Queer Watchlion
Nein, dies ist keine zweite, versteckte Besprechung der Herausgeberin; es ist eine zweite, Homo-Besprechung von Romy und Michele. Zwar kommen in dem Film bis auf ein paar Millisekunden keine Schwulen vor, aber spätestens seit Der Zauberer von Oz wissen wir, das dies nicht nötig ist, um vor allem ein Homo-Publikum anzusprechen. Während in der Berliner Pressevorführung sogut wie alle Stinos sichtlich konsterniert den Saal verließen, konnten sich die Tucken unter den Filmjournalisten vor Lachen kaum in den Sitzen halten. Lediglich unsere Mitarbeiterin Elisabeth, umzingelt von letzterer Gattung, wusste sich zu amüsieren. Allerdings, wie sie später gestand, weil sie in den letzten zwei Jahren durch die Übermacht der schwulen Kollegen in deren ganz speziellen Humor eingeführt worden war.
"Gott, ich liebe deine Haare!" – "Meine Haare? Du liebst meine Haare? Ich werde dir meine Haare geben!" Dies ist keine Dialogszene aus Romy und Michele, sondern eine echt blonde Unterhaltung, der die Drehbuchautorin Robin Schiff vor gut 10 Jahren auf der Damentoilette eines Aufreißschuppens beiwohnen musste, und die sie zunächst zu dem Bühnenstück Ladies' Room inspirierte, letztendlich nun zum Spielfilm. Nicht nur lässt die Perücken-Doppeldeutigkeit das Tuntenherz höherschlagen, auch wird jeder Homo diese blöd-banalen Unterhaltungen aus den Auffrischgemächern, kurz Klos genannt, zur Genüge kennen, die auch von Szenehuschen frequentiert werden.
Viele Feministinnen werden diesen Film verabscheuen, genauso, wie einige von ihnen Tunten nicht ausstehen können: Beide repräsentieren zum größten Teil Frauenbilder, derer sich die Emanzipationsbewegung in den letzten 20Jahren entledigen wollte: ziellos, erfolglos, möglichst dick aufgetragen gekleidet und den Körper dafür einsetzend, ihre Ziele bei den Männern zu erreichen; und ein bisschen blöd, natürlich. Wie auch immer frau und mann dazu stehen, gerade das macht den Film interessant. Derartige Porträtierungen dienten in allen anderen filmischen Abrechnungen mit amerikanischen High Schools bisher für die bösen Mädels, die so gut wie immer Heather hießen, nicht zuletzt in – Heathers. Hier heißen sie Romy und Michele und sind nicht nur die Identifikationsfiguren des Filmes, sondern unsere Heather ist diesmal umgekehrt das absolut schwarze Außenseiterinnen-Schaf Janeane Garofalo. Feministinnen werden sich demnach vor den Protagonistinnen blockieren, während Romy und Michele von den Tunten bereitwillig in deren Mitte aufgenommen werden. (Jetzt sollte bitte nicht angenommen werden, Romy und Michele seien Vorbilder für Tunten, nein, nein.) Deshalb also zwei Besprechungen in Queer View, schließlich gehören sowohl Feministinnen als auch Tunten zu unserer ZielleserInnenschaft, und natürlich auch eine Kombination aus beidem.
Ach ja, wozu unser Queer Watchlion eigentlich vorgesehen war: Neben dem oben erwähnten Schwulenjoke gibt es auch noch eine blonde Meinung zu Lesben, die allerdings nicht ganz so ausgereift ist und auf dem Glauben basiert, lesbisch könne frau immer noch werden, wenn sie keinen Mann abbekommt. Allerdings lösten Romy und Michele einst eine Kontroverse aus, als sie sich gemeinsam, statt einzeln, für das Jahrbuch ihrer Schulklasse ablichten ließen.
ki, Berlin
Foto: "Es hat wirklich weh getan, aber sah gut aus." [QV-Übersetzung]
/ ©: Touchstone Pictures
English Version
copyright: Queer View, 5. August 1997