62 tage
in riga

noch nie war ich länger von zu hause weg als 3 wochen. und jetzt gleich zwei monate. ist heimat nun wirklich nur zu hause oder geht's auch woanders? spielt es möglicherweise gar keine rolle? damit die zuhaus gebliebenen wissen, wie's mir geht, schreib ich es hier hin und wieder auf. die neuesten einträge stehen ganz oben. wer mir eine e-mail schreiben will, kann das hier> gerne tun.

     


für alle, die wissen
wollen. was man 62 tage
in lettland macht.


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  grün - 16. märz 03  


woche neun>


woche sieben/acht>


woche fünf/sechs
16.3. - grün>
15.3. - sprachbabel>
14.3. - markttag>
13.3. - vom wasser>
12.3. - warum riga?>
11.3. - einkaufen>
10.3. - nochmal zoo>
9.3. - airport>
8.3. - rigas balzams>
7.3. - bäcker>
6.3. - wetter>
5.3. - halbzeit>
4.3. - besuch>
3.3. - vilnius>


woche drei/vier>


woche eins/zwei>

 

Ich überlege ernsthaft, ob ich mir eine Zimmerpflanze zulege. Ich muss dringend mal wieder was Grünes sehen. Hier ist alles braun und grau, der Schnee ist so gut wie weg. Zwar werden die Tage merklich länger, aber keineswegs lichtreicher. Jedoch täte mir so eine arme Pflanze auch sehr leid. In meinem Zimmer ist es viel zu dunkel und zu warm. Und ans Fenster kann man keine Blumen stellen. Zum einen zieht es dort wie verrückt und zum anderen gibt es sowieso kein Fensterbrett. Auch müsste ich das Blümchen, so es nicht eingeht, ja dann hier zurücklassen. Denn wenn ich am Flughafen nicht nur mit 20 kg Handgepäck, sondern auch noch einem Blumentopf in der Hand ankomme, dann halten sie mich für endgültig durchgeknallt. Und dann bin ich fällig und werde gefilzt, was angesichts zahlreicher hier gekaufter CDs dubioser Herkunft nicht so gut wäre. Die Pflanze im Wohnheim zu lassen, wiederstrebt mir. Denn das würde ihren sicheren Tod bedeuten.

Also heißt es warten. Warten und hoffen, dass, wenn ich wieder nach Hause komme, meine Zimmerpflanzen noch leben. Das ist keineswegs sicher. Aber da es meinem Hund bislang offenbar ausgezeichnet geht, bin ich hinsichtlich der Pflanzen absolut guter Hoffnung. Auch steht ja in Berlin der Frühling an, wenn ich im April wiederkomme. Dann sieht man sicher schon viele grüne Triebe und durch die Uhrenumstellung zur Sommerzeit ist dann sowieso das Schlimmste ausgestanden. Ich rede mir immer ein, dass es in Berlin zur Zeit wahrscheinlich nicht viel besser aussieht. Ich weiß, dass das Unsinn ist, aber Ihr dürft mich gerne in dem Glauben lassen.

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sprachbabel - 15. märz 03

Babylonisches Sprachengewirr umgibt mich. Die Amtssprache in Lettland ist Lettisch, das erstaunt wenig. Jedoch hört man auf den Straßen mindestens genausoviel Russisch, denn Russisch haben hier alle gelernt, während ein Großteil der russischsprachigen Bevölkerung des Lettischen nicht mächtig ist.

Mein Russisch reicht gerade mal aus, um zu erkennen, welche Sprache da gesprochen wird. Manchmal verstehe ich, worum es geht. Ich kann auch noch die Zahlen, was sich auf dem Markt als großer Vorteil erwiesen hat und wenn es ganz brenzlig wird, fallen mir auch noch ein paar andere russische Brocken ein. Ein großes Plus ist, dass ich die kyrillischen Buchstaben lesen kann. Dass diese vollkommen mangelhaften Russischkenntnisse aus sechs Jahren Russischunterricht stammen, ist so peinlich, dass ich hier eigentlich andauernd im Boden versinken müsste. Erst hier in Riga, 15 Jahre nach den verschlafenen Russisch-Stunden, wünsche ich mir hin und wieder, ich hätte damals etwas mehr aufgepasst. Oder wenigstens mal ein bis zwei Vokabeln gelernt, von Grammatik ganz zu schweigen. Eine etwas verspätete Einsicht wie mir scheint. Oft genug wollen wirklich nette Menschen mit mir reden, aber mein Gestotter reicht nicht mal für ein Gespräch auf unterstem Niveau.

Im Wohnheim sprechen wir meistens Englisch, doch sind immer wieder Sprachen aus ganz Europa zu hören. Da es nur zwei Studenten gibt, deren Muttersprache das Englische ist, gewöhnen wir uns alle nach und nach eine recht komische Sprache an. Ich habe jedenfalls das Gefühl, dass mein Englisch keineswegs besser wird. Silva, unsere Amerikanerin, stellte neulich fest, dass sie inzwischen auch schon so 'komisch' redet wie wir...

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markttag - 14. märz 03

Ich war auf dem Markt>, und das nicht das erste Mal. Daher wird es Zeit, darüber zu schreiben, denn sowas hat man wirklich noch nicht gesehen. Im Gegensatz zu diesem hier kann jeder andere Markt getrost einpacken und gesenkten Hauptes nach Hause fahren. Ein Markt der Superlative, der großartig und enttäuschend zugleich ist. Der, wie es heißt, größte Markt Europas, auf dem man Tage verbringen kann, falls einen der Anblick von Schweinehälften und toten und halbtoten Fischen nicht irgendwann langweilt. Auf insgesamt 87.000 qm befinden sich fünf riesige Hallen>, zwei überdachte Plätze und ein ebenfalls sehr großes Gelände um die Gebäude herum. Überall wird verkauft was das Zeug hält. Den Rigaer Zentralmarkt gibt es schon sehr lange. Erst in den 30er Jahren bekam er seine Hallen>. Keine gewöhnlichen Hallen, sondern Zeppelinhangare, die nach dem ersten Weltkrieg nicht mehr benötigt wurden und seitdem in Riga stehen.

Kaufen kann man auf diesem Markt einfach alles. In einer Halle gibt es Fleisch, in der nächsten Fisch, in der dritten Käse- und Milchprodukte, in der vierten Gemüse, in der letzten Brot, Kuchen und Torten. Auf den teils überdachten Plätzen um die Halle herum wird schlicht alles verkauft, was man sich vorstellen kann. Dann noch alles, was man sich nicht vorstellen kann. Die Fischhalle riecht man immer und von überall. Einige Hallen haben in der zweiten Etage Balustraden, dort sind ebenfalls Stände, an denen man zum Beispiel Pelzmäntel kaufen kann, die nach Rauchschinken oder Fisch riechen...

Nur eins fand ich irgendwie enttäuschend am Rigaer Zentralmarkt: Er ist absolut kein bisschen eklig. Ich hatte irgendwas exotisches erwartet. Massenhaft Fliegen, haufenweise stinkenden Rinderpansen, Schüsseln voller Hühnerbeine und Rinderhälften, die so aussehen, dass man sie allenfalls noch an ein Raubtier verfüttern würde, das man sowieso nicht leiden kann. Doch nichts dergleichen. Der Markt ist unchaotisch und so sauber, wie ein Markt nunmal sauber sein kann. Von dem Fisch, Fleisch und Käse könnte man auf der Stelle und ohne über unheilbare Krankheiten nachzudenken etwas kaufen.

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vom wasser - 13. märz 03

Es ist deutlich wärmer geworden in Riga. Erstmals sind über null Grad, der letzte Schnee verschwindet und langsam taut auch der Fluss auf. Ganz hinten, am Fährhafen, wo sie das Eis sowieso immer aufgebrochen haben, ist keine Eisscholle mehr zu sehen. Vorne jedoch, vor der Altstadt, sitzen nach wie vor die Eisfischer. Die werden dort wahrscheinlich so lange bleiben, bis sie einbrechen oder abtreiben.

Als der Fluss noch eine dicke Eisdecke hatte, habe ich an einem blauen Tag mal wild um mich herumfotografiert. Am Rechner ist dann ein Panoramabild daraus entstanden, das ich Euch nicht vorenthalten möchte. Bevor also der Fluss ganz auftaut und die Ansicht völlig veraltet ist, hier mein Panoramabild von Riga, aufrufbar auch aus der linken Navigationsleiste.

Ein Schwenk über den Fluss: Daugava-Panorama>.

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warum riga? - 12. märz 03

Es wird Zeit, eine Frage zu klären: Warum Lettland, warum Riga? Das wurde ich vor meiner Abreise immer wieder gefragt. Und selbst die Mitarbeiter im Goethe-Institut wollen das wissen. Eigentlich waren die Reaktionen auf meine Reisepläne durchweg positiv. Sicher, hin und wieder klang da auch etwas Sorge durch, doch die meisten waren begeistert. Wenn sie auch nicht ganz wussten, wovon. Nicht wenige wussten nicht einmal wo Riga liegt, so mancher vermutete es mitten in Russland (anscheinend kurz vor Sibirien), was mich schon etwas erstaunt hat. Das Baltikum ist für die meisten vollkommen unerforschtes Gebiet, ein weißer Fleck. Ich kenne nur sehr wenig Leute, die schon mal in Lettland waren, aber die haben mir immer wieder gut zugeredet und Mut gemacht. Zu Recht, wie ich heute weiß.

Warum also Riga? Warum nicht Sidney, Brasilien oder Prag? Warum nicht Brüssel oder Moskau? Zunächst war es so, dass der größte Teil der mir angebotenen Praktika sowieso nicht in Frage kam, da ich mich bereits für Riga entschieden hatte. Es ist allerdings auch so, dass meine Anfrage nach Riga eine der ersten war. Nord- und Nordosteuropa waren also durchaus in der engeren Wahl. Aus mir nicht ganz nachvollziehbaren Gründen wollte ich schon immer mal ins Baltikum. Auf eventuelle Urlaubspläne konterte Frank für gewöhnlich mit einem 'Da kannste alleine hinfahren.' Das hat er nun davon...

Alle Anfragen, die ich in den außereuropäischen Raum geschickt hatte, waren eher für den Notfall gedacht, denn das, was ich studiere, heißt Europäische Medienwissenschaft. Ich bin, das gebe ich offen zu, nicht unbedingt freiwillig von zu Hause weggegangen. Mein Studium hat mich dazu gezwungen und unter Umständen werde ich dem Studium eines Tages dafür dankbar sein. Mir wurde relativ schnell klar, dass ich, wenn ich nun schon weg muss, auf jeden Fall in ein Land wollte, in dem noch nicht jeder war. Wenn schon Ausland, dann sollte es bitte mindestens der Mond sein, denn das schmückt jeden Lebenslauf. Riga passt da ganz gut, es ist nämlich noch etwas weiter entfernt als der Mond. Zumindest, wenn man sich die westeuropäische Berichterstattung anschaut, könnte man das denken. Oder wenn einen andere Leute immer wieder fragen, wo zum Teufel eigentlich dieses Riga liegt. Auch dieser Internet-Bericht würde nicht funktionieren, wenn ich etwa in England oder Frankreich (wo ich sowieso nie hinwollte) wäre. Was gibt es von da noch Erstaunliches zu berichten? In England waren wir ja wirklich fast alle schon. Da würde es sofort auffliegen, wenn ich mal wieder maßlos übertreibe, während man mir so gut wie alles abnimmt, was ich von Riga aus schreibe.

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einkaufen - 11. märz 03

Ein Phänomen, mit dem ich wirklich nicht gerechnet hatte, ist dieses: Man kann hier einfach alles kaufen. Auf gewisse Weise hatte ich mich doch auf so etwas wie Mangelwirtschaft eingestellt. Oder zumindest darauf, dass man bestimmte Kosmetikprodukte nicht bekommt oder dass einige Nahrungsmittel aufgrund der Jahreszeit knapp sind. Zum Beispiel frisches Obst oder Gemüse. Ich hatte natürlich mehr erwartet als russische Kernseife und Apfelmus, doch kommt man hier in den Supermarkt, dann weiß man gar nicht mehr, in welchem Land man sich befindet. Es gibt alles und hinsichtlich Obst und Gemüse ist die Auswahl teilweise sogar noch größer als in Deutschland. Mehr frischen Fisch als in Berlin gibt es natürlich auch. Und auch alles andere, was man aus westeuropäischen Geschäften kennt, steht in den Regalen.

Natürlich auch viele lettische und russische Produkte, aber nicht so viele wie es sein müssten. Das macht irgendwie nachdenklich. Selbstverständlich gibt es auch McDonalds, den man sich hier genauso schenken kann, wie überall. Und natürlich existiert kein schwachsinniges Ladenschlussgesetz, dass die Kunden vor arbeitnehmerfreundlichen Einkaufszeiten schützt. Kein Geschäft schließt vor 21.00 Uhr. Diverse kleine Läden schließen überhaupt nicht. Die Klamottenläden unterscheiden sich kaum von unseren. Nur ist alles, was irgendeinen Markennamen trägt, doch noch ein Stück preiswerter als bei uns. Lediglich die Angst vor Übergepäck konnte mich bislang daran hindern, richtig zuzuschlagen.

Ich will dieses Warenüberangebot nicht in jeder Hinsicht gutheißen. Man braucht das ja sowieso nicht alles und welche Auswirkungen das ganze importierte Westzeug auf die heimische Wirtschaft hat, kann man sich vorstellen. Doch erwähnenswert erscheint mir das allemal, denn mit so vollgestopften Supermärkten hatte ich einfach nicht gerechnet.

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nochmal zoo - 10. märz 03
Wir waren nochmal im Zoo. Dieses Mal war etwas mehr Zeit und die Sonne schien auch. Das ließ den Zoo im wahrsten Sinne des Wortes in einem anderen Licht erscheinen. Das Elefantenhaus ist immer noch zu klein und die Flusspferde, Tapire und so einige Affen sind einfach nur zu bedauern. Und doch war es ein recht schöner Ausflug. Das Tropenhaus ist umwerfend und dass Flamingos im Schnee stehen können, ohne augenblicklich zu erfrieren und dann durchzubrechen, war mir neu. Dieses Mal bettelten die Tiere auch nicht so penetrant wie bei meinem letzten Zoobesuch>. Nur der Elefant streckte uns wieder traurig seinen rotzigen Rüssel zu. Im folgenden einige Bilder aus dem Zoo in Riga, aufrufbar auch aus der linken Navigationsleiste.

Ein Spaziergang im Zoo>.

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airport - 9. märz 03

Manchmal mag ich Flughäfen und manchmal nicht. Mein spezieller Hassflughafen ist Berlin-Tegel. Da funktioniert nichts. Eincheck-, Warte- und Durchgangsbereich sind eins. Daher steht man dort immer im Weg. Wenn man es mal eilig hat, ist kein Durchkommen. Dauernd fällt man über die Gepäckwagen irgendwelcher Mallorca-Reisender. Dieser Flughafen ist Katastrophe und Zumutung zugleich, hat mit Hauptstadtflughafen nichts zu tun und gehört abgeschafft.

Ich bin wahnsinnig gerne auf Flughäfen, wenn ich jemanden abholen kann. Ich bin dann immer etwas aufgeregt, voller Freude und genieße auch das Gewühle um mich herum. Meistens bin ich viel zu früh dort, was die Parkplatzgebühren in die Höhe treibt. Wenn ich jemanden von einem Berliner Flughafen abhole, habe ich meistens meinen Hund mit dabei. Ganz besonders dort funktioniert die 'soziale Einrichtung Hund' immer sehr gut. Da Wilma bei jeder Durchsage ein ohrenbetäubendes Gejaule anstimmt, findet sich immer ein Gesprächsthema, falls ich es nicht rechtzeitig schaffe, nach draußen zu flüchten. Mir ist das Geheule nämlich unglaublich peinlich. Alle anderen Leute finden das aber offenbar totkomisch und fühlen sich dann berufen, mit mir zu reden. Ich bin nicht gerne auf Flughäfen, wenn ich selber wegfliegen muss. Alles macht mich dann nervös: Das Durcheinander, die vielen Durchsagen in fremden Sprachen, die Aussicht auf ein paar Stunden in der Luft, wo Menschen nun wirklich nichts verloren haben, mit schlechtem Essen und eingequetschten Beinen. Ich mag Flughäfen auch nicht, wenn ich jemanden wegbringen muss. Das ist dann immer ein wenig traurig und hat sowas Endgültiges. Man liefert die Leute an irgendwelchen Türen und Durchgängen ab, das ist kein vernüftiges Abschiednehmen. Man fühlt sich dann immer so zurückgelassen.

Heute war ich am Flughafen. Nun bin ich wieder 'allein' in Riga. Eigentlich ist das nicht schlimm, denn in den vier Wochen davor ging es ja auch ganz prima. Ende der Woche kommt der nächste Besuch. Dann fahre ich wieder gerne zum Flughafen.

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rigas balzams - 8. märz 03

Es gibt hier eine Art Nationalgetränk. Einen tiefschwarzen bitteren Kräuterlikör mit ungefähr 45% Alkoholgehalt. Das Zeug heißt 'Rigas Balzams' und ist nach meiner Meinung pur kaum zu genießen. Jedoch geht das Gerücht um, dass der schwarze Balsam gegen Erkältungen hilft, weshalb im Wohnheim immer mal wieder hustende, balsamtrinkende und später sehr betrunkene Studenten anzutreffen sind.

Nur fünf Minuten vom Wohnheim entfernt gibt es eine Cocktailbar, in der sie unter Hinzufügen von noch mehr Alkohol aus dem Balzams-Zeug durchaus genießbare Drinks zaubern. Einziges Ziel der Mixerei scheint zu sein, dass man den bitteren Balzams später nicht mehr rausschmeckt, was zumeist auch gelingt. Das Resultat ist in den meisten Fällen wirklich sehr lecker und macht binnen kürzester Zeit total betrunken. Man kann 'Rigas Balzams' auch im Tee trinken. Mit viel Zucker und einigen Orangenscheiben entsteht ein hochprozentiger Sud, bei dem man mit dem Trinken gar nicht mehr aufhören mag. Ganz besonders dann nicht, wenn es draußen eisig kalt ist, denn dieses Teegemisch macht auf der Stelle warm. Jeder Balzams-Abend wird unter Garantie immer ein sehr lustiger.

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bäcker - 7. märz 03

Ich wollte es zunächst kaum glauben, aber in Lettland gibt es richtiges Brot. Nicht nur geschmacksneutrales Labber-Weißbrot wie in vielen anderen Ländern, sondern echtes Schwarzbrot in allen Nuancen. Von etwas dunkel bis hin zu tiefschwarzem Vollkornbrot. Einziger Fehler des dunklen Brotes: Es ist voller Kümmel, der nach meiner Meinung wirklich nichts dort verloren hat. Allerdings habe ich inzwischen auch Schwarzbrot ohne Kümmel gefunden, es hat nur eine Weile gedauert, bis ich einige Sorten durchprobiert hatte.

Überhaupt ist Lettland ein Bäckerland. An jeder Ecke werden hier Backwaren verkauft. So gibt es zum Beispiel diverse Blätterteigtaschen, bei denen man, wenn man des Lettischen nicht kundig ist, nie weiß, was drin ist. Der erste Bissen ist dann mitunter sehr erstaunlich. Sie backen hier so ziemlich alles in den Blätterteig rein. Mal ist dunkelgrünes Marmeladenzeug drin, am nächsten Tag Speck und Käse und ein anderes Mal gleich eine ganze Wurst. Immer, wenn ich bislang dachte, ich hätte gerade eine Apfeltasche erstanden, war garantiert kein Apfel drin. Beim Bäcker gibt es auch immer belegte Baguettes und Brötchen für lächerlich wenig Geld. In den ersten vier Wochen meines Aufenthaltes gab es beinahe täglich ein solches Brötchen zum Frühstück. Seit Anfang dieser Woche habe ich beschlossen, dass ich das Zeug nicht mehr sehen kann.

Wofür die lettischen Bäcker ebenfalls berühmt sind, sind die Torten. Sie backen hier riesige, mehrstöckige Sahnetorten, die Cremes in allen Farben enthalten und dummerweise auch noch ziemlich gut schmecken. Im Goethe-Institut gibt es dauernd Torte. Mal hat jemand Geburtstag, mal Namenstag, dann gibt es wieder einen anderen Anlass. Ich befürchte, wenn mein letzter Arbeitstag im Institut ist, dann muss ich auch eine Sahnetorte spendieren, obwohl das eine Sache ist, für die ich eigentlich nie Geld ausgeben wollte.

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wetter - 6. märz 03

Hier in Riga ist nach wie vor Winter>. Und das wird wohl auch noch einige Zeit so bleiben. Während einen in Berlin schon die ersten warmen Tage ins Freie locken, ist es hier noch richtig kalt. Ich kann mich an keinen Tag erinnern, an dem hier Temperaturen über dem Gefrierpunkt waren. Komischerweise gewöhnt man sich an sowas. Da ich nun wirklich kein Freund kalter Temperaturen bin, hätte ich das nie erwartet. Zwar haben wir nun hin und wieder einen sonnigen Tag, aber das führt allenfalls dazu, dass alles etwas besser aussieht und man schöne Fotos> machen kann. Blauer Himmel bedeutet hier nämlich in erster Linie, dass es noch kälter wird. Man zieht dann immer ungeniert alles an, was geht und setzt, ohne Rücksicht auf die Frisur, jede Art von Mütze auf, was manchmal ziemlich lächerlich aussieht. So laufen hier allerdings alle herum, und angesichts der turmhohen Pelzmützen, die einige russische Frauen auf den Köpfen spazieren tragen, ist mir meine Wollmütze richtig sympathisch geworden.

Alles, was die Wetterberichte im Internet zum Thema Riga zu vermelden haben, kann man getrost vergessen. Meistens stimmen noch nicht einmal die aktuellen Temperaturen. Die Aussichten für die nächsten zehn Tage sind immer gleich: Totale Bewölkung, hin und wieder etwas Sonne oder Schnee. Kurz - sehr durchwachsen. Ich vermute allerdings, dass hier eher Durchschnittswerte preisgegeben werden, die mit dem wirklichen Wetter rein gar nichts zu tun haben. Doch führt diese Art von Wettervorhersage auch zu positiven Überraschungen. In den letzten Tagen gab es viel unangekündigte Sonne>, die ich sehr genieße.

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halbzeit - 5. märz 03

Die Hälfte ist um. Man kann sich das kaum vorstellen. Schon 31 Tage bin ich hier. Genauso viele sind es auch noch. Da die Zeit zum Ende immer rennt und sich die Geschwindigkeit, mit der sie vergeht, bekanntermaßen wöchentlich verdoppelt, sind eigentlich schon 7/8 meines Aufenthaltes um...

Seit über einem Monat schreibe ich hier nun täglich einen kleinen Text, fotografiere wie wild und versuche, ein wenig von Riga nach Deutschland zu schicken. Besonders das tägliche Schreiben hat ganz eindeutig was paranoides. Nur falls sich jemand noch nicht getraut hat, das zu denken - ich sehe das auch so. Und doch ist es ganz interessant, das zu tun, weil es mich zwingt, mich intensiver mit meinen Eindrücken hier auseinanderzusetzen. Meine sehr subjektiven Kommentare entsprechen vielleicht nicht immer genau der Realität, denn dafür sind meine Recherchen nicht gründlich genug, doch ein Reisebericht kann sowas vertragen. Auch ist es so, dass viele unangenehme Dinge zu absoluten Knallern mutieren, wenn man sie, sobald der Zorn verraucht ist, brühwarm aufgeschrieben nach Hause schickt. (So auch der misslungene Versuch, mit dem Bus nach Vilnius> zu gelangen.)

Und abgesehen davon sind die Erfahrung bislang ja sehr positiv. Ich hatte nämlich durchaus mit Schlimmerem gerechnet, wobei eingefrorene Wasserleitungen und hin und wieder ein verdorbener Magen noch harmlosere Vorstellungen waren. Konfrontiert werde ich jedoch vor allem mit Kuriositäten, wie man sie wohl überall in der Welt findet. Und zwar immer genau dort, wo man eben nicht zu Hause ist und wo man noch in der Lage ist, sich über Dinge zu wundern. In Berlin erstaunt mich ja für gewöhnlich gar nichts mehr. Ganz im Gegenteil, es würde mich allenfalls noch wundern, wenn die vielen seltsamen Dinge, denen man als Berliner ausgesetzt ist, sich irgendwann zum Guten wenden würden. Man stelle sich vor, die BVG würde plötzlich aufhören, jährlich die Fahrpreise zu erhöhen und alle Busfahrer würden freundlich. Das wäre wirklich ganz und gar erstaunlich...

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besuch - 4. märz 03

Die Zeit der Besuche beginnt. Endlich. Morgen bekomme ich das erste Mal Besuch in Riga. Ich hatte mich schon lange auf diese zweite Hälfte meines Aufenthaltes gefreut, für die einige Leute ihr Kommen angekündigt hatten. Obwohl es nun vermutlich bei zwei Besuchern bleibt, wird das schon ausreichen, um den März ganz anders werden zu lassen als den Februar. Es wird viel mehr Abwechslung und viel mehr Sightseeing geben. Einige Museen werde ich zum Schluss dreimal gesehen haben. In solchen Fällen lohnt sich das aber auch.

Es ist nicht nur so, dass ich hinsichtlich der kommenden fünf Tage voller Vorfreude bin. Ich denke nun auch darüber nach, wie ich diese Stadt, die ich ja inzwischen irgendwie lieb gewonnen habe, zeigen kann. Es gibt so vieles, was mir hier gefällt, dass wir unmöglich alles schaffen werden. Klar, wir müssen an oder sogar auf den Fluss. Auch eine Fahrt ans Meer sollte drin sein. Wir müssen auf die Petri-Kirche und nochmal in den Zoo. Doch dann wird die Zeit auch schon wieder knapp, denn fünf Tage sind schnell um. Für einen Opernbesuch wird es gar nicht reichen. Für den einen oder anderen Besuch in der hiesigen Cocktailbar aber ganz sicher.

Es ist seltsam. Wenn man dann vier Wochen in einer Stadt verweilt hat, gilt man sozusagen als alter Hase. Ich komme mir irgendwie auch selber so vor. Ich kenne zwar Riga auch noch nicht besonders gut und vier Wochen sind auch wirklich keine lange Zeit. Aber ich weiß eben mehr über die Stadt als jemand, der noch nie hier war. Bleibt zu hoffen, dass ich ein guter Stadtführer sein werde.

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vilnius - 3. märz 03

Drei Tage 'Urlaub' in Vilnius liegen hinter mir. Urlaub deshalb, weil wir wirklich gut gelebt haben dort. Wir haben uns eine tolle Pension in der Altstadt geleistet, die ich jedem sofort weiterempfehlen würde. Es gab richtiges Frühstück und Duschen ohne Anstehen.

Vilnius ist eine wunderschöne Stadt, die hier ganz sicher zu kurz kommt. Bestimmt könnte man über Vilnius genauso viel schreiben, wie über Riga. Erwartungsgemäß ist es dort ganz anders als in Riga. In der Stadt verteilt sind unendlich viele Kirchen, eine schöner als die andere. Die Altstadt ist viel kleiner, viel hübscher, irgendwie niedlicher. Alles, was um die Altstadt herumsteht, ist jedoch weit baufälliger als in Riga. Litauen ist eindeutig das ärmere Land, hier muss noch viel gemacht werden. Allerdings ist es auch das preiswertere Land. Jeden Tag essen gehen, kann man sich locker leisten.

Lange Rede, kurzer Sinn - ich habe einige Fotos zusammengestellt, um Euch einen kleinen Teil dieser Stadt zu zeigen und ein wenig über meinen Aufenthalt dort zu berichten. Aufzurufen auch aus der linken Navigationsleiste.

Fotos zu meinem Ausflug nach Vilnius>

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