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	e.)     Dankschreiben eines Restaurators an Sammler und Händler
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	Liebe Sammler, liebe Museumsdirektoren, liebe Galeristen und 
	Antiquitätenhändler, 
	allen Adressaten möchte ich ein herzliches 
	"Dankeschön" sagen, die mir und sicherlich vielen nachfolgenden 
	Restauratoren-Generationen, mit Ihrem Verhalten ein sorgenfreies Einkommen garantieren. 
	Nichts hilft uns so sehr dabei, wie ein durch Ihren Leichtsinn 
	und Ihre Ignoranz zerstörtes Kunstwerk.
 
	Beherzigen Sie deshalb auch in Zukunft die folgenden 7 goldenen Regeln: 
 
 
- 	Fassen Sie ein Kunstwerk mit bloßen, feuchten Händen so an, daß 
	auf dessen Oberflächen Abdrücke Ihrer Finger möglichst genau zu erkennen sind. 
	Sollten Sie dennoch die dadurch entstandenen Gebrauchsspuren stören, wischen Sie 
	diese gegebenenfalls mit ein wenig Aceton oder in leichteren Fällen mit milder 
	Babyseife ab. Gerade bei Ölgemälden, oder anderen mit Firnis versehenen Kunstwerken perlt 
	das Wasser leicht ab. Abschließend fönen Sie die Wasserreste trocken. 
	Gemälde ohne Firnis lassen sich hervorragend auch mit dem Ihnen eigenen, manchmal 
	nicht ganz ausreichenden, Speichelfluß reinigen. 
	Sonstige Ihnen verschmutzt erscheinende 
	Kunstwerke sollten Sie mit handelsüblichen Waschmitteln kräftig einseifen. 
	Ein älterer Rasierpinsel tut hier noch einen guten Zweck. Den überschüssigen 
	Schaum sprühen sie mit einem milden Strahl aus der Brause über der Badewanne ab. 
	Machen Sie sich keine Gedanken, wenn durch diese leicht zu bewerkstelligende Prozedur das 
	Spülwasser farbig werden sollte. Es kann sich dabei nur um einige höchst 
	überflüssige Farben handeln, die Sie, da Sie sich ja mit Kunst beschäftigen, 
	leicht mit Farben eines Tuschkastens aus der Schulmappe Ihrer Kinder ergänzen können.
 - 	Bei vielen Kunstwerken auf Leinwand und Keilrahmen bemerken Sie, daß jene 
	Leinwand schlapp durchhängt. Keilen Sie deshalb das Bild mit männlich kraftvollen
	Schlägen auf. Es sollte immer
	schön stramm im Rahmen sitzen. Wenn nicht, helfen Sie mit einigen größeren 
	Nägeln vom Baumarkt in der Nähe Ihres Wohnortes nach, die Sie durch Keilrahmen und Leinwand 
	in den Rahmen schlagen. Anschließend sollten Sie den Rahmen, durch einen neuen Anstrich 
	mit Bronze- oder Ölfarbe (von Ihrer letzten Wohnungsrenovierung haben Sie sicher 
	noch etwas übrig), dem Bild farblich anpassen. Firnissen Sie das Bild unbedingt, 
	wenn es sich schon im Rahmen befindet und benutzen Sie einen haltbaren Bootslack, 
	damit es ein möglichst glänzendes Stück Ihrer Sammlung wird.
 - 	Registrieren Sie Ihre Kunstwerke aus versicherungstechnischen Gründen 
	immer auf der  Leinwandrückseite mit wasserfesten Filzschreibern, die möglichst 
	tief in die Gewebestruktur eindringen. Kleben Sie Registriernummern und Eigentumsnachweise 
	mit Tischlerleim oder Pattex direkt auf die Leinwand. Dies erschwert einem Dieb 
	deren Entfernung und gibt Ihnen ein gewisses Maß an Sicherheit. Daß sich diese 
	Maßnahmen durch Beulen auf die Bildvorderseite auswirken, ertragen Sie sicher gerne.
 - 	Hängen Sie Ihre Kunstwerke ans Sonnenlicht. Keine Lichtquelle wird Ihre 
	gesammelten Grafiken und Zeichnungen so schön aufhellen. Hängen Sie Ihre Kunstwerke im Winter 
	über Zentralheizungen - auch sie wollen es warm haben. Abkühlen sollten 
	Sie diese, indem Sie einfach die Fenster an feuchten Tagen öffnen, damit sie wieder 
	genug Wasser aufnehmen können, so können Sie sich das Ansprühen mit einem 
	handelsüblichen Luftbefeuchter sparen. Vergessen Sie trotzdem nicht, Ihre Kunstwerke 
	regelmäßig durch feuchtes Überwischen zu säubern. Schon nach einiger 
	Zeit werden sie es Ihnen durch blütenweiße Darstellung danken. 
 - 	Gehören Sie zu den zeitgeistig-kreativen Sammlern oder Kunsthändlern, die 
	durch unermüdliches Suchen nach der künstlerischen Wahrheit viele Kunstwerke 
	angehäuft haben und nun nicht mehr wissen wohin damit ? Bewahren Sie Ihre Kunstwerke 
	stapelweise gegeneinandergelehnt im Keller oder in einer Ihrer Garagen auf. Durch Sparen an 
	Verpackungsmaterial unterstützen Sie den für uns alle notwendigen Umweltschutz. 
	Leihen Sie großzügig Ihre Kunstwerke aus. Ein in unseren Breitengraden entstandenes 
	Kunstwerk kann auch in Abu Dhabi oder Florida Freude machen. Lassen Sie es auf Reisen gehen. 
	Es erhält auf diese Weise auch die nötige Patina. Gemeinnutz geht schließlich 
	vor Eigennutz, und Sie können sich dadurch auch noch einen Namen machen.
 - 	Die Museumsdirektoren und Sammler bitte ich inständig, bei Ihren nächsten 
	Einkäufen in Künstlerateliers nie nach dem Entstehungsprozeß eines 
	Kunstwerkes zu fragen, sich nie über Techniken zu informieren, noch Sorge zu tragen, 
	daß die Künstler Angaben zum verwendeten Material machen. Schließlich 
	möchte ich auch weiterhin meine Zeit darauf verwenden, durch Nachforschungs- und 
	Materialbeschaffungsaufträge, Nachfolgekosten in relevanter Höhe zu berechnen.
 - 	Behandeln Sie ein Kunstwerk wie einen gewöhnlichen Gegenstand. Sie haben es (das 
	Kunststück) schließlich gekauft und können damit folglich auch machen was 
	Sie wollen. Wenn es abgenutzt ist, kaufen Sie einfach ein neues, oder lassen Sie es bei 
	einem Restaurator reparieren, dazu sind wir schließlich da.  
 
  
 
		Quelle: Rundschreiben 
		Autor: Volkert Emrath, Restaurator in Berlin
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