2. Schadenfälle aus der täglichen Praxis
Über 40 Beispiele von beschädigten Kunstwerken, die in meinem Atelier restauriert werden konnten
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Es könnte sein, daß Sie in den Besitz eines alten Gemäldes gelangen -
durch Erbschaft, durch Kauf in einer Galerie, durch den Erwerb auf einer Auktion oder durch
den günstigen
Kauf auf einem Flohmarkt. Es könnte beschädigt sein, es könnte durch
Ablagerungen vom Staub und Ruß der Jahre
verschmutzt sein. Es könnte sich aber auch um
Firnis oder dunkle Lasuren handeln.
Entscheiden Sie
das bitte nie selbst und versuchen Sie
nie "Licht" ins Dunkel
eines Bildes zu bringen.
Hier sehen Sie den mißlungenen Versuch eines solchen Aufklärers,
ein Gemälde mit untauglichen Mitteln aufzuhellen.
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Ergebnisse des "Waschprozesses" eines von einem sparsamen
Eigentümer selbst "gereinigten" Bildes des 19. Jh.
Die rötlichbraunen Verunreinigungen in der Tiefe von Leinwandstrukturen
konnten durch oberflächliches Wischen mit ungeeigneten Lösungsmitteln nicht entfernt werden.
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Eine typische Schadenstelle an der Ecke eines Bildes, nach Ablösung vom Keilrahmen.
Verantwortlich für diese Art von Schäden ist das
häufige Aufkeilen von scharfkantigen Keilrahmen,
wenn die Leinwand, bedingt durch Temperaturschwankungen,
in der Spannung nachläßt.
(Deutscher Maler des 19. Jh.)
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Beispiele für aufgeklebte Flicken,
die sich teilweise durch ungeeigneten Klebstoff von selbst ablösten, oder
angehoben wurden. Diese dicken Flicken sind für häßliche Beulen auf der
Bildvorderseite verantwortlich. Es ist aber auch gar nicht so selten, daß
diese Flicken mit Holzleim (es kommt schon darauf an, wo
man ein Bild restaurieren läßt!)
aufgeklebt werden. In diesen Fällen hilft nur das äußerst mühevolle, mechanische
Entfernen - Faden für Faden.
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Bilder die auf Pappe gemalt werden, unterliegen
besonderer Anfälligkeit an ungeschützten
Rändern, die oftmals abgestoßen sind. Teilweise fehlen sogar
ganze Randbereiche, die dann ergänzt
werden müssen.
(Pappe, 20. Jh.)
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Arbeit an der Dünnung einer durch Feuchtigkeit verzogenen und
gewellten dicken Pappe. Das Papier muß Streifen für
Streifen und Schicht für Schicht entfernt werden, um es anschließend
auf eine Holztafel oder starke Leinwand aufzukleben.
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Vorder- und Rückseite einer gestopften
Leinwand.
Nicht das Prinzip ist hier falsch, sondern die
Art, wie die Leinwand kreuz und quer vernäht wurde.
So sollte man noch nicht einmal alte Socken stopfen.
Um Fehlstellen in einer Leinwand zu ergänzen, kann es
angebracht sein ein Loch kunstzustopfen, um die
Gewebestruktur zu imitieren. In diesem Fall, bei dieser pastosen
Farbstruktur war es allerdings überflüssig.
(Gemälde von W.H.E. Linde-Walther)
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Auf diesem Bild, gemalt auf einem (aus Papier) geflochtenem
Bildträger, sind alte Beschädigungen mit einer Gipsspachtelmasse
großflächig zugespachtelt worden.
Hier war wohl ein Verputzer am Werk. Um eine, wieder dem Original
angemessene, homogene, dem Bildträger vergleichbare Struktur zu erreichen,
wurde in mühseliger Kleinarbeit der Gips von jeder einzelnen Faser
mit einem Fräser abgetragen, wobei der Originalbildträger selbstverständlich
nicht beschädigt werden durfte.
Die links gezeigten Flächen sind mehrere Quadratdezimeter groß.
(Bild von Baranoff-Rossiné)
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Halbkreisförmige, durch Druck
entstandene Sprungrisse in einer Leinwand,
mit beginnender Farbschollenablösung
(Bild von Oskar Schlemmer, 20. Jh.)
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Abblättern der Farbschichten und
Grundierung durch Feuchtigkeitseinwirkung.
(Bild von Franz Skarbina, Ende 19. Jh.)
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Teilabnahme einer vollkommenen Übermalung
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Die Rückseite eines auf
Pappe gemalten Bildes mit dem Motiv eines Blumenstraußes. Sie wurde getrennt und beide
Teile auf eine Holzplatte aufgezogen. Die Rückseite war übermalt. Darunter wurde ein wichtiges Bild vermutet.
Unter der Übermalung wurde nach und nach ein fast
unbeschädigtes Motiv aus des Malers Berliner Zeit freigelegt.
Siehe auch die unbearbeitete Seite
(Bild von Arthur Segal)
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Zustand bei Anlieferung
Nach vollkommener Abnahme der Übermalung
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Teilabnahme
Nach der Retusche
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Stadien der Abnahme einer großflächigen Übermalung
Der Grund für diese möglicherweise völlig unnötige, flächige Übermalung
war offensichtlich ein kleines Loch in der Leinwand gewesen, welches mit relativ geringem
Aufwand geschlossen werden konnte.
Denkbar für die Übermalung wäre auch der, auf die bevorstehende deutsche Besetzung Frankreichs
hinweisende Schatten in Form eines marschierenden Soldaten.
Siehe auch: Streiflichtaufnahmen
(Bild von Felix Nussbaum, Bildausschnitte)
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Übermalung
im linken oberen Bildviertel, um Abreibungen
durch eine unsachgemäße, vorhergehende
Reinigung zu vertuschen. Solche Reparaturen an
Kunstobjekten findet man immer wieder. Sie sind oft die Reaktion
auf die Reinigung durch zu scharfe
Lösungsmittel oder
Geheimtinkturen dubioser Restauratoren.
(Bild von Oskar Schlemmer, 20. Jh.)
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Abgeplatzte alte Tempera-Retuschen und nachträglich
hinzugefügte Signatur über dem originalen Firnis.
(Bild von Lesser Ury)
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Brandblasen,
ausgelöst durch Kriegseinwirkung.
Jede einzelne Blase muß unter Erwärmung
mit einem Kleber unterspritzt werden und mit
leichtem Druck wieder auf die Malfläche aufgeklebt werden.
(Bild von Paul Schröter, 20. Jh.)
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Gemälde auf Rohseide.
Auf Holz aufgezogen, Der Kleber haftet nicht mehr an allen Stellen und wirft
Blasen.
(Bild von Th. Steinlen)
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Eine der häufigsten Ursachen
für Schäden sind grobe Schmutzpartikel,
jahrelang sich häufender Staub und
Wandputzreste, die zwischen Leinwand und
Keilrahmen fallen. Sie sammeln sich dort zu einer immer dicker werdenden
Schicht, um sich schließlich am unteren Rand, eines auf Leinwand
gemalten Bildes, nach vorne durchzudrücken.
(Bild von Franz Skarbina, Ende 19. Jh.)
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Diese ovale Kopie des 19. Jh.
nach einem Gemälde des 16. Jahrhunderts war lange Zeit nicht aufgespannt
und nur gerollt und gefaltet aufbewahrt worden. Zahlreiche
Farbabsplitterungen und Knickfalten bis auf die
Grundierschicht waren die Folge.
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Abplatzungen an einem Gemälde des 17. Jh.
Das Bild ist auf Holz gemalt. An den Nahtstellen der zusammengeleimten
Bretter ist die Grundier- und Malschicht teilweise auf- und abgeplatzt.
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Abplatzungen an einem Gemälde des 19. Jh. Das ovale Bild ist auf Holz gemalt. An den Nahtstellen der
zusammengeleimten Bretter ist die Grundier- und Malschicht teilweise auf- und abgeplatzt.
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Aus einem sicher sehr sauberen Haushalt stammt dieses Zifferblatt. Starke
Bereibungen und Abplatzungen an einem, auf Kupfer gemalten Front-Zifferblatt einer Standuhr.
(18. Jh., Nordwestdeutschland)
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Reinigungsversuch an einem vollkommen durch Nikotin und durch fettigen
Schmierfilm verschmutzten Bild - unter Beibehaltung des originalen Firnisses. Das Werk war über viele
Jahre mit der Bildseite nach innen gerollt und wies daher viele vertikale
Bruchstellen auf.
(Deutscher Maler des 19. Jh.)
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Reinigungsversuch an einem
Gemälde, in dessen Leinwandstrukturen der Schmutz tief eingedrungen war.
(Gemälde von W.H.E. Linde-Walther)
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Loch in einer Leinwand. Durchstoßung mit einem scharfkantigen Gegenstand.
(Bild von Ludwig von Hofmann)
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An diesen Photos
kann man erkennen, daß man eine Hartfaserplatte nicht
auf Holzleisten nageln sollte. Nach einiger Zeit wachsen
die Nägel durch Grundierung und Farbschicht. Die
Resultate kann man gut erkennen.
(Deutscher Maler um 1970)
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An diesem Schaden war wohl ein Säbelhieb
schuld. Glatter und sehr scharfer Schnitt mit gedehnter und unterschiedlich eingelaufener Leinwand. Hier
mußte das gesamte Bild mit neuer Leinwand hinterlegt werden. Die originale Signatur, die verso auf
der Leinwand angebracht war, mußte vorher photographisch dokumentiert werden.
(Bild von Peder Wichmann, Daenemark, 18. Jh.)
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Löcher und Abplatzungen an einem Gemälde des 19. Jahrhunderts. Problematisch ist bei dieser
glatten Malerei auf Ölgrund
die blaue Hintergrundfarbe. Nur in den glücklichsten Fällen gelingt es, die Retuschen in diesen
sensiblen Bereichen so anzugleichen, daß sie einigermaßen zufriedenstellend ausfallen.
Diese Beschädigungen zu restaurieren, gehören zu den schwierigsten Aufgaben eines Restaurators.
(Gemälde von A. Henning um 1850)
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Schwerer Riß in einem Bild des
frühen 19. Jahrhunderts. Verursacht durch Schlageinwirkung
mit einem breiten Gegenstand. Die dünne, jetzt spröde Leinwand ist an den
beschädigten Rändern gedehnt
und mußte über einen langen Zeitraum "erweicht" und wieder originaler Größe
angepaßt werden.
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Spannungsriß an einer auf Papier
aufgezogenen Leinwand. Holzrahmen, Papier und Leinwand haben unterschiedliche
Dehnungskoeffizienten, die an diesem Beispiel zu einem Riß geführt haben.
(Uhrenbild des 19. Jh.)
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Zustand eines großen Gemäldes, das zu drei Teilen zerschnitten,
für einen Paravent herhalten mußte - was keine sehr gute Idee war, wie man sieht. Es war mit
Wachs übergossen und grobschlächtig aufgeklebt worden.
(Bild v. H. W. Schweickhardt, 18.Jh.)
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Materialcollage aus Holz, Eisen, einem Teil eines Autositzes, einem
Kinderwägelchen,
einem Christbaumständer, Glühlampen und Fassungen, Hartgummi,
Zeltplane, Pappmaché und Gips. Mit Ölfarben bemalt
und anschließend mit Lack unregelmäßig bestrichen.
Der Transport in einer unsachgemäß ausgestatteten Holzkiste
ist dem "Blue Boy" gar nicht gut bekommen. Das Werk wies an einigen Stellen
Risse im Material, Beulen, Absplitterungen und Dellen auf. Die Restaurierung
erwies sich als äußerst problematisch, da nicht an allen
"möglichen" Schadenstellen einwandfrei nachgewiesen werden konnte,
wo Schäden vorlagen und bei welchen scheinbaren "Schadenstellen" die Intentionen des
Künstlers Priorität haben mussten.
(Das Kunstwerk "Blue Boy" von Ed. Kienholz)
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Waren die Löcher schon im Zustand der "Findung" existent, vielleicht der Grund für die
Entsorgung durch den Produzenten ? Oder waren die (sicher jetzt unglücklichen) Transportarbeiter die
Verursacher ?
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Nur als Beispiel für die Problematik der Restaurierung von zeitgenössischer Kunst, habe ich hier
einen Schadenfall eingefügt, für den ich ein Gutachten zu erstellen hatte.
Auf einer Kunstmesse wurde diese Tüte als Teil einer "Installation" von einer Galerie ausgestellt und
zum Verkauf angeboten. Die Werkgruppe wurde nicht
verkauft und sollte deshalb für einen Rücktransport verpackt werden.
In völliger Verkennung des Kunstwertes dieser Papiertasche, mißbrauchten
Transportarbeiter während ihrer Frühstückspause dieses Tütenwerk
schändlich als Abfalltasche für Bananen, Bierflaschen und Asche.
Glücklicherweise konnte das bedeutende Kunstwerk durch das beherzte Eingreifen eines Kunstsachverständigen
in letzter Minute gerade noch vor der Zerstörung gerettet und somit für den Kunstmarkt erhalten werden.
Die kunstvoll gestaltete Tüte stammte wahrscheinlich von einem unbekannten
Stadtstreicher (der sie liebevoll beklebte und schmückte) -
das Kunstwerk wurde in Szene gesetzt von (? ?) ...
Bedauerlicherweise habe ich den Namen des Künstlers verdrängt
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Durch einen Stoß in die Leinwand wurde dieses Bild beschädigt. Die schnelle
Farbschollenbildung bei einem relativ neuen Bild zeigt, daß der
Künstler bei der Grundierung des Leinens nicht auf genügend Bindung zwischen schnell
trocknender Malfarbe und Untergrund geachtet hat.
(Zeitgenössischer Maler, 1991)
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Der Versuch, mit "spontaner" gemischter Mischtechnik
ein Bild zu malen. Diese Leinwand kann sich sehen lassen. Abgeplatzte
Farbschichten, verursacht durch Malen mit wasserlöslicher Farbe
auf ölhaltigem Untergrund.
(Deutscher Akademie-Professor, um 1980)
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Zuletzt noch ein weiteres schönes Beispiel für meine Warnung (und die Erfahrung von Generationen
von Malern), daß Tempera nie auf Ölfarben, mit
Leinöl getränktem Nessel oder anderen ölhaltigen Grundierungen hält.
(Bild von einem sehr bekannten, lebenden deutschen Maler (um 1970), dessen gestische Malweise
ihm wichtiger war, als auf ein paar simple technische Grundregeln Rücksicht zu nehmen.)
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siehe Streiflichtaufnahmen (Text) | Beispiele