Editor's Note: Tilman Hausherr, who originally posted TIFFs of this document, says:
I have received the document from a reliable source, although it isn't the government. It's the governments' response according to ECOSOC resolution #1503.

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go-722 (IVC2/Dr.Wilhelm) 22. April 1994

Stellungnahme der Bundesrepublik Deutschland zu Beschwerden gemäß ECOSOC-Entschließung Nr. 1503 wegen angeblicher Diskriminierung von Mitgliedern der "Church of Scientology" in der Bundesrepublik Deutschland

I. Keine Menschenrechtsverletzungen

Mit den Beschwerden werden keine Sachverhalte vorgebracht, die schwere und zuverlässig bezeugte Verletzungen von Menschenrechten erkennen lassen.
  1. Die angeführten Fälle einer angeblichen Diskriminierung der Scientology-Organisation sind nur zum Teil identifizierbar, zum Teil werden weder die Namen der beteiligten Personen, noch Ort und Zeitpunkt des beschriebenen Geschehens mitgeteilt (vgl. z.B. 2) Nr. 10, 11; 3) Nr. 01, 04; 4) Nr. 05; 6) Nr. 01, 06; 7) Nr. 04; 10) Nr. 01 sowie zahlreiche weitere Fälle aus den drei eingereichten Listen). Insoweit ist eine Stellungnahme nicht möglich, weil weitere Ermittlungen nicht angestellt werden konnten. Die Vielzahl der in derart vager Form mitgeteilten Fälle angeblicher Diskriminierung läßt zudem Zweifel an der Zuverlässigkeit der Listen insgesamt auftreten.
  2. Die Listen enthalten zum größten Teil Begebenheiten, die sich zwischen Privaten abgespielt haben sollen. Diese Fälle sind grundsätzlich nicht geeignet, angebliche Diskriminierungen durch den Staat zu belegen.
  3. Die Listen enthalten nicht einen einzigen Fall, in dem von allen auf nationaler Ebene zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht wurde und diese erschöpft sind. Der nationale Rechtsweg, der den von angeblich diskriminierenden Maßnahmen betroffenen Scientology-Mitgliedern in allen Fällen offengestanden hätte, wurde nur in einigen der behaupteten Fälle beschritten, jedoch in keinem Fall erschöpft.

II. Philosophie der Church of Scientology und die Praktiken ihrer Durchsetzung

"Scientology" definiert sich als "Wissenschaft vom Wissen".

 Grundlage ist das 1950 von dem früheren Science-fiction-Autor Lafayette Ron Hubbard veröffentlichte Buch "Dianetik - Die moderne Wissenschaft der geistigen Gesundheit". Ziel von Scientology ist es, der Seele - von L. R. Hubbard neu definiert als "Thetan" - zu voller Entfaltung und damit zu totaler Freiheit zu verhelfen. Durch eine immer wiederkehrende Befragung, das "Auditing", und mit Hilfe eines sogenannten "E-Meters", eines elektronischen Meßgerätes, sollen die negativen "Engramme", d. h. die im Unterbewußtsein vorhandenen Bilder und Zustände, beseitigt werden. Auf diesem Weg wird zunächst der Zustand des "Clear" angestrebt, um dann weitere, höhere Zustände, "OT-Grade" (operating thetan) zu erwerben.

 "Scientology" hat ein in sich geschlossenes Ideologiegebäude entwickelt, ein zentral gesteuertes und auf dem Prinzip von Befehl und Gehorsam beruhendes Organisationssystem geschaffen. Durch Disziplinierungen und Sanktionen soll eine umfassende Identifikation der Mitglieder durchgesetzt werden.

"Du bist hier, also bist du ein Scientologe. Jetzt werden wir dich zu einem fachmännischen Auditor machen. Was auch immer geschieht, wir haben dich lieber tot als unfähig." (HCO-Richtlinienbrief vom 7. Februar 1965)
Die Anbindung der Mitglieder an die Organisation wird unter anderem erreicht durch das Mittel der "re-definition", das "Wortklären", d. h. die Umdeutung von Wortinhalten. Dadurch wird eine Scientology-eigene Begrifflichkeit und Sprache eingeübt, welche die Kommunikation mit der Umwelt, die den Weg zu Scientology noch nicht gefunden hat, erheblich erschwert.
"Der Trick ist - Worte sind zu redefinieren, bis sie zum Vorteil des Propagandisten etwas anderes bedeuten." (HCO policy letter vom 5. Oktober 1971)
Der Umgang mit Kritikern ist genau festgelegt.
"Beginne sofort, den Angreifer auf Verbrechen oder schlimmeres zu untersuchen; arbeite dabei mit eigenen Spezialisten ... warte niemals ab. Sprich niemals über uns - nur über sie. Benutze ihr Blut, ihren Sex und ihre Verbrechen, um Schlagzeilen zu machen." (HCO policy letter, vom 15. Februar 1966)

 "... deshalb wäre die Unterlassung, etwas oder jemanden, wodurch viel Schaden angerichtet würde, nicht zu vernichten oder aufzuhalten, ein overt (d.h. eine destruktive und gegen das Überleben gerichtete Handlung)." (L. Ron Hubbard, Fachwortsammlung für Dianetics von Scientology, 3. Auflage, Kopenhagen 1979, S. 68)

Die Verhinderung von Kritik an der "Scientology Church"
"... kann sogar darin bestehen, daß einer seiner Feinde (nämlich der Scientology Church) in der Dunkelheit dumpf auf's Straßenpflaster klatscht oder das ganze feindliche Lager ... in riesigen Flammen aufgeht" (Ethik, S. 270 f.)

 "... 1. Entscheiden Sie, wer Ihre Freunde sind.
2. Führen Sie, ungeachtet einer persönlichen Gefahr, einen effektiven Schlag gegen die Feinde der Gruppe aus, der anzugehören Sie vorgegeben haben." (Ethik, S. 73)

Diese Anweisungen sind mit den Grundregeln demokratischen Zusammenlebens nicht in Einklang zu bringen. L. R. Hubbard schreibt dazu:
Und ich sehe nicht, daß populäre Maßnahmen, Selbstverleugnung und Demokratie dem Menschen irgendetwas gebracht haben, außer ihn weiter in den Schlamm zu stoßen ... und die Demokratie hat uns Inflation und die Einkommensteuer beschert." (vgl. Das Handbuch für den Ehrenamtlichen Geistlichen, S. 639)

 "Eine ideale Gesellschaft wäre eine Gesellschaft nicht aberrierter Menschen - Clears -, die in einer nichtaberrierten Kultur leben ... Es genügt nicht, als ein Einzelner nicht aberriert zu sein, wenn man in den Schranken einer Gesellschaft, die eine Kultur aus vielen unvernünftigen Vorurteilen und Sitten entwickelt hat, leben muß." (vgl. Dianetik, S. 486)

"Scientology" will den "Planeten klären", will die Weltmacht. Dazu ist es erforderlich, gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Schlüsselpositionen zu besetzen. Es gilt das Prinzip des unbedingten Erfolgs. "Erfolg" heißt wirtschaftlicher Erfolg.
"Make money, make more money, make other people produce so as to make money." (LRH, Führungsanweisung vom 4. August 1983 (3))
Unter dem Dach von WISE ("World Institute of Scientology Enterprises") besteht ein weltweites Geflecht unzähliger Organisationen, denen jedenfalls eines gemein ist: das wirtschaftliche Ziel der Gewinnmaximierung zugunsten von Scientology. Auf nationaler Ebene wird dieses Geflecht ergänzt durch eine Vielzahl ständig wechselnder Tarnorganisationen, deren Zusammenhang mit Scientology bewußt im Unklaren gelassen wird.
"Der einzige Grund, aus dem es orgs (Organisationen) gibt, ist die Aufgabe, Materialien und Dienstleistungen an die Öffentlichkeit zu verkaufen und zu liefern und Leute aus der Öffentlichkeit hereinzuholen, an die man verkaufen und liefern kann. Die Zielsetzungen sind total befreite Kunden." (Zitiert nach: Ulrich Müller, Anne Marie Leimkühler, Zwischen Allmacht und Ohnmacht, 1992, S. 33).
Wer mit überragenden Verkaufserfolgen aufwarten kann, erhält als "Kha-Khan" den Status der Immunität:
"Das ist, was hohe Statistiken produzierende Mitglieder sind: Kha-Khans. Sie können mit Mord frei herauskommen, ohne einen Augenaufschlag von Ethik (HCO PL 1. September 65 III)." (L. R. Hubbard, Modern Management Technology Defined, S. 298)
Die Verkaufsstrategie folgt einem festgelegten Muster:

 Dem neu angeworbenen Kunden werden durch einen kostenlosen Persönlichkeitstest seine Schwächen eindringlich vor Augen geführt und zugleich Lösungsmöglichkeiten für seine Probleme angeboten. Diese bestehen im Kauf eines Buches von L. Ron Hubbard oder im Besuch eines Einstiegskurses, mit dem dem Kunden ein erstes Erfolgsgefühl und das Bewußtsein vermittelt wird, daß Scientology-Technik "funktioniert". Das veranlaßt ihn zum Kauf und Studium von immer mehr und immer teureren Büchern, zum Kauf und Besuch immer kostspieligerer Kurse, die alle dem einen Ziel dienen: immer höhere Zustände des "Clear", des "thetan" zu erreichen. Derjenige, der die Kurse und das "Auditing" selbst durch Kredite nicht mehr bezahlen kann, wird Mitarbeiter. Dafür erhält er ein Taschengeld und einen Bonus für jeden neu geworbenen Kunden, womit er seine eigenen Kurse wieder finanzieren kann. Wenn es nicht gelingt, auch Freunde und Familienmitglieder zu "Scientology" zu holen, ist die Verbindung zu ihnen abzubrechen. Denn jede Person, die sich nicht "Scientology" zuwendet, vielleicht sogar Kritik übt, gilt als "unterdrückerische Person", durch die das Scientology-Mitglied selbst zu einer "potentiellen Schwierigkeitsquelle" wird (vgl. Ethik, S. 129 f.).

"Suche dir ein Geschäft aus, welches bereits sehr gut arbeitet."
"Wende dich an den höchsten Direktor und verbreite Scientology."
"Lokalisiere SP's (Suppressive Person: jemand der Scientology stört) in der Organisation und wirf sie hinaus."
"Auditiere die leitenden Angestellten und zeige ihnen, um was es sich handelt, das wird dann den Zyklus in Gang setzen ... die leitenden Angestellten werden die Jungmanager und das andere Personal dazu drängen, Auditing zu nehmen." (Verwaltungs-Anordnung ED 1040 INT)

III. Faktische Auswirkungen der Tätigkeit der Church of Scientology

1. Für die Mitglieder

 Die zeitliche und geistige Vereinnahmung, insbesondere auch durch das ständige Mitteilen selbst der intimsten Gedanken beim Auditing, die vom "Auditor" schriftlich festgehalten werden, führt zu einem Realitätsverlust und läßt eine tiefe Abhängigkeit von Scientology entstehen. Für die meisten wird dadurch ein Leben ohne "Auditing" und Kurse unmöglich gemacht.

 Gesundheitliche Schäden können bei "geklärten" Scientology-Mitgliedern in doppelter Hinsicht auftreten: Je nach seelischer Disposition können bereits der anfängliche Persönlichkeitstest - sein negatives Ergebnis ist für jeden vorprogrammiert -, sonst jedenfalls das stundenlange "Auditing" mit der damit verbundenen Konfrontation mit der eigenen Vergangenheit und die Verhörsituation mit stundenlangem optischen Fixing durch die Verhörsperson zu seelischen Einbrüchen führen. In einer Reihe bekanntgewordener Fälle wurden seelische Krankheiten ausgelöst, die im Selbstmord endeten (vgl. etwa H. Stamm: "Brücke in den Tod", in: J. Herrmann, Mission mit allen Mitteln, 1993, S. 40 f.). In physischer Hinsicht bewirkt insbesondere der sog. Reinigungs-Run-down, d.h. wiederholte Saunasitzungen mit drei bis fünfstündiger Dauer unter gleichzeitiger Verabreichung höchster Dosen bestimmter Vitaminpräparate, gesundheitliche Gefahren. Dies gilt insbesondere für kreislauflabile Kandidaten sowie für Kinder.
 
 

Ein 10-jähriges Mädchen berichtet z.B. dem Kinderarzt, der von der nicht Scientology-verbundenen Mutter hinzugezogen wurde, daß es im Rahmen eines Reinigungskurses, bei dem sie täglich stundenlange Saunasitzungen absolviere, am Vortag aus dem Saunaraum herausgetragen werden mußte, sie geschrien habe und nicht mehr "Herr über ihren Körper gewesen sei". Dabei habe sie sich "von oben gesehen", das sei so, wie "wenn man gestorben ist".
Eine adäquate ärztliche Betreuung wird von Scientology in solchen Fällen nicht gestellt.
Von erdrückender Wirkung sind in aller Regel die finanziellen Leistungen, die von den Mitgliedern der Scientology-Gemeinschaft getätigt werden (sollen). Die Scientology-Lehre ist darauf gerichtet, auf den Einzelnen eine Art Sog-Wirkung auszuüben, so daß er - hat er sich erst einmal auf die Prozedur der seelischen Reinigung und Klärung eingelassen - immer teurere Engagements eingehen wird, um die ihm verheißenen höheren Stufen des "Clearing" zu erklimmen.
Die Kosten des "Einstiegs-" Kommunikationskurses liegen bei ca. 250 Dollar, die weiteren Kurse kosten bis zu 25.000 Dollar und mehr. Die obersten Stufen der "Freiheit" können nur erreicht werden, wenn kursbegleitend "Spenden" - die geforderten Beiträge liegen zwischen 40.000 und 250.000 Dollar und mehr - an die Organisation geleistet werden (vgl. Richard Behar, Time Magazine v. 6.5.1991, S. 54, 55).
Häufig tritt schon nach kurzer Zeit der Scientology-Mitgliedschaft der finanzielle Ruin ein. Personen, die nach längerer Zeit der Mitgliedschaft die Kraft zum Ausstieg finden, stehen vor Schulden, die sie - auch in dem seltenen Fall geglückter Rückkehr ins soziale Leben - kaum abzutragen in der Lage sein werden. Auch unter diesem Gesichtspunkt sind wiederholt Fälle von Selbstmord aufgetreten (Richard Behar, Time Magazine v. 6. Mai 1991; Wirtschaftswoche 13/91 v. 22. März 1991 S. 42f., 45; Stuttgarter Nachrichten v. 13. Juni 1992).

 2. Für die Familien und Angehörigen

 Die Zugehörigkeit eines Familienmitglieds zu Scientology führt sehr oft zum Abbruch der familiären Beziehungen. Sofern sich die übrigen Familienmitglieder nicht auch Scientology zuwenden, gelten diese als Kritiker. Der "Trennungsbefehl" ist die Folge, die Scheidung von Eheleuten, die Trennung von Eltern und Kindern sind die weitere Konsequenz.

 Unterhaltspflichten bleiben unerfüllt, sobald das unterhaltspflichtige Familienmitglied aufgrund seines Engagements bei Scientology finanziell kollabiert.

 3. Für die Allgemeinheit

 Viele Menschen fühlen sich durch das Vorgehen von Scientology nicht nur bedroht, sondern auch ganz konkret und persönlich belästigt. Werbekampagnen, wie Scientology sie häufig - sei es auf öffentlicher Straßenfläche, sei es gezielt in Schulen, Altenheimen usw. (dazu jüngst: Südwestfunk 11. Februar 1994: "Unterwanderung - Scientologen werden in Altenheimen und Kindergärten aktiv") - durchführt, werden vielfach als Zumutung und Provokation empfunden. An vielen Orten haben sich - wie es auch im Ausland schon zu beobachten war (z.B. Dänemark: "Dialog Center" in Aarhus, Frankreich: UNADFI, England: "Action fair") - Bürger- und Elterninitiativen gebildet, um sich gemeinsam dem von Scientology ausgeübten Druck zu widersetzen (vgl. auch Badische Zeitung vom 18. Mai 1991; "Stern" 9/93 S. 113).

 Regelungen, die auf nationaler Ebene im Interesse der Allgemeinheit bestehen, werden von Scientology nicht in jeder Hinsicht respektiert.
Wie zahlreiche gerichtliche Verfahren zeigen, sind immer wieder Kollisionen mit dem Gewerberecht, dem Arbeitsrecht, dem Steuerrecht, dem Arzneimittelrecht sowie auch dem Sozialversicherungsrecht zu verzeichnen.

 Kürzlich hat auch das Hamburgische Oberverwaltungsgericht (Urteil vom 5. Juli 1993 - OVG Bf VI 12/91 -) entgegen der von Scientology vertretenen Auffassung bestätigt, daß die Scientology-Kirche Hamburg e.V. den Verkauf von Büchern, Broschüren und des Hubbard-Elektrometers sowie das Angebot von Dienstleistungen, nämlich die entgeltliche Durchführung von Kursen und Seminaren, als Gewerbe gemäß Paragraph 14 Gewerbeordung anzeigen muß. Entsprechende Entscheidungen liegen aus dem Bereich des Steuerrechts vor.

 Im Bereich des Arbeitsrechts und des Sozialversicherungsrechts sind zahlreiche Fälle bekanntgeworden, in denen durch übermäßige Arbeitsverpflichtung von Scientology-Mitarbeitern Arbeitsschutzbestimmungen, Mutterschutzregelungen und gesetzliche Urlaubsansprüche unterlaufen wurden. Da für Scientology-Mitarbeiter Sozialversicherungsbeiträge in aller Regel nicht entrichtet werden, muß im Krankheits- und Pflegefall sowie für die Altersversorgung häufig die Allgemeinheit durch Gewährung von Sozialhilfe eintreten.

 4. Stellungnahme von Experten

 Zahlreiche Sachverständige sind zu dem Ergebnis gekommen, daß es sich bei Scientology in Wahrheit um einen multinationalen Wirtschaftskonzern handelt, der unter dem Tarnmantel der Religion ein neues System der Weltmacht anstrebt. Die Sachverständigenanhörung "Jugendsekten" im Deutschen Bundestag (Ausschuß für Frauen und Jugend) am 9. Oktober 1991 ergab, daß "bei Scientology ... die konkrete Utopie (besteht), die verfolgt wird im Verkauf von Scientology-Dienstleistungen, im Ansammeln von Finanzmacht und Wirtschaftsmacht. Scientology will die Staatsmacht und will die Weltherrschaft ... Dieses System ist antidemokratisch, kennt keine Gewaltenteilung, will den Umsturz". Festgestellt wird auch, daß "der Feinddruck, der auf Kritiker ausgeübt wird, ... zu einem erheblichen Teil über einen Mißbrauch rechtsstaatlicher Möglichkeiten (läuft)". Anzeigen gegen mißliebige, d.h. kritisch eingestellte Personen zu erstatten, Verleumdungskampagnen zu starten, durch nächtliche Störanrufe oder sogar Morddrohungen eine Atmosphäre der Unsicherheit und Angst zu schaffen, ist nach der Scientology-Ethik sinnvoll und legitim.

"Scientology ... benutzt zur Abwehr innerer und äußerer Gegner der Organisation auch geheimdienstliche Methoden, operiert im Grenzbereich zur Illegalität und scheut gegebenenfalls auch nicht vor kriminellen Aktionen zurück." (Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft München 115 JS 4298/84, S.25)
Bei der Anhörung von Sachverständigen im Deutschen Bundestag ist dazu gesagt worden:

 "Toleranz erscheint bei Scientology, wenn überhaupt, als die Toleranz unter Scientologen". "Der durch die individualistische Utopie erzeugte - und in der Lehre festgeschriebene - Größenwahn läßt die Anpassung an gesellschaftliche Erfordernisse nicht zu, so daß ein enormes Konfliktpotential entsteht."

 Ebenfalls deutliche Worte findet Professor Hans Kind, ehemaliger Direktor der psychiatrischen Polyklinik in Zürich und Spezialist für Kultfragen in einem Gutachten zu den Gründen des Suizids eines 34-jährigen Patienten und vormaligen Scientology-Mitglieds: "... zu einer (psychopathologischen) "Entgleisung" kam es erst ..., als der Patient in die Fänge der Scientology Church geraten war". Unqualifizierte Aussagen der Scientologin bei der Auswertung des mit dem späteren Patienten durchgeführten Persönlichkeitstests hätten dessen "Minderwertigkeitsgefühle bis zu Suizidabsichten verstärkt". Professor Kind stellt fest, daß Behandlungen im Rahmen von Scientology für labile und selbstunsichere Menschen ein erhebliches Risiko bedeuten, weil sie zu Depressionen und psychotischen Zusammenbrüchen führen können (zitiert nach: Hugo Stamm in: J. Herrmann, Mission mit allen Mitteln, 1993 S. 47ff.; in gleichem Sinne äußern sich u.a. Prof. Dr. Klaus Böhm, Universität Hamburg, Prof. Dr. Norbert Nedopil, Universität Würzburg, Prof. Dr. Spann, Universität München, anläßlich verschiedener fachwissenschaftlicher Gutachten).

 5. Befassung parlamentarischer Gremien mit dem Thema "Scientologie" (sic)

 Die Auswirkungen, die die Zugehörigkeit zur Scientology-Organisation auf das einzelne Mitglied und sein gesamtes Lebensumfeld hat, die Auswirkungen aber auch, die die expandierenden Aktivitäten der Scientology-Organisation selbst auf das freiheitlich-soziale und demokratische Verfassungsgefüge der Bundesrepublik Deutschland haben können, erfüllen Bürger und staatliche Stellen mit Sorge. Als Organisation, die von ihren Mitgliedern nicht nur Unterwerfung und totale Kontrolle fordert, sondern gleichzeitig jede Kritik von außen als "feindlich" darstellt und Toleranz gegenüber Andersdenkenden unter Androhung interner Strafen rigoros ablehnt, wird von der überwältigenden Mehrheit der Bürger der Bundesrepublik Deutschland als totalitär empfunden (sic). Immer wieder geschilderte Fälle, in denen Menschen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu "Scientology" in den finanziellen Ruin getrieben werden und in eine totale psychische Abhängigkeit zu ihrer Organisation gebracht werden, schaffen ein Klima der Verunsicherung. In zahlreichen gesellschaftlichen Kreisen, insbesondere auch den demokratisch gewählten Volksvertretungen wird die Auseinandersetzung mit dem Thema "Scientology" gesucht und die Frage aufgeworfen, wie in einem liberalen Rechtsstaat mit einer Organisation umzugehen ist, die in dem Gewand der "Kirche" darauf abzielt, die freiheitlichen Grundlagen der staatlichen Gemeinschaft zu unterlaufen und an deren Stelle ein anderes Machtsystem absoluter Kontrolle und individueller Unfreiheit zu setzen.

 Vor diesem Hintergrund sind die zahlreichen kleinen und großen parlamentarischen Anfragen zu sehen, die es in den vergangenen Jahren sowohl im Bundestag sowie insbesondere in den Landesparlamenten zum Thema "Scientology" gegeben hat. Es ist festzustellen, daß diese Anfragen aus allen Bereichen des in den Parlamenten vertretenen politischen Spektrums kamen.

 Sachverständigenanhörungen, wie sie im Ausschuß für Frauen und Jugend des Deutschen Bundestages am 9. Oktober 1991 oder auf Landesebene beispielsweise in Hamburg im Rechtsausschuß der Bürgerschaft durchgeführt wurden, sind ein Spiegel der in der Öffentlichkeit bestehenden Fragen und Sorgen gegenüber den Aktivitäten und Praktiken von Scientology. In manchen Bundesländern - zu nennen sind etwa Baden-Württemberg, Bremen, Hessen und Hamburg - hat es Ersuchen bzw. Anträge an den Landtag / die Bürgerschaft auf Abgabe bestimmter Erklärungen und zur Einleitung konkreter Maßnahmen zum Schutz vor einer Unterwanderung durch Scientology gegeben. Einige Landesparlamente, so z.B. die Bremische Bürgerschaft (LT Drs. 13/623 v. 18.8.93) oder auch der Landtag des Saarlandes (LT Drs. 10/1326 v. 18.1.1993), fordern darüber hinaus die Bundesregierung auf, die Empfehlung des Europarates vom Februar 1992, die die Verabschiedung eines Maßnahmenkatalogs gegen Sekten von den Mitgliedsstaaten des Europarates anregt, und die Resolution des Europäischen Parlaments vom Mai 1984, die ein gemeinsames Vorgehen der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft im Hinblick auf verschiedene Rechtsverletzungen neuerer Organisationen, welche im Schutz der Religionsfreiheit arbeiten, vorsieht, in der Bundesrepublik Deutschland umzusetzen.

 Der Landtag des Saarlandes fordert darüber hinaus die Landesregierung, Kirchen, Wohlfahrtsverbände, Schulen, Einrichtungen der Jugendhilfe, Unternehmen, sowie alle verwandten gesellschaftlichen Gruppierungen dazu auf, geeignete Initiativen zu ergreifen, mit dem Ziel, den Mißbrauch von Menschen zum Zweck des Machtzuwachses und der Profitmaximierung der Scientology-Organisation zu stoppen.
 
 

IV. Die "Church of Scientology" im Rechtssystem der Bundesrepublik Deutschland

Die Artikel 3 Abs. 3, Artikel 4 Abs. 1 und 2 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland lauten:
Artikel 3 Abs. 3 GG: "Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.

 Artikel 4 Abs. 1: "Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich."

 Artikel 4 Abs. 2: "Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet."

Die durch das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland gewährleisteten Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht (vgl. Artikel 1 Abs. 3 GG).

 Die Grundrechte aus Artikel 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG sind nicht nur den Mitgliedern anerkannter Kirchen und Religionsgemeinschaften, sondern auch für die Angehörigen anderer religiöser Vereinigungen gewährleistet. Der Staat unterliegt dem Gebot weltanschaulicher Neutralität, welches - im allgemein-staatspolitischen Bereich - unmittelbar gleichbedeutend ist mit dem verfassungsrechtlichen Toleranzgebot. Die zahlenmäßige Stärke oder soziale Relevanz einer bestimmten Glaubenshaltung darf daher im Rahmen des Artikel 4 Abs. 1 und 2 GG keine Rolle spielen.

"Als spezifischer Ausdruck der in Artikel 1 Abs. 1 GG garantierten Menschenwürde schützt Artikel 4 Abs. 1 GG gerade auch die vereinzelt auftretende Glaubensüberzeugung, die von Lehren der Kirchen und Religionsgemeinschaften abweicht. Dem Staat ist es verwehrt, bestimmte Bekenntnisse zu privilegieren ... oder den Glauben oder Unglauben seiner Bürger zu bewerten." (Bundesverfassungsgericht Bd. 33, S. 23, 28 f.)
Die Frage, ob und inwieweit die "Scientology Church e.V." und ihre Mitglieder den Schutz des Artikel 4 GG für sich in Anspruch nehmen können, ist gleichwohl offen. Die Bundesregierung vertritt die Auffassung, daß die "Scientology-Kirche Deutschland e.V." weder eine Religionsgemeinschaft noch eine Weltanschauungsgemeinschaft ist und sich deshalb auch nicht auf das Grundrecht des Artikel 4 Abs. 1 und 2 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 137 Weimarer Reichsverfassung berufen kann, weil die Ziele dieser Gruppierung eindeutig auf wirtschaftliche Aktivitäten ausgerichtet sind und die Behauptung, eine Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft zu sein, nur einen Vorwand darstellt.

 Auch das Bundesverfassungsgericht, dem in der Bundesrepublik Deutschland letztinstanzlich die Auslegung des Grundgesetzes obliegt, hat entschieden, daß die bloße Behauptung einer Gemeinschaft, sie bekenne sich zu einer Religion oder einem weltanschaulichen Bekenntnis, die Berufung auf den Schutz des Artikels 4 GG nicht rechtfertigt.

"... Allein die Behauptung und das Selbstverständnis, eine Gemeinschaft bekenne sich zu einer Religion und sei eine Religionsgemeinschaft, rechtfertigen die Berufung auf diese Freiheitsgewährleistung [nämlich die des Artikels 4 Abs. 1 und 2 GG] nicht; vielmehr muß es sich auch tatsächlich, nach geistigem Gehalt und äußerem Erscheinungsbild, um eine Religion und eine Religionsgemeinschaft handeln (Bundesverfassungsgericht Bd. 83, S. 341, 353). Für die Beurteilung von Weltanschauungsgemeinschaften gilt nichts anderes." (Bundesverfassungsgericht, Beschluß vom 28. August 1992 - 1 BvR 632/92 -)
In einem Fall, in dem Mitglieder der Scientology-Church in Zusammenhang mit Straßenwerbung auf Artikel 4 Abs. 2 des Grundgesetzes beriefen (sic), führte das Bundesverfassungsgericht aus:
"... Auch wenn sich die Würdigung dessen, was im Einzelfall als Ausübung von Religion zu betrachten ist, maßgeblich nach dem Selbstverständnis der jeweiligen Religionsgemeinschaft richtet, bedeutet das nicht, daß dieser verfassungsrechtliche Begriff der Disposition der Religionsgemeinschaften unterliegt. Der religiös neutrale Staat ist vielmehr gehalten, ihn nach allgemeingültigen, nicht konfessionell oder weltanschaulich gebundenen Gesichtspunkten zu interpretieren (BVerfGE 24, 236, 247 f.) "... In diesem Fall" erschöpfte sich die Tätigkeit, für die die Beschwerdeführer den Schutz des Artikels 4 Abs. 2 GG beanspruchen, darin, daß sie im Auftrage des "College" ["College für angewandte Philosophie"] Passanten ansprachen, um ihnen nach Durchführung eines Persönlichkeitstests Bücher und Dienstleistungen gegen Entgelt anzubieten. Eine solche Werbetätigkeit wird vom verfassungsrechtlichen Begriff der Religionsausübung nicht mehr gedeckt, selbst wenn die Beschwerdeführer auch das Ziel verfolgten, neue Mitglieder für ihre Organisation zu gewinnen ... Um einen an sich religionsneutralen Vorgang, wie es das Anpreisen von Waren und Dienstleistungen ist, dem verfassungsrechtlichen Begriff der Religionsausübung zuordnen zu können, muß er zumindest Wesensmerkmale aufweisen, die eine solche Einordnung zulassen ..." (Beschluß vom 29. Juli 1986 - 1 BvR 479/86 -)
Das Bundesverwaltungsgericht hat andererseits auch ausgeführt, daß zu einem vollständigen Entzug des Grundrechtsschutzes aus Artikel 4 des Grundgesetzes auch dann kein hinreichender Anlaß besteht, wenn die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinschaft eine solche Bedeutung erlangt, daß die gemeinschaftliche Pflege von Religion oder Weltanschauung in den Hintergrund tritt, oder wenn - anders ausgedrückt - die geschäftlichen Interessen der Gemeinschaft ihre sonstigen Aktivitäten überwiegen (vgl. Urteil vom 27. März 1992 - 7 C 22.90 -).

 Die Religions- und Weltanschauungsfreiheit ist zwar in Artikel 4 des Grundgesetzes vorbehaltlos gewährleistet. Dies bedeutet aber nicht, daß dieses Grundrecht keinerlei Einschränkungen zuläßt. Artikel 4 GG ist vielmehr in die Gesamtheit der Verfassungsbestimmungen eingebunden. Die Bekenntnisfreiheit findet insbesondere dort ihre Grenzen, wo die Ausübung dieses Grundrechts auf die Menschenwürde und das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit anderer Personen trifft. Artikel 4 Abs. 1 und 2 des Grundgesetzes geben dem Einzelnen grundsätzlich nicht das Recht, sich von der Verbindlichkeit geltenden Rechts freizusprechen. Die Freiheiten des Artikel 4 GG finden ihre Grenzen an kollidierenden Grundrechten Andersdenkender und sonstigen mit Verfassungsrang ausgestatteten Rechtswerten, wenn diesen im Konkurrenzfall das höhere Gewicht zukommt (vgl. BVerfGE 52, S. 223/246 f.).

 Neben der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit gehören in der Bundesrepublik Deutschland auch die Meinungs- und die Pressefreiheit, die Freiheit der Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre zu den elementaren Grundfreiheiten des Menschen (Art. 5 GG). Auch das Recht des Einzelnen, öffentlich Kritik zu äußern, wird von der Verfassung garantiert. Mit dieser Grundbedingung des freiheitlichen, pluralistischen Staates muß sich auch derjenige arrangieren, der sich auf seine Bekenntnisfreiheit beruft.

 In Wahrnehmung der staatlichen Schutzpflicht gegenüber allen Bürgern trägt die Bundesregierung durch Aufklärungsmaßnahmen zur notwendigen geistigen und politischen Auseinandersetzung mit dem Problemfeld der sog. Jugendsekten und Psychogruppen, einem Bereich, dem die Scientology-Organisation zuzuordnen ist, bei. Die Bundesregierung ist kraft des Neutralitätsgebotes verpflichtet, hierbei Zurückhaltung zu üben und Sachlichkeit zu bewahren. Dies gibt ihr gleichwohl das Recht, nicht nur Tatsachen mitzuteilen, sondern aus diesen Tatsachen auch selbst wertende Schlußfolgerungen zu ziehen. Besteht eine Gefahr für die grundlegenden Rechtsgüter seiner Bürger - insbesondere das Leben und die körperliche Unversehrtheit - darf der Staat in Wahrnehmung seiner ihm von Verfassungs wegen obliegenden Schutzpflicht (Artikel 2 Abs. 1 GG) auch Warnungen aussprechen (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluß vom 15. August 1989, NJW 1989, S. 3269 ff., Bundesverwaltungsgericht Bd. 82, S. 76 ff.).

 Ungeachtet der Frage einer möglichen Inanspruchnahme der Grundrechte aus Artikel 3 Abs. 3 und 4 Abs. 1 und 2 GG steht in jedem Falle denkbarer Rechtsverletzung durch die öffentliche Gewalt der Rechtsweg offen - Artikel 19 Abs. 4 des Grundgesetzes. Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland gewährleistet jedermann lückenlosen gerichtlichen Rechtsschutz gegen behauptete rechtswidrige Eingriffe der öffentlichen Gewalt in seine Rechte. Damit wird dem Einzelnen nicht nur die formale Möglichkeit gegeben, Gerichte anzurufen, sondern der Anspruch auf vollständige gerichtliche Nachprüfung der angefochtenen Maßnahme in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht begründet.
 
 

V. Zu den in der Beschwerdeschrift erhobenen Vorwürfen im einzelnen

Viele vorgetragene Sachverhalte sind in so allgemeiner Form geschildert worden, daß den Vorwürfen nicht nachgegangen werden konnte. Soweit eine Aufklärung möglich war, wird bemerkt:
  1. Liste: 1991, 4), Nr. 01: Im Bereich des Oberschulamtes Stuttgart ist nur ein Lehrer bekannt, der aktives Mitglied der Scientology-Organisation ist. Es handelt sich um Herrn Rainer P. Der angebliche Bericht des Roland X. vom 22. Juli 1988 hat keine Ähnlichkeit mit der Behandlung des Falles P. durch die Schulverwaltung. Im Jahre 1978 war Herrn P. von Eltern und Schülern vorgeworfen worden, er mißbrauche seine Stellung als Lehrer dazu, Schüler der Scientology-Organisation zuzuführen. Von seiten des Oberschulamtes wurde Herr P. auf seine Dienstpflichten hingewiesen. Er wurde von Beamten nicht unter Druck gesetzt. Eine Entlassung wurde nicht angedroht. Ein Rechtsanwalt war nicht eingeschaltet. Herr P. ist weiterhin im Schuldienst tätig.
  2. Liste: 1991, 6), Nr. 02: Der Geschädigte Karl-Otto C. erstattete am 21. Mai 1990 bei der Polizei in Flensburg Anzeige wegen Sachbeschädigung, da drei Tage zuvor am 18. Mai 1990 rote Fassadenfarbe über sein Fahrzeug gespritzt worden sei. Der Anzeigende wurde von der Polizei über seine strafprozessualen Rechte belehrt. Das Verfahren wurde von der Staatsanwaltschaft Lübeck durch Verfügung vom 27. Juni 1990 eingestellt, da ein Täter nicht ermittelt werden konnte. Diese Verfahrensweise der Staatsanwaltschaft ist nicht zu beanstanden.
  3. Liste 1991, 6), Nr. 05: Aufgrund der gegen Unbekannt erstatteten Strafanzeige wurde von der zuständigen Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Der Täter konnte jedoch nicht festgestellt werden.
  4. Liste 1991, 7), Nr. 01: Von der angesprochenen Auskunftserteilung durch die Staatsanwaltschaft München I ist nichts bekannt. In Erfahrung zu bringen ist lediglich, daß die Staatsanwaltschaft beim Landgericht München I gegen Verantwortliche der Scientology-Organisation ein Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung führt. Da der Aufenthalt der Beschuldigten nicht bekannt ist, wurden diese vom Amtsgericht München zur Festnahme ausgeschrieben. Eine Begebenheit der in 7) Nr. 01 geschilderten Art hat es auch in diesem Zusammenhang nicht gegeben.
  5. Liste 1991, 7), Nr. 02: Hinsichtlich der Anmietung und Untersagung eines Informationsstandes im August 1990 in Schwalmstadt ist bei der zuständigen Staatsanwaltschaft kein Ermittlungsverfahren anhängig gewesen. Polizeiliche Erkenntnisse liegen nicht vor.
  6. Liste 1991, 9), Nr. 08: Bei der Durchsuchung der Firma Stahlbau Technik Neckar GmbH am 16. April 1991 hat es sich nicht um eine Aktion gegen Scientology bzw. einen Scientology-Anhänger gehandelt. Auch die Darstellung verschiedener Einzelheiten muß als unzutreffend zurückgewiesen werden.

  7.  Der Fall "Stahlbautechnik" hat mit einer wie auch immer gearteten Form staatlicher Diskriminierung von "Scientology" nichts zu tun. Er darf als typischer Fall gelten, in dem es in Wirklichkeit um die - von der jeweiligen Bekenntnis- oder Weltanschauungszugehörigkeit des einzelnen Bürgers völlig unabhängige - Ahndung von Verstößen gegen das geltende Arbeits- und Steuerrecht geht, diese Ahndung jedoch von Scientology als Akt menschenrechtswidriger Diskriminierung Andersgläubiger dargestellt wird.

     Tatsächlich hat sich der Fall wie folgt zugetragen:

    Aufgrund der Ermittlung der zuständigen Behörden bestand der Verdacht, daß bei der Firma Stahlbau Technik Neckar GmbH 26 Personen illegal beschäftigt waren. Wegen des Verdachts des Betrugs und der Lohnsteuerhinterziehung erließ das zuständige Amtsgericht Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse. Die Durchsuchung wurde am 16. April 1991 durchgeführt. Dabei wurden 22 polnische und 12 jugoslawische Arbeitnehmer zur Feststellung der Personalien vorläufig festgenommen, anschließend jedoch wieder auf freien Fuß gesetzt. Die Behauptung, daß sie sich danach in schlechtem körperlichen Zustand befunden hätten, trifft nicht zu. Die Ermittlungen ergaben, daß die polnischen Arbeitnehmer im Rahmen eines vom Landesarbeitsamt genehmigten Werkvertrages im Besitz einer Arbeitserlaubnis und einer entsprechenden Aufenthaltserlaubnis waren, jedoch vertrags- und auflagenwidrig eingesetzt worden waren. Die jugoslawischen Arbeitnehmer waren nicht im Besitz einer Aufenthalts- oder Arbeitserlaubnis.

     Bei der Durchsuchung der Geschäftsräume wurden zahlreiche Geschäftsunterlagen im Zusammenhang mit der Beschäftigung von illegal tätigen ausländischen Arbeitnehmern beschlagnahmt. Bei der Durchsuchung der Wohnung des damaligen Geschäftsführers wurden außerdem fünf Ordner mit Unterlagen einstweilen in Beschlag genommen, da sich aus diesen der Verdacht ergab, daß der Geschäftsführer und seine Ehefrau versuchten, hohe Zahlungen an Scientology zu Unrecht steuermindend geltend zu machen.

     In dem Verfahren wegen Betruges und Lohnsteuerhinterziehung im Rahmen illegaler Beschäftigung ließ das zuständige Amtsgericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft gegen den ehemaligen Geschäftsführer der Firma Stahlbau Technik Neckar GmbH einen Strafbefehl in Höhe von 200 Tagessätzen zu je 1.000,00 DM (sic). Der Angeklagte legte Einspruch ein. Die auf den 26. August 1993 angesetzte Hauptverhandlung wurde wegen Abwesenheit des Angeklagten ausgesetzt; er wurde inzwischen zur Festnahme ausgeschrieben.

     Wegen des Vorwurfs der illegalen Ver- bzw. Entleihe ausländischer Arbeitnehmer und damit in Zusammenhang stehender Vorwürfe des Betruges und der Steuerhinterziehung sind die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen.

     Bezüglich des Vorwurfs der erneuten illegalen Beschäftigung jugoslawischer Arbeitnehmer nach der Durchsuchung am 16. April 1991 wird ein weiteres Ermittlungsverfahren geführt; dieses wurde durch Verfügung vom 22. Juli 1993 wegen Abwesenheit des Beschuldigten vorläufig eingestellt.

     In einem weiteren Ermittlungsverfahren wird dem ehemaligen Geschäftsführer der Firma Stahlbau Technik Neckar GmbH vorgeworfen, er habe, als sich dieses Unternehmen in der Krise befand, ca. 1,5 Millionen DM veruntreut. Darüber hinaus habe er die Firma betrügerisch veräußert, indem er die Bilanz zum 31. Dezember 1991 derart manipuliert habe, daß anstelle eines Verlustes von über 11 Millionen DM ein Gewinn von über 2 Millionen DM ausgewiesen worden sei. In diese Ermittlungsverfahren wurde der Beschuldigte, der im Ausland untergetaucht sein soll, durch Verfügung vom 29. Dezember 1993 zur Festnahme ausgeschrieben.

  8. Liste 1991, 11), Nr. 06: Zu den behaupteten politischen Diffamierungskampagnen gegen Mitglieder der Scientology Organisation in Wetzlar hat die zuständige Staatsanwaltschaft berichtet, daß wegen Äußerungen auf einer Veranstaltung der CDU Wetzlar am 23. Januar 1992 auf die Strafanzeige eines Vertreters der Scientology Organisation gegen Frau Renate Hartwig und Frau Anita Stutz ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden ist. Durch Verfügung vom 19. Mai 1993 ist mit Zustimmung des Amtsgerichts Wetzlar von der Verfolgung abgesehen worden. Es wurde keine Beschwerde gegen die Entscheidung eingelegt.
  9. Fall "P.": Der von Herrn Dr. Michael P. vorgetragene Fall angeblicher "Diskriminierung eines Scientologen" kann ebenfalls nicht bestätigt werden. Die Darstellung des Vorgangs in der Beschwerdeschrift deckt sich nicht mit den Feststellungen der Ermittlungsbehörden. Ähnlich dem Fall der Firma Stahlbau Technik Neckar GmbH handelt es sich hier um ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Betruges, der Untreue sowie eines Verstoßes gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, zugleich um ein arbeitsgerichtliches Kündigungsschutzverfahren zwischen Herrn P. und der Firma BASF.
  10. Es bestand der Verdacht, daß Herr P. mit seiner Firma "Specdata EDV" widerrechtlich monatlich zwischen 20 und 40.000,00 DM Umsatz erzielte, indem er Strukturanalysen chemischer Stoffe aus dem Hauptlabor der BASF mit zu sich nach Hause nahm, auf eigene Datenträger umsetzte und an den Geschäftsführer der Firma "Chemical Concepts" weiterverkaufte. Der Beschuldigte wurde anläßlich der Durchsuchung seines Arbeitsplatzes in der BASF in Ludwigshafen/Rhein am 27. Oktober 1992 mittags durch Polizeibeamte festgenommen. Gegen 18.00 Uhr desselben Tages entschied die zuständige Staatsanwaltschaft, daß der Beschuldigte aus dem Gewahrsam zu entlassen sei. Danach verblieb der Beschuldigte jedoch freiwillig im Polizeipräsidium und stellte sich noch bis ca. 20.30 Uhr einer informatorischen Befragung durch die Polizei. Dann verließ der Beschuldigte das Polizeipräsidium. Über die Behandlung des Beschuldigten in der Zeit seiner Verwahrung ist nichts bekannt. Das Ermittlungsverfahren gegen Herrn P. wurde durch Verfügung vom 11. Februar 1994 eingestellt.

     In dem arbeitsgerichtlichen Verfahren, das Herr P. gegen die Firma BASF vor dem Arbeitsgericht Ludwigshafen/Rhein angestrengt hat, war er im erstinstanzlichen Urteil vom 16. Juni 1993 unterlegen. Gegen dieses Urteil wurde Berufung eingelegt.

    Der Umstand, daß Herr Dr. P. Mitglied der Scientology-Organisation ist, spielte in den genannten gerichtlichen Verfahren keine Rolle. Auch wurden von der Staatsanwaltschaft keine Einzelheiten zum angenommenen Tathergang oder der Person des Beschuldigten bekanntgegeben. Soweit es Presseberichte gab, in denen auch die Scientology-Zugehörigkeit von Herrn P. hervorgehoben wurde, wurden diese jedenfalls nicht durch die Informationspolitik staatlicher Stellen ausgelöst. Auf welche sonstigen Informationen die Presse ihre Berichterstattung stützt, ist vom Staat weder zu beurteilen noch zu bewerten. In der Bundesrepublik Deutschland gehören die Pressefreiheit ebenso wie die Meinungsbildungs- und Meinungsäußerungsfreiheit - wie die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit - zu den elementaren Grundfreiheiten des Menschen. Die - freie - Presse in der Bundesrepublik Deutschland ist ihrerseits jedoch verpflichtet, das Persönlichkeitsrecht derer, über die berichtet wird, zu wahren. Für den Betroffenen besteht ein entsprechender einklagbarer Anspruch.
  11. Liste Februar 1993, 2): Die hier geschilderten Fälle angeblicher Bombendrohungen gegen die Scientology-Church bzw. deren Mitglieder werden zum Teil bereits an anderen Stellen der drei vorgelegten Listen angeführt (vgl. z.B. Liste 1991, 10) Nr. 03, Ulm 23. April 1991).

  12.  Es muß erstaunen, daß nicht ein einziger der mitgeteilten Fälle den zuständigen Polizei- oder Justizbehörden zur Kenntnis gebracht wurde. Es kann daher auch nicht bestätigt werden, daß es in verschiedenen Orten zu polizeilicher Räumung von Kirchen wegen vorausgegangener Bombendrohungen gekommen ist. Von diesen Bombendrohungen und Polizeieinsätzen ist nichts bekannt.

     Ebenfalls unbekannt sind die angeführten Fälle, in denen es schriftliche Bombenandrohungen, verbunden mit rassistischer Hetze gegeben haben soll. Nichts hätte in diesen Fällen für die Betroffenen näher gelegen, als diese schriftlichen Androhungen umgehend der Polizei zu melden, nichts hätte für den Staat näher gelegen, als umgehend und intensivst die Ermittlungen aufzunehmen.

     Die Liste der hier angeführten Ereignisse drängt daher zu der Annahme, daß es sich um bloße Behauptungen handelt, die darauf abzielen, eine Parallele zwischen dem angeblichen Umgang mit der Scientology-Church und dem grausamen Schicksal der jüdischen Bevölkerung im Dritten Reich zu ziehen. Derartigen Ansätzen tritt die Bundesrepublik Deutschland mit Nachdruck entgegen. Sie sind unhaltbar und in hohem Maße verantwortungslos gegenüber dem jüdischen Volk und seiner Geschichte.

  13. Liste März 1993, 14: Der Fall "Chick Corea"

  14.  Die Darstellung des Falles in der Beschwerdeschrift ist nicht zutreffend. Den behaupteten Vertrag zwischen dem Land Baden-Württemberg und dem Jazzpianisten Chick Corea hat es nicht gegeben.

     Richtig ist vielmehr, daß eine Werbeagentur, die vom Land Baden-Württemberg mit der Organisation des Rahmenprogramms der Leichtathletik-Weltmeisterschaft im August 1993 beauftragt war, Vertragsverhandlungen über einen Auftritt von Herrn Chick Corea im "Baden-Württemberg-Club" führte. Diese Verhaldungen wurden nicht fortgesetzt, als bekannt wurde, daß Herr Corea einer der wichtigsten Werbeträger der Scientology-Organisation ist. Der Landesregierung Baden-Württemberg war und ist es unbenommen, als Veranstalter ihres eigenen kulturellen Programms Künstler ihrer Wahl zu engagieren. Dies entspricht dem in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Grundsatz der Vertragsfreiheit, der im Rahmen des fiskalischen Handelns in gewissem Umfang auch zugunsten des Staates Wirkungen entfaltet.

     Die Entscheidung der Landesregiuerung Baden-Württemberg hat weder mit einem Berufsverbot noch mit Rassismus etwas zu tun, sie verstößt auch nicht gegen die Freiheit der Kunst oder die Religionsfreiheit. Herr Corea kann überall und so oft auftreten, wie er möchte, auch im Land Baden-Württemberg. Eine Verpflichtung des Landes, mit Herrn Chick Corea einen Vertrag zu schließen, besteht jedoch nicht. Dies wurde Herrn Chick Corea auf seinen an das Land Baden-Württemberg ebenso wie u.a. den Bundespräsidenten, den Bundeskanzler und den Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland gerichteten Protest hin vom Staatsministerium Baden-Württemberg mit Schreiben vom 14. Juni 1993 mitgeteilt.

     Herr Corea hat beim Verwaltungsgericht Stuttgart gegen das Verhalten der Landesregierung Baden-Württemberg Klage erhoben. Mit dem - erstinstanzlichen - Urteil in dieser Sache ist innerhalb der nächsten Monate zu rechnen. Der Rechtsweg ist nicht erschöpft.

VI. Parlamente und Parteien

Schließlich wird die Meinungsbildung zu dem Thema "Scientology" innerhalb der politischen Parteien sowie des Deutschen Bundestags/der Landtage in der Beschwerdeschrift als Akt der Diskriminierung dargestellt.

 Die politischen Parteien in der Bundesrepublik Deutschland sind Vereinigungen mit grundsätzlich eigenständiger Willensbildung und organisatorischer Selbständigkeit. Der Staat hat grundsätzlich weder das Recht, noch gar die Pflicht, in interne Angelegenheiten der Parteien hineinzuregieren. Den Parteien ist es unbenommen, sich mit einem Thema wie "Scientology" zu befassen und ggf. auch Unvereinbarkeitsbeschlüsse zu fassen. Gemäß Paragraph 10 Parteiengesetz entscheiden die zuständigen Organe der Partei nach näherer Bestimmung der Satzung frei über die Aufnahme von Mitgliedern. Die Ablehnung eines Aufnahmeantrags braucht nicht begründet zu werden. Im Falle eines etwaigen Parteiausschlusses haben die betroffenen Parteimitglieder die Möglichkeit, die Rechtmäßigkeit ihres Ausschlusses durch mehrere Instanzen vor dem Parteiengericht überprüfen zu lassen. Es ist festzustellen, daß von dieser Möglichkeit bisher nur zwei Scientology-zugehörige Mitglieder der CDU Gebrauch gemacht haben, der Rechtsstreit jedoch von den Betroffenen nicht weiter als bis zur ersten Instanz des Parteiengerichts geführt wurde.

 Der in der Beschwerdeschrift eigens angeführte Fall das Herrn Roland Köhn ist, wie eine Nachfrage bei dem SPD-Landesverband Hamburg ergab, in der SPD des Landes Hamburg nicht bekannt. Bei den der Beschwerdeschrift beigefügten Schreiben des Wohnbezirksvorsitzenden Hochnig and Herrn Köhn handelt es sich um kein formelles Austrittsersuchen. Zu einem gerichtlichen Verfahren ist es nicht gekommen, ein Parteiausschluß nicht erfolgt. Mit der behaupteten Diskriminierung der Scientology-Organisation durch die Bundesrepublik Deutschland haben diese Fälle nichts zu tun.

 Die Befassung des Deutschen Bundestages und der Landesparlamente einschließlich ihrer Ausschüsse mit dem Thema "Scientology" bietet ebenfalls keinen Ansatzpunkt für den Vorwurf einer Diskriminierung von "Scientology". Das Parlament eines freien Staates ist grundsätzlich frei in der Auswahl der Themen, mit denen es sich - aus welchen Gründen auch immer - zu beschäftigen wünscht. Zu diesen Themen gehört - wie es in anderen freiheitlichen demokratischen Rechtsordnungen

(International bekannt geworden sind z.B.: England 21.12.1971 Foster Report ordered by the House of Commons; Australien 1965 Anderson Report presented to both Houses of Parliament; Parlamentsdebatte vom 3.6.1982; Neuseeland Petition vom 28.6.1968 sowie, statt vieler, die bereits zitierte Entschließung des Europäischen Parlaments vom 22.5.1984 (Dok. I-47/84 Anl. III).)
ebenso wiederholt schon der Fall war - aus gegebenem Anlaß auch das Thema "Scientology".