MICHAEL DÜRR
Nord- und mesoamerikanische Sprachen
Von
Uyakoq (bekannter als "Neck", englische Form seines Namens) ab
1900 eigenständig entwickelte Schrift für das Eskimo (Yup'ik) in
Alaska. Trotz nur geringer Verbreitung ist die Alaska-Schrift
schriftgeschichtlich bedeutend, da Uyakoq sie im Laufe der Jahre
von einer Wort-Bildschrift hin zu einer Silbenschrift
weiterentwickelte.
Literatur A. Schmitt, Die Alaska-Schrift.
Marburg 1951.
Nordamerikanische
Sprachgruppe, die im Nordosten Kanadas und der USA weit
verbreitet war. Wichtige Algonkin-Sprachen sind Blackfoot und
Micmac mit 5.000 bzw. 8.000 Sprechern sowie Ojibwa (Chippewa;
ca. 30.000) und das Dialektkontinuum Cree-Montagnais-Naskapi mit
ca. 96.000 Sprechern. Vor allem in Kanada sind diese
Algonkin-Sprachen noch stark in Gebrauch. Andere
Algonkin-Sprachen sind vom Aussterben bedroht bzw. bereits
ausgestorben. Für einige ausgestorbene Algonkin-Sprachen der
Neuengland-Staaten finden sich juristisch-administrative Texte
aus dem 17. Jahrhundert (Massachusetts). Im 19. Jahrhundert gab
es mehrere Versuche, Algonkin-Sprachen mit Silbenschriften zu
verschriftlichen (Algonkin-Syllabar; Cree-Schrift).
Zahlreiche Toponyme in Nordamerika gehen auf Algonkin-Wörter
zurück, z.B. Chicago, Massachusetts, Mississippi, Ottawa. Als
Lehnwörter finden sich im Deutschen z.B. Karibu, Totem, Mokassin
oder Mondamin (ein Handelsname aus dem Ojibwa-Wort für "Mais").
Die Algonkin-Sprachen haben einfache Lautsysteme mit nur einer
Verschlussreihe. Die Morphologie kann als
agglutinierend-polysynthetisch gekennzeichnet werden. Die
Genus-Distinktion [±belebt] ist stark ausgeprägt (verschiedene
Pronominalaffixe, suppletive Stämme). Bei der 1. Person wird
inklusiv und exklusiv unterschieden. Aus dem Zusammenspiel von
Belebtheit, Transitivität und Personenhierarchie ergibt sich
eine komplexe Affixkombinatorik im Hinblick auf die Koreferenz
von Subjekt, direktem und indirektem Objekt im Verb; Obviation.
Die Verblexik und Morphologie des Cree bildete neben
Französischen die wesentliche Grundlage für die Kreolsprache
Mitchif.
Literatur L. Bloomfield, Algonquian. In:
Linguistic Structures of Native America. N.Y. 1946, 85-129. --
D. Frantz, Blackfoot Grammer. Toronto 1991. -- I. Goddard,
Comparative Algonquian. L. Campbell & M. Mithun (eds.),
The Languages of Native America. Austin, Texas 1979, 70-132.
-- D. H. Pentland & H. C. Wolfart, A Bibliography of
Algonquian Linguistics. 2. Aufl. Winnipeg 1982. -- L.
Bloomfield, The Menomini Language. New Haven 1962. -- H. C.
Wolfart & J. F. Carroll, Meet Cree. 2. Aufl. Edmonton
1981. -- H. C. Wolfart, Sketch of Cree, an Algonquian
Language. Handbook of North American Indians; vol. 17: I.
Goddard (ed.), Languages. Washington 1996, 390-439.
Athabaskische Sprachen (auch Athapaskische Sprachen)
Zweig
der Na-Dene-Sprachgruppe. Athabaskische Sprachen sind von Alaska
und dem Nordwesten Kanadas bis in den Südwesten der USA
verbreitet. Die südliche oder Apache-Gruppe stellt mit Navaho und Western Apache (ca. 14.000) die
sprecherreichsten Sprachen, in Kanada Chipewyan (ca.
12.000) und Slave (ca. 2.000) aus der nördlichen Gruppe, bei der
die Sprachgrenzen aufgrund enger Kontakte fließend sind. Die
Sprachen der pazifischen Gruppe sind fast alle ausgestorben oder
dem Aussterben nahe. Fast alle athabaskische Sprachen sind
Tonsprachen mit komplexen Konsonantensystemen: 3 Okklusiv-, 2
Frikativreihen, labialisierte velare/postvelare Okklusive und
Frikative, mehrere Laterale (insbesondere stimmloses l,
Lateral-"Affrikata"), phonemischer Kontrast zwischen velar und
postvelar bei Okklusiven und Frikativen, glottalisierte und
labialisierte Reihen. Die Verbmorphologie ist polysynthetisch
und durch zahlreiche Affixe (aspektuell, modal,
klassifikatorisch, Subjekt, Objekt) gekennzeichnet, die oft
umfangreichen morphophonemischen Prozessen unterworfen sind. Es
gibt Ablaut- und suppletive Formen für Plural und Perfektiv
sowie klassifikatorische Verben, die Vorgänge und Handlungen
nach der Form des Themas (rund, länglich-stockartig, weich und
verformbar u.ä.) charakterisieren. Endstellung des Verbs.
Literatur E. D. Cook & K. Rice (eds.),
Athapaskan Linguistics. Berlin 1989. -- E. D. Cook, A Sarcee
Grammar. Vancouver 1984. -- H.-J. Pinnow, Die Sprache der
Chiricahua-Apachen. Hamburg 1988. -- K. Rice, A Grammar of
Slave. Berlin 1989. -- V. Golla, Sketch of Hupa, an Athapaskan
Language. Handbook of North American Indians; vol. 17: I.
Goddard (ed.), Languages. Washington 1996, 364-389.
Nordamerikanische
Sprachgruppe, die zur Makro-Sioux-Sprachgruppe gezählt wird.
Sprachgebiet: ursprünglich von North Dakota bis nach Texas,
heute nur noch in Reservaten in North Dakota und Oklahoma. Noch
max. 100 Sprecher. Der nördliche Zweig besteht aus
Arikara-Pawnee und Wichita, der südliche aus Caddo. Typologisch
nehmen die Caddo-Sprachen eine Zwischenstellung zwischen den
anderen zur Makro-Sioux-Gruppe gerechneten Sprachen (Irokesische
Sprachen, Sioux-Sprachen) ein.
Literatur W. L. Chafe, The Caddoan,
Iroquoian, and Siouan Languages. The Hague 1976. -- W. L.
Chafe, Caddoan. L. Campbell & M. Mithun (eds.), The
Languages of Native America. Austin, Texas 1979, 213-235. --
D. S. Rood, Sketch of Wichita, a Caddoan Language. Handbook of
North American Indians; vol. 17: I. Goddard (ed.), Languages.
Washington 1996, 580-608.
Südlicher
Zweig
der irokesischen Sprachen. Sprachgebiet: ursprünglich im
Südosten der USA, nach Umsiedlung auch in Oklahoma. ca. 12.000
Sprecher. Vor allem im 19. Jahrhundert gab es eine umfangreiche
Schriftlichkeit auf der Grundlage einer eigenständig
entwickelten Silbenschrift, die ein interessanter Fall von
Stimulusdiffusion ist. Sequoyah (George Guess, ca.
1760-1843), der Englisch weder sprechen noch lesen konnte,
entwickelte um 1820 eine Silbenschrift mit 85 Zeichen. Als
Vorlage dienten englische Bücher, so dass viele Zeichen auf
lateinische Buchstaben zurückgehen, z.B. (1) sa-du-i "11" oder (2) ni-ga-du-i "14" (). Innerhalb weniger Jahre erzielten die Cherokee
beträchtliche Erfolge bei der Alphabetisierung. Bereits 1828
erschien die erste Zeitung. Die Schrift wurde vor allem für
juristische (z.B. Verfassung der Cherokee-Nation) und religiöse
Druckwerke verwendet, die fast immer zweisprachig Cherokee und
Englisch erschienen. Daneben existieren aber auch
handschriftliche Aufzeichnungen von Liedern, Sprüchen zur
Krankenheilung etc. Heute dürften noch ca. 20% der Cherokee die
Cherokee-Schrift lesen können.
Literatur R. B. Holmes & B. S. Smith,
Beginning Cherokee. 2. Aufl. Norman 1977. -- W. Walker, Native
Writing Systems. Handbook of North American Indians; vol. 17:
I. Goddard (ed.), Languages. Washington 1996, 158-184. -- M.
Bender, Signs of Cherokee Culture. Sequoyah's Syllabary in
Eastern Cherokee Life. Chapel Hill 2002.
Zweig der Otomangue-Sprachen im mexikanischen Bundesstaat Oaxaca mit ca. 130.000 Sprechern.
Nahezu ausgestorbene Penuti-Sprache in Oregon und Washington, USA. Das Chinook bildete die wesentliche Grundlage für die Pidgin-Sprache des nordwestlichen Amerikas, den Chinook Jargon oder Chinook Wawa.
Für
das Cree (Algonkin-Sprache) im 19. Jahrhundert von Missionaren
entwickelte Silbenschrift. Sie wurde in abgewandelter und
erweiterter Form auch für Ojibwa (Algonkin-Sprache), für mehrere
athabaskische Sprachen (sogen. Dene-Schrift) und für das
kanadische Eskimo (Inuit) eingeführt. Früher hauptsächlich für
christliche Literatur verwendet, erlebt die Cree-Schrift eine
Renaissance, da sie beim Druck traditioneller Texte und Reden
sowie von Zeitungen in Cree und Inuit benutzt wird.
Literatur W. Walker, Native Writing Systems.
Handbook of North American Indians; vol. 17: I. Goddard (ed.),
Languages. Washington 1996, 158-184.
Isolierte Sprachgruppe mit Verbreitung von Grönland über den Norden Kanadas bis hin nach Alaska und den Ostzipfel Sibiriens (Chukotka). Hauptvarietäten sind Inuit (Inupiaq) und Yup'ik (mit zusammen mehr als 100.000 Sprechern) und das stärker abweichende Aleutisch. [Ergänzung; kein Eintrag im Metzler Lexikon Sprache]
Nordamerikanische
Sprachgruppe mit Kerngebiet in Kalifornien. Der größte Zweig
sind mit zusammen ca. 1.500 Sprechern die Yuma-Sprachen
Havasupai-Walapai-Yavapai, Mohave und Maricopa im südlichen
Kalifornien und westlichen Arizona. Die meisten anderen Zweige
der Hoka-Sprachen (Karok, Yana, Pomo, Seri, u.a.) sind dem
Aussterben nahe oder bereits ausgestorben. Die Zugehörigkeit der
mexikanischen Sprachen Tlapanekisch und
Tequistlatekisch (auch Oaxaca Chontal, ca. 5.000 Sprecher) sowie
des honduranischen Jicaque ist umstritten, wie überhaupt die
Hoka-Gruppe als wenig gesichert gilt. Die Hoka-Sprachen besitzen
überwiegend reiche Konsonantensysteme und eine komplexe
polysynthetisch Morphologie; Endstellung des Verbs. Das
ausgestorbene Yana erlangte durch geschlechtsspezifische
Varietäten Bekanntheit.
Literatur W. H. Jacobsen, Hokan Inter-Branch
Comparisons. L. Campbell & M. Mithun (eds.), The Languages
of Native America. Austin, Texas 1979, 545-591. -- M. Langdon,
Some Thoughts on Hokan With Particular Reference to Pomoan and
Yuman. L. Campbell & M. Mithun (eds.), The Languages of
Native America. Austin, Texas 1979, 592-649. -- A. Miller, A
Grammar of Jamul Tiipay. Berlin 2001. -- L. Gordon, Maricopa
Morphology and Syntax. Berkeley 1986. -- S. McLendon, Sketch
of Pomo, a Pomoan Language. Handbook of North American
Indians; vol. 17: I. Goddard (ed.), Languages. Washington
1996, 507-550.
Nordamerikanische
Sprache der uto-aztekischen Gruppe mit ca. 6.600 Sprechern in
Arizona. Das Hopi wurde durch B. L. Whorf bekannt, der es als
Beispiel für das sprachliche Relativitätsprinzip benutzte
(Sapir-Whorf-Hypothese). Der Mythos vom "zeitlosen" Hopi ist
inzwischen widerlegt.
Literatur E. Malotki, Hopi Time. Berlin.
1983. -- M. Kalectaca, Lessons in Hopi. Tucson 1978. -- R.
Albert & D. L. Shaul, A Concise Hopi and English
Dictionary. Amsterdam 1985.
Heute
in der Fachwelt eher vermiedene Sammelbezeichnung für die
autochthonen Sprachen Amerikas mit Ausnahme der
Eskimo-Aleutischen Sprachen. Die Sprachen gehören vielen
verschiedenen Sprachgruppen an (Mesoamerikanische,
Nordamerikanische und Südamerikanische Sprachen). Der Versuch
Greenbergs, alle indigenen Sprachen Amerikas mit Ausnahme der
Na-Dene-Sprachen zu einer Supergruppe "Amerindisch"
zusammenzufassen, ist auf starke Ablehnung gestoßen.
Literatur J. H. Greenberg, Language in the
Americas. Stanford 1987. -- Diskussion in: Current
Anthropology 28, 1987.
Nordamerikanische
Sprachgruppe im Nordosten der USA und im Südosten Kanadas. Die
benachbarten Sprachen Mohawk, Oneida und Seneca (einschließlich
Cayuga und Onondaga) bilden in Ontario und New York State ein
Dialektkontinuum mit ca. 3.500 Sprechern (davon ca. 2.000
Mohawk), das im engeren Sinne als (nördliches) Irokesisch
bezeichnet wird. Stärker weichen die übrigen irokesische
Sprachen ab (irokesische Sprachen im weiteren Sinne): die nahezu
ausgestorbenen Sprachen Tuscarora und Wyandot (Huronisch) sowie
das Cherokee. Lehnwörter in europäischen
Sprachen sind selten; Toponyme wie Ontario, Ohio oder Niagara
gehen auf irokesische Sprachen zurück. Die irokesische Sprachen
verfügen über einfache Lautsysteme mit nur einer
Verschlussreihe, Oral- und Nasalvokalen. Sie sind durch eine
stark polysynthet. Morphologie gekennzeichnet. Bei den Pronomina
gibt es besondere Dual-Formen, es wird bei der 1. Person
inklusiv und exklusiv unterschieden, bei der 3. Person die
Genera masculinum, femininum und neutrum (d.i. nicht human). Aus
dem Zusammenspiel von Belebtheit, Transitivität und
Personenhierarchie ergibt sich ein komplexes Affixsystem, mit
dem Subjekt und Objekt im Verb koreferiert werden. Die
Unterscheidung zwischen Verben und Nomina ist wenig ausgeprägt,
da die prädikative Verwendung in Erstposition des Satzes eher
thematisch als semantisch bestimmt ist.
Literatur W. L. Chafe, The Caddoan,
Iroquoian, and Siouan Languages. The Hague 1976. -- M. Mithun,
Iroquoian. L. Campbell & M. Mithun (eds.), The Languages
of Native America. Austin, Texas 1979, 133-212. -W. L. Chafe,
A Semantically Based Sketch of Onondaga. Bloomington 1970. --
H. Sasse, Der irokesische Sprachbau. In: Zeitschrift für
Sprachwissenschaft 7, 1988, 173-213. -- W. L. Chafe, Sketch of
Seneca, an Iroquoian language. Handbook of North American
Indians; vol. 17: I. Goddard (ed.), Languages. Washington
1996, 551-579.
Isolierte nordamerikanische Sprache mit mehreren Varietäten (Acoma u.a.) in New Mexico, USA, mit ca. 13.000 Sprechern. Die genetische Gruppierung mit der Makro-Sioux-Sprachgruppe ist ungesichert.
Nordamerikanische
Sprachgruppe, die sich in zwei Zweige teilt: Kiowa wird von ca.
1.300 Personen in Oklahoma gesprochen. Die Tano-Sprachen Tewa,
Tiwa und Towa (Jemez) haben in Arizona und New Mexiko zusammen
ca. 7.000 Sprecher. Die Kiowa-Tano-Sprachen werden z.T., was
jedoch umstritten ist, mit den uto-aztekischen Sprachen
genetisch in Beziehung gebracht und gemeinsam als
Aztec-Tano-Gruppe bezeichnet.
Literatur I. Davis, The Kiowa-Tanoan, Keresan,
and Zuni Languages. L. Campbell & M. Mithun (eds.), The
Languages of Native America. Austin, Texas 1979, 390-443. --
L. J. Watkins, A Grammar of Kiowa. Lincoln 1984.
Umstrittener Vorschlag, die Algonkin-Sprachen mit den Ritwan-Sprachen Yurok und Wiyot aus Kalifornien sowie mit den Golf-Sprachen (Muskogee-Sprachen) im Südosten der USA genetisch in Beziehung zu bringen. Die Gruppierung der Algonkin-Sprachen mit Ritwan (als sogenannte algische Sprachen) kann dagegen als gesichert gelten. Die algischen Sprachen und die Mosan-Sprachen (Wakash-Sprachen) werden z.T. als Almosan-Sprachen zusammengefasst.
Heute überwiegend abgelehnter Versuch, die Maya-Sprachen, die Mixe-Zoque-Sprachen und Totonakisch zusammenzufassen.
Vorgeschlagene, aber umstrittene Gruppierung der Penuti-Sprachen mit dem isolierten Zuni und den uto-Aztekischen Sprachen. Weitgehend auf Ablehnung stößt der Versuch, auch mesoamerikanische Sprachen (Maya-Sprachen und Totonakisch) und südamerikanische Sprachen (Chipaya und Araukanisch) zur Gruppe zu rechnen.
Vorgeschlagene, aber umstrittene Gruppierung der Caddo-Sprachen, Sioux-Sprachen und der irokesischen Sprachen sowie der Einzelsprachen Catawba und Yuchi. Die Gruppe wird gelegentlich mit Keres und den Hoka-Sprachen als Supergruppe Hoka-Sioux zusammenfasst.
Schrift
der Maya-Kultur (ab ca. 300 vor Chr.), die das entwickeltste
Schriftsystem Altamerikas war. Die Schrift wurde von Sprechern
früher Formen der Chol-Sprachen (bes. Ch'orti') und des
Yukatekischen getragen und kann inzwischen als im wesentlichen
entziffert gelten. Sie ist eine Mischung aus Silbenschrift und
Wortzeichenschrift (bzw. Bildzeichenschrift), wobei die Schrift
durch eine große Variationsbreite (zahlreiche Allographe,
verschiedene Schriftrichtungen) gekennzeichnet ist. Die
Maya-Schrift wurde hauptsächlich für dynastisch-historische,
religiöse und astronomisch-kalendarische Aufzeichnungen
verwendet und ist archäologisch aus Inschriften auf Monumenten
und Keramiken sowie aus wenigen erhaltenen Handschriften (bes.
Dresdener Codex) bekannt.
Literatur M. D. Coe & M. Van Stone,
Reading the Maya Glyphs. London 2001. -- J. Montgomery, How to
Read Maya Hieroglyphs. New York 2002. -- M. D. Coe, Breaking
the Maya Code. London 1992 (dt. Reinbek 1995). -- M. D. Coe
& J. Kerr, The Art of the Maya Scribe. London 1997. --
Soren Wichmann (ed.), The Linguistic of Maya Writing. Salt
Lake City 2004.
Mesoamerikanische
Sprachgruppe im südlichen Mexiko und in Guatemala mit mind. 5
Mio Sprechern. Der westliche Zweig im mexikanischen Bundesstaat
Chiapas besteht aus den Tzotzil-Sprachen (ca. 850.000) mit den
Einzelsprachen Tzotzil und Tzeltal sowie aus den Chol-Sprachen
(ca. 270.000) mit Ch'ol, Chontal und Ch'orti'. Eigene Zweig
bilden die stärker abweichenden Sprachen Yukatekisch
und Huastekisch (Teenek; ca. 160.000 Sprecher im nördlichen
Veracruz). Ein weiterer Zweig (ca. 320.000) besteht aus Chuj und
Tojolabal einerseits und Kanjobal (Q'anjob'al) und Jakaltekisch
(Popti') andererseits. Im Hochland von Guatemala gibt es den
östlichen Zweig, der sich aus den Mam-Sprachen (ca. 600.000) mit
den Hauptsprachen Mam und Ixil sowie den Quiche-Sprachen
zusammensetzt. Frühe Formen der Chol-Sprachen und des
Yukatekischen waren Träger der Maya-Schrift.
Die Maya-Sprachen sind agglutinierende Sprachen, wobei in
einigen der Sprachen das Verb eine Tendenz zur Polysynthese
zeigt. Aspektsysteme. Die Klassifizierung von Objekten und
Vorgängen nach Gestalt und Raumlage ist in starkem Maße
lexikalisiert. Numeralklassifikatoren. Alle Maya-Sprachen sind
Ergativsprachen, meist mit aspektabhängigen Splitsystemen, im
Falle der kolonialen Quiche-Sprachen jedoch morphologisch und
syntaktisch durchgängig.
Literatur L. Campbell, Philological Studies
and Mayan Languages. In: J. Fisiak (ed.), Historical
Linguistics and Philology. Berlin. 1990, 87-105. -- N. C.
England, A Grammar of Mam, a Mayan Language. Austin 1983. --
C. G. Craig, The Structure of Jacaltec. Austin 1977.
Sprachen
des alten Hochkulturraums Mesoamerika, d.i. Mexikos (ohne
Nordmexiko) und Guatemalas, die verschiedenen Sprachgruppen
angehören, aber einen Sprachbund bilden. Viele der vor der
Eroberung durch die Spanier weit mehr als 100 Sprachen sind
heute ausgestorben. In Mexiko liegt der Anteil der
Indigensprachigen mit 6,7 Mio. (Zensus 2010) bei 6% der
Gesamtbevölkerung, in Guatemala mit 3,2. bei ca. 30%. Spanisch
ist als Zweitsprache weit verbreitet und verdrängt die
mesoamerikanischen Sprachen, die fast nur noch in
strukturschwachen Rückzugsgebieten im südl. Mexiko und in
Guatemala stärker vertreten sind. Die Einflüsse des Spanischen
im Wortschatz (auch Zahlen oder Konjunktionen) und in der Syntax
(Tendenz zu SVO) sind stark. Mesoamerika ist die einzige Region
Amerikas mit autochthonen Schriftsystemen (spätestens seit ca.
300 vor Chr.; Maya-Schrift). Bald
nach der Eroberung durch die Spanier begannen Missionare, sich
mit den mesoamerikanischen Sprachen zu beschäftigen, wovon
zahlreiche Wörterbücher und Grammatiken zeugen. Im 16. und 17.
Jahrhundert gab es für verschiedene Sprachen eine von
Missionaren und missionierten indigenen Adligen getragene
Schriftlichkeit unter Verwendung der lateinischen
Alphabetschrift. Heute spielt Schriftlichkeit in den
mesoamerikanischen Sprachen vor allem eine Rolle im
Schulunterricht sowie im Rahmen regionaler Folklore.
Phonologisch und morphologisch gibt es große Unterschiede
zwischen den mesoamerikanischen Sprachen, so dass eine
allgemeine typologische Charakterisierung nicht möglich ist.
Dagegen sind bestimmte Lehnwörter und Lehnbildungen, vigesimale
Zahlsysteme sowie Gemeinsamkeiten in den grammatischen
Kategorien weit verbreitet: Belebtheit, Alienabel-Inalienabel,
Aspekt zentraler als Tempus, Plural oft fakultativ,
Körperteilbezeichnungen als Nomina mit präpositionaler Funktion,
Bewegung und Richtung anzeigende Morpheme im Verbkomplex. In den
meisten mesoamerikanischen Sprachen erfolgt die Markierung der
Argumente (sowohl Subj. als auch Obj.) durch ans Verb gebundene
Morpheme, während Kasusmarkierungen an Nomina meist fehlen. Dem
Genitiv entspricht die Konstruktion Possessivmorphem-Possessum +
Possessor. Oblique Angaben werden durch Postpositionen oder
durch possessivische Nominalkonstruktionen mit präpositionaler
Funktion gekennzeichnet. Das Verb steht meist in Erstposition
(überwiegend VSO), fokussierte NP treten vor das Verb.
Modifikatoren stehen überwiegend nach dem Bezugswort.
Literatur L. Campbell, Middle American
Languages. L. Campbell & M. Mithun (eds.), The Languages
of Native America. Austin, Texas 1979, 902-1000. -- L.
Campbell, T. Kaufman & T. Smith-Stark, Meso-America as a
Linguistic Area. Language 62, 1986, 530-570. -- J. A. Suárez,
The Mesoamerican Indian Languages. Cambridge 1983. [bisher
einziger Versuch einer Übersichtsdarstellung, jedoch
fehlerhaft!] -- N. A. McQuown (ed.), Linguistics. Handbook of
Middle American Indians, vol. 5. Austin 1967. -- M. S.
Edmonson (ed.), Linguistics. Supplement to the Handbook of
Middle American Indians, vol. 2. Austin 1984. -- V. R. Bricker
(ed.), Epigraphy. Supplement to the Handbook of Middle
American Indians, vol. 5. Austin 1992. -- L. Campbell,
American Indian Languages. The Historical Linguistics of
Native America. Oxford 1997. -- C. & T. Stolz, Mesoamerica
as a linguistic ares. In: M. Haspelmath et al. (eds.),
Language Typology and Language Universals. vol. 2 (HKS 20.2).
Berlin 2001, 1539-1553.
Sondersammelgebietsbibliothek: Ibero-Amerikanisches
Institut
Berlin (Bibliothekssigel: 204).
Mesoamerikanische
Sprachgruppe im südlichen Mexiko mit ca. 240.000 Sprechern.
Einzelsprachen und Dialekte werden als Mixe, Popoluca und Zoque
bezeichnet. Genetische Beziehungen zu anderen Sprachen
(Makro-Maya-Sprachgruppe) werden überwiegend abgelehnt. Es
handelt sich um agglutinierende Sprachen mit komplexen,
polysynthet. Verbformen, wobei Subjekt, direktes und indirektes
Objekt durch ein auf einer Personenhierarchie beruhendes
Affixsystem koreferiert werden, Obviation.
Literatur S. Hoogshagen, Coatlan Mixe. In: M.
S. Edmonson (ed.), Linguistics. Supplement to the Handbook of
Middle American Indians, vol. 2. Austin 1984, 3-19. -- J. T.
Faarlund, A Grammar of Chiapas Zoque. Oxford 2012.
Zweig
der mesoamerikanischen Otomangue-Sprachen. Sprachgebiet:
westliches Oaxaca und angrenzende Gebiete in Mexiko, durch
Arbeitsmigranten sekundäre Verbreitung bis in die USA. Unter
Mixtekisch (480.000 Sprecher) im engeren Sinne werden mehrere
Sprachen und Dialekte subsumiert, unter Mixtecan-Sprachen
zusätzlich Trique (26.000) und Cuicatekisch (14.000).
Vorspanische historische Bilderschriften sind bekannt, aus dem
16. und 17. Jahrhundert historisch-administrative Literatur in
lateinischer Alphabetschrift. Heute gibt es keine nennenswerte
Schriftlichkeit in mixtekischen Sprachen.
Literatur C. H. Bradley & B. E.
Hollenbach (eds.), Studies in the Syntax of Mixtecan
Languages. 4 vols. Arlington, Texas 1988-1992. -- M. Macaulay,
A Grammar of Chalcatongo Mixtec. Berkeley 1996.
Nordamerikanische
Sprachgruppe. Sprachgebiet: ursprünglich im Südosten der USA,
nach Umsiedlung auch in Oklahoma. Größte Sprachen sind Muskogee
oder Creek (ca. 5.000) und Choctaw-Chickasaw (ca. 10.000). Die
Muskogee-Sprachen werden z.T. mit anderen, heute ausgestorbenen
Sprachen des Südostens der USA (wie z.B. Natchez) zur Gruppe der
Golf-Sprachen zusammengefasst, sowie mit den Algonkin-Sprachen
zur Makro-Algonkin-Sprachgruppe. Choctaw-Chickasaw bildete die
wesentliche Grundlage für den Mobilian Jargon, das Pidgin des
Südostens. Typologisch sind kennzeichnend: einfache
Phonemsysteme mit einer Verschlussreihe, elaborierte
agglutinierende Verbmorphologie, Kasusmarkierungen, überwiegend
Verbendstellung, Verbendungen, die Identität oder
Verschiedenheit der Subjekte aufeinander bezogener Sätze
kennzeichnen (Switch reference).
Literatur M. R. Haas, Southeastern Languages.
L. Campbell & M. Mithun (eds.), The Languages of Native
America. Austin, Texas 1979, 299-326. -- G. D. Kimball,
Koasati Grammar. Lincoln 1991. -- M. Haag & H. Willis,
Choctaw Language and Culture: Chahta Anumpa. Norman 2001.
Nordamerikanische
Sprachgruppe. Sie umfasst die Athabaskischen Sprachen, das
ausgestorbene Eyak sowie die entfernter verwandte Sprache
Tlingit (ca. 400 Sprecher). Die Zugehörigkeit des Haida (9
Sprecher) ist umstritten. Na-Dene ist die einzige indianische
Sprachgruppe, bei der es Anzeichen für genetische Beziehungen
außßerhalb Amerikas (zu den Sino-Tibetischen Sprachen) gibt. Als
einzige indianische Sprachgruppe wird sie von Greenberg nicht zu
Amerindisch (Indianersprachen) gezählt.
Literatur H.-J. Pinnow, Geschichte der
Na-Dene-Forschung. Berlin. 1976. -- H.-J. Pinnow, Das Haida
als Na-Dene-Sprache. Heft I-IV. Nortorf 1985. -- M. Dürr
& E. Renner, The History of the Na-Dene Controversy.
In: M. Dürr et al. (eds.), Language and Culture in Native
North America. München 1995, 3-25.
Nahuatl (auch: Aztekisch, Mexicano, Nahua)
Uto-Aztekische
Sprache in Mexiko mit ca. 1,5 Mio. Sprechern in verschiedenen
Varietäten. In vorspanischer Zeit erfolgten aus Norden mehrere
Einwanderungswellen nach Zentralmexiko mit südlichen Ausläufern
bis nach Nicaragua. Nahuatl bekam als Sprache des Aztekischen
Reiches und als zweite Verwaltungssprache in der Kolonialzeit
weite Verbreitung auch als Zweitsprache. Nach der spanischen
Eroberung entstand unter Verwendung des lateinischen Alphabets
eine umfangreiche, vor allem historisch-administrative Literatur
in Nahuatl; heute spielt Schriftlichkeit keine nennenswerte
Rolle. Im mexikanischen Spanischen finden sich zahlreiche
Lehnwörter, vor allem Toponyme wie z.B. Mexiko, Guatemala,
Popocatepetl und Acapulco. Einige Wörter haben über das
Spanische den Weg ins Deutsche gefunden, z.B. Tomate,
Schokolade, Kakao oder Chilli. Nahuatl ist typologisch eine
mesoamerikanisierte uto-aztekische Sprachen mit Übernahme der
Konstruktion Possessivmorphem-Possessum + Possessor als Ersatz
für den Genitiv und mit Tendenz des Verbs in Erstposition zu
stehen.
Literatur H. Carochi, Grammar of the Mexican
Language. Transl. and ed. by J. Lockhart. Stanford 2001. [nach
wie vor die wohl beste Grammatik des N.] -- M. Launey, An
Introduction to Classical Nahuatl. Cambridge 2011. -- U.
Canger, Five Studies Inspired by Nahuatl Verbs in -oa.
Copenhagen 1980. -- R. W. Langacker (ed.), Studies in
Uto-Aztecan Grammar. Vol. 2: Modern Aztec Grammatical
Sketches. Arlington, Texas 1979.
Athabaskische
Sprache in Arizona, Utah und New Mexico, USA, die zur südlichen
oder Apache-Gruppe der athabaskischen Sprachen zählt. Navaho ist
mit ca. 170.000 Sprechern die sprecherreichste Indianersprache
in Nordamerika und wird breit verwendet, obwohl Englisch als
Zweitsprache allgemein verbreitet ist. Es erscheinen Zeitungen
und Bücher in Navaho.
Literatur R. W. Young & W. Morgan, The
Navajo Language -- A Grammar and Colloquial Dictionary. 2.
Aufl. Albuquerque 1987.
Indigene
Sprachen Kanadas, der USA und des nördlichen Mexiko; oft sind
auch die Eskimo-Aleutischen Sprachen mit eingeschlossen.
Zahlreiche als nicht verwandt geltende Sprachgruppen (s. Karte)
mit max. 600.000 Sprechern, wobei übergeordneten Gruppierungen
gegenwärtig überwiegend Skepsis entgegen gebracht wird
(Indianersprachen, Makro-Algonkin-Sprachgruppe,
Makro-Penuti-Sprachgruppe, Makro-Sioux-Sprachgruppe). Die
nordamerikanischen Sprachen werden vom Englischen verdrängt, das
von wenigen ethnischen Gruppen abgesehen Erstsprache ist. Die
meisten der ursprünglich schätzungsweise 300 nordamerikanischen
Sprachen sind ausgestorben oder werden nur noch von älteren
Personen gesprochen, so dass sie trotz intensiver Bemühungen vom
Aussterben bedroht sind; Schriftlichkeit spielte keine
nennenswerte Rolle, obwohl es eigenständige Schriftschaffungen
als Kontaktphänomen gab. Vor allem in sprecherreicheren
nordamerikanischen Sprachen werden heute verstärkt Zeitungen
u.a. Druckwerke verlegt. Lehnwörter in europäischen Sprachen
sind selten, aber zahlreiche Toponyme in Nordamerika sind
indianischen Ursprungs. Im Westen Nordamerikas finden sich
überwiegend Sprachen mit komplexen Konsonantensystemen: 2 oder 3
Okklusivreihen, glottalisierte Okklusive und z.T. Sonoranten,
labialisierte velare/postvelare Okklusive und Frikative, mehrere
Laterale (insbesondere stimmloses l, Lateral-"Affrikata"),
phonemischer Kontrast zwischen velar und postvelar bei
Okklusiven und Frikativen) und mit Neigung zu
Konsonantenclustern fast ohne Vokale (oft Schwa). Im Osten
dominieren dagegen Sprachen mit einfacheren Konsonantensystemen
(1 Okklusivreihe, keine postvelare Konsonanten) und reichen
Vokalsystemen (phonemische Länge, Nasalvokale, z.T. aber kein
phonemischer Kontrast [u] vs. [o]). Viele nordamerikanische
Sprachen sind agglutinierend-polysynthetisch mit langen Wörtern,
häufig mit Tendenz zur Fusion. Es überwiegen komplexe
lexikalische Einheiten; die beschreibende Bezeichnung von
Gegenständen ist verbreitet. Vor allem das Prädikat ist oft so
informationsreich, dass viele Prädikationen die Form von
Einwortsätzen haben. In einigen Sprachgruppen steht dem
elaborierten Verb ein einfaches Nomen gegenüber, in anderen sind
beide morphologisch sehr komplex und derart ähnlich, dass Nomen
und Verb kaum unterscheidbar sind. Plural wird oft nicht oder
nur indirekt (als Distributiv o.ä.) ausgedrückt, dagegen sind
die Kennzeichnung der Evidentialität, der
Sichtbarkeit/Nichtsichtbarkeit sowie die Klassifikation von
Vorgängen und Objekten nach Raumlage, Form oder Beschaffenheit
weit verbreitet (verbale Klassifikatoren oder klassifikatorische
Verben, kaum nominale Klassifikatoren); häufig strenge
Unterscheidung zwischen alienabler und inalienabler Possession.
Pronominale Koreferenz beruht in starkem Masse auf der
Distinktion [±belebt], z.T. verbunden mit Obviation. Bei vielen
nordamerikanischen Sprachen müssen im Verb alle Leerstellen
(Subj. und Obj.) pronominal oder durch nominale Inkorporierung
des Objekts gefüllt werden, was meist mit einer klaren
Unterscheidung intransitiv-transitiv, z.T. auch aktiv-inaktiv
(Aktivsprache) verbunden ist. Dagegen sind Sprachen, die Kasus
am Nomen markieren, die Ausnahme; lexikalische Argumente
scheinen eher den Charakter von Appositionen zu haben. Die
Verwendung als Prädikat ist in Sprachen ohne klare
Nomen-Verb-Distinktion eher thematisch als semantisch bestimmt.
Satznexus ist wenig grammatikalisiert, wobei die Kennzeichnung
von Koreferenz (Obviation; Switch reference) überwiegt. Aus
Nordamerika sind Sondersprachen bekannt wie die Plains-Zeichensprache und mehrere regional
verbreitete Handelssprachen auf der Basis von nordamerikanischen
Sprachen.
Literatur Linguistic Structures of Native
America. N.Y. 1946. -- J. Sherzer, An Areal-Typological Study
of American Indian Languages North of Mexico. Amsterdam 1976.
-- L. Campbell & M. Mithun (eds.), The Languages of Native
America. Austin, Texas 1979. -- A. R. Taylor, Indian Lingua
Francas. In: C. A. Ferguson & S. B. Heath (eds.), Language
in the USA. Cambridge 1981, 175-195. -- M. Mithun, The
Languages of Native North America. Cambridge 1999. -- L.
Campbell, American Indian Languages. The Historical
Linguistics of Native America. Oxford 1997.
Sondersammelgebietsbibliothek: Staats-
und
Universitätsbibliothek Hamburg (18).
Mesoamerikanische Sprachgruppe mit ca. 2 Mio. Sprechern im zentralen und südlichen Mexiko. Die Gruppe setzt sich zusammen aus den Zweigen Otopame-Sprachen, Mixtekische Sprachen, Zapotekische Sprachen, Popoloca-Sprachen, Chinantekische Sprachen, Amuzgo und dem ausgestorbenen Chiapanek-Mangue. Die Zugehörigkeit von Tlapanekisch und Huave ist umstritten. Fast alle sprecherreicheren Otomangue-Sprachen sind Konglomerate zahlreicher, wechselseitig nicht mehr verständlicher Varietäten. Sie haben einfache Lautsysteme mit Oral-/Nasalkontrast (Nasalvokale, z.T. pränasalierte Okklusive) und sind Tonsprachen mit häufig komplexen Tonveränderungsregeln. Die Otomangue-Sprachen sind morphologisch wenig komplex, können jedoch zahlreiche und z.T. mit dem Verb verschmolzene Pro- und Enklitika (Aspekt, Person, u.a.) haben. Meist steht das Verb in Erstposition (VSO, Otopame VOS).
Zweig
der Otomangue-Sprachen. Sprachgebiet: mexikanische Bundesstaaten
Mexico und Hidalgo. Die Otopame-Sprachen umfassen die
Otomi-Gruppe mit Otomí (oder Hñahñu; ca. 300.000 Sprecher) und
Mazahua (ca. 140.000 Sprecher), beide mit mehreren
unterschiedlichen Varietäten, sowie einige kleinere Sprachen.
Literatur H. H. Hess, The Syntactic Structure
of Mezquital Otomi. The Hague 1968.
Nordamerikanische
Sprachgruppe im Westen der USA. Im engeren Sinne werden als
Penuti-Sprachen verschiedene Sprachen Kaliforniens (Wintu,
Maidu, Yokuts, Miwok) zusammengefasst. Im weiteren Sinne rechnet
man den Penuti-Sprachen Sprachen aus Oregon und Washington
(Coos, Takelma; Klamath; Sahaptin: Yakima, Nez Perce) sowie Chinook hinzu. Die Zugehörigkeit des Tsimshian zu den Penuti-Sprachen gilt
als nicht gesichert. Mit Ausnahme des Tsimshian (ca. 1.400) und
Sahaptin/Yakima (ca. 1.700) sind alle Penuti-Sprachen
ausgestorben oder dem Aussterben nahe. Die Penuti-Sprachen
verfügen in der Regel über komplizierte Lautsysteme und über
eine agglutinierende Morphologie, die jedoch nicht ganz so
komplex polysynthet. ist wie die anderer Sprachen Nordamerikas.
Das Verb steht überwiegend in Erstposition. Meist handelt es
sich um Ergativsprachen.
Literatur M. Silverstein, Penutian: An
Assessment. L. Campbell & M. Mithun (eds.), The Languages
of Native America. Austin, Texas 1979, 650-691. -- H. Aoki,
Nez Perce Grammar. Berkeley 1970. -- B. Rigsby & N. Rude,
Sketch of Sahaptin, a Sahaptian Language. Handbook of North
American Indians; vol. 17: I. Goddard (ed.), Languages.
Washington 1996, 666-692.
Zeichensprache,
die auf den nordamerikanischen Great Plains weite Verbreitung
hatte. Sie wurde von Sprechern verschiedener Sprachen -- die meisten Sprachgruppen
Nordamerikas sind in den Great Plains vertreten -- verwendet. Die in diesem
Gebiet verbreitete Bilderschrift besitzt einige Piktogramme, die
mit Zeichen der Plains-Zeichensprache in Beziehung stehen.
Literatur D. J. Umiker-Sebeok & T. A.
Sebeok (eds.), Aboriginal Sign Languages of the Americas and
Australia. 2 vols. N.Y. 1978. -- B. Farnell, Do You See What I
Mean? Plains Indian Sign Talk and the Embodiment of Action.
Austin, Texas 1995.
Zweig der Otomangue-Sprachen. Sprachgebiet: nördliches Oaxaca und angrenzende Gebiete in Mexiko. Mazatekisch (ca. 220.000 Sprecher) besteht aus mehreren unterschiedlichen Varietäten, weitere Sprachen sind Popoloca und Chocho.
Zweig
der Maya-Sprachen im Hochland von Guatemala mit ca. 2,5 Mio.
Sprechern. Einzelsprachen, z.T. mit mehreren Varietäten, sind
K'iche'- bzw. Quiche-Achi (ca. 1 Mio.), Kaqchikel (bzw.
Cakchiquel; ca. 450.000), Tz'utujil (ca. 65.000). Im weiteren
Sinne gehören zu den Quiche-Sprachen auch Q'ekchi' (bzw. Kekchi;
ca. 720.000) und die Pokom-Sprachen (ca. 100.000). Nach der
spanischen Eroberung entstanden unter Verwendung eines
erweiterten lateinischen Alphabets Texte in Quiche-Sprachen,
deren bedeutendste das mythologisch-historische Popol Vuh und
das Tanzdrama Rabinal Achi sind. Heute wird in gewissem Rahmen
auch in Quiche-Sprachen publiziert. Die Quiche-Sprachen
sind in ihrem Verbreitungsgebiet Mehrheitssprachen mit z.T.
geringer Verbreitung von Spanisch als Zweitsprache.
Literatur M. Dürr,
Morphologie, Syntax und Textstrukturen des (Maya-)Quiche des
Popol Vuh. Bonn 1987. -- J. P. Dayley, Tzutujil Grammar.
Berkeley 1985.
Nordamerikanische
Sprachgruppe in British Columbia, Kanada, und Washington State,
USA. Die Salish-Sprachen sind in zahlreiche Einzelsprachen und
Dialekte zergliedert, u.a. Flathead-Kalispel und Okanagan,
Shuswap und Halkomelem, alle mit nur wenigen Hundert Sprechern.
Entfernter verwandt ist Bella Coola oder Nuxalk (17 Sprecher).
Die Salish-Sprachen werden fast nur noch von älteren Personen
gesprochen. Sie ähneln typologisch den benachbarten
Wakash-Sprachen, mit denen sie z.T. zur Mosan-Gruppe
zusammengefasst werden.
Literatur L. C. Thompson, Salishan and the
Northwest. L. Campbell & M. Mithun (eds.), The Languages
of Native America. Austin, Texas 1979, 692-765. -- H. F.
Nater, The Bella Coola Language. Ottawa 1984. -- M. D.
Kinkade, Salish Evidence Against the Universality of "Noun"
and "Verb". Lingua 60, 1983, 25-40. -- B. D. Galloway, A
Grammar of Upriver Halkomelem. Berkeley 1993.
Nordamerikanische
Sprachgruppe im Zentrum und Südosten Nordamerikas. Wichtige
Sioux-Sprachen sind
Crow (ca. 4.000) und Dakota oder Sioux, das ein
Dialektkontinuum (Varietäten: Dakota, Lakota, Assiniboin,
Stoney) mit ca. 25.000 Sprechern bildet. Einige
nordamerikanische Toponyme gehen auf Sioux-Wörter zurück wie
Dakota, Nebraska, Minnesota und Minneapolis (Sioux-griechische
Mischbildung zu minne "Wasser", griechisch polis "Stadt"). Die Morphologie der
Sioux-Sprachen ist agglutinierend-fusionierend, synthetisch
bzw. leicht polysynthetisch. Endstellung des Verbs. Die
Sioux-Sprachen gehören zum Typ der Aktivsprachen.
Literatur D. S. Rood, Siouan. L. Campbell
& M. Mithun (eds.), The Languages of Native America.
Austin, Texas 1979, 236-298. -- A. White Hat, Reading and
Writing the Lakota Language. Salt Lake City 1999. -- F. Boas & E. Deloria, Dakota
Grammar. Washington 1941. -- R. D. Van Valin, Case Marking and
the Structure of the Lakhota Clause. In: J. Nichols & A.
C. Woodbury (eds.), Grammar Inside and Outside the Clause.
Cambridge 1985, 363-413. -- D. S. Rood & A. R. Taylor,
Sketch of Lakhota, a Siouan Language. Handbook of North
American Indians; vol. 17: I. Goddard (ed.), Languages.
Washington 1996, 440-482. - A. White Hat, Reading and Writing
the Lakota Language. Salt Lake City 1999.
Isolierte
mesoamerikanische Sprache im mexikanischen Bundesstaat Michoacan
mit ca. 125.000 Sprechern. Genetische Beziehungen mit anderen
Sprachen (u.a. zu Quechua) gelten als unbewiesen. Taraskisch
besitzt ein Konsonantensystem mit aspirierten Verschlusslauten
und eine agglutinierend-polysynthetische Morphologie. Anders als
die meisten anderen mesoamerikanischen Sprachen verfügt
Taraskisch über Kasusmarkierungen, nicht aber über
Pronominalaffixe am Verb.
Literatur P. Friedrich, Tarascan: From
Meaning to Sound. In: M. S. Edmonson (ed.), Linguistics.
Supplement to the Handbook of Middle American Indians, vol. 2.
Austin 1984, 56-82.
Mesoamerikanische Sprache im mexikanischen Bundesstaat Guerrero mit ca. 120.000 Sprechern. Die Zugehörigkeit zu den Otomangue-Sprachen oder zu den Hoka-Sprachen ist strittig. Tlapanekisch ist eine der Sprachen Mexikos, bei der Spanisch als Zweitsprache noch wenig verbreitet ist. Es steht typologisch den benachbarten Otomangue-Sprachen nahe.
Isolierte
mesoamerikanische Sprache im mexikan. Bundesstaat Veracruz und
angrenzenden Gebieten mit ca. 250.000 Sprechern. Genetische
Beziehungen des Totonakischen (und des eng verwandten Tepehua)
mit anderen Sprachen (Makro-Maya-Sprachgruppe) werden
überwiegend abgelehnt. Totonakisch besitzt eine
agglutinierend-polysynthetische Morphologie. Subjekt, direktes
und indirektes Objekt werden im Verb durch ein komplexes, auf
einer Personenhierarchie beruhendes Affixsystem koreferiert.
Literatur C. MacKay, A Grammar of Misantla
Totonac. Salt Lake City 2000.
Isolierte
nordamerikanische Sprache, deren Zuordnung zu den
Penuti-Sprachen als nicht gesichert gilt. Sprachgebiet: Küste
von British Columbia, Kanada. ca. 1.400 Sprecher. Varietäten:
Küsten-Tsimshian (Sm'algyax), südliches Tsimshian, Nisgha und
Gitksian. Tsimshian unterscheidet sich von den benachbarten
Sprachen (Wakash-Sprachen; Na-Dene-Sprachen) durch ein
vergleichsweise einfaches morphologisches System des
agglutinierenden Typs, das Reduplikation intensiv nutzt, und
durch Ergativität.
Literatur J. G. Mulder, Ergativity in Coast
Tsimshian. Berkeley 1994.
Nordamerikanische
Sprachgruppe mit ca. 2 Mio. Sprechern. Gliederung (in Auswahl,
von Nord nach Süd): Im Nordwesten der USA (Nevada und
angrenzende Staaten) angesiedelt sind Sprachen des Numic-Zweiges
(ca. 5.000) wie Shoshone oder die Paiute-Sprachen, in
Kalifornien Sprachen des nahezu ausgestorbenen Takic-Zweiges wie
Cahuilla und Luiseño. Einen eigenen Zweig bildet das Hopi in New Mexico. In Arizona und im Norden
Mexikos findet sich der Pimic-Zweig (ca. 45.000) mit Pima-Pagago
und den Tepehuan-Sprachen. In Mexiko gibt es drei Zweige der
uto-aztekischen Sprachen: Taracahitic (ca. 140.000) mit Yaqui,
Mayo und Tarahumara; Corachol (ca. 65.000) mit Cora und Huichol;
sowie als südlichsten und sprecherreichsten Zweig Aztecan (Nahuatl). Typologisch sind kennzeichnend:
einfache Phonemsysteme mit einer Verschlussreihe, elaborierte
agglutinierende Verbmorphologie, überwiegend Verbendstellung,
vielfach Verbendungen, die Identität oder Verschiedenheit der
Subjekte aufeinander bezogener Sätze kennzeichnen (Switch
reference).
Literatur R. W. Langacker (ed.), Studies in
Uto-Aztecan Grammar. 4 vols. Arlington, Texas 1977ff. -- S.
Steele, Uto-Aztecan: An Assessment for Historical and
Comparative Linguistics. L. Campbell & M. Mithun (eds.),
The Languages of Native America. Austin, Texas 1979, 444-544.
-- W. Miller, Sketch of Shoshone, a Uto-Aztecan Language.
Handbook of North American Indians; vol. 17: I. Goddard (ed.),
Languages. Washington 1996, 693-720. -- J. Dayley, Tümpisa
(Panamint) Shoshone Grammar. Berkeley 1990.
Nordamerikanische
Sprachgruppe an der Küste von British Columbia, Kanada.
Wakash-Sprachen sind u.a. Kwak'wala oder Kwakiutl (ca. 250) und
Nuu-chah-nulth (oder Nootka; ca. 150). Sie haben mit den
benachbarten Salish- und Chemakum-Sprachen typologisch viele
Gemeinsamkeiten. Die genetische Zusammenfassung dieser
Sprachgruppen zur Mosan-Gruppe wird heute überwiegend abgelehnt.
Kennzeichnend sind umfangreiche und komplizierte
Konsonantensysteme verbunden mit Neigung zu Konsonantenclustern.
Vokale haben einigen Analysen zufolge nicht Phonemstatus,
sondern sind morphophonemisch im Silbengipfel mit Schwa oder als
Vokal realisierte Konsonanten. Im Nootka gibt es keine Nasale.
Die Wakash-Sprachen sind gute Beispiele für den
polysynthetischen Sprachtyp, wobei das Morpheminventar, das z.T.
mehrere hundert Affixe umfasst, nicht klar in Derivation und
Flexion geschieden werden kann. Hinsichtlich der grammatischen
Dimension Raum wird stark ausdifferenziert. Evidentialität ist
eine wichtige Kategorie. Die Unterscheidung zwischen Verben und
Nomina ist wenig ausgeprägt, da die prädikative Verwendung in
Erstposition des Satzes eher thematisch als semantisch bestimmt
ist.
Literatur W. H. Jacobsen, Wakashan
Comparative Studies. L. Campbell & M. Mithun (eds.), The
Languages of Native America. Austin, Texas 1979, 766-791. --
K. W. Whistler, Focus, Perspective, and Inverse Person Marking
in Nootkan. In: J. Nichols & A. C. Woodbury (eds.),
Grammar Inside and Outside the Clause. Cambridge 1985,
227-265. -- W. H. Jacobsen, Noun and Verb in Nootkan. In: The
Victoria Conference on Northwestern Languages, 1976. Victoria
1979, 83-155.
Maya-Sprache
auf der Halbinsel Yucatan, Mexiko und Belize, mit ca. 800.000
Sprechern. Varietäten: Yukatekisch im engeren Sinne, Lacandon,
Mopan, Itza. In vorspanischer Zeit wurde die Maya-Schrift
verwendet, in der Kolonialzeit entstanden Texte unter Verwendung
des lateinischen Alphabets, wobei die Tradition der
Dorfchroniken noch vereinzelt fortgesetzt wird. Heute spielt
Schriftlichkeit keine nennenswerte Rolle. Yukatekisch ist im
Verbreitungsgebiet Mehrheitssprache, jedoch mit Spanisch als
allgemein verbreiteter Zweitsprache und mit zahlreichen
spanischen Lehnwörtern (z.B. Zahlen ab 4 oder 5).
Literatur R. W. Blair, Yucatec Maya Noun and
Verb Morpho-syntax. Diss., Bloomington 1964. -- M. MacClaran
Stefflre, Lexical and Syntactic Structures in Yucatec Maya.
Diss., Cambridge, Mass. 1972. -- G. Bevington, Maya for
Travellers and Students. Austin, Texas 1995. -- Ch. Hofling
& F. Tesucún, Itzaj Maya Grammar. Salt Lake City 2000.
Zweig
der Otomangue-Sprachen. Sprachgebiet: östliches Oaxaca in
Mexiko. Unter Zapotekisch (ca. 450.000 Sprecher) im engeren
Sinne werden mehrere Sprachen und Dialekte subsumiert, unter
Zapotecan-Sprachen weiterhin Chatino (45.000). Die zapotekische
Hieroglyphenschrift (spätestens ab 300 v. Chr.) ist nur
ansatzweise entziffert. Aus dem 16. und 17. Jahrhundert
existieren historisch-administrative Texte in lateinischer
Alphabetschrift, heute gibt es Schriftlichkeit vor allem im
Rahmen regionaler Folklore.
Literatur S. A. Marlett, Some Aspects of
Zapotecan Clausal Syntax. Workpapers of the Summer Institute
of Linguistics 29, 1985, 83-154.
Isolierte
nordamerikanische Sprache in New Mexico, USA. ca. 9.400
Sprecher, wird z.T. der Makro-Penuti-Sprachgruppe zugerechnet.
Literatur S. Newman, Sketch of the Zuni
Language. Handbook of North American Indians; vol. 17: I.
Goddard (ed.), Languages. Washington 1996, 483-506.
Die Texte beruhen -- mit freundlicher Genehmigung des Metzler Verlages --
auf den Beiträgen zu nord- und mesoamerikanischen Sprachen von M. Dürr in:
Helmut Glück, Michael Rödel (Hrsg.), Metzler Lexikon
Sprache. 5. Auflage für
2016 in Druck. Stuttgart: Metzler.