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Az.: 1 S 3021/92

Wappen

VERWALTUNGSGERICHTSHOF
BADEN-WÜRTTEMBERG

B e s c h l u ß

In der Verwaltungsrechtssache

Verein Narconon e.V.,
gesetzl. vertr. durch den Vorstand,
Neuhauser Straße 1, 8162 Schliersee 2,

-Antragsteller-
-Beschwerdeführer-

prozeßbevollmächtigt:
Rechtsanwälte Wilhelm Blümel und Koll.,
Bayerstraße 13, 8000 München,2, Az: 11832/92 B/eg

gegen

Land Baden-Württemberg,
vertreten durch das Ministerium für Kultus und Sport Baden-Württemberg,
Königstr. 44, 7000 Stuttgart 10, Az: II/3-7170.1/4.1

-Antragsgegner-
-Beschwerdegegner-

beteiligt:

Vertreter des Öffentlichen Interesses bei den Gerichten der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit,
Schubertstr. 11, 6800 Mannheim,

wegen

Unterlassung;
hier: Antrag nach § 123 VwGO

hat der 1. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Präsidenten des Verwaltungsgeridhtshofs Dr. Endemann, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Schwan und den Richter am Verwaltungsgericht Schieber

am 10. Mai 1993

b e s c h l o s s e n

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 28. Oktober 1992 - 8 K 1798/92 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Vertreters des öffentlichen Interesses, die dieser selbst trägt.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 6.000,-- DM festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht den Antrag des Antragstellers abgelehnt, dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, "wörtlich oder sinngemäß die Behauptung aufzustellen oder zu verbreiten, es sei bislang kein einziger erfolgreicher Drogenentzug beim Antragsteller nachgewiesen". Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht (S 920 Abs. 2 ZPO i.V.m. S 123 Abs. 3 VwG0).

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch setzt unbeschadet seiner dogmatischen Ableitung im einzelnen voraus, daß der Staat in Ausübung öffentlicher Gewalt jemanden in seiner Rechtsstellung widerrechtlich beeinträchtigt, also formell und materiell widerrechtlich handelt, und weitere Beeinträchtigungen zu besorgen sind (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 29.8.1988 - 1 S 1233/86 NVwZ 1989, 279; vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 9.10.1989 1 S 5/88 -, NJW 1990, 1808). Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Die vom Antragsteller beanstandete Äußerung des Sektenbeauftragten beim Ministerium für Kultus und Sport stellt kein Handeln des Antragsgegners dar, das die Rechtsstellung des Antragstellers widerrechtlich beeinträchtigt.

Zutreffend und überzeugend hat das Verwaltungsgericht unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ausgeführt, daß es bereits an einem gezielten Eingriff in Rechte des Antragstellers fehlen dürfte. Der konkrete Inhalt des nach Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschätzten sozialen Geltungsanspruchs eines Berechtigten, der - wie der Antragsteller - soziale Beziehungen eingegangen und in Kommunikation mit anderen getreten ist, bemißt sich nach einem in gewissem Umfang verselbständigten sozialen Abbild, das dem Betroffenen ungeachtet abweichender oder entgegenstehender eigener Vorstellungen und Absichten zugerechnet wird. Eine Ehrverletzung kann deshalb umso weniger festgestellt werden, je mehr die beanstandeten Äußerungen ein Bild des Betroffenen zeichnen, das sein tatsächliches Auftreten objektiv zutreffend wiedergibt. Entsprechendes gilt bei Werturteilen, wenn diese bei verständiger Würdigung auf einem im wesentlichen zutreffenden oder zumindest sachgerecht und vertretbar gewürdigten Tatsachenkern beruhen (Beschl. der 1. Kammer des 1. Senats des BVerfG v. 15.8.1989, NJW 1989, 3269). Bei Beachtung dieser Grundsätze dürfte ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 2 Abs. 1 GG nicht gegeben sein.

Die vom Antragsteller beanstandete Äußerung dürfte die im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zur Verfügung stehende und überprüfbare Tatsachenlage zutreffend wiedergeben. Die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen erbringen keinen Nachweis über einen erfolgreichen Drogenentzug bei dem Antragsteller. Weder die "Ergebnisübersicht der Rehabilitationsarbeit des Narconon e.V." von Dr. rer. nat. Sonntag noch der Beschluß des OVG Berlin vom 30.3.1979 OVG VI S 93/78 - noch das Urteil des VG Berlin vom 11.2.1981 VG 17 A 92.79 - weisen einen erfolgreichen Drogenentzug nach. Dies hat das Verwaltungsgericht eingehend begründet; auf diese Ausführungen wird verwiesen (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).

Nichts anderes gilt für das im Beschwerdeverfahren vorgelegte Gutachten von Prof. Dr. med. Bschor (Institut für Rechtsmedizin der FU Berlin) vom 29.1.1981. Der Gutachter führt aus, "..... daß bei Berücksichtigung der erwähnten Gesichtspunkte und auch des noch geringen Alters von Frau .... mehr dafür spricht, daß der Aufenthalt bei Narconon eine im Sinne der Überwindung der Drogenbindung förderliche Hilfe darstellte, als die gegenteilige Annahme". Um einen Nachweis eines erfolgreichen Drogenentzugs handelt es sich hierbei nicht.

Zum Beschwerdevorbringen wird im übrigen bemerkt: Entgegen der Auffassung der Beschwerde hat das Verwaltungsgericht die Äußerung des Sektenbeauftragten nicht unrichtig interpretiert. Entsprechend dem Wortlaut hat dieser allein darauf abgehoben, daß ein Nachweis über einen erfolgreichen Drogenentzug durch den Antragsteller nicht vorliegt. Ob - wie die Beschwerde meint - "der Durchschnittszuhörer die Äußerung dahingehend interpretiert, Methode und Arbeitsweise des Antragstellers seien völlig untauglich und eine erfolgreiche Rehabilitierung einer Person höchst zweifelhaft", ist angesichts des eindeutigen, anders lautenden Wortlauts unerheblich.

Fehlt es bereits an einem Eingriff, kommt es auf die Frage der Widerrechtlichkeit des Eingriffs nicht an. Der Senat läßt auch offen, ob der Antrag auf Erlaß der einstweiligen Anordnung schon deshalb keinen Erfolg haben kann, weil es sich um eine - grundsätzlich unzulässige - Vorwegnahme der Hauptsache handelt oder ob die einstweilige Anordnung ausnahmsweise zur Vermeidung unzumutbarer Nachteile für den Antragsteller ergehen könnte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VWGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluß ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 25 Abs. 2 GKG).

gez.: Dr. Endemann       Schwan       Schieber