Blitz-Besprechung
 
Eine Hochzeit zum Verlieben
(The Wedding Singer)
 
USA, 1998, 96min
Regie: Frank Coraci
Cast: Drew Barrymore, Christine Taylor, Angela Featherstone
 
1985: Julia Sullivan, Kellnerin, darf sich des Privilegs glücklich schätzen, Yuppie Glenn zu heiraten, weil sie sich sein Vertauen verdient hat, schließlich ging sie bereits mit ihm aus, als er noch kein Geld hatte. Robbie Hart, Sänger auf Hochzeiten, hatte noch nie Geld, dafür war er einmal der Sänger einer Rockband. Dieser Attraktivität beraubt, macht sich seine Verlobte Linda Gedanken, die Hochzeit abzusagen – am Tag der Hochzeit. Robbie, vom Stimmungsretter zum -killer einer jeden Hochzeit avanciert, soll nun Julia mit den Vorbereitungen ihrer Hochzeit unter die Arme greifen. Wären Julia und Robbie nicht viel eher für einander geschaffen, als für ihre (Ex-)Verlobten?
Queer Watchlion

Eine Hochzeit zum Verlieben spielt nicht nur in den 80ern, sondern es hat auch gleich das Bild der Frau und des Homos dieses Jahrzehnts mitübernommen, ohne es gleichzeitig zu kritisieren: Nicht so bösartig, wie in den 70ern aber auch nicht so künstlich aufgeschlossen, wie in den 90ern.

Die Attacken ihrer Mitmenschen werden zwar meistenteils als nervig dargestellt, Julia weiß sich aber nicht angemessen zu wehren. Sei es ein Opa, der ihr am Arbeitsplatz in den Hintern kneift und anzügliche Mundbewegungen macht, oder die liebe Mutter, die ihr beibringen möchte, möglichst bald zu heiraten, bevor sie älter und hässlich wird. Robbies Freund Sammy, ebenso ein Arbeitskollege Julias, möchte diese wie alle anderen Frauen flachlegen, die im Festsaal arbeiten und Julia wird von Holly empfohlen, ihren Ausschnitt tief zu ziehen, wenn frau dies einmal gemacht habe, wirke sich dies auf ewig wundersam auf die Arbeitsatmosphäre aus. Schließlich traut sich Julia nicht, ihre wahren Gefühle auszusprechen, wenn es um die Örtlichkeit ihrer Hochzeit geht. Nicht einmal, wenn ihr Lover sie darauf anspricht, ob sie nein meine, wenn sie ja sage zu seinen Plänen, vermag sie es zu ihrer Meinung zu stehen. Im Jahre '95 lässt eine Freundin des Liebespaares in Forget Paris beinahe ihre eigene Hochzeit platzen, weil ihr Verlobter sie als "Mrs." mit seinem Vor- und Nachnamen anspricht, im 10 Jahre zuvor spielenden Eine Hochzeit zum Verlieben übt Julia noch vor dem Spiegel, unter welchem Namen ihrer potenziellen Ehemänner sie sich als "Mrs." selbst vorstellen möchte.

Das Autorenteam, bestehend aus Tim Herlihy, als Barmann Rudy auch im Film zu sehen, und die nicht in den Credits zu findenden Carrie "Princess Leia Organa" Fisher und Judd Apatow, der bereits Jim Carreys Cable Guy produzierte, scheinen arge Gender-Probleme zu haben, anders lässt sich die Fülle an dementprechenden Jokes nicht erklären, die eigentlich keinen Witzgehalt für sich in Anpruch nehmen können. Alexis Arquette, obwohl in den Anfangscredits aufgeführt, hat keine Sprechrolle und scheint als George mit seinem punkigen Tuntenbarock sein kurzes Leinwanddebüt des '86er Zoff in Beverly Hills selbst zu persiflieren. Er ist ein Mitglied in Robbies Band und muss immer dann zum Mikrofon greifen, wenn dieser persönliche Dramen der Feiernden ausbügelt. Georges Problem, für eine Tunte im Allgemeinen und für Arquette alias Eva Destruction im Speziellen höchst unwahrscheinlich: Er hat nur ein Lied in petto, das bei schwereren Konflikten eben ständig wiederholt werden muss. Immer wieder muss er für Lacher hinhalten, in denen er – weder Mann noch Frau – nichts als eine Witzfigur abgibt. Glücklicherweise füllt Arquette diese Rolle aus und weiß zumindest, noch etwas aus ihr herauszuholen. Zusätzlich haben wir "eine Lady mit Koteletten", die als gutbürgerliche Trümmertunte wohl nie einen Partner abbekommen werde.

Weitere Gender-Witze finden wir in einem alten Suffkopf, der Sammys Wunsch anders erfüllt, als dieser es sich ausgemalt hat, wenn er sich danach sehnt, jemanden zu haben, der ihn in den Arm nimmt und beteuert: "Alles wird sich zum Guten wenden." Holly möchte einen Kirchenkuss vorgeführt bekommen, den Julia wenig erfolgreich versucht zu definieren. Weil Glenn gerade nicht zur Hand ist, möchte ihn Julia bei Holly persönlich vorführen. Diese ist entsetzt und verweist energisch auf den ebenfalls herumstehenden Robbie. Da zu diesem Zeitpunkt Holly noch nichts von der bevorstehenden Romanze zwischen Julia und Robbie weiß, stellt sich die Frage, warum sie einen gleichgeschlechtlichen Kuss aus "Lernzwecken" ablehnt, aber einen zwischengeschlechtlichen derart vorantreibt, außer, dass es gerade ins Drehbuch passt. Später wird Robbie noch von Glenn physisch und verbal angegriffen, ob dieser etwa nicht auf Frauen stehe, weil er Holly abgelehnt habe, die ihn aufgrund des zuvorgenannten, sehr überzeugenden Kusses zu sich ins Schlafzimmer eingeladen hatte. Bei all der geschlechtlichen Ambiguität sorgt der oneliner von Billy Idol, "Chicken or Fish?", bei dem schwulen Publikum für Amüsement, wenn er mit einem Essenwagen Glenn im Flugzeug von der Bildfläche rammt. Neben dem vordergründig flachen Humor für Heteros, ist dies natürlich eine (ungewollte?) Anspielung auf seine in den Mittachzigern noch nur gemunkelte Bisexualität unter leicht abgewichener Verwendung der berühmt-berüchtigten "Muschel oder Schnecken?"-Rede aus Spartacus.
 

ki, Berlin
Foto ©: Kinowelt
 
Deutschland: 25. Juni '98 im Verleih von Kinowelt.
US: 13. Februar '98
GB: ?
Frankreich: ?
English version
 
Filmdaten:

Offizieller Link: http://www.weddingsinger.com
 
copyright: Queer View, 21. März 1998