Paradise Road
Australien / USA, 1997, 115min
Regie: Bruce Beresford
Cast: Pauline Chan, Glenn Close, Pauline Collins
Von den Japanern in Gefangenschaft geratene westliche
Frauen versuchen die grausame Realität mit Hilfe der Musik zu überwinden
Da staunen die Kolonialherren und -damen nicht schlecht:
Sie sind Opfer der Propaganda ihrer eigenen Regierungen geworden, die ihnen
vorenthalten hat, dass Singapur in wenigen Tagen von der japanischen Kriegsmacht
überrannt sein wird. Frauen und Kinder werden flugs auf ein Schiff
verfrachtet, welches gerade noch rechtzeitig auslaufen kann – allerdings
nicht in Sicherheit. Japanische Bomber greifen das Schiff an und versenken
es kurzerhand. Die meisten überleben die Katastrophe und können
sich an Land retten. Doch Sumatra ist bereits in festen feindlichen Händen,
und so werden 300 Frauen größtenteils nordamerikanischer, australischer
und europäischer Herkunft in ein Gefangenenlager mitten im Jungle
verschleppt. Genfer Konventionen gelten hier ebenso wenig wie es Reste
von Menschlichkeit in dem Geheimdienstleiter zu finden gibt.
Zunächst schlagen die Wellen unter den Frauen verschiedener
Nationalitäten, Sprachen, Gesellschaftsschichten und Randgruppen hoch,
doch mit der Zeit lernen sie, sich gegenseitig Kraft zu spenden, um die
auszehrenden und brutalen Lebensverhältnisse zu überstehen. Eines
der Mittel ist die Gründung eines Chores, eine direkte Widersetzung
gegen die Lageranweisungen. Doch Zeit ist etwas, wovon die Frauen zuviel
haben, denn viele werden die Qualen nicht überleben.
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Ein
wichtiges und jungfräuliches Thema, das hier endlich hätte aufgearbeitet
werden können, wäre Drehbuch-Co-Autor und Regisseur Bruce
Beresford etwas anderes eingefallen, als Elemente von Filmen wie Furyo
– Merry Christmas, Mr. Lawrence in einem Hollywoodschinken althergebrachter
Machart zu verwursten. Die Nummer Sicher ging fatal nach hinten los, denn
wir schreiben mittlerweile die 90er, nicht mehr die 50er und auch nicht
mehr die 80er Jahre, Jahrzehnte, aus deren Filmstrukturen sich Beresford
bediente. Allein die Szene, in der der Frauenchor zum ersten Mal zu summen
beginnt, die Wachen entgegen ihren Befehlen ergriffen innehalten und die
Kamera auf verklärte Kinderaugen, Gräber und siechende Kranke
schwenkt, bevor sie in der Totalen einen wolkenfreien Sternenhimmel über
exotischer Kulisse einfängt, dürfte die Schmalz- und Kitschgrenze
selbst des gegenwärtigen nordamerikanischen Publikums mit Grauen überschreiten
und nicht die gewollte Bewegtheit auslösen. In dieser Machart ist
der gesamte Film (nicht zu verwechseln mit den historischen Ereignissen)
maßlos übertrieben und zieht das nötige Ernstnehmen der
Geschichte in arge Mitleidenschaft. Selbst Glenn Close in der Hauptrolle
der Adrienne Pargiter overacts, als wolle sie nach fünf Oscar-Nominierungen
endlich die Trophäe mit Gewalt nach Hause nehmen. Spätestens
wenn Weisheiten über die Geschlechtsteile japanischer Männer
ausgetauscht werden (Manche haben auch große, nicht nur kleine, frau
stelle sich das vor!), fasst sich die ZuschauerIn an den Kopf, was der
Film wohl transportieren will. In den Staaten stürzte Paradise
Road denn auch gnadenlos ab, benötigte ganze zwei Monate,
um mühsam die ersten zwei Millionen Dollar einzuspielen. Nicht abzusehen,
wie tief das verschnulzte Drama erst in Europa sinken wird.
Queer Watchlion
Zur Prostitution getriebene Kriegsgefangene und versuchte
Vergewaltigung mit angedrohter Hinrichtung, weil sich das Opfer wagte zu
wehren, sind nur einige üble Themen, die eine Öffentlichkeit
verdienen. Aber bitte nicht als melodramatische Ansichtskarte mit einem
ständigen Hauch der Wichtigtuerei, das haben diese Übergriffe
auf die Würde des Menschen nicht nötig.
Ach ja, die deutsche, jüdische Frau eines Arztes,
gespielt von Frances McDormand karikiert schon beinahe unfreiwillig
das Klischee des deutschen Gouvernantentypus – oder das der deutschen Holzfällerlesbe?
Oder beides?
ki, Berlin
Foto ©: Fox Searchlight 1997
US: 11. April '97
GB: 5. Dezember '97
Frankreich: 14. Januar '98
English version
Soundtrack
Filmdaten:
Offizieller Link: http://www.foxsearchlight.com/paradise/index.html
copyright:
Queer View, 27. Oktober 1997