Poker vor Gericht / Union und Patschinski einigen sich nicht

Sechzehn Spiele hat der 1. FC Union Berlin nicht mehr verloren. Was aber am Montag vor dem Arbeitsgericht Berlin passierte, fühlte sich an wie eine Niederlage für den designierten Zweitligisten - auch wenn die Verhandlung unter dem Aktenzeichen 27 Ca 4832/09 lediglich als Gütetermin gekennzeichnet war. Nur eine Viertelstunde dauerte die Sitzung, dann eilte Oskar Kosche, der Geschäftsführer des Vereins, wortkarg zum Fahrstuhl. Ohne Einigung. Richterin Iris Sanchez hatte ihm verdeutlicht, dass der 1. FC Union nach momentaner Aktenlage mit seiner fristlosen Kündigung für Nico Patschinski einen Fehler begangen hat, der für den Klub teuer wird.

Doch auch der Spieler wirkte nicht wirklich zufrieden. "Union ist mein Verein, für den ich schon in der Jugend gespielt habe", sagte Patschinski, "das tut weh, wenn man sich streitet." Der nächste Termin ist für den 3. Juni angesetzt. Bis dahin hat weder der 1. FC Union Klarheit, der den laut Kosche teuersten Spieler weiter einplanen muss und damit auf dem Transfermarkt eingeschränkt ist, noch Patschinski. "Ich halte mich so fit, wie es geht. Aber auch wirtschaftlich ist es schwierig, wenn man von Arbeitslosengeld die Familie ernähren muss." Fürs Erste forderte Sanchez Kosche auf, sowohl die Abmahnung als auch die Geldstrafe über 5.000 Euro zurückzunehmen. Für beides gäbe es "keine Berechtigung". Ohnehin sind diese Vertragsstrafen im Profifußball laut einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf unwirksam.

Besonders hart aber muss Kosche die Feststellung der Richterin getroffen haben, sie könne keinen Kündigungsgrund erkennen. "Völlig unkonkret und nebulös" sei alles: "Was Sie vortragen, ist nur ein Stimmungsbild." Anwalt Frank Rybak, den die Spielergewerkschaft VdV Patschinski gestellt hat, betonte: "Es ist perfide, auf welche Weise sich Union da eines Spielers entledigen will. Wenn sie das wollen, sollen sie es vernünftig tun und nicht auf diese Tour, die mit Professionalität nichts zu tun hat." Patschinski habe "durch sein Verhalten dazu beigetragen, dass der sportliche und wirtschaftliche Erfolg extrem gefährdet war", behauptete Kosche. "Es gab Äußerungen in der Öffentlichkeit, die Vertreter des Vereinsgremiums beschädigt haben." Der Stürmer habe behauptet, Union sei seinen finanziellen Verpflichtungen nicht nachgekommen. Nun wäre es interessant geworden - wenn Kosche sich getraut hätte.

Denn Patschinski soll im Dunstkreis des BFC Dynamo, in dem er sich für den Geschmack vieler Unioner zu oft bewegt, davon gesprochen haben, dass Präsident Dirk Zingler Zahlungen nicht geleistet habe. Ein delikates Thema, denn es geht angeblich um private Absprachen abseits des Arbeitsvertrages. "Es gibt kein Schwarzgeld", behauptete Kosche gegenüber dieser Zeitung. Da dürfte auch für den 32 Jahre alten Spieler die Beweisführung schwierig werden - wenn er sich nicht selbst belasten will. Doch Patschinski pocht auf sein vertraglich vereinbartes Salär. Auch die Richterin befand die "Karten für den Arbeitnehmer gut gemischt". Patschinski stehen bis Vertragsende 2010 rund 220.000 Euro Gehalt zu - plus Aufstiegsprämie. Union muss also eine große Summe zahlen, wenn der Klub verhindern will, dass Patschinskis Anwalt mit seinem Weiterbeschäftigungsantrag Erfolg hat.


Matthias Wolf, Berliner Zeitung, 07.04.2009