Thema der Woche: Polizeieinsatz im Stadion wird zum Politikum

Am heutigen Montag will sich Bernd Schultz, Präsident des Berliner Fußball-Verbandes (BFV), mit den Verantwortlichen des BFC Dynamo an einen Tisch setzen. Im Januar soll auf Einladung der Polizei ein weiteres Gespräch zwischen BFV, NOFV und Verein folgen. Das hört sich erst einmal gut an. Denn was sich vor acht Tagen beim Oberligaspiel Tennis Borussia - BFC Dynamo (4:2) auf den Zuschauerrängen abspielte, ist inzwischen zu einem echten Politikum geworden. Es geht um den Einsatz der Polizei, der als maßlos überzogen und überaus brutal kritisiert wird. Selbst szenekundige Beamte der Einsatzgruppe Hooligan bezeichneten das Vorgehen ihrer Kollegen als unverhältnismäßig. Innerhalb der Polizei gab es bereits erste Konsequenzen: Der Einsatzleiter einer Hundertschaft wurde bis auf Weiteres von seinen Aufgaben entbunden.

Ein im Internet (www.youtube.de) zu sehendes Video entlarvt den Beamten als brutalen Schläger, der - offenbar nach einem Wortgefecht - zwei Fußballanhängern mit der Faust ins Gesicht schlägt. Es bestehe der Verdacht auf Körperverletzung im Amt, teilte die Polizei mit. Kurz vor Ende des Spiels war die Polizei mit Schlagstock und Pfefferspray in den Block der rund 1.300 BFC-Anhänger gerückt. Der Auslöser für diesen Einsatz soll eine Falschinformation gewesen sein. Nachdem ein Zuschauer auf den Zaun geklettert war, war dieser vom BFC-eigenen Sicherheitsdienst gestellt und in Richtung Stadionausgang geführt worden. Die Polizei wollte derweil erfahren haben, dass der Sicherheitsdienst von den Zuschauern angegriffen worden sei - und blies zur Attacke. Unbeteiligte, darunter Frauen und Kinder, bekamen Pfefferspray ab, es entwickelten sich Schlägereien. Die Zuschauer warfen mit Gegenständen auf Polizisten, die ihren "Mehrzweckstock" einsetzten und literweise Pfefferspray versprühten.

"Der unnötige Einsatz von Schlagstöcken und Reizgas ist nicht tolerierbar. Es wurde kein Unterschied zwischen friedlichen Fans und mutmaßlichen Unruhestiftern gemacht", heißt es in einer Mitteilung des BFC Dynamo. Selbst Ordner und Offizielle des Vereins, die schlichten wollten, wurden von der Polizei verletzt. Gastgeber TeBe hatte für das Spiel 85 Ordner (plus eine stille Reserve) gestellt. Zudem waren rund 600 Polizisten im Einsatz. Zum Vergleich: Bei einem "normalen" TeBe-Heimspiel sind 13 Ordner und zwei Polizisten im Einsatz. "Die Einlasskontrollen waren bundesligatauglich", sagt BFC-Pressesprecher Martin Richter. Und auch der Sicherheitsbeauftragte des NOFV, Robert Satzer, habe TeBe ein gutes Konzept und eine gute Organisation bescheinigt. "Wir haben unsere Vorgaben übererfüllt", sagt TeBe-Sprecher Hagen Liebing. Dass trotz intensivster Körperkontrollen die eine oder andere Rauchbombe die Sicherheitsschleuse passiert, lässt sich kaum verhindern. Jetzt dürfen alle gespannt sein, welche Konsequenzen die Verbände und die Polizei aus den Vorfällen ziehen.


Ulli Meyer, Fußballwoche, 15.12.2008