SOUNDTRACK
(Milan Records)
Die
Charaktere sind recht durchschnittliche Menschen. Durch einen Unfall werden
sie aus ihrer Bahn herausgerissen, und wussten sie sich vorher in ihrer
Langeweile in Sicherheit, wandern sie fortan orientierungslos durch ihre
selbstgewählte Hölle. Der Regisseur, die ZuschauerIn bleiben
BeobachterInnen. Die einzige Handlung in Crash wird vom Sex
bestimmt. Ganz anders die Musik, sie unterwandert die Abwehrkräfte
der ZuschauerInnen und wie durch einen Nebel hindurch frisst sie sich in
das Unterbewusstsein. In durchdachter Monotonie verstören dessen Geräusche
das Publikum. Kalt ist diese Musik. Minimalistisch auch. Elektrische Gitarren
vermitteln einen metallenen, klirrenden Sound. Die vereinzelten Holzinstrumente
können das nicht abschwächen. Harfen und Perkussions-Instrumente
bereichern die Musik, die auf mehreren Ebenen viel entdecken lässt.
Doch so richtig laut wird diese Musik nur sehr selten. Die Klänge
wirken oft wie hingehaucht, wie ein Windspiel, schwellen dann an, ohne
jedoch je Erlösung in einer Eruption zu finden. Eine zärtliche,
helle Melodie wird mit seinem dunklen Gegenpol verbunden, bis sie miteinander
verschmelzen. Spannung wird nur sehr zögerlich aufgebaut, psychologisch
sehr geschickt. Je länger diese Musik spielt, desto breiter ist ihr
Volumen, desto aufdringlicher, bis zur Unerträglichkeit. Der Komponist,
Howard Shore, ist ein Meister dieses Genres. Bereits siebenmal
arbeitete er mit dem Regisseur David Cronenberg zusammen. Die
Fliege, Die Unzertrennlichen, Naked Lunch,
bei all diesen Filmen war Shore, ein Freund Cronenbergs, der Mann für
die Musik. Zuletzt war er für Sieben und für Mars
Attacks! zuständig. Seine Komposition ist verstörend
und es hilft nichts, den Blick von der Leinwand abzuwenden, wenn die ZuhörerIn
doch nicht mehr im Kino ist, sondern diese CD auf dem Plattenteller liegen
hat.
en, Berlin
copyright: Queer View 1996
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