Konflikte
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Die NVA und Internationale Konflikte
NVA100

Vietman 1965

"Mit Beginn des Bombenkrieges der US Airforce im Februar 1965 wurden die Luftverteidigungskräfte der DRV vor eine unvorbereitete Aufgabe gestellt. Die US Airforce operierte z.B. in Höhen, die von den verfügbaren bodengestützten vietnamesischen Abwehrmitteln nicht erreicht werden konnten. Die Sowjetunion und andere sozialistische Staaten stellten zwar moderne Luftverteidigungsmittel zur Verfügung, darunter moderne Luftabwehrraketen und die dazugehörigen elektronischen Systeme zur frühzeitigen Zielerfassung, Zielverfolgung und effektiver Zielbekämpfung. Doch es gab zu dieser Zeit in den vietnamesischen Streitkräften nur sehr wenige Spezialisten, die eine solche Technik handhaben und im Komplex führen konnten.

In dieser Situation bot die DDR die Entsendung von Freiwilligen aus den Reihen der Luftverteidigungskräfte der NVA an, die die Ausbildung vietnamesischer Offiziere und Soldaten de facto nach dem Prinzip learning by doing übernehmen sollten. Die DDR verfügte im Warschauer Vertrag über das dichteste Luftverteidigungssystem und hatte einen anerkannt hohen Ausbildungsstand.

Die DRV lehnte den Einsatz von Freiwilligen ab, bat jedoch um Ausbildungshilfe und um ausgewählte Spezialisten für den Aufbau und die Organisation eines modernen Luftverteidigungssystems. 1965 entsandte die NVA Berater für den Aufbau und die Organisation eines komplexen Luftverteidigungssystems, darunter Spezialisten für den Einsatz von Luftabwehrraketen. In dieser Gruppe befand sich Oberst J. John, der dann von Oktober 1967 bis 1970 Militärattaché in Hanoi war. Sein Gehilfe, Oberst Böhme, war ebenfalls Offizier der Luftstreitkräfte, der dann bis 1973 sein Nachfolger als Militärattaché wurde.

Parallel dazu wurden vietnamesische Offiziere in der DDR ausgebildet. Ein ernstes Problem war deren begrenzte physische Leistungsfähigkeit bei der Lastenbewegung. Die vietnamesischen Luftverteidigungstruppen benötigten darum z.T. den doppelten Personalbestand, um die technisch-taktischen Normen der NVA zu bewältigen.

Trotz aller Schwierigkeiten gelang es in kurzer Zeit, in Nordvietnam ein Luftverteidigungssystem aufzubauen, das auch nach westlicher Beurteilung nach der DDR das zweitdichteste System der östlichen Seite war. Die vietnamesischen Offiziere und Soldaten erwiesen sich nicht nur als extrem einsatzbereit, sondern auch als außerordentlich schnell lernfähig, wodurch der geplante Zeitaufwand unterboten werden konnte."

aus: "China, Osteuropa und der Vietnam-Krieg aus der Sicht der Deutschen Demokratischen Republik" von Joachim Schröter (Auszug aus einem Vortrag auf einem wissenschaftliche Seminar vom 24. bis 26.03.2004 in Peking; mit freundlicher Genehmigung; s.a. verband-fuer-internationale-politik.info)

 

CSSR 1968

"Ende Juli 1968 hatte die Phase der direkten Einbeziehung der NVA in die sowjetisch dominierte Militäraktion zur Niederschlagung des »Prager Frühlings« begonnen. An der als Übung getarnten Operation »Donau« sollten zwei NVA-Divisionen, die 7. PD (Dresden) und die 11. MSD (Halle), teilnehmen. Für die PD [Panzerdivision] war eine Unterstellung unter die 20. Gardearmee der GSSD, für die 11. MSD waren Aufgaben als Reserve der zentralen Führung zur Deckung, der »Staatsgrenze West« vorgesehen.

Am 21. August 1968, kurz nach 1.00 Uhr morgens, hatte DDR-Verteidigungsminister Armeegeneral Hoffmann die Stufe »Erhöhte Gefechtsbereitschaft« für die gesamte NVA ausgelöst. Die Armee war damit vorbereitet, bei Notwendigkeit unverzüglich in aktive Handlungen eingreifen zu können. Die meisten Einheiten der NVA verblieben aber in ihren Kasernen, nur einige Regimentseinheiten und Bataillone verließen ihre Standorte und wurden zeitweise feldmäßig untergebracht.

Entsprechend den Planungen des Oberkommandierenden des Warschauer Paktes sollten Stäbe und Truppen der 7. PD und der 11. MSD direkt am Einmarsch der verbündeten sowjetischen, polnischen, ungarischen und bulgarischen Verbände und Einheiten teilnehmen, der in der Nacht vom 20. zum 21. August begonnen hatte. Beide NVA-Divisionen befanden sich in voller Gefechtsbereitschaft in ihren Konzentrierungsräumen im Süden der DDR. Aber weder die 7. PD noch die 11. MSD marschierten am 20./21. August 1968 oder in den Tagen danach in die Tschechoslowakei ein bzw. besetzten diese.

Die 7. PD und die 11. MSD verließen aus militärischen und offenbar auch politischen Gründen nachweisbar nicht den Boden der DDR. Dennoch ist der Aufenthalt von NVA-Soldaten in der Tschechoslowakei im August 1968 dokumentiert. Hierbei handelte es sich vor allem um Angehörige des NVA- Nachrichtenregiments 2 (Niederlehme), die am 23. /24. August im Landmarsch im Bestand sowjetischer Truppen, aus Polen kommend, in das Hauptquartier der Interventionsstreitkräfte in der Tschechoslowakei, nach Milowice, verlegten. Dort hatten sie die Funkverbindungen zwischen der im Stab der Interventen tätigen NVA- Verbindungsgruppe, die aus wenigen Offizieren bestand, und dem Ministerium in Strausberg zu sichern. In Milowice befanden sich bis Ende Oktober 1968 somit neben einigen Offizieren 6 Unteroffiziere und 13 Funker. Auf dem Boden der CSSR handelten zudem - oft nur kurzzeitig - offenbar einige Aufklärungs- und Versorgungskräfte in geringer Stärke. Wiederholt überschritten auch Grenzsoldaten die Staatsgrenze, um auf tschechischem Gebiet sogenannte Hetzlosungen und gegen die DDR gerichtete Plakate gewaltsam zu entfernen. Der Einsatz von Kampf- oder Besatzungstruppen der NVA in der CSSR ist dagegen zu keinem Zeitpunkt belegbar.

Nachdem der Oberkommandierende der Vereinten Streitkräfte bereits am 11. September 1968 gestattet hatte, die erhöhte Gefechtsbereitschaft für die Nationale Volksarmee, mit Ausnahme der 7. Panzerdivision und der 11. Mot.- Schützendivision, aufzuheben, erfolgte Mitte Oktober die Rückverlegung der beiden Divisionen in ihre Kasernen."

aus: "Im Dienste der Partei, Handbuch der bewaffneten Organe der DDR", Hrsg.: Diedrich u.a., im Auftrag des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes, März 1998, S. 488f  (Hervorhebung von mir)

Zum Thema s.a. den Online-Beitrag auf der Website von Forumfilm. Hierin wird - unfreiwillig - bestätigt, daß bewaffnete Einheiten (aus Exil-Tschechen) bereit standen in die CSSR einzudringen und Teile der Bundeswehr gefechtsbereit waren. Wie der Autor aus der Tatsache, daß die NVA "Erhöhte Gefechtsbereitschaft" eingenommen hatte, schlußfolgert, sie hätte quasi Gewehr bei Fuß gestanden, ist mir unklar.
[Es gab "Ständige Gefechtbereitschaft" -, der Normalfall, "Erhöhte Gefechtsbereitschaft", "Gefechtsbereitschaft bei Kriegsgefahr" und "Volle Gefechtbereitschaft".]

Auch wenn es nunmehr unumstößlich feststeht, daß keine Kampf- oder Besatzungstruppen in der CSSR waren, wird weiter hemmungslos das Gegenteil behauptet. Zum Beispiel in der online-Weltchronik für das Jahr 1968: »Im Mai halten Truppen der UdSSR in der CSSR "Manöver" ab, am 20. und 21.8. wird dem "Prager Frühling" ein jähes Ende bereitet durch Invasion von Truppen des Warschauer Paktes, darunter auch der DDR.« Als "Beleg" wird sogar ein Foto präsentiert ... :-(((
Tja, wenn nichts mehr hilft, wird gern von Plänen erzählt, oder über der Unterstützung die die DDR innerhalb ihrer Grenzen leistete - wenn das alles ist, um die Tatsache zu leugnen, daß die DDR niemals Krieg führte ...

 

Polen 1980

"Im Dezember 1980 wurden die Kommandeure der 9. PD bis zur Ebene Bataillon in eine Übung eingewiesen, die auf dem Territorium Polens stattfinden sollte. Ich vermute[!], daß der sowjetische Generalstab angesichts der in Polen ausgebrochenen Krise eine Intervention erwog, die als Truppenübung getarnt werden sollte. Tatsache ist, daß die 9. PD nicht in einen Konzentrierungsraum verlegt wurde. Tatsache ist weiterhin, daß keine Dokumente für die Besetzung polnischen Territoriums erarbeitet wurden. Ein Jahr später[!], am 13.12.1981, verkündete Armeegeneral Jaruzelski den Ausnahmezustand in Polen... In der NVA gab es 1981 keine Aktivitäten, die als Vorbereitung einer Intervention gedeutet werden können..."

aus: "Die Nationale Volksarmee - Legitimation und Auftrag", hefte zur ddr-geschichte 35 von Dr. Merkel und Dr. Wünsche, Berlin 1996, S. 41f (Hervorhebung von mir)

 

Dritte Welt

Lt. Markus Wolf war das MfS als erstes Bewaffnetes Organ der DDR offiziell im Auslandseinsatz, ab 1964 in Sansibar. Sansibar war nämlich der erste nichtsozialistische Staat, der die DDR anerkannte (Halstein-Doktrin!) und die dortigen Sicherheitsorgane wurden durch das MfS mit aufgebaut. Bis 1970 wurden zudem insg. 15 Offiziere und Unteroffiziere der Volksmarine zum Aufbau einer Küstenverteidigung nach Sansibar entsandt. Nach meiner Auffassung wurden Schutzaufgaben regelmäßig vom MfS realisiert. So war 1972 - auf ausdrücklichen Wunsch der BRD - eine bewaffnete [sic!] MfS-Einheit zum Schutz unserer Olympioniken in München.

Die Auslandsaktivitäten beschränken sich vorrangig auf Waffenlieferungen und Ausbildung von Militärkader im Inland. Insgesamt wurden rd. 3.000 Mann aus 20 Ländern ausgebildet, davon wurden allein 900 - 1.000  in den 80ern in der eigens dazu gegründeten OHS "Otto Winzer" in Prora. Die Ausbildung erfolgte nach den normalen Lehrplänen. Lediglich die Nicaraguaner wurden in einem 1-Jahres-Crash-Kurs mit Dolmetscher ausgebildet.

Das Ministerium für Nationale Verteidigung schloß mit u.a. folgenden 16 Staaten bzw. Organisationen Verträge zur Ausbildung der dortigen Militärs ab:

Afghanistan
Äthiopien
Jemenitische Volksrepublik
Kambodscha
Volksrepublik Kongo
Kuba
Laos
Lybien
Mosambik
Nikaragua
KDVR (Nordkorea)
Palästina
Tansania
Guinea
Syrien
Vietnam

aus: Bundesarchiv - Militärarchiv, Bestand DVW 1, MfNV, Band: Verträge, bearbeitet von Albrecht Kästner, Freiburg 1999

Zum Thema Auslandeinsatz: "... entsandte die NVA Spezialisten in das Ausland, die in verschiedenen Ländern (u.a. in Vietnam, Angola, Moçambique, Äthiopien, Irak und Jemen) den dortigen militärischen Aufbau als Berater unterstützten. In Ausnahmefällen, wie in Moçambique Mitte der 80er Jahre, waren einzelne Generale und Offiziere der NVA im Ausland zur Organisierung der bewaffneten Macht des Gastlandes und vor allem des Schutzes von DDR-Entwicklungshelfern in vorderer Front aktiv tätig. Ein direkter Kampfeinsatz von NVA-Truppen in der »Dritten Welt« fand jedoch nicht statt."

aus: "Im Dienste der Partei, Handbuch der bewaffneten Organe der DDR", Hrsg.: Diedrich u.a., im Auftrag des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes, März 1998

Beginnend im November 1984 "beteiligte sich die DDR mit zunächst je zwei Maschinen der NVA-Transportfliegerkräfte sowie der zivilen Fluggesellschaft Interflug an einer internationalen Luftbrücke zur Bekämpfung der Hungersnot in Äthiopien. Zur Einsatzstaffel gehörten zunächst 41 Mann, davon 22 Offiziere und Unteroffiziere der NVA, sowie 19 Beschäftigte der Interflug." Ebenfalls heißt es: "Ab Ende 1985 hielten sich ständig drei – dem Militärattaché zugeordnete – NVA-Offiziere als Berater in Mosambik auf. In diesem Zusammenhang stand der Einsatz eines Transportflugzeuges der DDR-Luftstreitkräfte von 1986 bis 1990: Die in der Hauptstadt Maputo stationierte Maschine versorgte die eingesetzten Entwicklungshelfer und sollte bei Verschärfung der Sicherheitslage deren Evakuierung sicherstellen." Ein Fazit: "Gemessen an Umfang und Auftrag der Personalabstellungen war die NVA in der Tat keine »Armee im Einsatz«."

aus: "Historisches Erbe: Die Nationale Volksarmee der DDR und die »Dritte Welt« vom Major der Bundeswehr Klaus Storkmann, 2010 (Hervorhebung von mir).


Militärflugplätze der NVA