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x.)    Dankschreiben eines Restaurators an Rahmenmacher
        und Glasermeister
Liebe Rahmenmacher und Glasermeister,

auch in diesem Jahr möchte ich wieder allen Adressaten obiger Berufsstände ein herzliches "Dankeschön" zurufen, für Ihre praktischen Leistungen auf dem Gebiet der Gemälderahmung. Durch Ihre teilweise nicht mehr zu überbietenden Fähigkeiten garantieren Sie mir und sicherlich noch vielen nachfolgenden Restauratoren-Generationen, ein sorgenfreies Einkommen. Nichts hilft mir so sehr dabei, wie ein durch Ihre Rahmung behandeltes, verschönertes Kunstwerk.

Beherzigen Sie deshalb auch in Zukunft die folgenden 7 goldenen Regeln:

  1. Eine unerläßliche Vorbedingung zum Bau von Rahmen ist die Verwendung von frischem Holz. Vorhandene Astlöcher sollten für Sie kein Hindernis darstellen. Da frische Rahmenleisten meistens sehr schön riechen wenn sie noch feucht sind, entsprechen sie vollkommen der Forderung nach ausreichender, zudem angenehm duftender Luftfeuchtigkeit in beheizten Wohnzimmern. Auch die dadurch spiralig verdrehten Leisten kommen besonders in zeitgeistig gestylten Wohnungen erst richtig zur Geltung. Hier können sich Holz und Keilrahmen in ihrer ganzen Pracht entfalten.
    Sie wissen das, denn Sie verfügen über ausreichende Kenntnisse auf dem Gebiet des Umweltschutzes und der Holzveredelung.
  2. Gemälde, die Ihnen von Kunstkäufern zur Rahmung anvertraut werden, sollten Sie unbedingt mit der gleichen Sorgfalt behandeln wie Sie sie schon bei der Auswahl der Rahmenleisten walten ließen. Bekanntermaßen sind sie (die Gemälde) mit größeren Nägeln oder Schrauben an Ihrem schönen Rahmen unverrückbar zu befestigen. Das Einschlagen von Nägeln durch Keilrahmen und Leinwand ist unbedingt (schon aus Sicherheitsgründen) zu empfehlen. Gehrungen mit einer Gehrungssäge zu schneiden ist langweilig. Der Freihandgebrauch eines Fuchsschwanzes bietet Ihnen deshalb immer wieder abwechslungsreiche, Hundertwasser'sche krumme Ecken.
    Sie sind Ästhet und wissen das natürlich. Sie verwenden garantiert rostende Nägel und grobe Sägen - schon wegen der antikisierenden Wirkung von Patina und schiefen Winkeln.
  3. Vertrauen Sie darauf, daß Keilrahmen und Leinwand stabil sind. Vertrauen Sie darauf, daß die Farbe auf der Bildseite durchgetrocknet ist und der vielleicht aufgetragene Firnis nicht mehr klebt. Vertrauen Sie darauf, daß der Künstler schon wußte was er tat. Vertrauen Sie darauf, daß zukünftige Restauratoren Ihre unglaublichen Leistungen beim Rahmen von Kunstwerken würdigen und gegebenenfalls "reparieren".
    Sie jedenfalls wissen Dank Ihrer Selbstüberschätzung trotzdem, was und wie Sie "es" tun.
  4. Pressen Sie das Gemälde fest in Ihren Rahmen, damit eine Einheit von Bild und Rahmen entsteht. Sitzt es dann immer noch nicht, keilen Sie das Bild so lange auf, bis es nicht mehr "wackelt". Wenn Sie überstehende Leinwand stört oder ein zu großes Gemälde auf Holz oder Pappe nicht in Ihren sorgfältig geschnittenen Rahmen paßt, können Sie gedanken-, bzw. bedenkenlos die Leinwand abschneiden oder das Bild auf die gewünschte Größe zurechtstutzen. Erst das Bekleben der Keilrahmenränder mit selbsthaftenden Leinwand- oder Papierstreifen macht das (glücklicherweise wehrlose) Bild zu einem handwerklich soliden, einheitlichen Werkstück.
    Sie wissen das, denn Ästhetik und fachgerechte Einrahmung sind Ihnen keine Fremdbegriffe.
  5. Ein Bild mit Rahmen kommt erst an einer Wand zur Geltung. Sie sollten zu diesem Zweck entweder selbstklebende Metallhäkchen oder, um das Werk nicht noch mehr zu beschädigen, kleinste Messingschrauben mit sogenannten Scharnieraufhängern verwenden. Für größere Werke empfiehlt sich ein Bindfaden (Sie haben sicher von Ihrer letzten Paketsendung noch etwas übrig). Verwenden Sie auf keinen Fall Dübel, Draht oder gar Ringösen.
    Sie wissen das, denn langjährige Praxis hat Sie schlau gemacht.
  6. Schrauben oder nageln Sie immer vorsichtig in den Keilrahmen des Originalgemäldes, niemals jedoch in Ihren mühevoll angefertigten Rahmen. Denken Sie daran, daß erst ein prachtvoller, unbeschädigter Rahmen dem Kunstwerk die erwünschte Wirkung verleiht.
    Sie wissen das, denn mit Ursache und Wirkung kennen Sie sich aus.
  7. Pastelle, Druckgraphik, Aquarelle und Zeichnungen müssen grundsätzlich direkt auf der Glasscheibe aufliegen und mit deren Rändern verklebt werden. Feuchten Sie deshalb das Trägermaterial gut an, damit die garantiert holzhaltigen Klebestreifen gut haften und Papier und Passepartout luft- und staubdicht abgeschlossen sind. Auch hier bitte ich Sie eindringlich, dem Hersteller des Kunstwerkes zu vertrauen, der seine Pastelle und Zeichnungen vorausschauend gegen jegliche Umweltsünder und Rahmenmacher durch einen satten Firnis praktisch unangreifbar machte. Sollten sich die Kunstwerke, entgegen Ihrem Willen verziehen oder wellig werden, können Sie Sie dies leicht durch stärkere Rückwände und höheren Druck ausgleichen. Eines dürfen Sie aber auf keinen Fall vergessen. Ein paar ordentlich dicke Klebestellen aus der Tube oder mit Kaltleim auf Bildträger und Pappe sorgen immer für einen festen Halt im Rahmen.
    All dies wissen Sie schon längst, da es Ihnen in "Fleisch und Blut" übergegangen ist - daher scheint Ihnen nichts widersinniger zu sein, als meine höchst überflüssigen Ratschläge.

Mit Erfüllung der 7 goldenen Regeln haben Sie die "höheren Weihen" Ihres Berufsstandes erreicht und brauchen sich auch in Zukunft weder Gedanken über Ihre wertvolle Tätigkeit, die ein steter Quell beschäftigungs- und zahlungswilliger, freudiger Betrachter sein wird, noch über meine berufliche und finanzielle Zukunft zu machen.   Gelesen ? - Danke für Ihre Aufmerksamkeit !

Quelle: Rundschreiben
Autor:
Volkert Emrath, Restaurator in Berlin