Matthias Peipp / Bernhard Springer

Edle Wilde, rote Teufel
Indianer im Film

Erfreulich, dass sich endlich auch einmal jemand mit der Rolle der Native Americans im Film befasst. Die Autoren haben in ihre Betrachtungen nicht nur Spiel- sondern auch Dokumentarfilme mit einbezogen.

Zu Beginn des Buches geben Peipp und Springer einen Abriss der indianischen Geschichte. In diesem kurzen Kapitel wird mehr als deutlich, wie die einzelnen Stämme ausgebeutet und behandelt wurden. Dabei gelingt es den beiden, direkt den Bogen zum Fiilmgeschäft zu spannen, denn dort setzten sich die diskriminierenden und beschämenden Behandlungen der amerikanischen UreinwohnerInnen fort. Zur Verfilmung der Lebensgeschichte von Buffalo Bill kamen die Produzenten auf die Idee, die Cheyenne von Navajos spielen zu lassen. Sie versprachen sich davon mehr Authentizität, als durch die Darstellung bemalter Weißer. War ein Indianer als Hauptcharakter für einen Film geplant, griff Hollywood nicht selten auf weiße Schauspieler zurück. Beispiele hierfür sind u. a. Rock Hudson als Taza, son of Cochise (1954) oder Robert Taylor in Devil's Doorway (1950) und natürlich nicht zu vergessen Pierre Brice als Winnetou (1963 - 65). Besonders in den fünfziger Jahren war das Schema der Western immer gleich: Ein Weißer kommt ins Indianerland, lernt den Stamm XY besser kennen (verliebt sich möglicherweise noch in eine Indianerin) und versucht dann zwischen Weiß und Rot zu vermitteln.

Interessant ist dabei die Tatsache, dass die Produzenten ihr Augenmerk dabei in der Regel auf die Stämme der Plains (der Prärie) richteten. Damit verbunden ist natürlich auch das Klischee des Federn geschmückten Kriegers, der auf seinem Pony wild schreiend durch das hohe Gras jagt und Farmen oder Forts überfällt. Die andere Variante ist der weise alte Häuptling, der sich gegen einen jüngeren Heißsporn durchsetzen muss. Mit Dustin Hoffmann als Little Big Man wurde zwar der Versuch unternommen, auf ein sehr schwerwiegendes Problem hinzuweisen, nämlich die Stellung des Hallbluts in der Gesellschaft beider Völker. Jedoch reichte die Liebe zum Detail bei diesem Film nicht aus, von dem ewigen Bild des Wilden wegzukommen.

Erst in den letzten rund zehn Jahren etwa ist eine Veränderung zu beobachten. Filme wie Black Robe (1992) üben Kritik an Missionierung und Zivilisationswunsch der Besatzer und schildert das Leben aus Sicht der Indianer. In diesem Fall der Algonquins, die von den Irokesen gejagt werden und einen französichen Pater durch die Wälder Kanadas zu einer Missionsstation begleiten. Kevin Costners Epos Der mit dem Wolf tanzt (1990) versucht zwar Verständnis für die fremde Kultur und Weltanschauung des Volkes der Sioux zu erreichen, verwendet dabei aber wieder die althergebrachten Klischees wie die Vorstellung von gut (der Weiße und das Volk der Sioux) und böse (die anderen Weißen und die Pawnee als Feinde der Sioux). Ausschließlich mit indianischen Darstellern besetzte Filme wie Lakota Moon, mit Rodney A. Grant in der Hauptrolle oder Windwalker (1980) finden ebenso selten den Weg in die Kinos oder ins Fernsehen, wie Produktionen, die sich mit dem heutigen Leben der Native Americans in den Reservaten beschäftigen, wie beispielsweise Lakota Woman (1994 – finanziert durch Jane Fondas Produktionsfirma). Powwow Highway (1988) oder Thunderheart (1992) mit Val Kilmer und Graham Greene in den Hauptrollen. Nach dem kommerziellen Erfolg von Der mit dem Wolf tanzt erhielten indianische Schauspieler öfter die Gelegenheit, in großen Hollywood-Produktionen mitzuspielen. Die Rollen, die sie dabei einnahmen, reichten von der des stummen Begleiters (Eric Schweig in The Last of the Mohikans) über den gleichberechtigten Nebendarsteller (Graham Greene als Polizist in Die Hard III oder Wes Studi ebenfalls als Polizist in Heat), bis hin zum Kuriosum (Gary Farmer in Dead Man oder Floyed Red Crow Westermann als Geist in The Doors) und zur Hauptrolle (Wes Studi als Geronimo, Eric Schweig als Mohawk-Häuptling Josef Brant in Broken Chain oder Graham Greene in dem Öko-Thriller Clearcut).

Dass die Native Americans auch gute Filme machen können, zeigen sie jedes Jahr auf einem eigenen Festival in San Francisco. Leider fällt es der amerikanischen Filmbranche aber immer noch sehr schwer, dies zu akzeptieren und indianischen Regisseuren und SchauspielerInnen eine Chance zu geben. Da haben ihnen die Schwarzen einen großen Schritt voraus. Regisseure wie z. B. Spike Lee haben lange für ihre Anerkennung kämpfen müssen, erreichten aber schließlich doch das Ziel, einen gewissen Respekt für ihre Arbeit gezollt zu bekommen. Auch afro-amerikanische SchauspielerInnen, wie z. B. Denzel Washington, Angela Basset oder Whoopie Goldberg haben sich hier und da ihren Platz erkämpft Die Gründe hierfür sind vielfältig. Einer davon liegt darin, dass die Afro-AmerikanerInnen immer darum kämpften, anerkannt und in die amerikanische Gesellschaft gleichberechtigt integriert zu werden. Die Native Americans hingegen kämpften immer darum, ihre Identität als eigenständiges Völk behalten zu können und grenzten sich aus der weißen Gesellschaft aus.

Edle Wilde, rote Teufel gibt in einem ausführlichen Anhang einen Überblick über Spielfilme aus der Stummfilmzeit bis heute und auch Dokumentationen zum Thema. Leider sind viele der genannten Produktionen bei uns überhaupt nicht oder nur sehr schwer zu bekommen

Nachstehend einige Filmtips, die in keinem gutsortierten Videoverleih fehlen sollten: Windwalker (Das Vermächtnis des Indianers) von 1980 / Powwow Highway (Zwei Cheyenne auf dem Highway) von 1988 / Black Robe (Black Robe – Am Fluß der Irokesen) von 1991 / Clearcut (Die Rache des Wolfes) von 1991 / Son of the Morning Star (General Custers letzte Schlacht) von 1991 / Shadow of the Wolf (Im Schatten des Wolfes) von 1992 / Thunderheart (Halbblut) von 1992 / Geronimo, an American Legend (Geronimo) von 1993 / Silent Tongue (Schweigende Zunge) von 1994 / Dead Man von 1995. Informationen über Native American Actors unter folgender Adresse: AHG Mrs. Stephanie Ann Gritts, 3234 Irlanda Way, San José, CA 95124, USA (bitte internationalen Antwortschein beifügen)

Heyne-Filmbibliothek - Taschenbuch 348 Seien zahlreiche Photos ISBN 3-453-10862-0

Phänomenaler Film über das Hier und Heute: Follow Me Home

ch, Düsseldorf

copyright: Queer View, September 8, 1997