Der alte Widerstandskämpfer
von eknarp@freenet.de
Ich habe Euch im FTB zu meiner Zeit im FID (1973-1988) immer bedauert - gerade im Winter.Wenn wir zum Flugdienst raus mußten, wart Ihr immer schon -zig Stunden früher auf "der Platte" um "zu kehren,z u blasen und zu säubern", um Kraftstoff und Munition ranzukarren und, und, und.... Es kann sich heute wohl kaum einer vorstellen, mit welchem personellen und zeitlichen Aufwand damals "Gefechtsbereitschaft" jeden Tag erzeugt wurde (werden mußte!)
Hier vielleicht mal eine Episode zum schmunzel - bevor ich sie vielleicht ganz vegesse. Sie spiegelt sehr schön unsere damalige schulische Erziehung und "die Ehrfurcht vor den alten Kämpfern des antifaschistischen Widerstandes" wieder! Für die "Jungs von der anderen Feldpostnummer" diese erklärende Ergänzung: in der NVA war es üblich, Einheiten Truppenteile mit Namen von verstorbenen antifaschistischen Widerstandskämpern, nationale wie internationale, zu bezeichnen.Diese "Ehrennamen" wurden meistens bei Regiments- und Gescwaderappellen feierlich "verliehen"und wurden dann in Berichten in den offziellen Massenmedien benutzt, um nicht die militärische Truppenbezeichnung verwenden zu müssen.
Am Standort Drewitz lagen ja bekanntlich 2 Geschwader: JG-7 und JBG-37 mit entsprechenden FTB`s und allem was dazu gehörte. Irgendwann anfang der 80-ziger war es üblich geworden, über die Eingänge der Unterkuftsgebäude die Namen der jeweiligen Kommandeure auf große Transparente zu schreiben.(Widersprach doch eigentlich der allseits praktizierten Geheimhaltung!? Aber es war halt so.Vielleich sollten sich die "neuen Genossen + Reservisten" nach der Einberufung auch nur schneller "orientieren" können) Na ist ja auch egal. Jedenfalls stand eines Tages über dem Eingang des FTB-37 in großen Buchstaben "Truppenteil Nessler".Das war der damalige FTB-37 Kommandeur. Und der stand eines Tages mit all seinen Stellvertretern und weiteren Stabsoffizieren dort im Eingang,als ein "junger Genosse Soldat" am OSL Nessler vorbei ins Unterkunftsgebäude gehen wollte -natürlich ohne die notwendige Grußerweisung vorzunehmen und zu fragen "Genosse OSL, gestatten Sie, das ich vorbei gehe!" Der Soldat ging einfach an allen vorbei. Der OSL Nessler tat das, was er tun mußte und rief dem Soldaten hinterher: "Genosse Soldat,kommen Sie zurück!". Der Soldat gehorchte, ging zurück und stand in Grundstellung vor den ganze Offizieren. OSL Nessler fragte mit tiefer Stimme den jungen Soldaten: "Genosse Soldat,können Sie nicht Grüßen? Wissen Sie eigentlich überhaupt wer ich bin?" Der Soldat schaute etwas verlegen. OSL Nessler daraufhin: "Was steht denn hier über dem Eingang geschrieben? " Der junge Soldat sah zum Transparent aufwärts und las den Namen laut vor: "Truppenteil Nessler". Darauf hin wieder OSL Nessler: "Und wer ist das? Daraufhin antwortete der junge Soldat mit toternster Miene und im tiefsten Brustton seiner Überzeugung: Vielleicht ein alter Widerstandskämpfer!?" (Ja, ja - unsere damalige 10 klassige Polytechnische Oberschule hatte wirklich noch einen Bildungsauftrag!) Das kam so spontan und trocken aus seinem Munde, dass OSL Nessler und alle anderen Offizier - nach einer kurzen "gedanklichen Schaltpause" - sich ein johlendes Lachen nicht verkneifen konnten. Diesen gemeinschaftlichen "Brüller" hat in diesem Moment wohl am wenigsten der junge Soldat vertstanden . Ab diesem Zeitpunkt hieß es dann nur noch wenn der OSL Nessler kam: Ah,der alte Widerstandskämpfer kommt!"
Es grüßt ein ganz herzlich ein altes "Pistenschwein " vom FID, FG-3!
