, fuhr den Bremsschirm und wurderte sich, dass plötzlich am Bahnende mehrere Feuerwehrfahrzeuge mit Blaulicht auftauchten. Am Bahnende wurde er in Empfang genommen und nach seinem Ausfall befragt. Als er klargemacht hatte, dass es kein Ausfall sondern ein Irrtum war, hat man ihn etwas mitleidig angeschaut, aber auch gleich zum Essen eingeladen. Er war beim Gardefliegerregiment in Finsterwalde gelandet. Aber wie erging es dem Leutnant? Irgendwo querab des Flugplatzes stellte er fest, dass die Nadel seines Funkkompasses deutlich nach hinten zeigte, obwohl sie auf "querab" hätte stehen müssen. Er vermutete jetzt einen Ausfall und meldete dies. Darauf erhielt er Entfernung und Kurs zum Flugplatz (Falkenberg). So konnte er wohlbehalten in Falkenberg landen.

Nach seiner Landung wurde der Geschwaderkommandeur natürlich sofort informiert. Er entschloss sich eine Delegation nach Finsterwalde zu schicken (die er ggf. selbst leitete ??), um Oberleutnant N. und das Flugzeug nach Falkenberg zu holen. Die Überführung der MiG-21MF durfte Oberleutnant N. nicht durchführen, sie wurde von OSL Blavius überführt.

Der Vorfall führte natürlich zu diversen Auswertungen/Belehrungen und zusätzlichen Unterrichten, aber unter dem Strich ist eigentlich nichts passiert - Allerdings hatten wir ab da zwei FF im Geschwader, die von sich behaupten konnten, mit einem Flugzeug in Finsterwalde gewesen zu sein! Und das konnten zu dieser Zeit nicht viele! ;-)

 

Einfuhr des Hauptfahrwerkes 

Zeitraum: Zwischen September 1985 und 1987
Pilot: Leutnant oder Oberleutnant

Es war Start in die Gegenrichtung befohlen. Vermutlich wurde bei dieser Gefechtsausbildung zudem aus der Dezentralisierung gehandelt, da ich den Vorfall aus "meiner" GdF (Geschlossene Deckung der Flugzeuge, im Volksmund "Box" genannt) beobachten konnte. Das Flugzeug rollte hinter der "Westplatte" auf die SLB (Start- und Landebahn), d.h. machte eine Linkskurve und ... fuhr das Hauptfahrwerk ein. Praktisch fuhr hier - aufgrund des Kurvenrollens - nur das linke Fahrwerksbein ein, so daß das Flugzeug mit der linken Tragflügelspitze auf dem Beton zum liegen kam. Anschließend ist mir noch die hektische Betriebsamkeit um das havarierte Flugzeug in Erinnerung: Bergebesteck, Feuerwehr und allerlei Leute die sich offenbar auch wichtig machen wollten. Jedenfalls wurden die extra für solche Fälle vorhanden Luftkissen unter die Tragfläche geschoben und aufgepumpt. Parallel dazu, wurden Böcke unter die Aufbockpunkte des Flugzeuges geschoben, bis letztlich das Flugzeug auf der SLB "normal" aufgebockt stand. Bei einer Sichtkontrolle auf Schäden wurden offenbar keine größeren festgestellt, jedenfalls wurde auf die Hydraulikanlage der Maschine Außendruck angelegt und mehrfach ohne Probleme das Fahrwerk gefahren. Im ausgefahrenen Zustand wurde die tatsächliche Verriegelung des Fahrwerks kontrolliert, die Maschine abgebockt, schleppfertig gemacht und ganz normal in eine GdF zur weiteren Untersuchung (vorrangig durch die Ingenieursabteilung des JG sowie der KRS) geschleppt.

Leider wurden solche Vorkommnisse selten offen / offiziell ausgewertet, so daß ich darauf angewiesen bin, was mir im folgenden ein Pilot - während der Langeweile auf dem DHS - berichtete: Als der junge Pilot - gedanklich bereits bei dem bevorstehenden Start - merkte, wie sein Flugzeug plötzlich nach links kippte, handelte er völlig korrekt. Er öffnete das Kabinendach, löste sich von den Gurten, sprang aus der Maschine und rannte auf die Wiese am Rand der SLB - schließlich bestand eine unklare Situation und Explosionsgefahr! Dann fiel ihm aber - irrational wie man in Extremsituationen manchmal denkt - ein: "Mensch, ich habe doch meine (NVA-) Lederhandschuhe im Kabinendach vergessen. Wer weiß, was das für ein Ärger mit dem Hauptfeldwebel der Staffel gibt, vielleicht bekomme ich keine ersetzt ..." Jedenfalls rannte er wieder zum Flugzeug, griff in die Kabine und holte seine Handschuhe ... das wäre ihm beinahe zum Verhängnis geworden.

Nein, nicht das die Maschine explodiert wäre, es ist ja - wie geschildert - alles glimpflich abgegangen. Es wurde aber bei den Untersuchungen vorerst kein Defekt festgestellt, was zur messerscharfen Schlußfolgerung führte, der Pilot habe beim rollen versehendlich den Fahrwerkshebel auf "einfahren" gestellt und sei dann zurückgelaufen, um den Fahrwerkshebel wieder in die Stellung "neutral und gesichert" zu bringen, somit die Spuren zu verwischen und zu lügen ...

Endlose Befragungen, selbst ein gegen ihn eingeleitetes Parteiverfahren, die Androhung der Degradierung und Entlassung aus dem aktiven Wehrdienst halfen nichts - der Pilot blieb trotz des Druckes bei seiner Darstellung und leugnete sein angebliches Verschulden. Als die Dinge schon weit gediehen waren, kam aus der KRS die Nachricht: Es war ein technischer Defekt! Elektrische Funken hatten mikroskopisch klein den Kabelbaum am Hauptfahrwerk durchschlagen und den Signalgeber veranlaßt, das Fahrwerk einzufahren...

Abschließend wurde mir mitgeteilt, daß das Verhältnis zwischen dem beschuldigten Piloten und seinen "Genossen" bereits so zerrüttet war, das er aus eigenem Wunsch aus der NVA entlassen wurden sei.

Die Episoden wurden leicht "redaktionell" bearbeitet - Veith
Foto: Michel Klaver


Militärflugplätze der NVA