2000 Wolf Kahlen 2003

Arbeiten aus vierzig Jahren/Works from 1960 till 2000

Retrospective Exhibition Part I/ Retrospektive Teil I

'In Search of...' / 'Auf der Suche nach...'

Early photo works (1969- 1975), video-sculptures, sound-sculptures, paintings (1965), net.art

Ruine der Kuenste Berlin, January - March 2000

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Raumsegment Monospacial, 1965

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Selbstversuch II, Auf der Suche nach der Senkrechten im Körper, 1969

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Privatsammlung, 1972

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Muse des Traums, 1989 ; um / Video 1980; Selbstversuch II, 1969

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Ein- und Ausatmen mit Edvard Munch, 1982

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A book Worm's Ways of Life, 1971

 

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Internetgraphik/ Internet Print
Selbst-los/Self-less
von / by Wolf Kahlen
Aus dem  Web ausdruckbar / you may print out from the net
signierte und nummerierte dreiseitige Unikate/ signed and numbered three-fold piece
Edition Ruine der Kuenste Berlin, 2000
www.wolf-kahlen.de



 

Ticket, Der Tagesspiegel, Berlin # 52/1999

Zu seinem 60. Geburtstag beschenkt der “Medienbildhauer” Wolf Kahlen sich und die Welt -

mit einer dreijaehrigen Retrospektive und einem Internet-Kunst-Stueck der bislang unbekannten Art.

Ein Portraet von Norbert Tefelski und Birgit Kleber

Des Sinnwenders Lebenswerk frag-sagt “Nicht wahr?”. - mit Fragezeichen UND Punkt.“Ist es noch ‘ne Frage, oder ist es schon klar?” Herzlich lachend kommentiert Wolf Kahlen den Titel seiner zehnteiligen, auf - sage, schreibe, staune - drei Jahre angelegten Retrospektive. Da aeussert sich die diebische Freude eines schwer dingfest zu machenden Kuenstlers, der seit vierzig Jahren an allerlei bravem Glauben kratzt. Wie zuverlaessig sind individuelle Sichtweisen, fussend auf jener kollektiven Uebereinkunft, die wir “Wirklichkeit” nennen?. In seinen Arbeiten stellt Kahlen unsere gewohnheitsmaessige Interpretation der Welt in Frage - moeglichst punktgenau, bereichernd fuer jeden, der umdenken mag. Konzeptuell im spannendsten Wortsinn entdeckt er Wahrnehmungsmuster - nimmt, gibt, tauscht aus. Etwa 1971 in der Hamburger Kunsthalle: Caspar David Friedrich von der Wand genommen, den Staub dahinter freigegeben, den Blick auf KulturGUT gegen den auf SCHLECHTEN Schmutz getauscht. Im Rahmen menschenmoeglicher Bewertungskategorien - POSITIV die Poesie im Profanen findend, NEUTRAL Dreck als Dreck abhakend, NEGATIV ein Sakrileg beklagend - gipfelten die Reaktionen in Morddrohungen gegen Kuenstler und Kurator. Solch emotionales Extra steht heute nicht mehr zu befuerchten, auch wenn Kahlens immer wieder neu aesthetisierte Feststellung, dass jedes Phaenomen “so und auch gegenteilig” sei, geeignet ist, uns den Boden unter den Fuessen wegzuziehen. Weil wir quasi vollautomatisch vermeiden, das philosophische Spiel zur Alltagserfahrung werden zu lassen, koennen die Zeichnungen, Fotografien, Gemaelde, Filme, Architekturmodelle, Textstuecke, Video- und Klangskulpturen ohne weiteres auch als nichts sagend, kryptisch, verschroben, langweilig, elitaer empfunden werden. “Ich weiss nicht, wie man ALLE anspricht”, bekennt der Kunstprof ungekuenstelt.   JEMANDEN ansprechend aber zeigt bereits der Ausstellungsort, worum es essenziell geht. Innen mit allen Schikanen instand gesetzt, bleibt die “Ruine der Kuenste Berlin” - 1985 von Kahlen etabliert -  aussen im Zustand natuerlichen Verfalls.: Einschussloecher erinnern an den Showdown des Zweiten Weltkrieges, derweil aus Ritzen Graeser spriessen und auf Balkonen Baeume wuchern. Alles dauernd unterwegs - der “Medienbildhauer” sowieso. “Ismen” und bildnerische Moden beilaeufig streifend oder absichtslos vorwegnehmend, bereist der bekennende “Nomade” Innen- und Aussenwelten. Hinterlaesst unwiederholbare Werke zu Zeit und Raum oder “den Zufall, den es nicht gibt”. Einmal jaehrlich steht der Himalaya bzw. die Mongolei auf dem Programm: Expeditionen auf den Spuren seines heimlichen Alter egos, des siebenhundert Jahre jungen Universalgenies Thangtong Gyalpo. Mit dem ihn zumindest ein vergleichbar wundersames Lebensgefuege zu verbinden scheint. Die vielen verrueckten Geschichten hierzu boeten Stoff fuer ein dickes, noch zu schreibendes Buch - unter anderem ueber die ermoeglichte Unmoeglichkeit, einerseits als “Consultant for art and architecture” dem Koenig des buddhistischen Laendchens Bhutan zu dienen, andererseits im rabiat-sozialistischen China dortselbst wohlwollend beachtete Installationen zu errichten. Nicht minder bemerkenswert, wie der ahnungsvoll verspielte Allrounder, lange bevor er von den komplexen Geist-Koerper-Systemen asiatischer Kulturen erfuhr, die energetische Achse inmitten des Koerpers “erfand”. Vor 30 Jahren schnitt der junge Wolf  eine Schneise in seine nicht nur an den Wangen ueppige Behaarung; heute nutzt Kahlen der Aeltere die Technologie der Zeit, um die stabilisierenden Gerade dem fluechtigen Kreislauf des Werdens und Vergehens zu ueberantworten. Die Fotosequenz “Selbstversuch II” ist Grundlage einer rituellen Opferung” - dem virtuellen Raum. “Todesursache: “Pixelabsorbtionskrankheit”, umschreibt der lustvoll Formulierende sein Internet-Stueck “Selbs-Los/Self-less”. Puenktlich zum sechzigsten Geburtstag, am 6.1. um 24 Uhr, ist es abrufbar, und bei jeder Verbindung mit www.wolf-kahlen.de verschwindet ein Pixel - zufallsgesteuert, vielleicht im grade nicht sichtbaren Bereich des hochformatigen Fotos, ober- oder unterhalb des Bildschirms, - aber mit hoerbarem Sauggeraeusch. Dies ist das erste POSITIVE Blatt. Ein Link verweist aufs zweite, wo an beliebiger Stelle das fortgeschluerfte Teilchen wieder auftaucht - einzeln, zusammenhanglos, NEUTRAL. Auf einem dritten Blatt schliesslich erscheint es als Bestandteil eines anderen, sich NEGATIV aufbauenden Bildes  - Pixel fuer Pixel, User fuer User - der somit “Schuld” am Stirb und Werde traegt. Denkanstoesse existenzieller Art sind gewollt, kritische eher Beiwerk. Weil aber jedes der einmalig-dreifachen Stueck-Werke nach Kahlens Vorgaben programmiert, automatisch mit Nummer und Signatur versehen wird, kann auch ein Kommentar zum kommerziellen Kunstmarkt entdeckt werden: Tausende verschenkter Unikate aus dem unerschoepflichen Ganzen, dessen kruemelkleiner Umkehrvorgang nach jedem Abschluss von vorn beginnt. Theoretisch endlos, so lang die Maeuse klicken.

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Drop Out, video installation at the Ruine der Kuenste Berlin



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