Lehmann, Eberhard: Wahrscheinlichkeitsrechnung - problemorientierte Unterrichtseinheiten, Volk und Wissen Verlag, 1997

Etliche Beispiele gehören mathematisch gesehen zu dem schönen Gebiet der "Markow-Ketten", das für die Schule besonders viele gebietsübergreifende Aspekte bietet.

Vorwort

Das Buch stellt fünf problem- und anwendungsorientierte Unterrichtseinheiten zur Wahrscheinlichkeitsrechnung vor, die zum Einstieg in die Wahrscheinlichkeitsrechnung oder an anderer Stelle im Kursverlauf eingesetzt werden können: Zuverlässigkeit von Bauteilen, Kaufverhalten, Crap-Spiel, Sammelbilderproblem, Simulation.

Alle Unterrichtseinheiten sind zum (unterschiedlich anspruchsvollen) problemorientierten Einstieg in die Wahrscheinlichkeitsrechnung oder auch als weiterführende Problemstellungen an passenden Stellen in anders geführten Kursen geeignet. Die Einheiten bauen also nicht aufeinander auf und sollen nicht etwa insgesamt einen Kurs zur Wahrscheinlichkeitsrechnung ausmachen. Da zu fast allen Problemen mehrere, oft voneinander unabhängige Lösungen angeboten werden, kann auf die ein oder andere Lösung auch verzichtet werden, oder die Reihenfolge der Lösungen kann anders zusammengestellt werden.

Das Buch ist aus der Schulpraxis heraus entstanden und zunächst für Lehrer gedacht. Es enthält demzufolge auch viele didaktisch-methodische Hinweise. Die Fachinhalte sind jedoch so aufbereitet, dass sie in der vorliegenden Form auch vom Schüler bearbeitet werden können. Der Lehrer kann sich mit dem Buch auf anwendungsbezogene Weise in ausgewählte Bereiche der Stochastik einarbeiten, denn in gängigen Lehrbüchern zur Wahrscheinlichkeitsrechnung werden derartige Fallstudien kaum angeboten, da sie in der Regel fachsystematisch orientiert sind.

Die Wahrscheinlichkeitsrechnung zeichnet sich gegenüber anderen Gebieten der Oberstufenmathematik u.a. dadurch aus, dass sie zahlreiche interessante, anwendungsnahe und doch relativ elementare Problemstellungen aufweist. Die fachlichen Ansprüche sind zumindest im Anfangsunterricht gering, ein größerer mathematischer Unterbau ist oft nicht nötig. Demzufolge können viele Fragestellungen mit problemorientierten Ansätzen bearbeitet werden. Dabei werden Grundbegriffe oder Vertiefungen orientiert am jeweiligen Anwendungsfall entwickelt. Der Unterricht wird damit für Schüler und Lehrer interessanter, weil das separate, langweilige Bereitstellen mathematischer Grundlagen entfällt. Leitlinie ist nun der jeweilige Anwendungsfall mit seinen charakteristischen Problemen. Die Mathematik zu ihrer Lösung wird erst beim Auftreten der Probleme entworfen. Daher kommt in diesem Buch der Modellbildung große Bedeutung zu. Die hier ausgewählten Fallstudien eignen sich auch gut für projektartige Vorgehensweisen.

Die fünf Unterrichtseinheiten sind formal ähnlich aufgebaut. Zunächst wird die Problemstellung vorgestellt, die in der Unterrichtseinheit benötigten Begriffe aus der Wahrscheinlichkeitsrechnung werden genannt und sind nun hier (falls noch nicht bekannt) im Verlauf des Unterrichts neu einzuführen. In den Vorbemerkungen wird dem Lehrer eine Einschätzung der Thematik aus unterrichtspraktischer Sicht mitgeteilt: Reihenfolge der Themen, ungefährer Zeitbedarf, Schwierigkeitsgrad usw. Danach folgen die verschiedenen Bearbeitungsmethoden für die anstehenden Probleme. Häufig ist es die Simulation der vorliegenden Vorgänge, die einen ersten Einstieg ermöglicht und das Problemverständnis fördert.

Weitere Aufgaben zeigen zumindest die Richtung an, in der geübt oder weitergeforscht werden kann. Alle Probleme können ohne Computer bearbeitet werden. Sein Einsatz kann jedoch verschiedentlich optimierend für den Unterricht sein. Experimentelles Arbeiten an den Problemen führt zu einer Verschiebung der Unterrichtsmethodik. Gelegentlich werden die erweiterten Möglichkeiten durch den Computereinsatz in gesonderten Abschnitten gezeigt. Am Ende fast aller Kapitel gibt es genauere Hinweise. Dort ist auch passende Software genannt (für PC mit MS-DOS), die beim Buchautor bezogen werden kann.

Kapitel 1 schildert einen elementaren Einstieg in die Wahrscheinlichkeitsrechnung. Die Zuverlässigkeit von Bauteilen ist wegen der Übertragungsmöglichkeit auf Schaltkreise und auf Baumdiagramme eine anschauliche Thematik, die schnell zu wichtigen Grundbegriffen führt und mit der man auch zur Binomialverteilung überleiten kann. Kapitel 2 schafft Bezüge zur Arbeit von Marktforschungsinstituten, indem das Kaufverhalten der Leser exemplarisch an 2 Zeitschriften untersucht wird. Mehrere voneinander unabhängige Bearbeitungsmethoden führen zu gleichen Ergebnissen. Modellbildungsprozesse werden verdeutlicht. Auch hier lassen sich die Vorgänge auf verschiedene Weise grafisch veranschaulichen. Kapitel 3 dokumentiert einen Einstieg in die Wahrscheinlichkeitsrechnung über ein interessantes Würfelspiel (Crap) mit der Frage, inwieweit das Spiel fair ist. Anhand der Spielregeln lässt sich das Spiel leicht simulieren. Anspruchsvoller sind dann die exakten Lösungswege. Kapitel 4 nimmt Trading-Cards (Sammelbilder) zum Ausgangspunkt und fragt nach der Sammeldauer bis zu einem vollständigen Satz. Das Sammeln von Bildern oder anderen Objekten ist gerade bei Jugendlichen immer wieder “in”. Unter gewissen Modellvoraussetzungen gibt es auch hier wieder den leichten Einstieg über die Simulation. Die Überlegungen werden dann ausgeweitet bis zu den Begriffen "geometrische Verteilung" und "Erwartungswert" einer Zufallsvariablen.

Da die Problembearbeitung durch Simulation bis auf Kapitel 1 (Zuverlässigkeit) in allen Einheiten eine Rolle spielt, werden Grundlagen der Simulationsmethode in Kapitel 5 ausführlicher dargestellt und durch Beispiele verdeutlicht. Damit ergeben sich bezüglich der Simulation methodisch mehrere Möglichkeiten:

a) Simulation am jeweiligen Fall einführen, ggf. durch Inhalte aus Kapitel 5 ergänzen.

b) Simulation mit Kapitel 5 einführen.

c) Bei den Problembearbeitungen auf Simulation verzichten.

d) Mit Kapitel 5 beginnen.

Da sich in den einzelnen Kapiteln immer wieder Grundbegriffe wiederholen und keine bestimmte Reihenfolge der Kapitel notwendig ist, wurden diese Grundbegriffe in einem Glossar definiert (meistens mit Beispielen), so dass von jedem Kapitel aus auf sie zugegriffen werden kann.

Zu dem Buch gibt es mehrere MS-DOS-Disketten mit diversen zu den entwickelten Inhalten passenden, aus der Unterrichtspraxis heraus entwickelten Programmen, siehe Seite 110.

Berlin, Januar 1997 Eberhard Lehmann

Die folgende Übersicht zeigt die Einsatzmöglichkeiten des Buches:

Inhaltsverzeichnis Seite

Vorwort 5

1. Zuverlässigkeit von Bauteilen 7

1.0 Problemstellung - Grundbegriffe - Vorbemerkungen für den Lehrer 7

1.1. Die Zuverlässigkeit eines Systems mit Elementen in Parallel-

bzw. Reihenschaltung 8

1.2 Vergleich von Zuverlässigkeiten 11

1.3 Übergang zur Binomialverteilung 17

1.4 Komplexe Aufgaben zur Zuverlässigkeit von Bauteilen 19

- eine Abituraufgabe

1.5 Hinweise zum Computereinsatz 23

2. Eine Studie zum Kaufverhalten 25

2.0 Problemstellung - Grundbegriffe - Vorbemerkungen für den Lehrer 25

2.1 Problemanalyse und Modellbildung 27

2.2 Grafische Veranschaulichung - Baumdiagramm, Pfadregeln 29

2.3 Simulation des langfristigen Kaufverhaltens 31

2.4 Untersuchung des langfristigen Kaufverhaltens, Folgen, Funktionsgraphen 33

2.5 Stationäre Verteilung - Fixvektor, Veranschaulichung durch Geraden 35

2.6 Anwendung von Matrizen, Matrizenmultiplikation, Matrizenpotenz 37

2.7 Grenzwert für das Kaufverhalten 40

2.8 Ausblick - eine Warteschlange - stationäre Verteilung 41

2.9 Hinweise zum Computereinsatz 43

2.10 Aufgaben (2 Zustände) 46

3. Das Crap-Spiel 49

3.0 Problemstellung - Grundbegriffe - Vorbemerkungen für den Lehrer 49

3.1 Problemanalyse und Modellbildung 51

3.2 Der Prozess der Modellbildung 53

3.3 Problembearbeitung durch Simulation 54

3.4 Exakte Lösung mit Hilfe von unendlichen geometrischen Reihen 55

3.5 Lösung mit Hilfe von Übergangsmatrizen 59

3.6 Hinweise zum Computereinsatz 62

4. Sammelbilder (Trading Cards) und Pfandflaschen 63

4.0 Problemstellung - Grundbegriffe - Vorbemerkungen für den Lehrer 63

4.1 Problemanalyse und Modellbildung - Lösung durch Simulation 67

4.2 Die geometrische Verteilung und die Herleitung ihres Erwartungswertes 71

4.3 Lösung mit Hilfe von Übergangsmatrizen 79

4.4 Der Sammelbilder-Automat 84

4.5 Das Sammelbilderproblem als Projekt 86

4.6 Hinweise zum Computereinsatz 88

5. Simulation 89

5.1 Grundlagen über Zufallszahlen 90

5.2 Angenäherte Flächenberechnung mit Zufallszahlen -

Monte-Carlo-Methode 96

5.3 Simulation eines Geburtstagsproblems 99

5.4 Computereinsatz bei Simulationen 100

6. Glossar - Grundbegriffe und Definitionen 102

Teil A - elementare Grundbegriffe in unterrichtsrelevanter Reihen 102

Teil B - alphabetisch 105

Disketten - Unterrichtssoftware 110

Sachverzeichnis 111

Unterrichtssoftware

E.Lehmann, Geitnerweg 20c, 12209 Berlin, Tel. 030-7112420, Tel./Fax 030-7110811

Programmname Zu Kapitel Kurzbeschreibung

AREA-F 5 Flächenberechnung mit Monte-Carlo-Methode

CRAP1 3 Simulation des Crapspiels

DISJ-NF1 1 Schaltalgebra, disjunktive Normalform, 3 Schalter

GLUERAD 4,5 Glücksrad für diverse Simulationen

MARKOW 2,3,4 Bearbeitet Markow-Ketten, siehe Kap.2.9

MATRIX 2,3,4 Matrizenrechnung, lineare Gleichungssysteme

PFAD-RG3 1,2,3,4 Simulation der Pfadregeln am 2-stufigen Baum

PLOT10 2,4,5 Funktionen-/Relationen-Plotter, siehe Kap.2.9

SABI-6 4 Simulation mit Sammelbilder-Automat, 6 Bilder

SAMMEL-A 4 Simulation des Sammelbilder-Problems, Statistik