Musik mit Pilotwalen

Nachmittags fanden wir uns zu einem Tonexperiment an Deck ein, um uns auf die delphinische Lautbildung einzustellen. Wir versuchten einen Ton zu singen und gleichzeitig eine bestimmte Information in den Klang zu integrieren. Nachdem der Sänger seinen Klang herausgebracht hatte, beurteilten die Zuhörer die Information. Erstaunlich war der hohe Übereinstimmungsgrad zwischen Interpretationen und der vom Vorsänger gedachten Information. Die Art der Information war von großer Bedeutung. So stellte sich schnell heraus, daß momentane Gefühlszustände leicht in Töne geformt und erkannt werden konnten, während abstrakte Gedanken nur schwer umsetzbar waren. Auf diese Weise bekamen wir eine Vorstellung von der Erlebniswelt der Delphine und Wale. Vergangenes zu beschreiben und über Zukünftiges zu spekulieren, schien unwichtig in Anbetracht der Fülle von Informationen, die in der Gegenwart erkennbar war. Die Musiksessions erfreuten sich großer Beliebtheit. Eine gefühlvolle Improvisation aus Keyboards, Schlagzeug und Saxophon gipfelte in einer schönen Interaktion mit Pilotwalen. Schlagzeug und Keyboards erzeugten einen Klangteppich. Der Solist am Saxophon baute dann mit den Walen den Kontakt auf. Auffällig war die verblüffende Synchronizität zwischen Saxophon- und Wallauten. Nach dem Ereignis berichtete der Saxophonist: "Heute gab es einen Moment, da war ich innerlich sehr berührt. Die Antworten aus der Tiefe lösten in mir eine starke Sehnsucht nach universaler Verbundenheit mit unserer Welt aus. Meine Augen waren geschlossen. Ich war da unten in einem tiefblauen Raum. Mein Zeitgefühl veränderte sich. Ich spielte Flagolett-Töne, die ich, den Wunsch nach Kontakt ausdrückend, in die Tiefe sendete. In den Antworten verspürte ich Resonanz. Im Moment des Kontaktes mit den Walen empfand ich auch ein ganz neues Raumgefühl. Es gab keine Trennung mehr von dem, was mich umgab. Ich befand mich plötzlich in einem erweiterten Daseinsraum und fühlte mich als Teil des Ganzen. Wichtig war für mich das intuitive, emotionale Verständnis der Wallaute."  

ulisses@snafu.de

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