Queer - Watchlion

Regisseur Andrew Fleming gibt vor, sich mehr um die "dunklen Ecken ihrer Seelen" zu kümmern als um die Hexenkünste der vier Teenagerinnen. Sorry, aber das Gegenteil läßt sich einfach nicht so schnell aus der Welt reden. Nicht bei einer derartig oberflächlichen Benutzung der teenage hell.

Rochelle wird mit Bilderbuch-Rassismus konfrontiert ("Weil ich negroide Typen nicht ausstehen kann."), Nancy mit sexuellem und physischem Mißbrauch in der Kindheit. Besonders sie wird weiterleiden müssen. Was nicht nötig gewesen wäre, war sie doch während ihrer bösen Taten lediglich besessen gewesen. Kein toller Lichtblick für eine Überlebende.

Vielleicht hätte den Drehbuchautoren Peter Filardi und Fleming zum Thema zwangssexuelle Verhältnisse von Männern zu Frauen ein weiblicher Input gut getan. Denn auch Sarah darf ihre Erfahrungen sammeln. Sie verhext dem zudringlichen Macho Chris den Kopf und wundert sich noch, wenn der dann handgreiflich wird? Eine böse chauvinistische Metapher. Und weil sich alle (Männer)Welt aus welchen Gründen auch immer wieder und wieder um das Befinden der Täter dreht, werden Sarah realitätsferne und verständnisvolle Worte in den Mund gelegt: "Ich glaube, tief im Innern war er ein netter Kerl."

Die lesbische Komponente darf bei einem Hexenfilm selbstverständlich nicht gänzlich ausgelassen werden, das bringt die "Arbeit" wohl so mit sich (Be aware, little girls?): Eingekauft und eingewiesen wird bei Lirio, einer Frauenfreundin eher nicht heterasexueller Ausstrahlung. Beim Heim-Hexen spielt Nancy (die Böse von allen, ist doch klar) mit einer gezielten Fingerübung dann konkret auf lesbischen Sex an, als es um gemeinsames Schweben geht: "Wo schiebt man dann seine Finger rein?"

Auch der schwule Watchlion wird in The Craft kurz geweckt: Mit verhextem Sinne folgt Chris Sarah auf dem Fuße, trägt mit verliebten Blicken ihre Bücherberge. So ganz anders, als es sich für einen Macho, wie ihn, gehört. Das sehen auch seine "Freunde", die ihn offensichtlich damit aufziehen wollen, daß er nicht manns genug sei und ihn trotz gegensetzlicher Handlungsweise mit schwulen Anspielungen hänseln: "Hey Chris, kannst du auch meinen Schwanz tragen? Der ist so schwer."

ki, Beriln

copyright: Queer View (PPL Juni 1996)