Am Anfang jeder Wahl sind eine Reihe von vorbereitenden Maßnahmen notwendig, von denen sich einige auf thematische, andere auf systematische Belange beziehen. Mit themenorientierten Vorbereitungen sind Aktionen gemeint, welche sich aus dem Typus der Wahl ergeben, wie beispielsweise die Aufstellung der Direktkandidaten einer Landtagswahl. Der aus diesen Vorgängen erwachsende Themenkomplex ist an diesem Punkt zum Verständnis der allgemeinen Abläufe einer Wahl noch nicht von Relevanz.
Manche der eine Wahl vorbereitenden Vorgänge entsprechen einem durch das Wahlsystem vorgegebenen Muster. Hierzu gehören die Zusammenstellung der Wählerlisten, die Akquirierung von Wahlhelfern, die Errichtung von Wahlbüros, der Druck der Wahlzettel, usw.
Der erste Zeitpunkt, an dem ein Wähler mit einer Wahl konfrontiert wird, ist der Erhalt seiner Wahlbenachrichtigung. In ihr erfährt der Bürger verbindlich, wann der Termin der Wahl ist und wo sich sein Wahlbüro befindet. Zusätzlich erhält er die Auswahlmöglichkeit, sich mittels Briefwahl an der Wahl zu beteiligen oder persönlich wählen zu gehen. Im Folgenden werden wir die Briefwahl jedoch nicht weiter betrachten, da sie als ein Sonderfall angesehen werden sollte und somit nicht den allgemeinen Wahlvorgang widerspiegelt. (Da ausserdem der heimatliche PC ebenso die Funktion einer CWS-Wahlkabine annehmen kann ergibt sich der Unterschied zwischen „normaler“ Wahl und Briefwahl einzig durch die Art der verwendeten Wahlkabine.)
Zu dem Zeitpunkt, ab dem gewählt werden darf, hat nun jeder Wähler (also die wahlwilligen Nicht-Briefwähler) folgende Prozedur hinter sich zu bringen:
Nach dem Ende der Wahlzeit erfolgt die Auswertung der Wahl. Hierzu wird in jedem Wahlbüro die dort postierte Wahlurne und alle darin befindlichen Wahlbriefe geöffnet. Als nächster Schritt erfolgt die Sortierung der Wahlzettel und Erstellung von Zettelgruppen mit den gleichen Wahlentscheidungen. Nachdem eine mehrfache Kontrolle dieser Auszählung stattgefunden hat, erfolgt die Übermittlung der so entstandenen Ergebnisse an den Wahlkreis.
Im Laufe der Auswertung erhalten nun die Wahlkreise die Ergebnisse der zu ihnen gehörenden Wahlbüros. Nachdem alle Ergebnisse eingetroffen sind, wird ein Zwischenergebnis ermittelt und an die Wahlzentrale gemeldet. Die Wahlzentrale wartet auf das Eintreffen der Zwischenergebnisse aller Wahlkreise und generiert aus diesen das Endergebnis.
In der beschriebenen Variante eines Wahlsystems fällt auf, dass sich mehrere voneinander abgrenzbare Ebenen deutlich abzeichnen:
Wähler | Die unterste dieser Ebenen bilden die Wähler, die an der Wahl teilnehmen dürfen. |
Wahlkabine | Die Wahlkabine ist die Schnittstelle zwischen Wähler und Wahlsystem. In ihr wird es dem Wähler ermöglicht, seine Wahl geheim zu tätigen. |
Wahlbüro | Ein Wahlbüro erledigt mehrere Aufgaben. Es verwaltet die Wähler, denen dieses Wahlbüro zugewiesen wurde, d.h. es besitzt die Wählerlisten, kontrolliert die Identität der Wähler und stellt die Einmaligkeit des Wahlvorgangs der einzelnen Wähler sicher. Des Weiteren bietet ein Wahlbüro den Wählern die Wahlkabinen an, in denen sie wählen können. Bis zum Ende der Wahl verwahrt es die abgegebenen Wahlzettel sicher auf und hilft dem Wahlkreis bei der Berechnung des Wahlergebnisses. |
Wahlkreis | Der Wahlkreis ist die erste, eine Wahl auswertende Ebene. Er vereint eine bestimmte Anzahl von Wahlbüros zu einer Region. Viele Wahlen, die sich dieser Variante des skizzierten Wahlsystems bedienen, bestehen zu einem Teil aus der Bestimmung von direkten Repräsentanten eines Wahlkreises. Hierdurch bedingt ergibt sich für einen Wahlkreis die Notwendigkeit, die hierfür notwendigen Wahlergebnisse zu berechnen und diese im Sinne der Benennung des Direktmandats auszuwerten. |
Wahlzentrale | Die Wahlzentrale ist die oberste Ebene eines Wahlsystems. Sie verwaltet alle Wahlkreise und ist für die Ermittlung und Veröffentlichung des Endergebnisses zuständig. Die Wahlzentrale ist hierbei als Sammelbegriff für alle Institutionen des Wahlsystems gedacht, die sich oberhalb der Wahlkreise befinden. Bei einer Bundestagswahl [BWG_1998] beispielsweise setzt sich die Wahlzentrale aus den Ländervertretungen für jedes Bundesland, bestehend aus Landeswahlleiter und Landeswahlausschuss und einer Bundesvertretung (Bundeswahlleiter und Bundeswahlausschuss) zusammen. |
Wählerverwaltung | Abgehoben von der topologischen Hierarchie der oben aufgeführten Entitäten ist eine Institution notwendig, die sich im Vorfeld mit den organisatorischen Aufgaben einer Wahl beschäftigt. Im Rahmen dieser Aufgaben wird unter Verwendung der Daten der Landeseinwohnerämter die Liste der Personen ermittelt, die zur entsprechenden Wahl zugelassen sind, wobei in Abhängigkeit von den festen Wohnsitzen die Zuordnung der Wähler zu den Wahlbüros erfolgt. Anschließend hat die Wählerverwaltung die Aufgabe, den Wahlbüros die jeweiligen Wählerlisten zukommen zu lassen und die Wähler mittels der Wahlunterlagen über Ort, Zeit und Art der bevorstehenden Wahl zu unterrichten. Die Wählerverwaltung muss keine eigenständige Entitiät darstellen, sondern kann - entsprechendes Vertrauen vorausgesetzt - mit der Wahlzentrale eine organisatorische Einheit bilden. |
Die quantitativen Beziehungen zwischen diesen Ebenen lassen sich durch einige Axiome beschreiben:
Um die Qualität des bestehenden Wahlsystems ermitteln zu können, bedienen wir uns der vier an ein CWS geforderten Grundeigenschaften.
Exakt | Hierbei sind drei Kriterien zu erfüllen [Cranor/Cytron_1996]. Um die Korrektheit einer Wahl überprüfen zu können, ist sicherzustellen, dass erstens eine abgegebene Wahl nicht verändert werden kann, zweitens jeder gültige Wahlzettel in die Wahlberechnung einfließen muss und drittens ungültige Wahlzettel keinen Einfluss auf das Ergebnis haben. Dies wird dadurch gewährleistet, dass der Weg jedes Wahlzettels von der Stimmabgabe bis hin zur Auswertung unter ständiger Kontrolle mehrerer Wahlhelfer liegt. Des Weiteren erfolgt eine hinreichend sichere Überprüfung der Wahlurnen, um etwaige Veränderungen im Vor- bzw. Nachfeld der Wahl auszuschließen. Die Manipulation eines Wahlzettels ist daher nur durch Bestechung aller beteiligten Wahlhelfer denkbar. Da bei der Auswahl von Wahlhelfern für ein Wahlbüro jedoch der Aspekt der Exaktheit Beachtung findet (beispielsweise werden Wahlhelfer nie in dem Wahlbüro tätig, in dem sie selbst wählen müssen. Zusätzlich befindet sich grundsätzlich in jedem Wahlbüro ein Vertreter der Exekutive), ist diese Option nicht erfolgversprechend. |
Demokratisch | Zur Erfüllung des Demokratie-Charakters einer Wahl ist es zu gewährleisten, dass nur die zugelassenen Wähler ihre Stimme abgeben und diese Stimmabgabe nur einmal erfolgt. Diese Kriterien werden mittels der in den Wahlbüros vorliegenden Wählerlisten realisiert, in denen alle Wähler aufgeführt werden, die in diesem Wahlbüro wählen dürfen [Cranor/Cytron_1996]. Da für jeden Wähler in der Liste vermerkt wird, ob er schon gewählt hat, ist eine mehrfache Stimmabgabe in einem Wahlbüro unmöglich. Unter der Voraussetzung, dass bei der Erstellung der Wählerlisten keine Fehler entstanden sind und somit jeder Wähler nur auf einer Wählerliste erscheint, ist die Stimmabgabe eines Wählers in verschiedenen Wahlbüros nicht realisierbar. |
Geheim | Damit ein Wahlvorgang als geheim qualifiziert werden kann, muss gewährleistet sein, dass es weder möglich ist im Nachhinein eine Verbindung zwischen abgegebenem Wahlzettel und Wähler herzustellen noch eine Kontrolle über die Stimmabgabe eines Wählers zu haben [Cranor/Cytron_1996]. In dem hier skizzierten Wahlsystem wird ersteres durch die anonym gehaltenen Wahlzettel und die Verwendung einer Wahlurne erreicht. Da die Wahlzettel erst nach Ende einer Wahl durch Öffnen der Wahlurne und der darin enthaltenen Wahlbriefe sichtbar werden, ist zu diesem Zeitpunkt die Verbindung zwischen einem Wähler und seiner abgegebenen Stimme nicht mehr reproduzierbar. Um sicherzustellen, dass eine konkrete Stimmabgabe nicht durch weitere Personen überprüft werden kann, bedient man sich der Wahlkabinen, welche gleichzeitig ausschließlich von einer einzigen Person betreten werden dürfen und keinen Einblick von außen ermöglichen. |
Überprüfbar | Bei dem hier skizzierten Wahlsystem werden alle Wahlzettel unter Beaufsichtigung gesammelt und archiviert. Eine nochmalige Auszählung der Stimmen eines Wahlbüros und der Vergleich mit der Erstzählung ist daher theoretisch möglich. Hierbei muss jedoch darauf vertraut werden, dass die Wahlzettel vor der ersten Auszählung nicht manipuliert werden konnten. Aufgrund des Aufwands, den eine Stimmenzählung bei dem betrachteten Wahlsystem erzeugt, erfolgt eine Kontrolle nur stichprobenhaft bzw. bei Unstimmigkeiten im Endergebnis. |