[GID - Gen-ethischer Informationsdienst]

Nr. 153, August/September 2002
Hintergrundinformationen zum Artikel: LibertyLink für Müllers Bienen

Risikoforschung, Haftung & Entschädigung

Von Ute Sprenger ©

Obwohl das deutsche Gentechnikgesetz von 1990 in § 32 ff von der "Haftung des Betreibers" im Schadensfall spricht, herrscht nach wie vor auf Seiten von Politik und Wirtschaft wenig Klarheit darüber, was ein durch die Gentechnik verursachter Schaden sein könnte. Auch die Forschung brachte hier wenig Erhellendes. Untersuchungen der Anwender konzentrieren sich ohnehin auf die wirtschaftlichen Aspekte der transgenen Pflanzen. Wer stets beteuert, dass keine Risiken vorhanden sind, muss sich eben auch nicht um Verbraucherschutz scheren und ebensowenig eine Vorsorge für die Haftung treffen. Aber auch die staatliche Risikoforschung oder biologische Sicherheitsforschung an solchen Organismen - und damit die Frage der Gefahren für agrarische oder natürliche Ökosysteme und für sozio-ökonomische Faktoren von Erzeugern und Verbrauchern - wurde jahrelang vernachlässigt.

Laut Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) wurden in Deutschland seit dem Beginn der ministeriellen Förderung im Jahr 1987 bis 2001 rund 70 Vorhaben zur Sicherheit von gentechnisch veränderten Pflanzen unterstützt. Erst seit 1998 wurde die Fördersumme von rund 4,8 Millionen Euro auf ca. 7,9 Millionen Euro jährlich erhöht. Das Ministerium unterstützte 112 Projekte zur Sicherheit gentechnisch veränderter Pflanzen, drei davon beschäftigen sich mit der Risikoforschung bei Bienen und Hummeln.

Eines von diesen drei seit 2001 geförderten Projekten leitet Professor Hans-Hinrich Kaatz von der Jenaer Friedrich-Schiller-Universität. Er untersucht, was transgene Maisgene im Darm der Honigbienen verursachen und welche Rolle Bienen bei Genübertragungen in die Umwelt spielen. "Bei gentechnisch veränderten Pflanzen gibt es bisher weder Vorschriften noch anerkannte Methoden, mit denen ihre Verträglichkeit für Bienen überprüft werden kann", erklärt der Bienenkundler. Die weiteren Projekte an der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA) und am Institut für Agrarökologie der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL) gehen den Auswirkungen von transgenem Raps nach. Untersucht wird, ob es bei der Verdauung von Rapspollen im Magen-Darmtrakt von Honig- und Wildbienen und von Hummeln zu einem Gentransfer von Raps-DNA kommt.

Teure Gentechnik-Schäden in Nordamerika

In welch exorbitanten Dimensionen die Kosten der Schadensbegleichung sich bewegen können, zeigte der Wirbel um den "StarLink"-Mais von Aventis in den USA. Der nur als Tierfutter zugelassene transgene Mais wurde in Lebensmitteln gefunden. Die GVO hatten etwa 10 Prozent der aus Mais hergestellten Nahrung verunreinigt. Die Rückrufaktionen der Waren - am bekanntesten sind hier zu Lande die Taco-Schalen der Firma Kraft -, die Vernichtung der Erntebestände samt Reinigung der Äcker und die Entschädigungen belaufen sich auf mehr als 1 Milliarde US Dollar. (vgl. auch Stichwort BAYER 3/2001) Doch wie in Deutschland gibt es auch in den USA für die Landwirte keine Versicherung gegen Pollenflug und gentechnische Kontamination.

Die finanziellen Belastungen für Aventis in Nordamerika könnten eventuell demnächst noch steigen. Denn im Januar haben kanadische Biobauern in der Provinz Saskatchewan eine Sammelklage gegen Monsanto und Aventis eingereicht. Der Grund: GenTech-Raps hatte ihre Felder kontaminiert (siehe auch Gen-ethischer Informationsdienst, GID 152). Seit 1996 wird in Kanada massiv trangener Raps angebaut. Seither ist die Erzeugung von Öko-Raps praktisch unmöglich geworden.

Die in Kanada zuvor jährlich produzierten schätzungsweise 20.000 Tonnen organischer Raps erzielten Höchstpreise. Der Verlust wird auf mindestens 100.000 bis 200.000 kanadische Dollar beziffert. Die klagenden Landwirte, zu denen auch Marc Loiselle vom Vorstand des regionalen Dachverbands der Erzeuger und Vermarkter zählt, wollen damit einen Präzedenzfall schaffen. Bei Erfolg hätten Landwirte weltweit eine Grundlage, die Konzerne für Schäden durch ihre trangenen Pflanzen haftbar zu machen. Um auf die Gefahren beim Anbau von transgenen Pflanzen für den Öko-Landbau aufmerksam zu machen, reiste Loiselle zusammen mit seiner Frau und mit Hart Haidn, Vorsitzender und Gründer des Canadian Centre for Sustainable Agriculture (CCSA), Anfang August auch durch Deutschland.

Dass Kanadas Imker diese Klage ebenso gespannt verfolgen wie die Landwirte, ist anzunehmen. Denn die Einfuhr kanadischen Honigs in die EU ist, seitdem darin 1999 Pollen von GenTech-Raps gefunden wurden, drastisch zurückgegangen. Von 1998 auf 2000 fiel der Export um 55 Prozent. Als Folge gab es einen Preiseinbruch für Honig auf dem kanadischen Markt.

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Artikel: LibertyLink für Müllers Bienen

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