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aa)     Besuch einer Restauration

Es waren einmal ein alter Restaurator und zwei junge Restauratorinnen.
Die verspürten nach vielen anstrengenden Restaurierungen leichte Hungergefühle und wollten in einer Restauration etwas essen. Es gelüstete sie nach Soufflés, welche nicht nur die Mägen wieder beruhigen, sondern auch den Augen schmeicheln sollten, denn Augen essen mit, wie man eben so sagt.

Die Restauratoren hatten mancherlei hübsche Grillen, denn ihre Arbeit bereitete ihnen viel Freude und tiefe Befriedigung. Als sie bei dem Restaurateur und seiner Frau der Restaurateurin, ihr Mahl bestellten, fingen diese und jene plötzlich das Streiten an. Und was zunächst als Schelmerei daherkam, entwickelte sich zum Unguten. Sie beschuldigten einander des gegenseitigen Namenraubes. Restaurator oder Restaurateur - welcher Berufsstand konnte welche etymologischen Wortschöpfungen für sich in Anspruch nehmen ? Sie mißgönnten einander die aus dem Lateinischen instauro, instauratio bzw. restauro und restauratio stammenden und die daraus abgeleiteten heutigen Berufsbezeichnungen, Restaurateur/-in oder -euse oder Restaurateurinen und Restaurator-in oder -euse oder gar Restauratin, Restauratinen, Restoratorinen !?.
Und während sie noch so disputierten und lamentierten, wurden die bestellten Gerichte kalt und gar unansehnlich.

Die Diskutanten konnten sich leider nicht friedlich einigen. Hierob litten Geschirr, ein feines Bildlein und Hausgerät, welches gar unansehnlich wurde, sogar eine ehedem glatte, weiße Wand der Restauration war nicht mehr restaurierbar. Nachdem sich die Streithähne und -hennen ausgetobt hatten, einigten sie sich auf eine Restaurierung der beschädigten irdenen Teller, des geschlitzten Bildes (nein, es war kein "Fontana") und der Stühle. Auch die drei Soufflés sollten durch die Köche der Restauration (die sich wohlweislich dem Streit entzogen hatten) oder sogar durch die Restaurateurin hochselbst wiederhergestellt werden.

Die zerschlagenen Teller wurden vom alten, erfahrenen Porzellanrestaurator restauriert, die anwesende Gemälderestauratorin restaurierte das durchlöcherte Gemälde, die Holzrestauratorin restaurierte das kostbare, zerschlagene Gestühl, ein herbeigeeilter (man beachte eilte) Installateur remontierte den abgefallenen Zapfhahn an der Theke der Restauration und ein erfolgloser, trotzdem eingebildeter, deshalb absolut harmloser Kunstmaler, der zufällig im Souterrain des Hinterhauses der Restauration vegetierte, strich (was heißt strich - er streichelte) die Wand neu.
Die Restaurateurin hochselbst wärmte die Aufläufe wieder auf, entfernte daraus die gröbsten Scherben und dekorierte sie wieder sorgfältig.

Die Inhaber der Restauration waren sehr zufrieden mit ihrer eigenen Leistung. Selbst mit der Restaurierung ihres Hausrates durch die Restauratoren schienen sie einverstanden und lobten sie überschwenglich.

Der alte Restaurator und die Restauratorinnen waren, ungeachtet der Mehrarbeit, nicht nur immer noch hungrig, sondern ausgesprochen dankbar, endlich ihr, wie sie glaubten, wohlverdientes Essen verspeisen zu können, um ihre Mägen zu restaurieren.
Der Installateur bekam kein Essen, aber vom großzügigen Restaurateur sofort eine Flasche Bier, er zahlte ihm bar (sic!) incl. An- und Abfahrt, telephonischem Kostenvoranschlag, anschließender mündlicher Beratung, Material und Lehrling ("... der Junge soll 'mal sehn, wie schwer hier geackert wird !"), Steuern, Nachtzuschlag (es war mittlerweile nach 15.30 Uhr), Gefahrenzulage und einen Zuschlag aufgrund besonderer intellektueller Leistung (wie hebe ich einen Zapfhahn auf, ohne dabei auf den Kopf zu fallen), etc., ohne mit der Wimper zu zucken, einen wie es ihm schien, gerechtfertigten Betrag. Zapfhahn ist schließlich nicht gleich Zapfhahn und ohne Zapfhahn sind ein Restaurateur und eine Restaurateurin aufgeschmissen.
Auch dem Kunstmaler wurde sein gerechter Lohn zuteil (ein Päckchen Erdnüsse, zwei (!!) kleine Biere - diese allerdings frisch gezapft). Trotz der komplizierten Aufgabenstellung (Folgerichtige Anwendung von Pinsel, Leiter, Streichen, Wand, Farbe und Bewegung) gelang das Werk dem Künstler. "... da gehört schon was dazu, das will gelernt sein, ich habe nicht umsonst (in Worten) dreiundzwanzig Semester studiert - ha !". Diesen schlagkräftigen, entwaffnenden Argumenten mußten sich auch die Restaurateure und Restauratoren beschämt beugen - selbst die Köche, die Zuschauer, der Installateur und sein Lehrling, die herbeigeeilt, die Wiedererschaffung oder besser, die Renaissance einer weißen Wand zu bewundern, versanken in Demut und Scham.

Alle waren bis dahin glücklich und zufrieden, auch der Streit um die Berufsbezeichnungen schien beigelegt. Es hätte ein friedvoller Spätnachmittag werden können.

Harrend eines versöhnlichen Ausganges der Mahlzeit, bestellte der alte Restaurator, der sich als Italienkenner auswies, noch "due Cappuccinos" für die Restauratorinnen (er war soo stolz auf sein italienisch), denn das Soufflé war doch etwas staubig gewesen, flach geraten und bröcklich im Aussehen. Der Restaurator zahlte, da er nicht Restant bleiben wollte, pulte sich die restlichen Splitterchen des Auflaufs aus seinen Wangen, trotzdem großzügig die Restaurationsrechnung. Er erlaubte sich nun seinerseits (unter Ergebenheitsbekundungen und Demutsgesten) auch dem Restaurateur die Restaurierungsrechnung der Berufsgruppe der Restauratoren bzw. -innen zu offerieren.

Da gab es etwas zu staunen ! So eine Restaurierungsrechnung hatte der Restaurateur noch nie gesehen. "Viel zu hoch !", schrie der Restaurateur, denn er konnte es einfach nicht verstehen, daß er für das bischen Kleben soo viel in der Restauration schwer verdientes Geld zahlen sollte. Auch seine Frau die Restaurateurin, die sich soo viel Mühe mit dem Reparieren der Aufläufe machte, war sich sicher, daß sie das irdene Geschirr, das köstliche Gemälde und die intarsierten Stühle hätte schneller zusammenpappen können, "das Bild könnte ja sogar mein Mann ...!!", kreischte sie.

Sie hätten es wissen können, ja wissen müssen, die Restauratoren und -innen. Von Anfang an war ihnen die Berufsbezeichnung Restaurateur und -in suspekt. Durch langjährige Erfahrung mit Rechnungslegungen hatten sie Erkenntnisse sammeln, aber daraus keine Gescheitheit entwickeln können. Ihre gute Grille ging wieder einmal flöten. Aus diesem neuerlichen Fehlschlag einer übereilten Rechnungslegung wollten sie aber in Zukunft gewiß lernen und künftig klüger handeln.

So trennte man sich wieder im Streit. Und wenn sie nicht gestorben sind, so streiten sie noch heute.
Die Zuschauer begriffen aber immer noch nicht, warum man sich stritt, denn die Rechnung der Restauratoren schien auch ihnen zu hoch. Viel höher, als ihre Benzinrechnung an der Tankstelle - das ging über ihren Verstand.

Ergo, man sollte schon aufpassen, ob man zu Restaurateuren oder zu Restauratoren geht. Bringen Sie niemals in eine Restauration einen Schrank und versuchen Sie in einer Restaurierungswerkstatt niemals, ein Menü zu bestellen. Die Restauratoren und -innen werden Ihnen vielleicht einen Keks oder einen Sherry anbieten, bis das Werk restauriert ist. Die Restaurateure werden Ihnen aber sehr, sehr dankbar sein, daß Ihr demoliertes, zu restaurierndes Stück nicht während des Essens den Eingang zur deren Restauration verstellt. ... wären die Restauratoren in ein Restaurant oder eine Degustation gegangen, hätte man den Streit vielleicht vermeiden können...

Über die Restauration in historischem Sinne, Reparateure, Installateure und Installationen könnte man auch einmal nachdenken ....

Quelle:
keine
Autoren:
Volkert Emrath, Restaurator in Berlin
(... tut mir leid Herr Goethe, ich bleibe bei der Berufsbezeichnung "Restaurator / Restauratorin ...")