Mein bester Freund, der Vergewaltiger (Teil I)
AUSTRALIEN, 1996, 103min
Regie: Steven Vidler
Cast: Laurence Breuls, Linda Cropper, Simon Lyndon,
Chris Haywood, Rebecca Smart
WELTVERTRIEB: Beyond Films
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17-Jähriger kämpft mit der Entscheidung, seine Freunde als Vergewaltiger und Mörder an einer 15-Jährigen bloßzustellen.
Jared lebt in Blackrock an der australischen Küste ein cooles Leben in einer Surfer-Clique. Als sein bester Freund Ricko nach einem Jahr zurückkehrt und eine Party schmeißt, wird Jared beim Luftschnappen am Strand Zeuge einer Gruppenvergewaltigung einer 15-jährigen Bekannten. Ohnmächtig vor Entsetzen bleibt er erst wie angewurzelt stehen, um schließlich davonzurennen. Am nächsten Morgen wird das Mädchen tot aufgefunden. Das Küstenstädtchen wird vom nationalen Fernsehen heimgesucht, die Polizei scheint bereits zu verdächtigen und Jared bekommt es mit der Angst zu tun: schließlich wurde er gesehen, als er zum Strand lief. Dennoch, seine Freunde kann er nicht einfach so verraten, auch wenn ihn Schuldgefühle plagen, dass er dem Mädchen nicht geholfen hat...
ACHTUNG: Diese Besprechung muss zwangsläufig das Ende mit einbeziehen.
Unsere Hauptfigur Jared bleibt untätig, obwohl er alles weiß, oder zumindest davon ausgeht. Es jagen ihn Gewissensbisse, weil er das Mädchen nicht gerettet hat, die Queer View-LeserIn wird ihm dennoch kein Mitgefühl schenken. Schreck-Momente kann es geben, die jemanden zum Erstarren und Weglaufen bringen. Vielleicht ist es auch noch unmittelbar nach der erlebten Tat nachvollziehbar, dass die betreffende Person nicht weiß, was sie tun soll. Was uns der Spielfilmdebüt-Regisseur Steve Vidler hier an langgezogenen inneren Konflikten anbietet, hat die Grenze zur Unzumutbarkeit allerdings schon lange hinter sich gelassen.
Ein 15-jähriges Mädchen wurde brutal gruppenvergewaltigt. Es wurde getötet.
Jared hat's gesehen, Jared schweigt. Hartnäckig. Selbst seine eigene Mutter kommt schon auf den Gedanken, dass es ihr Sohn gewesen sein könnte. Jared schweigt weiter. Die ZuschauerIn wiegt sich in der Annahme, dass der Film wohl darauf hinauslaufen werde, dass der junge Mann irgendeinen Katalysator braucht, damit er seinen Mund aufmacht. Einen derartigen Katalysator bekommen wir, als wir erfahren, dass Jareds bester Freund Ricko ebenfalls am Tatort war, ihm das Mädchen nach dem gang-rape hilfesuchend in die Arme rannte, oder besser krauchte, und er dies als perfekte Gelegenheit wertete, selbst ungeschoren sich an dem Menschen zu vergehen, um die 15-Jährige anschließend umzubringen, was den Täter bis heute nicht sonderlich kratzt.
Hier haben wir einen menschlichen Abschaum in seiner schlimmsten Ausführung. Der fordert natürlich ebenfalls die Freundschaft von Jared ein. Diese ist zwar beendet, aber Jared teilt sich doch tatsächlich immer noch niemandem mit. Bis es unweigerlich zum Showdown kommt.
Ungläubig sitzt die Queer View-Redakteuse in ihrem Kinosessel und bedauert, dass sie sich diesen gefährlich chauvinistischen Müll im Deckmantel der großartigen ozeanischen feministsichen Filme der letzten Jahre bis zum bitteren Ende hat reinziehen müssen. Mit letzterem ist nicht der Showdown gemeint, sondern der teilweise frenetische Applaus des Festival-Publikums. Konnten die sich etwa alle in den Protagonisten hineinversezten, von dem sich frau selbst nur angewidert abwendet? Ah, ich vergaß, wir leben in einer patriarchalen Welt, in der Vergewaltigung nur deshalb als schlimm gewertet wird, weil es ein Verbrechen sei, wie zum Beispiel schwerer Diebstahl. "Ich wollte sie doch nur ficken.", um ein Zitat des Filmes aufzugreifen, damit hat sich anscheinend ein guter Teil des Publikums indentifizieren können.
ki, Park City – Berlin
Trostlose
Sklaven schwarzer Seelen
In gleich drei Filmen werden junge Männer
von Frauen-Vergewaltigern mit der Einforderung ihrer Freundschaft eingefangen.
Teil II: Desolation
Angels
Teil III: Slaves
to the Underground
Gesehen während des:
Sundance Film Festival 1997
copyright: Queer View, 17. Mai 1997