|
Am 02. Juni 1993 erschien im "Neuen Deutschland"
folgender Artikel: Mann und Material - ein unbewohnliches Paar am neudeutschen Himmel. Telefoto: dpa-Weisflog "1. Juni, Kindertag für unsere Kleinsten"' hat man am Kasino in Preschen angeschlagen. Man offeriert Kutschfahrten. Doch auch die Großen spendieren sich was - das Erprobungsgeschwader wurde zum Jagdgeschwader 73 [externer Link!] geschlagen. Hurra, Hurra, Hurra! Air Policing zwischen Nümberg und der Küste Die Gegend zwischen Forst und Döbern lädt nicht zum Verweilen. Seit 1939 herrscht hier Militarluftfahrt. Erst die Nazis, dann die "Freunde". Hier bildete sich, was es erst gar nicht gab - die ersten Maschinen der Kasernierten Volkspolizei-Luft trugen den Sowjetstern am Rumpf. 1956 pfiff sich das Düsenzeitalter in Ohren und Hirne. Eine Woche vor DDR-Ultimo starteten die MiGs zum letztenmal mit Hammer, Zirkel, Ährenkranz. Seit gestern sind dem Verband wieder "lufthoheitliche Aufgaben" übertragen. Was man nun mit dem Begriff Air Policing umschreibt. Diese Aufgabe haben im Osten bislang Flugzeuge aus Pferdsfeld und Rheine erledigt. Zur vollen Zufriedenheit. Nun stehen auch in Preschen Maschinen in Position, die in Luftnot Geratenen Wege weisen, Luftraumverletzer abdrängen oder auf den Boden zwingen sollen. Interrogation, Intervention, Engagement. Im Landserdeutsch: Anruf, Warnschuß, peng. Routinejob. Das besondere am 73er Geschwader ist seine Ausrüstung. Sie besteht aus 24 MiG 29, jenen Maschinen, die nicht nur in der NVA als das Non plus ultra galten. "Die 29 ist ein gutes Flugzeug", urteilt Kommodore Manfred Menge: "Aerodynamisch vorzüglich, mit einem sehr guten Schubleistungs-Gewichtsverhältnis." Lediglich die Elektronik sei nicht wie die westliche. Die 29er kann zwar auch sechs Ziele gleichzeitig verfolgen, doch wenn sie eines bekämpft, schwinden ihr die anderen aus dem Blick. Macht nichts, an unseren Grenzen gibt es nicht einmal ein Ziel, auf das zu feuern wäre. Stabsoffiziere empfehlen den Blick zum Balkan [externer Link!]. "Wir wissen nicht, wie sich bestimmte Dinge entwickeln." Nach seinem Einsatzgebiet befragt, nennt Menge ''Nürnberg, Würzburg, Hannover, Hamburg und die Ostseeküste" Ganz bewußt "nicht andere Städte". Der Mann mit über 3.200 Stunden himmlischer Erfahrung präsentiert sich als umgänglicher Typ, erzählt beiläufig, daß sei Vorname an Richthofen erinnern soll. Seine Mutter hatte ein Buch über des Kaisers "roten Baron" gelesen, dessen Spitzname nicht von der Gesinnung, sondern von der Farbe seines Dreideckers abgeleitet war. Auch Menge steht zur Fahne, was meint, er mischt sich offiziell nicht in Politik. Höchstens, daß der geborene Preuße und Ost-Kind-Flüchtling zu Protokoll gibt, die Ossis "sollten nicht immer nur weinen. Immerhin haben nur sie, die Veränderungen in Europa bewirkt." Der Oberst ist bemüht, Ost und West zu integrieren. Im täglichen Aufeinanderangewiesensein mag das klappen. Auch, weil die Bundeswehr die Lebensbedingungen der Wehrpflichtigen um einiges angenehmer gestaltet, als die NVA das vermochte. Aber: Nobody ist perfect. Im Gefechtsstand mit seiner modernen Siemens-Elektronik kann man Saunatarife verlangen. Man hat die Lüftung vergessen. Was soll's, meinte der diensthabende Leutnant. "Mein Bruder hat's bald noch wärmer. Der Dummkopf ist beim Heer und bald in Somalia." Das Geschwader zählt mit Zivilbeschäftigten knapp tausend Mann, darunter 30 Piloten. Knapp die Hälfte von denen trug NVA-Uniformen. Für herbe Verluste sorgten Gaucks Kopfjäger. Kaum, daß die Einigung vollzogen, bekam jeder Berufssoldat seinen Fragebogen. Nach der ersten kam die zweite Runde, und kein Mensch, kein Vorgesetzter machte Anstalten, individuelle Schuld zu hinterfragen. Wie sollte sich denn ein junger NVA-Leutnant dem Mann von der Abteilung 2000 verweigern? Und warum? Armee und MfS waren Waffenbrüder. Nun ist die Einheit, Reinheit und Geschlossenheit neu geschmiedet. Der MAD, also die "2000-West", ist sogar am schwarzen Brett präsent. Viele die nichts mit Stasi am Hacken hatten, gingen dennoch. Ralf Kubitzky, Ex-Major, sah seine Fähigkeiten nicht mehr gebraucht. "Wozu habe ich fünf Jahre an einer sowjetischen Militärakademie geackert? Damit die mich degradieren?" Er bewarb sich bei einer Elektronikfirma, wurde mit Kußhand genommen und landete am Flugsimulator - in Preschen. Ob wohl nicht high tech, "so wurde das Ding doch von deutschen Steuerzahlern bezahlt. Wie die Flugzeuge auch", er klärt Kommodore Menge. Noch ehe man ihn für seine, die Hardthöhe überragende finanzpolitische Weitsicht loben kann, betont er: Natürlich brauchen wir Ende der 90er ein neues Flugzeug." Nach dem Umzug fällt Preschen ins Nichts Die MiGs mit eisernen Kreuz am Rumpf sollen noch bis zum Jahre 2005 fliegen. In gut einem Jahr wird das Geschwader trotzdem Koffer packen. Ab November 94 ist Laage bei Rostock ihr neuer Fliegerhorst. Grund: Die Start- und Landebahn in Preschen, nur vier Kilometer von der Grenze zu Polen entfernt, liegt in der neuen politischen Lage ungünstig. NVA-MiGs konnten vertragsgemäß noch über Nachbars Gebiet zur Landung einschweben. Die "Umgespritzten" haben Hoheitsrechte zu achten. Ossi Hauptmann Michael Baumgarten ist jetzt ein "ordentlicher Jet-Pilot". Das Fliegen bringe mehr Spaß als bei der NVA. "Nun darf ich auch mal selbst was entscheiden und bis ans fliegerische Maximum ran." Die Taktik des Warschauer Pakts gab der bodenstämmigen Jägerleitung das Prä, während die NATO-Methode der "freien Jagd" offensichtlich das Ego aufwertet. Man glaubt Baumgarten die Anstrengung vergangener Wochen - Englisch pauken, Luftfahrtregeln Büffeln, neue Vorschriften "reinziehen". Baumgarten hofft auf Laage und reagiert sauer ob der Preschener "Primitivität nach Feierabend." Besonders schick sind weder die Fassaden Marke Klein-Stalinstadt noch die der Plattenbauten. Der Konsum ist nur noch als Mauerskelett erkennbar auch andere Geschäfte haben dicht. Vor der Telefonzelle des Ortes klimpern meist ein halbes Dutzend Leute mit Kleingeld, der letzte Bus fährt gegen 19 Uhr. Was wird, wenn die Luftwaffe endgültig gen Norden gestartet ist? In der Kreisverwaltung Forst tröstet man sich mit einem Güterverkehrszentrum. Wer die Verkehrsnachrichten "Grenzübergang Forst ... Stunden Wartezeit für LKW" kennt, erkennt die Logik des Logistik-Planes. Es geht um Service für Wagen und Fahrer und um Zollabfertigung. Selbst wenn sich genügend Investoren fänden - ein Ersatz für die verflogenen Arbeitsplätze bietet das Logistik-Zentrum nicht. Schon weil bisherige Prognosen einen Bedarf erst im Jahre 2000 erkennen lassen. In Preschen gibt es also vorerst nur einen Aufschwumg, den der MiGs. Noch vor kurzem hatten Einheimische die Vögel mit dem Feuerschweif zum Teufel gewünscht Nun klingt ihr Düsendonner manchem wie das Geläut himmlischer Glocken. Preschen 1993. RENÉ HEILIG
Am 10. Juli 1995 erschien in der "Welt" folgender Artikel: Von DIETHART GOOS In dieser Sonderstellung hat das Jagdgeschwader 73 vielfältige Aufgaben der Logistik sowie Probleme im sozialen und zwischenmenschlichen Bereich zu bewältigen. Außerdem werden vom Geschwaderkommodore Reinhard Mack und seinem Stellvertreter Holger Kann angesichts ständiger VIP-Visiten und zahlreicher Besuche ausländischer Gruppen hohe protokollarische Fähigkeiten verlangt. Schließlich ergeben sich am Hauptstandort des Geschwaders in Laage/Kronskamp südlich Rostock immer wieder Probleme, weil dieser Fliegerhorst im nördlichen Teil militärisch genutzt wird, während der südliche Bereich dem Zivilflugverkehr vorbehalten ist. Der 47jährige Schwabe Mack läßt sich trotz dieser Aufgabenfülle nicht aus der Ruhe bringen. Eben ist er mit seiner Phantom in Laage gelandet, eine knappe Flugstunde war er aus Sobernheim bei Freiburg unterwegs, wo die F-4-Komponente des Geschwaders derzeit noch stationiert ist. "Mit dem Auto ist das eine lange Tour", berichtet der Oberstleutnant. Am letzten Wochenende war er auf dieser Route zehn Stunden unterwegs. Angesichts eines vollen Terminkalenders hat Mack keine Zeit, die graue, einteilige Fliegerkombi gegen die Luftwaffenuniform zu tauschen. Am rechten Ärmel ein rotweißes Abzeichen, das ihn als Phantom-Pilot mit 2000 Flugstunden ausweist. "Inzwischen sind es bereits mehr als 3000", ergänzt der Kommodore nicht ohne Stolz. Wenn er in wenigen Tagen die Umschulung auf den Russenjäger MiG 29 beendet hat, gilt für beide Flugzeugmuster des Geschwaders: "Hier fliegt der Chef selbst." Mit der deutschen Vereinigung übernahm die Bundeswehr von den damaligen DDR-Luftstreitkräften 24 MiGs, vier davon in der zweisitzigen Trainerversion. Die beachtlichen Leistungsdaten des zweistrahligen Jägers nötigten der Nato in Zeiten des Kalten Krieges allen Respekt ab. Noch heute ist das Interesse der Nato-Verbündeten an diesem Vogel groß. Nach langer Prüfung fiel 1992 im Bonner Verteidigungsministerium die Grundsatzentscheidung, die MiG für die Luftwaffe zu übernehmen und einen gemischten Verband aufzustellen. Kommodore Mack ist sicher: "Wir werden die MiG mindestens noch zwölf Jahre fliegen. Wenn alles nach Plan verläuft, wird unser Geschwader nach Ablauf dieser MiG-Nutzung das erste sein, das dann den Eurofighter 2000 erhält." Als Realist ergänzt der Kommodore: "Wenn diese Maschine vom Bund überhaupt beschafft wird." Mit den MiG 29, die in Preschen stationiert waren, übernahm die Luftwaffe auch 33 DDR-Piloten. Schließlich konnten westdeutsche Flugzeugführer nicht mal eben auf das russische Muster mit kyrillisch beschrifteten Instrumenten und fremder Elektronik umsteigen. Heute sind im Geschwader noch 14 NVA-Flieger. Mack erläutert: "Die anderen sind nach Prüfung durch die Gauck-Behörde ausgeschieden oder gingen, weil sie mit unserer gänzlich anderen fliegerischen Praxis nicht zurechtkamen." Inzwischen wurden die MiGs von Preschen nach Laage verlegt. Auf westlichen Standard werden die Maschinen jedoch immer noch in der Luftwerft Cottbus umgerüstet. "Das Miteinander von Piloten, die noch vor wenigen Jahren feindlichen Bündnissen angehörten, in der gemeinsamen fliegerischen Staffel hat sich hervorragend eingespielt", berichtet der Kommodore. "Die Schwierigkeiten, mit denen wir uns immer noch herumzuschlagen haben, schweißen zusammen." Zwischen Ost und West gebe es keine Unterschiede mehr. Dazu beigetragen habe sicherlich die Konzeption des Standortes. "In fünf bis zehn Jahren wird Laage die modernste Infrastruktur der Bundeswehr besitzen." Überall auf dem über 1000 Hektar großen Terrain wird erhaltenswerte Substanz überholt, viele neue Gebäude und technische Einrichtungen erstellt. Bis zum Jahr 2005 sind 560 Millionen Mark für Investitionen eingeplant, bisher wurden 160 Millionen Mark verbaut. Schmuck heben sich die neuen strahlend weißen Baukörper der "Kaserne 2000" von den tristen Plattenbauten à la DDR ab, noch im Bau sind der neue Tower und eine große Wartungshalle. Vor wenigen Tagen ist Oberstleutnant Mack aus Sobernheim in sein neues Laager Reihenhaus umgezogen. Kaum war das Ehepaar Mack im neuen Heim, erschien der Bürgermeister mit Blumen und Bier, um auf eine gute gemeinsame Zukunft anzustoßen. Für sein neues Zuhause hat Reinhard Mack bisher wenig Zeit. Nicht nur die drei Standorte des Geschwaders verlangen seine Präsenz, in Laage reißt der Strom prominenter Besucher nicht ab. Innerhalb von drei Tagen waren bei Reinhard Mack und seinem Geschwader Hartmut Mehdorn, Vorstandsvorsitzender von Daimler-Benz Aerospace, Bundeswehr-Generalinspekteur Klaus Naumann, Luftwaffeninspekteur Bernhard Mende und Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Berndt Seite zu Gast. Vorrangiger Wunsch dieser "Very Important Persons": Alle wollen einmal in der MiG 29 mitfliegen. Diese Wünsche kann der Kommodore nicht abschlagen, zumal sie "von oben" abgesegnet worden sind. Aber Mack läßt auch durchblicken, daß solche Besuche dem komplizierten Dienstbetrieb nicht eben förderlich sind.
Ansprache des Bundesministers der Verteidigung, Volker Rühe, anläßlich der Zusammenführung des Jagdgeschwaders 73 in Laage und der Verleihung des Traditionsnamens "Geschwader Steinhoff" am 18. September 1997 in Laage
Trauer, Betroffenheit und Erschütterung prägten auch die Zeit, als General Johannes Steinhoff im Jahr 1966 zum Inspekteur der Luftwaffe berufen wurde. Mit diesem Amt übernahm er damals ein schweres Erbe. Die Absturzserie der Starfighter-Flugzeuge und der Tod vieler Piloten lasteten schwer auf der ganzen Bundeswehr. Viele haben auf schmerzlichste Weise erfahren müssen, welche Opfer der soldatische Dienst für die Freiheit auch im Frieden verlangen kann. Mit großem Engagement, gutem Gespür für das Notwendige und unbürokratischem Management meisterte General Steinhoff diese Herausforderung, wie auch viele andere Herausforderungen vorher und später. Sein Name steht für den Aufbau unserer Bundeswehr, vor allem der Luftwaffe, die er aus ihrer schwersten Krise geführt hat und zu einer der besten und angesehensten Luftwaffen der NATO geformt hat. In der Luftwaffe, in der ganzen Bundeswehr und als Vorsitzender des Militärausschusses der NATO hat General Steinhoff Maßstäbe gesetzt.
Die Zusammenführung des Jagdgeschwaders 73 in Laage ist ein weiterer Meilenstein beim Aufbau der Bundeswehr in den neuen Bundesländern. Sie, die aktiven Soldaten, die zivilen Mitarbeiter und die Familien haben an diesem Erfolg entscheidenden Anteil. Sie haben dabei auch persönliche Opfer gebracht. Aber schon heute kann man sehen: Der Einsatz hat sich gelohnt. Nicht nur die Professionalität im Verband, auch das ausgezeichnete Verhältnis zu den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Laage ist hierfür ein eindrucksvoller Beleg. Hier in Laage wird im kleinen ersichtlich, was die Armee der Einheit in ihrem Kern ausmacht: Piloten und Unterstützungspersonal aus zwei deutschen Armeen, die sich einst als Gegner gegenüberstanden, dienen heute als Staatsbürger und Kameraden in demselben Verband mit demselben Auftrag. Hier in Laage finden wir einen einzigartigen Verband, in dem Flugzeuge aus Ost und West - 23 MIG 29 russischer Herkunft und 16 Phantom amerikanischer Herkunft - Seite an Seite ihren Dienst leisten für Deutschland und die Nordatlantische Allianz. Die Modernisierung der Kasernen und Unterkünfte hat hohe Priorität. Allein hier in Laage geben wir mehr als 440 Millionen DM für eine moderne Infrastruktur aus. Das gibt wichtige wirtschaftliche Impulse für die Region. Der Verband ist ein begehrter Trainingspartner und trägt erheblich zur multinationalen Kooperation der Luftwaffe bei. Die Ausbildungsvorhaben mit unseren Freunden und Partnern stärken nicht nur die Kampfkraft; sie schaffen Kameradschaft und freundschaftliche Bindungen über die Grenzen hinweg. Und wir freuen uns darüber, daß viele Russen stolz sind, daß ihr Waffensystem MIG 29 bei uns Anerkennung gefunden hat und erfolgreich eingesetzt wird. In Zukunft wird das Jagdgeschwader 73 zu einem wichtigen Standbein der integrierten NATO-Luftverteidigung in den neuen Bundesländern. Und nicht geringer zu schätzen ist seine Bedeutung als Kooperationspartner der künftigen NATO-Mitglieder Polen, Tschechien und Ungarn. Dieses Geschwader wird wohl auch der erste Verband sein, der in einigen Jahren den EUROFIGHTER fliegt.
Der Traditionsname Geschwader Steinhoff ist Auszeichnung und Verpflichtung zugleich. General Johannes Steinhoff war ein Truppenführer mit Charisma, ein hochdekorierter Soldat, der Fairneß vorlebte. Er hat die schwierigsten Abschnitte der deutschen Geschichte in diesem Jahrhundert durchlebt und durchlitten. Das hat ihn geprägt. Diese Erfahrungen hat er in sein Lebenswerk für die Bundeswehr und für das Bündnis eingebracht. Bereits 1952 wurde General Steinhoff in das damalige Amt Blank berufen. Er gehörte zu den Männern der ersten Stunde, die die neue Bundeswehr mit aufbauten. Er war von Anfang an ein überzeugter Anhänger der militärischen Integration der Bundeswehr in die NATO. Krieg zu verhindern und den Frieden zu sichern, war oberste Maxime seine Denkens und Handelns. Sein Credo lautete: "Die deutsche Bundeswehr ist eine Verteidigungsarmee im Gefüge eines Verteidigungsbündnisses - zwei Qualitäten, an die ich voller Überzeugung glaube." Rückblickend fügte er hinzu: "Nur diese Überzeugung konnte mich veranlassen, den Weg zu gehen, den ich gegangen bin". General Steinhoff machte die militärische Integration unserer Streitkräfte in die Allianz zu seiner persönlichen Sache. Als höchster Soldat im Atlantischen Bündnis erwarb er sich bleibende Verdienste. Die Anerkennung und der Respekt, die er als hochdekorierter Jagdflieger des Zweiten Weltkrieges bei den Alliierten erfuhr, aber auch seine Bildung und Weltoffenheit, erleichterten ihm den Zugang zu den NATO-Partnern und ehemaligen Kriegsgegnern. Sein Wirken trug wesentlich dazu bei, daß die Verbündeten wieder Vertrauen zum demokratischen Deutschland und seinen Streitkräften faßten. Als Soldat mit Zivilcourage und Souveränität war er sich der politischen Konsequenzen seines militärischen Handelns stets bewußt. Das gab ihm die Kraft, auch ungewöhnliche und schwere Herausforderungen energisch anzugehen und zu meistern. Dabei ging es ihm immer besonders um die Menschen, für die er Verantwortung trug. So führte er die Luftwaffe aus der Starfighter-Krise, überwand bürokratische Hemmnisse und führte modernes Management in die Streitkräfte ein. Er gab der Luftwaffe ein modernes, zeitgemäßes Gesicht. Nach seinem Amtsantritt als Inspekteur gab man ihm den Titel "Manager in Uniform". Als General Steinhoff im Februar 1994 starb, war er nicht nur für Generationen von Flugzeugführern ein großes Vorbild. Er verkörperte das Bild eines modernen und leistungsstarken, menschlich und kameradschaftlich geprägten Offiziers der Bundeswehr. Und sein Name stand für die Verankerung der Bundeswehr im Bündnis. Davon profitieren wir noch heute.
Ihnen, den Soldaten, zivilen Mitarbeitern und ihren Familien wünsche
ich alles Gute und "Hals- und Beinbruch" und uns allen eine glückliche Zukunft
in Frieden und Freiheit. Junge Welt vom
19.09.1997:
Der 1994 im Alter von 80 Jahren verstorbene Steinhoff steht wohl für die Kontinuität deutschen Soldatentums. Steinhoffs Karriere begann 1936 als Jagdflieger in der faschistischen Luftwaffe. Während des Angriffskrieges schoß er bis 1944 bei Luftkämpfen 167 Maschinen ab. Das sind mindestens 167 Tote, Verletzte, Verstümmelte. Für seinen 167. »Luftsieg« erhielt er das Ritterkreuz mit Eichenlaub und Schwertern. Im Interesse der Sache mäkelte er dabei auch an der Führung herum. Die Zweifel am Kriegsherren können aber nicht fundamental gewesen sein, sonst wäre Steinhoff, selbst zwölfmal abgeschossen, nicht noch im April 1945 als Testpilot in einen Me-262-Düsenjäger gestiegen. Er stürzte damals ab und erlitt schwere Brandverletzungen. Dieser Teil der Geschichte wurde am Donnerstag in Laage weniger ausführlich geschildert. Volker Rühe wollte mit dem Ehrennamen lieber an den Steinhoff erinnern, der sich um den Aufbau der Bundeswehr »verdient gemacht hat«. Er wurde in den USA als Jet-Pilot ausgebildet und riet auf dem Höhepunkt der Starfighter-Krise - allein 1965 stürzten 26 Flugzeuge ab - den verunsicherten Piloten: »Mehr fliegen, mehr fliegen«. Der letzte deutsche Starfighter stürzte trotzdem erst 1989 ab. Steinhoff stieg schließlich auf zum Inspekteur der Luftwaffe und von 1971 bis 1974 zum Chef des NATO-Militärausschusses. Als Stehaufmännchen wird er den Jet-Piloten im ersten voll ins System der NATO-Luftverteidigung eingebundenen fliegenden Verband im Osten ein leuchtendes Vorbild sein. Ganz im Sinne des Ex-Generalinspekteurs Klaus Naumann, der schon Ende 1995 betonte, daß es gelte, zu den Soldaten zu stehen, »die auch in der dunkelsten Periode unserer Geschichte ihre Waffen rechtmäßig und ehrenvoll geführt haben«. Ministerpräsident Berndt Seite würdigte da gestern als Gast lieber
die Bundeswehr als willkommenen Arbeitgeber und Mecklenburg-Vorpommern als Land mit
großen Luftfahrttraditionen... Bernd Verter
Schweriner Volkszeitung vom 25. September 1998:
"Ich bin stolz, als Ihr Kommodore dabeigewesen zu sein, wenn wir als Mischverband mit zwei Waffensystemen in einer turbulenten Zeit Luftwaffengeschichte geschrieben haben. Für mich war die Aufgabe die anspruchsvollste und die herausforderndste. Sie war, die schönste Zeit meines Berufslebens." Mit diesen Worten verabschiedete sich Oberst Mack von seinen Geschwaderangehörigen. Und diese ließen ihn nicht mit leeren Händen gehen: So gibt es seit Mittwoch abend eine Reinhard-Mack-Allee auf dem Fliegerhorst. Außerdem soll ihn ein gelber Trabi, Marke Teileigenbau - denn in Italien fährt man Cabrio - an die Jahre als Kommodore in Laage erinnern. Im Januar tritt Mack seinen Dienst als Kommandeur des Taktischen Ausbildungskommandos auf Sardinien an. Seinem Nachfolger gab er unter anderem mit auf den Weg, die Kontakte zum Umfeld zu pflegen und auszubauen. Das, so betonte Rütze, sei ganz in seinem Sinne. "Wir wollen ein Bestandteil der Region sein", betonte der Oberstleutnant, der vom Jagdbombergeschwader 33 aus Büchel kommt. Den Reiz der neuen Aufgabe sieht er in gestalterischen Möglichkeiten des sich noch im Aufbau befindlichen Geschwaders. In den vergangenen Jahren wurden in den Ausbau des Platzes rund 280 Millionen Mark investiert. Noch aber sind die Bauarbeiten nicht abgeschlossen. So harrt z. B. die Lärmschutzhalle für Triebwerkstests noch immer ihrer Vollendung. Der 48jährige Rütze, der bisher Tornado flog, schult seit einigen
Tagen auf die MiG um. Er betonte auf SVZ-Nachfrage, der zivilen Mitbenutzung des Platzes
positiv gegenüberzustehen. Außerdem hoffe er, wie wohl alle in der Region, daß Laage
den Zuschlag für ein neues Airbus-Montagewerk erhält. Die Bundeswehr habe bisher alles
für die Ansiedlung getan. "2000 Arbeitsplätze wären für die Region ein
unschätzbarer Gewinn", betonte Rütze gestern. Regina Mai
Am 18. Februar 2000 erschien in der "Welt" folgender Artikel: Laage - Der Andrang war groß im Luftraum über der Wüste von Nevada. Alle wollten sie sehen, alle wollten gegen sie fliegen - gegen die Maschine aus dem untergegangenen Reich des Bösen, gegen den "Wundervogel", den "Superjäger", jenes Flugzeug, das die meisten bis dahin nur aus Spionageromanen und Hollywoodfilmen des Kalten Krieges kannten: gegen die MiG-29. Sechs Jagdflugzeuge des russischen Herstellers Mikojan-Gurewitsch, die die Bundeswehr 1990 von der Nationalen Volksarmee (NVA) übernommen hatte, waren die Stars der Luftkampfübung "Red Flag" auf der Nellis Air Force Base im vergangenen Herbst. Rund 100 Kampfjets aus den USA und verbündeten Staaten trainierten Luftkampfmanöver. Die Neugierde ihrer Fliegerkameraden überraschte die MiG-Piloten nicht. "Wir sind daran gewöhnt, die Bösen zu spielen", sagt Major Georg Pepperl, Codename"Peppy". Ein kalter Wintermorgen im Fliegerhorst Laage bei Rostock. Nur das dumpfe Aufheulen der Triebwerke durchbricht die Stille. Der Ausstoß der Nachbrenner zieht Streifen in den harten, schneeklaren Winterhimmel. Im Aufenthaltsraum der 1. Staffel des Jagdgeschwaders 73 "Steinhoff" riecht es nach Zigaretten, Kaffee und Gulasch. Die Piloten warten auf ihre Einsätze. Im Moment herrscht ein Engpass: Es fehlt Triebwerksöl aus Russland. Dieses hängt angeblich im russischen Zoll fest. Trifft das Öl nicht bald ein, werden Ende Februar alle 23 MiG-29 - 19 einsitzige Jägerversionen und vier doppelsitzige Trainer - stillstehen. Von den 25 MiG-Fliegern in Laage sind sieben ehemalige NVA-Piloten. Einer von ihnen ist Hauptmann Andreas Zube, Codename "Zubo". Der 37-jährige Ost-Berliner wollte eigentlich Transportflieger werden - "zur damaligen Zeit in der DDR die einzige Möglichkeit, als Pilot in die zivile Luftfahrt zu wechseln". Doch die Entscheidung trafen andere, nämlich die Fliegerärzte. Die Gesundesten wurden auf Kampfjets ausgebildet. Zubo war sehr gesund. Die "Red Flag"-Kriegsspiele in den USA waren für ihn ein Erlebnis der besonderen Art. "Es war eigenartig, meine eigene Vergangenheit zu spielen," sagt er und lacht kurz auf. "Für mich als ,Ossi' war die Simulation, die wir dort auf der "roten", der "bösen" Seite geflogen sind, schon sehr realistisch." Das Jagdgeschwader 73 ist das einzige Geschwader in Europa, das zwei Waffensysteme unter einem Dach vereint: Neben MiG-29 auch 15 F-4 Phantom. Zudem ist Deutschland der einzige der "alten" Nato-Staaten, der über MiG-29 verfügt. "Das Außergewöhnliche ist", sagt Peppy, "dass wir hier mit Westwissen und Westtaktiken ein Ostflugzeug gegen Westflugzeuge fliegen." Schließlich: Das Jagdgeschwader 73 wird das erste sein, das 2003 mit dem Eurofighter ausgerüstet wird. "Die MiG-29 eröffnet einem Kampfpiloten ganz neue Perspektiven", sagt der 33-jährige Regensburger Pepperl, der sich von der F-4 auf die MiG hat umschulen lassen. Sie ist, sagen Piloten, außerordentlich agil, hat leistungsstarke Triebwerke und eine hervorragende Aerodynamik. Sie benötigt eine minimale Startstrecke von nur 250 Metern und hält, theoretisch, eine Belastung von bis zu neun G - das neunfache der Erdbeschleunigung - aus. Ihre Höchstgeschwindigkeit liegt bei etwa Mach 2.3, mehr als doppelter Schallgeschwindigkeit. Ausgelegt ist die MiG-29 indes für ein politisches Szenario, das von der Geschichte mittlerweile überholt ist: als leichter Frontjäger für vom Boden geführte Luft-Nahkämpfe. Auf Grund ihres hohen Treibstoffverbrauchs kann die MiG-29 nur etwa 45 Minuten fliegen. Luftbetankung ist nicht möglich, Navigation und Radar sind mangelhaft. "Wenn man ehrlich ist", sagt Peppy und rührt in seinem Kaffee, "kann man sich die MiG heute nur sehr schwer in einem realistischen Szenario vorstellen". Und er fügt hinzu: "In einen wirklichen Krieg möchte ich mit diesem Flugzeug nicht gehen." Dass die MiGs sich kaum in das Konzept moderner Nato-Luftoperationen eingliedern ließen, war den Bundeswehrplanern bewusst, als sie die MiG-29 übernahmen. Dem entspricht ihre Mission: Neben der Landesverteidigung ist die MiG für das "Air Policing" zuständig, die Sicherung der Lufthoheit über Deutschland. Doch vor allem ist die MiG-29 als Trainingspartner interessant: Regelmäßig sind in Laage Geschwader aus verschiedenen Nato-Staaten zu Gast, die mit ihren Jets gegen die MiGs der Bundeswehr trainieren. "Gegen die MiG-29 zu fliegen ist das beste Training, das wir haben können", sagt Captain Barry "Yak'" Luff vom 493. Jagdgeschwader der US Air Force, das in Lakenheath, Südengland, stationiert ist. Er und elf weitere US-Piloten sind zwei Wochen lang mit ihren F-15-Kampfjets gegen die MiGs geflogen. "Bücher über die MiG zu lesen, Statistiken auszuwerten, Fotos anzuschauen ist eine Sache", sagt er, "aber tatsächlich gegen dieses Flugzeug taktisch zu fliegen, ist eine vollkommen andere. Wir sind hier gegen einen Mythos geflogen." Anders als derzeit in Deutschland hat die MiG-29 für US-Kampfpiloten einen realen Bezug: So werden MiGs beispielsweise von der irakischen Luftwaffe eingesetzt - gegen die in der Golfregion engagierten Amerikaner. Zwar haben die USA selbst 1997 21 MiG-29 aus Moldawien gekauft. Die Maschinen wurden auf die Wright-Patterson Air Force Base in der Nähe von Dayton, Ohio gebracht. Allerdings stehen sie dort meist am Boden; die USA wollen offenbar vor allem ihre Technik erforschen. Das Projekt in Laage hat seinen Preis: Die Ersatzteilbeschaffung für die MiG-29 ist aufwändig. Die Kosten einer MiG-29 übersteigen die eines westlichen Waffensystems um etwa das Vierfache. So kostet eine einzige Flugstunde auf einer MiG-29 nach internen Berechnungen des Bundesverteidigungsministeriums von 1997 insgesamt 49 000 Mark - das beinhaltet Treibstoff-, Wartungs- und Materialkosten. Zum Vergleich: Eine Stunde auf der F-4 kostet 11 200 Mark, eine Stunde auf dem Tornado 13 500 Mark. Peppy, Zubo und seine Kameraden sind die letzte Generation von MiG-29-Piloten in Deutschland. Der letzte Flug einer Bundeswehr-MiG wird voraussichtlich im Herbst 2004 stattfinden. Einige der jüngeren MiG-Piloten werden ab 2003 auf den Eurofighter umgeschult, die älteren auf andere Geschwader verteilt. Bundeswehrpiloten werden mit 41 Jahren pensioniert. Peppy und Zubo werden voraussichtlich nicht mehr Eurofighter fliegen.
Ein bisschen Wehmut ist schon dabei, wenn sie an den Abschied von "ihrer" MiG
denken. "Sie ist ein schönes Flugzeug", sagt Peppy. "Aber wir sind uns
darüber im Klaren, dass kein Pilot ewig fliegt. Es kommt ein neues Flugzeug, auf das wir
schon lange warten. Und das ist gut so."
»Sieht aus wie eine Bombe» Das Kreisen zweier Luftwaffe-Hubschrauber zwischen Aschersleben und
Quedlinburg hat am Donnerstag für einiges Aufsehen gesorgt. Grund für den Einsatz der
Helikopter: Ein Jagdflugzeug vom Typ Mig 29 hatte während eines Navigationsfluges von
bayrischen Manching nach Rostock-Laage einen Zusatztank verloren. Der Vorfall ereignete
sich bereits am Dienstag, wurde aber erst am Donnerstag bekannt. Warum der fünf Meter lange, 75 Zentimeter dicke und 110 Kilogramm schwere Zusatztank, der mittig unter dem Abfangjäger angebracht war, sich in 10 000 Meter Höhe selbständig machte, ist noch offen: "Die Mechanik scheint augenscheinlich in Ordnung, wir gehen von einer elektrischen Fehlfunktion aus", sagte Kiel. Der Pilot habe den Verlust erst nach der Landung bemerkt. Auch wenn das Teil aussieht, "wie eine Bombe - eine Gefahr geht davon nicht aus", erklärte Frank Kiel. Der 1 500-Liter-Tank sei leer gewesen und beinhalte weder elektrische Teile, noch Munition. Nachdem das Suchgebiet anfangs noch 900 Quadratkilometer groß gewesen sei, hatten umfangreiche Auswertungen der Flugdaten ergeben, dass der Tank höchstwahrscheinlich zwischen Quedlinburg und Hoym auf einem Acker niedergegangen sei. Wie hoch die Gefahr ist, von einem solchen Bauteil getroffen zu werden, konnte der 34-Jährige Major jedoch nicht sagen. Nur soviel: Einen ähnlichen Vorfall hat es erst vor einem halben Jahr gegeben - da verlor eine Mig einen Tank vor Rügen. Aber es gibt Hoffnung: Von den 23 Mig 29 der Luftwaffe sind neun bereits nach Polen verkauft, die restlichen 14 folgen innerhalb des nächsten halben Jahres. Am Nachmittag dann starteten vom Fliegerhorst Holzdorf die
Such-Hubschrauber. Die Luftwaffe sei sehr daran interessiert, das Stück Metall für
weitere Analysen zurück zu bekommen. Doch noch während die Maschinen in der Luft waren,
wurde der Tank von Beobachtern am Boden gefunden. Jedoch nicht auf einem Feld im Nordharz
- sondern auf einem Acker in der Prignitz bei Parchim. "Diesen Fundort hatten wir
anfangs in Erwägung gezogen, dann jedoch wieder verworfen", so Kiel. Immerhin:
"Ihre Region war nie in Gefahr." Anmerkung (nach Bodel): |
|
|