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Die Ansprüche beim zehnfachen DDR-Meister BFC Dynamo sind bescheiden
geworden. Heute freuen sich die Fußballer aus Hohenschönhausen, wenn sie den Klassenerhalt in der vierten Liga schaffen. Doch der BFC steht in der Öffentlichkeit unter besonderer Beobachtung. Dynamo wird wegen früherer Vorfälle
selbst bei kleinsten Anlässen sofort mit Hooligans und Nazis in Verbindung gebracht – auch wenn sich der Klub mit einem Kitaprojekt, der großen Jugendabteilung und einer Arbeitsmarktoffensive um den Nachwuchs und seine Fans
sorgt. Die Zukunft soll besser aussehen. Da am 23. Juni eine Mitgliederversammlung ansteht, tobt deshalb längst der Wahlkampf zwischen dem amtierenden Präsidenten Mario Weinkauf (45) und dem heimlichen "Chef" Peter
Meyer (40). Hauptsponsor Meyer, Geschäftsführer der Telekommunikationsfirma Infinity, hatte den Verein mit mehreren Finanzspritzen und einem Sparkurs über die Saison gerettet.
Dafür war Präsident Weinkauf freiwillig in die Rolle eines Frühstücksdirektors gerückt, ohne wirklichen Einfluss oder Einsicht in die Bücher. Jetzt steht dieses Stillhalteabkommen vor dem Aus. "Die Saison ist vorbei.
Eine neue Situation ist entstanden", sagt Weinkauf, Regionalleiter Nordost beim bundesweiten Telekommunikationsanbieter QSC. "Ich will mit dem Verein in die Regionalliga aufsteigen. Ich habe mit einem Investor einen Dreijahresvertrag geschlossen."
Ein Kontoauszug weist für den 6. Juni 2007 den Eingang von 299.990 Euro auf dem Konto der Wirtschafts GmbH des Vereins aus. Den Investor, der "aus Europa" stammen soll, will Weinkauf erst am 23. Juni
präsentieren. Vorher strebt der Volkswirt noch den Rückkauf des Vereinslogos an. Die Rechte hält derzeit ein Berliner, der Mitglied der (in der Hauptstadt nicht verbotenen) Motorradgruppe Hells Angels ist. Während sich Weinkauf
eine Zusammenarbeit mit Meyer zum "Wohle des Vereins" vorstellen kann, schließt das der Kontrahent aus.
"Das wird es definitiv nicht geben. Ich werde die Wahl gewinnen", meint Meyer. "Wir haben genug Phrasen gehört. Wir wollen kein Geld von einer Briefkastenfirma. Ich will auch nicht mit den Hells Angels verhandeln."
Eigentlich stehen in diesem Jahr keine Präsidiumswahlen an. Meyer hofft jedoch, Weinkauf über ein Misstrauensvotum der Mitglieder kippen zu können. Sie werfen Weinkauf vor, unliebige Fans aus dem Verein ausschließen zu wollen.
Weinkauf wehrt sich: "Das stimmt nicht. Aber es gibt eine Stadionordnung, Normen und gesellschaftliche Regeln. Wer sich nicht daran hält, muss mit Sanktionen rechnen." Meyer, der selbst den Posten des
Vereinschefs nicht anstrebt, will jedoch mit einem neuen Präsidium seine Visionen mit transparentem Sponsoring und sportlichem Erfolg mit Ziel Regionalliga durchsetzen. Meyers Verzicht steht im Zusammenhang mit einer Randale
2004 bei einem Spiel in Babelsberg. Vor Gericht wurde er zwar in erster Instanz von einer Beteiligung freigesprochen, aber er gibt zu, "öffentlich eine schwere Last zu tragen".
Matthias Koch, Neues Deutschland, 08.06.2007
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