D, 108min
Regie: Katja von Garnier
Cast: Katja Riemann, Nicolette Krebitz, Jasmin Tabatabai

Vier Frauen einer Knastband brechen aus und werden durch die Medien zu Superstars gepuscht.

Ein Musikfilm sollte es werden. Nach dem Überraschungserfolg von Abgeschminkt 1992, lag die Messlatte für Katja von Garnier natürlich recht hoch. Die gerade dreißigjährige Filmemacherin hatte für ihren ersten Film eine Reihe Preise eingeheimst, u.a. den Studentenoscar für den besten ausländischen Film 1994. Nach einer Dokumentation über die Dreharbeiten zum Hollywoodstreifen In the Line of Fire mit Clint Eastwood, sollte das nächste Projekt ein moderner Streifen mit viel Musik werden. Wie schon bei Abgeschminkt, wollte die Garnier wieder mit Katja Riemann zusammenarbeiten, die spätestens seit Stadtgespräch fest im neuen deutschen Kino etabliert ist.

Die dünne Story ist schnell erzählt. Vier Frauen treffen im Knast aufeinander und gründen eine Band – die bandits. Der erste öffentliche Auftritt steht an, der alljährliche Polizeiball. Einen kaum bewachten Augenblick nutzen die Mädels zur Flucht. Ziel: Ein Engagement auf einem Dampfer ergattern und Hamburg den Rücken kehren. So weit, so unspektakulär.

Noch im Knast einsitzend hatte Luna (Jasmin Tabatabai) ein Demo an einen Plattenproduzenten geschickt, mit dem Ergebnis, dass der die Kassette in den Rundordner warf. Die Medien füllen sich nach und nach mit Berichten über die Flüchtigen. Da lacht uns einmal mehr das Klischee an. Denn der natürlich koksende Produzent hat ein Aha-Erlebnis. Natürlich liegt das Tape noch immer in seinem Mülleimer. Natürlich lässt er gleich unzählige CDs pressen und natürlich sind die Girls auch auf sämtlichen Plakatwänden der Stadt präsent. Praktisch über Nacht werden die Banditinnen zu medial gepuschten Superstars. Damit es nicht zu langweilig wird, dürfen wir uns die hohen Plattheiten von Hannes Jaenecke anhören. Er mimt den toughen Polizisten Schwarz, der die vier bei einem Clubauftritt stellt. Ergeben ist aber nicht, daher wird kurzerhand eine Geisel genommen (Ex-Hugo-Boss-Model Werner Schreyer als schnuckeliger US-Touri). Die Stimmung der vier Ausreißerinnen ist mal euphorisch, mal melancholisch, dann wieder romantisch oder streitsüchtig. Halbherzig wird von Luna und Emma (Riemann) das ein oder andere Problem gewälzt. Einzig die theatererprobte Jutta Hoffmann als todessehnsüchtige Marie spielt ihre Rolle überzeugend.

Eigentlich ist bandits immer dann gut, wenn die Dialoge stoppen und die Musik spricht. Der Soundtrack ist die einzige Stärke des Streifens. Mit Jasmin Tabatabai, jahrelang Frontfrau bei Even Cowgirls Get the Blues, haben die Mädels einen dicken Pluspunkt auf ihrem Konto zu verbuchen. Sie kann nicht nur singen, sondern beherrscht auch ihr Instrument. Eine absolute Fehlbesetzung ist allerdings Katja Riemann an den Drums. Stolz verkündete sie, extra für den Film das Schlagzeugspielen gelernt zu haben. Zugegeben, sie trifft die richtige Trommel zum richtigen Zeitpunkt. Leider nur strahlt sie dabei einen Charme aus, als dresche sie auf einen alten Holzklotz ein. Laut Drehbuch ist sie aber Jazzdrummerin und als solche erwarten Musikkundige eine gewisse Virtuosität. Die eingesetzte Schnitttechnik orientiert sich ganz an den Musikclips, die täglich auf MTV und VIVA zu sehen sind. Ob nun durchchoreographierte Liebesszenen, die Tabatabai mit der Klampfe auf der grünen Wiese oder drei trommelnde Frauen auf dem Dach eines Hauses, die Inszenierung ist ganz so, als wollte Katja von Garnier in jedem Fall sichergehen, dass bei einem Flop zumindest diese Sequenzen als Videoclip verwendet werden können.

Die Krönung ist allerdings der wirklich einfallslose und fast schon peinliche Schluss dieser haarsträubenden Story.

ch, Düsseldorf
Foto ©: Olga Film / Buena Vista International

English version

Soundtrack

Buchbesprechung

Deutscher Kinostart ist der 3. Juli 1997 im Verleih von Buena Vista.

copyright: Queer View, 3. Juli 1997