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Symposium
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Programm:


Donnerstag, 04. Dezember 2003

20.00 – 22.00 Uhr:
Literarisch-performative Eröffnung
Einleitende Bemerkungen von Harm Lux (Berlin) zum Kontext von Ausstellung und Symposium

Nana Petzet »Denken, Handeln, Fragen«
Seit Nana Petzets Performance »Rational Scientific Art« von 1987 sind Vorträge mit Performancecharakter ein wichtiger Bestandteil ihrer künstlerischen Arbeit. In ihrem Werk behandelt sie Themen aus den Bereichen »Physik«, »Abfallentsorgung« und »Museum«.

Literarische Gegenwartsreflexionen
von
Annett Gröschner (Berlin) und Kathrin Röggla (Berlin)

Santiago Reyes »Bewegt Eure Hintern«
In der Performance »Bewegt Eure Hintern« wird der Rhythmus zum Medium durch das die Rollen und Funktionen von Performer, Zuschauer und Botschaft aufgebrochen werden.
Meine Arbeit ist im sozialen Kontext des Systems Kunst angesiedelt. Innerhalb dieses Kontextes versuche ich die Rolle des Künstlers, des Werks und des Betrachters und die Verhältnisse zwischen diesen zu reinterpretieren, indem der Besucher dazu eingeladen wird sich in jede dieser Rollen zu projizieren um deren Fixiertheit in Frage zu stellen.
(Santiago Reyes)

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Freitag, 05. Dezember 2003

9.15 – 12.45 Uhr:
Die Kritik des Spektakels und das Spektakel der Kritik
Einführende Exposition des Themas und Moderation durch Christoph Menke (Potsdam)
Vorträge von Friedrich Balke (Köln), Juliane Rebentisch (Berlin) und Tilman Reitz (Jena)
Diskussion

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x       Friedrich Balke
»An den Rändern des Spektakels«

Lange Zeit konnte die marxistisch informierte Gesellschaftskritik behaupten, daß der Kapitalismus die (meisten) Menschen und mit ihnen die Welt ärmer macht. Die Entfremdung erschien als ein Effekt der umfassenden Enteignung der Produzenten des gesellschaftlichen Reichtums. Mit der Gesellschaft des Spektakels (Guy Debord) hat der Kapitalismus eine Phase erreicht, in der der gesellschaftlich produzierte Reichtum nicht mehr nur den Reichen zugute kommt, sondern zu uns allen als Überfluß der Waren und kulturellen Zeichen zurückkehrt. Diese Rückkehr des Reichtums ist jedoch eine nur imaginäre, weil sie die Trennung zwischen uns und den Kräften, die sich uns im Spektakel zeigen, faktisch aufrechterhält. Die Gesellschaft des Spektakels radikalisiert den Satz Walter Benjamins »Weltausstellungen sind die Wallfahrtsstätten zum Fetisch Ware« zu der These: die Welt ist alles, was ausgestellt wird und nichts sonst. Wieder einmal haben die Bilder die souveräne Herrschaft über das soziale Leben angetreten.

Der Vortrag wird einerseits zeigen, daß Guy Debord damit durchaus einen bis in aktuelle soziologische Theorien hinein wirksamen Befund über eine Gesellschaft formuliert, die sich aufgrund ihrer selbstreferentiellen Verfassung ihre eigene »soziale Verifikation« garantiert (aufgrund »der erdrückenden Präsenz des Medien-Diskurses«); zum anderen wird es darum gehen, das kritische Phantasma zu zerstören, das der Diagnose des integrierten Spektakels und dem unglücklichen Bewußtsein derer, die es formulieren, zugrundeliegt: der Aufspaltung in Realität und Bild, die als eine vermeidbare dargestellt wird und die maßlose Überschätzung bzw. Verteuflung des Bildes, demgegenüber es allein die Position des Zuschauers geben kann.
Der Vortrag wird argumentieren, daß es keine historische Entwicklung hin zu einer immer 'spektakuläreren' Gesellschaft gibt; vor allem aber wird er bestreiten, daß die Kraft des Spektakulären und das heißt immer auch: der populären Kultur sich in der Erzeugung von »Zustimmung« zum System und damit in der Sicherstellung politischer Hegemonie erschöpft.
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x       Juliane Rebentisch
»Kritik der Spektakelkritik«

Die Entgrenzung von Kunst auf Leben – das Programm der modernen Avantgarden – ist in der Postmoderne soziale Realität geworden. Allerdings hat die »Ästhetisierung der Lebenswelt« nicht zu einer Befreiung, sondern im Gegenteil zu einer besonders perfiden, weil noch die intimsten Lebensbereiche durchdringenden Form der Entfremdung geführt. So oder ähnlich lautet eine recht verbreitete kulturkritische Diagnose der Gegenwart. Der Vortrag wird von der Hypothese geleitet, daß diese jedoch selbst auf problematischen Voraussetzungen beruht – auf Voraussetzungen nämlich, die zu einer Fehlbeschreibung nicht nur des Phänomens der Entfremdung, sondern auch der Kunst führen.
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x       Tilman Reitz
»Aufsehen erregen. Politik in der nachautonomen Kunst«

Ausgehend von einer Analyse des Spektakelbegriffs soll erörtert werden, welche Chancen eine nachautonome politische Kunst hat; zur Illustration ziehe ich Werke heran, die im letzten Jahr auf der Documenta zu sehen waren. Die Kritik am Spektakel, an der Dominanz des Zur-Schau-gestellten, wird anhand dreier Punkte ausgeführt:
1) dem Gegensatz der sinnlichen Oberfläche zu den tatsächlichen abstrakten Sozialbeziehungen und den nie auf einmal sichtbaren Lebensvollzügen,
2) der ständigen Konkurrenz um das Aufsehenerregende, die nicht nur den eventuell zu vermittelnden Inhalten, sondern auch der internen Logik der ästhetischen Form zuwiderläuft,
3) der Ausweitung des Blicks auf immer neue Bereiche, die man lieber privat, geschützt, unbeaufsichtigt ließe, vom eigenen Bauchnabel bis zum Leiden anderer.

Daraus kann man dann einigermaßen unmittelbar die Schwierigkeiten einer Kunst destillieren, die etwa auf echte Probleme hinweisen, sich den Mechanismen des Wettbewerbs verweigern und die Würde der Benachteiligten wahren will – sie erfordert selbstverständlich Techniken des Sichtbarmachens, kann aber durch deren vorgegebene Struktur unaufhaltsam von der Verfolgung ihrer Ziele fortgetrieben werden. Als nächster Schritt folgt eine kurze Reflexion darauf, weshalb sich dieses Problem klassisch autonomer, nur vermittelt politischer Kunst in viel geringerem Ausmaß stellt als einer direkt auf Thesen, Appelle oder Wahrnehmungsveränderungen ausgerichteten Ästhetik. Sie verfügt über das Kriterium einer Weiterentwicklung der Formen, der nachvollziehbaren Kritik an dem, was bisher Kunst hieß, und kann daher neue Ordnungsmuster, Selbstverhältnisse und Sensibilitäten gleichsam auf gesichertem Boden erschließen. Nicht so die engagierte oder dokumentarische Kunst, bei der zu befürchten steht, dass sie ihre inhaltliche Eindeutigkeit mit einer Übernahme dekorativer, warenästhetischer oder Voyeurismus provozierender Formen erkauft. An der Documenta 11 und anderer zeitgenössischer Kunst will ich dann schließlich zeigen, dass diese Befürchtung zwar zumeist zutrifft, aber auch Raum für mögliche Alternativen, nämlich eine Reflexion und Umfunktionierung der Darstellungsmedien lässt – allerdings eher im Feld von Gebrauchsästhetik als im überkommenen Bereich selbständiger Kunstproduktion.
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14.00 – 18.00 Uhr: Massenkultur zwischen Medialität und Konsumismus
Einführende Exposition des Themas und Moderation durch Michael Makropoulos (Berlin)
Vorträge von Hannelore Bublitz (Paderborn), Karl-Siegbert Rehberg (Dresden) und Dominik Schrage (Dresden)
Diskussion

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x       Hannelore Bublitz
 
Massenkultur gilt ihren Kritikern als bloße Zerstreuung, die mit der Flucht aus der Wirklichkeit jedem emanzipatorischen Anspruch entsagt. Doch Massenkultur hält die »zerstreute Masse« keineswegs in einem dauernden Zustand tagträumerischer Geistesabwesenheit, sondern führt sie in die moderne Wirklichkeit hinein, nicht aus ihr heraus. Massenkultur ist daher mehr als ein Spektakel und Masse mehr als ein Objekt vorgegaukelter Scheinwelten. Als Chiffren der kulturellen Gegenwart verweisen sie auf einen phantasmatischen Begehrenshorizont. Hier gerät die transparente Masse als flexibles Medium sozialer Normalität in den Blick, die, in den Blickrastern massenkultureller Ereignisse angeordnet, ihre bedrohliche Materialität verliert.
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x       Karl-Siegbert Rehberg
»Konsum: Visibilisierung und Verdrängung sozialer Ungleichheit«

Kulturindustrielle Warenangebote symbolisieren in besonderer Weise die »Dialektik« des Konsums, nämlich durch unterschiedlich verteilte Kaufkraft soziale Ungleichheiten überdeutlich sichtbar und spürbar zu machen, während es gleichzeitig einen angenäherten Sättigungsgrad der Erfüllbarkeit von Wünschen zu geben scheint. Dadurch wird soziale Ungleichheit im wichtigsten Medium ihrer Präsenz zugleich verdeckt: Die meisten von uns können nur für eine gewisse Zeit pro Jahr am oder auf dem Meer sein, sei es nun in einer Yacht oder einem Schlauchboot, Hotelübernachtungen, Fernreisen, Filmkonsum und Musikaneignung scheinen näher beieinander zu liegen als die materiellen Möglichkeiten der Bedürfnisrealisierung. Konsum spaltet und vereint auf diffizile Weise.
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x       Dominik Schrage
»Kein Wachstum ohne Konsumismus«

Versteht man Massenkultur nicht als sozial »unten« situiertes Gegenstück zu einer elitären Hochkultur, sondern als umfassende Allgemeinkultur, die auf ein unspezifisches, klassen- und schichtenübergreifendes Publikum hin ausgerichtet ist, dann ist der Konsumismus das adäquate Verhältnis zu einer durch Markt und Medien vermittelten Welt. Denn überlieferte Riten, Stile und Geschmacksmuster stellen dadurch soziale Bindungen her, daß sie einen normativen Rahmen für das bereithalten, was als angemessen oder üblich gilt. Demgegenüber bedarf die konsumistische Haltung eines solchen Rahmens nicht, weil sie dadurch motiviert ist, daß Neues für prinzipiell möglich, verfügbar und wünschenswert gehalten wird. Erst dadurch wird das moderne Versprechen wirtschaftlichen Wachstums für konsumistische Subjekte – also potentiell alle – überhaupt attraktiv: Sie orientieren sich nicht an statischen, etwa durch soziale Schichtungen und Regeln vorgegebenen Bedürfnissen, sondern an dem Begehren, einen gegenwärtigen Zustand zu überbieten und sich dazu der Angebote der Massenkultur zu bedienen. Der Konsumismus ist nun sicher nicht die Art sozialer Bindung, deren Wiederherstellung gegenwärtige Krisenbeschreibungen fordern – er ist aber gleichwohl eine erstaunlich stabile Form, individuelle Erwartungshorizonte auf die für die kapitalistische Wirtschaft charakteristische Wachstumsdynamik einzustellen und damit – gleichsam virtuell – zu integrieren. Der Konsumismus, dieses über Klassen- und Schichtengrenzen hinweg verbreitete, grundsätzlich positive Verhältnis zum Neuen, das historisch selbst neu ist, hat es schließlich im Verlauf des 20. Jahrhunderts überhaupt erst möglich gemacht, der Rolle des Konsumenten jene gesellschaftlich, politisch und wirtschaftlich zentralen Funktionen zuzuweisen, deren Störung momentan ständig (»Konsumverzicht«) beklagt wird. Kein Wachstum ohne Konsumismus, hieße dann die Diagnose, der gegenüber der Ruf nach sozialen Bindungen eher alt aussähe.
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19.00 – 21.00: Wissenschaftlich-künstlerisches Podiumsgespräch

Performance
Santiago Reyes »ohne Titel (Ecuadorianer)«
Die Performance »ohne Titel (Ecuadorianer)« ist als soziale Skulptur oder Ready-Made Performance angelegt. Ich lade Menschen aus Berlin ein mit denen ich eine Gemeinsamkeit teile: meine ecuadorianischen Wurzeln. Wir werden Subjekt und Objekt einer a-spektakulären Performance in der wir versuchen werden, die Vorstellung ecuadorianischer Identität neu zu definieren.
Meine Arbeit ist im sozialen Kontext des Systems Kunst angesiedelt. Innerhalb dieses Kontextes versuche ich die Rolle des Künstlers, des Werks und des Betrachters und die Verhältnisse zwischen diesen zu reinterpretieren, indem der Besucher dazu eingeladen wird sich in jede dieser Rollen zu projizieren um deren Fixiertheit in Frage zu stellen.
(Santiago Reyes)

Podiumsgespräch
über wissenschaftlichen Diskurs, ästhetische Praxis und kritische Gegenwartsanalyse zwischen Michael Makropoulos, Christoph Menke, Nana Petzet und Susanne Weirich

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