Trainersturz im Vorbeigehen / Die Oberligisten BFC Dynamo und Tennis Borussia sind weit von ihren ursprünglichen Saisonzielen entfernt

Der BFC Dynamo und Tennis Borussia haben eigentlich wenig gemeinsam. Allenfalls ihre ruhmreiche Vergangenheit und die triste Gegenwart in der vierten Liga eint die Traditionsvereine aus Ost- und West. Derzeit scheint es aber, als rangeln beide um den Titel des chaotischsten Oberligisten der Hauptstadt. Mal liegt der eine vorne, dann der andere. Am Wochenende hielt sich TeBe zurück, fiel sogar positiv auf durch den Sieg beim 29. Oberliga-Turnier in der Sömmeringhalle, der Berliner Hallenmeisterschaft. Im Finale wurde der BFC Preussen 3:2 besiegt; im Spiel um Platz drei setzte sich der Spandauer SV mit 4:1 gegen Yesilyurt durch. Der BFC Dynamo hatte sich schon in der Vorrunde verabschiedet, und en passant auf merkwürdige Weise Trainer Ingo Rentzsch gefeuert.

Es steht - kaum zu glauben, aber wahr - der fünfte Trainerwechsel in sechs Monaten an. Die Art der Trennung wirkt selbst für Amateurverhältnisse dilettantisch. Den Beobachtern, die Rentzsch vermissten, erzählte Verwaltungschef Frank Berton, der Übungsleiter, von Beruf Reha-Sportlehrer und seit Ende Oktober beim BFC, sei dienstlich verhindert. "Dafür", so Berton lächelnd, "haben wir natürlich vollstes Verständnis. Der Beruf geht vor, und der BFC kann sich ja auch keinen hauptamtlichen Trainer leisten." Eine Stunde später war die Pressemitteilung des Klubs im Umlauf, wonach man sich auf eine Vertragsauflösung geeinigt habe. Dem Trainer wird vorgeworfen, zu wenig Elan entfaltet zu haben.

Vielleicht aber war Rentzsch, der vorerst durch die Spieler Jörn Lenz und Nico Thomaschewski ersetzt wird, auch nur der einzige Realist im Verein, der von der Rückkehr ins Profilager träumt, jedoch, wie Rentzsch erklärte, "über amateurhafte Strukturen" verfügt. Er nannte den Klassenerhalt als Ziel, was angebracht ist ob des drittletzten Tabellenplatzes, aber nicht gut ankam. "Das Wort Abstiegsgefahr ist aus dem Sprachgebrauch aller BFCer gestrichen, das Gespenst ist vertrieben", sagte Berton, dabei beginnt die Rückrunde erst am 25. Februar. Ein Mann nährt die Hoffnungen, der in der Halle glänzte: Dennis Kutrieb erzielte sieben der zehn Dynamo-Tore, wurde zum besten Spieler des Turniers gewählt und von den 400 BFC-Fans gefeiert. Schließlich ist die Rückkehr des verlorenen Sohnes auch ihr Transfer.

Sie sammelten zwei Drittel jener 3.500 Euro Ablöse, die an Berlin Ankaraspor gezahlt werden mussten. Der 27-jährige Mittelfeldspieler sagt nun: "Ich alleine kann kein Spiel gewinnen, aber wir werden gemeinsam in der Klasse bleiben." Bald schon wolle er den Fans "mal wieder weitere Reisen als nur bis Neustrelitz schenken". Die dritte Liga, in der er auch schon für Rot-Weiß Oberhausen spielte, sei mittelfristig sein Ziel. Aufsteigen wollte auch Tennis Borussia. Nun steht Trainer Dejan Raickovic vor einem Scherbenhaufen. Bereits zwölf Punkte Rückstand sind es auf Babelsberg 03, viele Spieler (wie Nenad Vuckovic, der beim 1. FC Union vorspielt) stehen vor dem Absprung. Sportchef Ronald Maschke klagte über Gehaltsrückstand, stellte die Arbeit ein und wurde entlassen. "Ich mache seine Arbeit bis zum Saisonende jetzt mit", sagt Raickovic, "welche Ziele wir uns noch setzen können, weiß ich erst, wenn klar ist, wie viele Spieler bleiben."

Eine sechsstellige Summe fehlt im Etat von 350.000 Euro, weil Sponsorenverträge allzu optimistisch erfolgsabhängig abgeschlossen wurden. Dass Vorstandschef und Geldgeber Peter Antony laut über einen Rückzug in die Verbandsliga nachgedacht hat, sorgt ebenfalls für Unruhe. "Ich verstehe nicht, was er aus dem Bauch heraus alles sagt", betont Ehrenpräsident Klaus Schumann, "ich hoffe, dass er das nicht ernst meint." Davon geht auch Dejan Raickovic aus, der bis Saisonende im Amt bleiben soll und mit jungen Spielern "den Verein auch finanziell auf gesunde Beine stellen will. In der Mannschaft herrscht noch Ruhe und Freude am Spiel". Zum siebten Mal holte TeBe den begehrten Hallentitel. Für Raickovic "ein Beweis, dass wir uns nicht hängen lassen". "Irgendwann", so der ehemalige Zweitligaprofi der Veilchen, "gibt es auch wieder bessere Zeiten." So denken sie auch beim BFC.

Matthias Wolf, Berliner Zeitung, 15.01.2007