Eddie ist nun ein Superstar erster Klasse, der sich vom Sportflitzer bis zur modernsten Wohungseinrichtung alles leisten kann, was das Herz begehrt.
Es folgen die 80er, harte Lehrjahre für Jack und Eddies Geschäftsfreunde. Eddies Drogenkonsum schränkt seine sexuelle Leistungsfähigkeit deutlich ein, knickt sein Selbstbewusstsein und macht ihn schnell reizbar. Jack hat bereits einen neuen angehenden Star aufgelesen und setzt Eddie rasch vor die Tür.
Keine lange Zeit wird vergehen und Eddie findet sich auf dem Straßenstrich untersten Niveaus wieder, während Jack am endgültigen Ende seiner Kreativität angelangt ist und sich mit einem neuen Medium namens Video herumschlägt. Doch der freie Fall Eddies und Jacks ist damit noch nicht zu Ende gegangen...
Gesellschaftliche Bedenklichkeiten zum Thema Pornografie in der heutigen Welt werden auch diesmal wieder außen vor gelassen, entweder ist frau und mann eben reaktionär verklemmt oder offen für jede schleimige Talfahrt. Fassen wir uns also ein Herz, lassen unserer willigen politischen Unkorrektheit freien Lauf und nehmen Boogie Nights, so wie er ist.
Uns bietet sich eine für amerikanische Verhältnisse ungewöhnlich offenherzige Komödie an, die mal frivol, mal regelrecht dramatisch über die guten alten Tage des Sexgeschäftes herzieht. Damit wird eine aktuelle Auseinandersetzung kunstvoll umschifft, der Unterhaltungswert steigt bei Plateauschuhen und grässlich bunten Schlaghosen dafür ungemein an, bzw. es gibt nette Tips für die nächste Rave-Veranstaltung.
Die Spannungskurve der lustigen 70er und der verdammt harten 80er ist natürlich beliebig aber enorm überzeugend inszeniert und findet in einer Szenerie, in der Eddie von Schwulenklatschern zusammengeschlagen wird, und Jack gleichzeitig nach einem voll daneben gegangenen Publicy-Coup auf einen "Filmkritiker" eindrischt, seinen fulminanten Höhepunkt.
Boogie Nights entdeckt bestimmt keine Tiefen, vermag es aber selbst in epischer Länge von 2½ Stunden durchweg bestens zu unterhalten. Solange frau sich jedenfalls kritiklos das Pornobusiness anschauen kann.
Es gibt natürlich auch einen Homo in der Filmcrew, der, wie sollte es anders sein, das männliche Sexualobjekt vor der Kamera auch dahinter begehrt. Eddie alias Dirk gibt sich ganz 90er verständnisvoll in seiner Abfuhr, aber dieser Schwule will es einfach nicht recht kapieren. Hetero nur gut, Homo nur geil, da darf hetero sich wieder mit einer angeblich neuen Ansicht in Wirklichkeit alter Filmklischees selbst beweihräuchern. Zumindest dieser kurze Einschub hätte beruhigt unter den Schneidetisch fallen dürfen.
Als dritten schwulen Handlungsstrang begrüßen wir Alfred Molina nach seiner schwulen Hauptrolle in dem in Deutschland außerhalb von Festivals bisher leider nicht gelaufenen Nervous Energy nun in einem Cameo als sehr schwulen, sehr psychotischen Drogenbaron. Diese gar nicht einmal kurze Szene ist so abgefahren, dass sie fast schon das Eintrittsgeld wert wäre.
Nach Ein Mann – ein Mord verhilft nun innerhalb kürzester Zeit auch Boogie Nights Nenas 99 Luftballons, noch dazu wieder in der deutschen Originalversion, zu weiterem Bekanntheitsgrad. Das Amerika der frühen 80er definiert sich musikalisch nachträglich über die Neue Deutsche Welle – wer hätte das gedacht?
UPDATE: Kaum geschrieben, reiht sich nun auch Eine Hochzeit zum Verlieben in die Nena - Mania ein.
Filmdaten:
Offizieller Link: http://www.boogie-nights.com/