(Don't Be a Menace to South Central While Drinking Your Juice in the Hood)
Haarsträubende Persiflage auf das Hood-Film-Genre, das dennoch ernstgenommen werden kann.
Ashtrays Mutter schickt ihren Sohn zu seinem Vater in das Ghetto von LA zurück, damit der junge Mann endlich etwas erwachsener wird. Danach verabschiedet sie sich, weil es "keine positiven schwarzen Frauen in diesen Filmen" gibt.
Mit seinen alten Freunden, seinem vollends durchgeknallten Cousin Loc Doc, dem Rolli Crazy Legs, der stolz auf seine vergoldeten Radkappen ist und dem schwarzen Nationalisten Preach macht er das Viertel unsicher. Zunächst treibt er sich auf einer backyard-party von Toothpick herum, der frisch aus dem Knast entlassen wurde. Dort trifft er auf die attraktive Dashiki, die mehr Kinder aus aller Kulturen Länder angesammelt hat, als sie in ihrem kurzen Leben hätte austragen können.
Allen Warnungen zum Trotz verbringt Ashtray eine – sehr ungewöhnliche – Nacht im Bett und vor dem Kühlschrank der Schönen und erfährt, was es heißt, eine chronisch im Stich gelassene zu reizen. Natürlich machen die trigger happygen Anwohner des Viertels jegliche persönliche Geschichte gleichzeitig zu einem Rennen vor den Kugeln...
Leider blieb mit der Zeit die Innovation auf der Strecke, und schnell durfte von Klischees gesprochen werden. Abweichende Filme wie Allison Anders Mi vida loca – My Crazy Life über die jungen Latinas oder der subtile Kampf des 12-jährigen Fresh gegen sämtliche Gangs seiner Nachbarschaft wurden dagegen nicht sehr erfolgreich vermarktet. Die Zeit war demnach reif für eine Parodie.
Auch wenn sich der Stil stellenweise dem des Zucker-Abraham-Zucker Gespannes gleicht, nimmt Hip Hop Hood die Probleme, die zu den parodierten Filmen führten, ernster als etwa High School High, nur auf einer völlig anderen Ebene, versteht sich. Hier wird nicht geheult, sondern gelacht und einige der Botschaften kommen auf diesem Umwege unter Umständen besser an, als unter dem Zeigefinger fatalistischer Dramatik. Außerdem gibt es hier extra einen Briefträger, Keenen Ivory Wayans in einem Running Cameo, der die Botschaften stets zum richtigen Zeitpunkt dem Kino-Publikum ankündigt. Nur die Botschaft, die zum Originaltitel ernannt wurde, versteht er nicht ganz. Dabei ist diese doch ganz klar, oder...?
Zu lachen gibt es non-stop, auch wenn das deutsche Publikum nicht alle Witze verstehen wird, da parodierte Filme wie Dead Presidents oder Higher Learning allenfalls den Video-VielseherInnen bekannt sein dürften. Sowieso erstaunlich, dass Hip Hop Hood seinen Weg ins deutsche Kino gefunden hat. Im Mai '96 zitierten wir noch den für den Soundtrack verantwortlichen Plattenvertrieb Mercury, der uns gegenüber einschätzte, dass der Film hier etwa so viele Chancen hätte, wie ein deutscher Film vom Schlage Karniggels in Amerika ankäme. Dennoch hängen die unwissenden ZuschauerInnen nicht in der Luft, die Gags sind so konzipiert, dass die Szenen schon witzig genug sind, ohne dass frau und mann alle Anspielungen verstehen muss. Ausgerechnet die Jokes, die schon besser in anderen Filmen wie Clueless – Was sonst! oder Hot Shots ausgespielt wurden, haben bereits ein größeres Publikum gefunden.
Die ernsten Hintergründe gehen glücklicherweise nicht im Klamauk flöten. Wenn sich der Pulverdampf der Nachbarschaft am Morgen langsam legt und die Jugendlichen wieder freigelassen werden, die festgenommen wurden, weil sie an einer Freitag Nacht schwarz waren, dann sickert die Sozialkritik doch noch durch. Oder wenn der Rapper und Schauspieler Tupac Shakur, neben Michael Jackson und OJ Simpson bereits einen Haken auf der Abschussliste "Des (weißen) Mannes" hat, der das Leben schwarzer Prominenter zerstören will. Zum Zeitpunkt des nicht mehr ganz taufrischen Filmes hatte Shakur zwar bereits Ärger am Hals, in der Zwischenzeit wurde er allerdings ermordet. Schlechtes Timing: Der Film, der ihn in Deutschland bekannt machen wird, Gridlock'd – Voll drauf, startet erst einen Monat nach Hip Hop Hood.
Klamauk à la Die nackte Kanone ohne Abzüge inhaltlicher Ansprüche – das dürfte bei der richtigen Vermarktung gerade in Deutschland gut ankommen, auch wenn Hip Hop Hood nicht, wie angekünidgt die erste Persiflage dieser Art ist: aber hierzulande dürfte wohl niemandem außer Queer View LeserInnen auffallen, dass ein Jahr zuvor bereits Friday das Licht des Zelluloids erblickt hatte.
ki, Berlin
Foto ©: Kinowelt
Deutscher Kinostart ist der 3. Juli 1997 im Kinowelt Filmverleih.
copyright: Queer View, 4. Juli 1997