(The Craft)
Eigentlich fängt alles recht vielversprechend an. Da versuchen sich drei Mädels an einem magischen Ritual. Aber irgendwie will es mit dem Zauber nicht so recht losgehen. Ganz klar, es fehlt die Vierte im Bunde, gleichzeitig die Repräsentantin des vierten Elements, denn nur zu viert erlangt ein Coven (Hexenzirkel) wahre Macht. Regisseur Andrew Fleming, neben Peter Filardi auch Koautor des Drehbuchs, ließ sich in Sachen Hexerei von einer richtigen Hexe der Wicca-Tradition beraten. Entweder kennt die Dame ihr Handwerk nicht oder sie kam schlichtweg nicht zu Wort. Anders läßt es sich nicht erklären, daß uns untergejubelt werden soll, frau erlange nur Macht, wenn frau zu viert vor sich hin zaubert. Aber irgendein Einstieg braucht schließlich jede Story, sei sie auch noch so schwach.
Schauplatz des Geschehens ist eine Highschool in Los Angeles. Wir lernen die drei Freizeithexen, die von ihren MitschülerInnen hämisch The bitches of Eastwick genannt werden, nun etwas näher kennen. Jede von ihnen schleppt so ihr Problem mit sich herum, das sie von anderen SchülerInnen abgrenzt, sie untereinander aber zusammenschweißt.
Rochelle – einzige Schwarze an der Highschool – hat mit den Gehässigkeiten der Schulbeauty Laura zu kämpfen. Die verschüchterte Bonnie schämt sich wegen ihres von Narben entstellten Körpers, den sie seit einem schweren Autounfall vor den anderen zu verbergen versucht. Schließlich ist da die resolute Nancy, die aus dem sogenannten White-trash-Millieu stammt. Natürlich hat sie die ganze Palette Klischeeprobleme, wie eine ständig alkoholisierte Mutter, einen abgehalfterten Stiefvater, und alle zusammen hausen in einem verwahrlosten alten Trailer. Dann zieht Sarah in die Stadt. Ihr Karma manifestiert sich in Form von Schuldgefühlen ihrer Mutter gegenüber, die bei Sarahs Geburt verstarb. Ein paar dekorative Narben zeugen von einem mißglückten Selbstmordversuch.
Gleich am ersten Tag baggert Chris, der Footballstar der Highschool, Sarah an und bittet um ein Rendezvous. Sie willigt ein, findet die Idee, die Nacht bei ihm zu verbringen, dann aber doch nicht ganz so anreizend, wie er sich das gedacht hat. Wer bekommt schon gerne eine Abfuhr? Chris für seinen Teil zieht es vor, überall herumzuposaunen, sie hätten es miteinander getan, und Sarah hätte sich als Niete entpuppt.
Da Sarah sich mit der Kontaktaufnahme zu anderen SchülerInnen etwas schwer tut, ergibt es sich fast wie von selbst, daß sie sich mit Rochelle, Bonnie und Nancy solidarisiert. Gemeinsam besuchen die vier den Okkultshop von Lirio, die in Sarah eine wahre Hexe erkennt. Beim Verlassen des Geschäfts läuft ihnen ein Obdachloser über den Weg, der Sarah schon bei ihrer Ankunft in L. A. mit einer Schlange schockierte. Als er bei ihrer Verfolgung von einem Auto überrollt wird, glauben die Mädchen an ihre Macht. Der Erfolg scheint ihnen garantiert, denn die Zauber wirken. Rochelle nimmt Rache an ihrer Peinigerin Laura, der plötzlich das volle blonde Haar büschelweise ausfällt. Bonnie, die sich bislang immer wieder schmerzhaften Therapien hatte unterziehen müssen, ist auf einen Schlag die entstellenden Narben los und wird vom schüchternen Entlein zum eitlen, selbstsicheren Schwan. Chris hat nur noch Sarah im Kopf, und die läßt ihn mehr als einmal am langen Arm verhungern. So wurden also gleich dreimal die scharfen Klippen der Urängste aller Frauen erfolgreich umschifft. Wäre da nicht Nancy, die ihren Stiefvater mittels Herzinfarkt gleich aus dem Leben scheiden läßt, um mit ihrer Mutter die stattliche Versicherungssumme zu kassieren und ein für alle Mal dem Trailerpark den Rücken kehren zu können. Sie ist schier besessen von der Macht, die ihr die Magie zu verleihen scheint.
Eine ungeschriebene Regel der Hexen lautet: "Was immer du tust, es kommt dreifach auf dich zurück." Mit anderen Worten, frau soll nicht übertreiben. Vielleicht hätte Fleming diesen Rat auch auf sich beziehen sollen. Die Hobbyhexen verlegen ihr entscheidendes Ritual zur Anrufung der fiktiven Gottheit Manon an den Strand von L. A. Die Zeremonie lehnt sich an die Praktiken des Wicca-Kultes an und hat zumindest in diesem Fall ein Hauch von Authentizität. Jaja – die Geister, die frau ruft, wird frau oft nicht mehr los, das wußte schon Goethe. Nancy ist die einzige, die von der Gottheit heimgesucht wird. Von nun an schreckt sie auch vor Mord nicht mehr zurück, um ihre Macht zu demonstrieren. Nun hat der ohnehin schwache Film Fernsehniveau erreicht und hangelt sich fortan von einer Ungereimtheit zur nächsten, nicht ohne sich dabei reichlich an gängigen Klischees zu bedienen. Sei es durch die nur noch fratzenschneidende Nancy im Gruftielook, die mann auch einfallsreicher als die böse Gegenspielerin zur zarten Sarah hätte darstellen können. Oder den Ekeleffekt, der in keinem Horrorfilm fehlen darf. Tiertrainer Boone Narr bot so ziemlich alles auf, was die ZuschauerIn gemeinhin schaudern läßt, ob Maden, Taranteln, Schlangen, da blieben keine Wünsche mehr offen. Unglücklicherweise verstricken sich die Drehbuchautoren vor allem zum Showdown des Films in immer mehr Widersprüche und verlieren schließlich ganz den roten Faden. Wie kam Nancy da noch gleich an den Ort, an dem sie landet? Und wo verbleibt für Bonnie und Rochelle die Einhaltung des zuvor vielzetierten Spruches des dreifach auf die Hexe zurückfallenden Zaubers?
Magie ist für Fleming nichts als Illusion und witchcraft (also das Hexenhandwerk), das Mittel zum Zweck, um den Film etwas aufzupeppen. Sicher regt eine Religion wie Witchcraft, die auf dem Heidentum basiert, welches älter ist als alle anderen Weltreligionen, die Phantasie an. Sie ist aber eine durchaus ernstzunehmende Glaubensrichtung, mit einer ständig wachsenden Anhängerinnenschaft, vor allem in den Vereinigten Staaten und Großbritannien. Hier wird sie leider nur einmal mehr in die Satanismus- und Sektenecke verdrängt.
Dumm gelaufen, Mr. Fleming. Wäre es ihm wirklich so wichtig gewesen, die Probleme der vier Mädels an einer US-amerikanischen Highschool darzustellen, hätte er sich ein bißchen mehr Mühe bei der Skizzierung der Charaktere geben sollen, anstatt nach Fertigstellung seines Werks nur ein paar diesbezügliche Andeutungen von sich zu geben, die sich im Presseheft wie blanker Hohn ausmachen und der KinobesucherIn wenig von Nutzen sind.
Mein Tip: Geld sparen und warten, bis der Streifen ins Fernsehen kommt.
ch, Düsseldorf
copyright: Queer View (PPL Juni 1996)