Gentechnik in Waschmitteln |
Wer heute beim Waschen ein reines Gewissen haben will, hat es schwer.
Das Angebot an Waschmitteln ist unüberschaubar und die Werbung
aggressiv. "Sauber" genügt schon lange nicht mehr, "porentief rein"
muß es nun sein und natürlich "Öko". Die Umwelt ist zum Argument
Nummer zwei neben der Sauberkeit in der Waschmittelwerbung geworden.
Das gilt für Verpackung und Inhalt. Niedrige Dosierung und niedrige
Waschtemperaturen schonen Textilien, belasten die Gewässer wenig und
sparen Energie, so heißt es.
Mit welchen "Wunderwaffen" aber gehen die ultra-supra-color-
Waschmittel der 90er Jahre schon bei 40º dem Fahrradöl, Bratenfett und
sogar dem Lippenstift an den Kragen? Die Antwort: Es sind Enzyme.
Als Schmutzknacker werden sie über 80% aller Waschmittel beigemischt.
Immer mehr davon kommen aus dem Genlabor.
Enzyme in Waschmitteln sind die ersten gentechnisch hergestellten
Massenprodukte, die in Europa in den Handel gebracht wurden. Still und
heimlich und vorbei an der Diskussion der Verbraucherinnen und
Verbraucher über die Gefahren für Umwelt und Gesundheit und den
gesellschaftlichen Nutzen genmanipulierter Produkte.
Ohnehin kann niemand recht überprüfen, was alles drin ist in den
Produkten der Waschmittelindustrie. Die Deklaration der Inhaltsstoffe
ist EU-weit freiwillig. Auch in Deutschland wird weder nach der
Gebrauchstauglichkeit der Mittel gefragt, noch ob sie tatsächlich
umweltverträglich sind. Die Rezeptur muß lediglich registriert werden.
WOHLSTAND PUSHT DEN WASCHMITTELMARKT
Wachsender Wohlstand, mehr Kleidung, neue Textilfasern und ein
gesteigertes Bedürfnis nach Sauberkeit im Nachkriegsdeutschland
ließen auch den Waschmittelverbrauch ansteigen und die Umsätze der
Industrie in die Höhe schnellen. Seit 1960 hat sich der Verbrauch in
Westdeutschland verfünffacht. Heute verschwinden jährlich 1 Million
Tonnen der Chemiecocktails von bis zu 20 mehr oder weniger
umweltschädlichen Stoffen in Abflüssen und Kanalisationen.
Fünf transnationale Konzerne aus Europa und den USA beherrschen den
(weltweiten) Waschmittelmarkt: Unilever (NL/GB),
Henkel (D), Benickser (D), Colgate Palmolive (USA), Procter & Gamble
(USA). Zuwächse erwartet die Branche noch in den Ländern Süd- und
Osteuropas. In den hochindustrialisierten Ländern dagegen gilt der
Waschmittelmarkt als weitgehend stabil. Deshalb konkurrieren die
Giganten hier scharf um Marktanteile. Dazu dienen immer neue Slogans
und immer neue Rezepturen. Der letzte Schrei sind jene Produkte, die
bequem, gründlich und dazu noch "umweltfreundlich" waschen sollen. Für
diese modernen Waschmittel nutzt die Industrie maßgeschneiderte
Enzyme, Stoffwechselprodukte von gentechnisch veränderten
Mikroorganismen.
ENZYME Enzyme (oder Fermente) sind Eiweißverbindungen, die als "Biokatalysatoren" Nährstoffe chemisch umwandeln. Die kleinen Helfer aus der Natur sind sehr vielseitig. Sie verdauen im Speichel oder Magensaft Kohlehydrate, Eiweisse und Fette aus der Nahrung, treiben im Sauerteig das Brot, geben den Kakao- und Kaffeebohnen den Geschmack und lassen die Milch zu Käse gerinnen. Auch für die gezielte Behandlung von Flecken in der Wäsche werden sie, als Gallseife, seit langem genutzt. zurück zum Anfang |
VON DER CHEMISCHEN ZUR GENTECHNISCHEN KEULE
Seit etwa 30 Jahren werden industrielle Enzyme den konfektionierten Waschmitteln zugesetzt. Bis Ende der 80er Jahre waren das konventionell erzeugte Proteasen, die den Eiweiß- oder Grasflecken in der Wäsche den Garaus machten. Unproblematisch waren aber auch sie nicht. Schließlich unterscheiden Enzyme bei ihrer Abbauarbeit nicht zwischen Schmutz auf Textilgewebe und auf der Haut. 1969 wurden Atemwegserkrankungen und Allergien bei den Beschäftigten in Produktions- und Abfüllbetrieben bekannt. Als daraufhin die Umsätze zurückgingen, wurden die Proteasen mit Tensiden ummantelt. So soll ein direkter Hautkontakt vermieden werden.
Übrigens: Proteasen greifen auch das Eiweiß in Naturfasern an, so bei Wolle oder Seide.
DIE ENZYMINDUSTRIE Die Gentechnik ließ die Umsätze der Branche sprunghaft ansteigen. Auf 600 Millionen US-Dollar wurden sie 1990 geschätzt. Beherrscht wird der Markt von wenigen Unternehmen: Novo Nordisk (DK), Gist-brocades (NL) und Genencor (USA), ein Joint Venture von Cultor (SF) und Eastman Kodak (J). Marktführer ist Novo Nordisk, dessen Umsätze zu Dreiviertel durch GenTech-Organismen erzielt werden. |
Mittlerweile kamen weitere Enzyme auf den Markt: Amylasen, Lipasen und Cellulasen. Sie bauen Kohlehydrate und Stärke, Fette oder Fusseln ab. Doch erst durch die Gentechnik konnte der wachsende Bedarf an industriellen Enzymen gedeckt werden. Gentechnisch "optimierte" Mikroorganismen produzieren die gewünschten Substanzen kostengünstig für die Konzerne, also rasch und in großen Mengen.
LIPASE HÄLT EINZUG IN WASCH- UND REINIGUNGSMITTELN
Das Fett spaltende Enzym Lipase kann auf herkömmliche Weise nur in kleinen Mengen hergestellt werden. Das änderte sich erst durch die Gentechnik. Wissenschaftlern des dänischen Enzymherstellers Novo Nordisk gelang es, das entsprechende Gen eines Lipase bildenden Pilzes (Humicula) in einen Schimmelpilz (Aspergillus oryzae) einzuschleusen. Der Wirtspilz bildete daraufhin Lipase in "wirtschaftlich vertretbaren Mengen", wie es heißt. "Lipolase", so der Handelsname, kam 1988 auf den Markt und wird inzwischen europaweit in 45% aller Waschmittel eingesetzt. Und auch bei den Eiweiß knackenden Proteasen ist die Gentechnik auf dem Vormarsch.
Übrigens: Für das Umweltzeichen für Waschmittel ist die Gentechnik kein Vergabekriterium.
EINSATZ VON ENZYMEN Die Enzymindustrie beliefert mit ihren Produkten viele andere Industriezweige. Novo Nordisk bietet mehr als 500 Enzyme für folgende Bereiche an: Detergentien (der größte Markt), Zellstoff und Papier, Textil (der zweitgrößte Markt), Stärke, Öle und Fette, Tierfutter, Wein, Saft, Olivenöl, Destillerie, Molkerei, Brauerei, Leder, Backwaren. |
So enthält auch das erste und einzige Waschmittel, das in Deutschland den Umweltengel ("weil weniger gewässerbelastend im Baukastensystem") erhielt, Enzyme aus dem Genlabor. Erstmals eingesetzt im Inland wurde die GenTech-Lipolase in dem Hobbythek-Baukasten, einem bei UmweltfreundInnen beliebten Waschmittel.
DIE GEFAHREN VON WASCHMITTEL-ENZYMEN AUS DEM GENLABOR
"Alles unter Kontrolle", behaupten die Hersteller. Doch die Wirklichkeit sieht anders aus. Ein drastisches Beispiel: Die Aminosäure L-Tryptophan - als Schlafmittel und Zusatz für Sportlernahrung seit langem bekannt - wurde vom Hersteller heimlich auf GenTech-Produktion umgestellt. Vermutlich infolge von Verunreinigungen der bakteriellen Stoffwechselprodukte kam es zu schweren Erkrankungen und sogar zu 31 Todesfällen.
SICHER FÜR DIE UMWELT...?
...UND FÜR DIE MENSCHEN?
Übrigens: Amylasen und Lipasen werden schon in Spülmitteln für Geschirrspümaschinen eingesetzt.
Abdruck (auch auszugsweise), Vervielfältigung, Zitat nur in Absprache mit der Autorin.
Die Grünen im Europaparlament lehnen die Herstellung von Wasch- und
Reinigungsmitteln mit gentechnischen Methoden ab und fordern ein Verbot
für diese Produkte. Die Gentechnik schafft untragbare Risiken für
Mensch und Umwelt. Deshalb treten die Grünen für einen Ausstieg
aus der Gentechnologie ein. Solange ein Verbot von GenTech-Waschmitteln
noch nicht durchzusetzen ist, müssen zumindest bestimmte
Minimalkriterien des Umwelt- und VerbraucherInnenschutzes gesetzlich
verankert werden:
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