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Ein Abbruch und die Folgeschäden / Verstärkter BFC Dynamo geht nicht ohne Sorgen in die kommende Saison

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Nicht immer ist Fußball nur Sport. Wäre er es, dürfte der BFC Dynamo auf eine durchaus erfolgreiche Saison zurückblicken. Im Zeitraffer: den Fünf-Niederlagen-Fehlstart mit dem Trainerwechsel Fijalek für Piepenburg abgewürgt, danach in der Hinrunde überhaupt nicht mehr verloren und am Ende, jenseits von Gut und Böse, einen beachtlichen sechsten Rang erklommen. Viel mehr hatten die Verantwortlichen ohnehin nicht vor. Doch es gab den 13. Mai, den pechschwarzen Samstag: Chaos und Randale gegen Erzfeind Union, Spielabbruch im Sportforum, hinterher Heulen und Zähneklappern. Die Strafen schienen milde: 0:2 am Grünen Tisch, 2.000 Euro und ein Geisterspiel gegen Wismar. Aber es hängt mehr dran, weit mehr. ”Bisherige Sponsoren sind abgesprungen, potentielle brachen die Verhandlungen ab", nennt Mario Weinkauf die gravierenden Folgeschäden. Der soeben in seine zweite Amtszeit gewählte Präsident hatte es bereits unmittelbar nach dem Crash gewusst: "Ein herber Rückschlag für den Verein."

Noch ist nicht geklärt, wer im Zuge verschärfter Sicherheitsauflagen die Kosten trägt für die neuen Zäune im Sportforum: Sportamt, Senatsverwaltung und Bezirksamt spielen die Kugel per Dreierpass hin und her. Vorerst muss der BFC in den ungeliebten Jahn-Sportpark umziehen, wo er Reinigungs- und Versicherungskosten zu berappen hat und die Einnahmen vom Imbiss nicht behalten darf. "Wir fühlen uns von den Behörden allein gelassen", klagt Weinkauf und beschreibt die Wirtschaftslage des BFC so: "Wir leben derzeit von der Hand in den Mund." Vor diesem Hintergrund er staunt es keineswegs, dass die Verantwortlichen mit ihren sportlichen Zielen sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen wollen. "Wir haben eine passable Mannschaft beisammen und wollen im vorderen Bereich ein ernsthaftes Wort mitreden", sagt Weinkauf. Mehr jedoch sei aufgrund der Umstände nicht drin: "Wir können nicht in zwei Jahren machen, was Erzgebirge Aue in zehn Jahren gemacht hat", meint der Präsident.

In die gleiche Kerbe schlägt sein Trainer. "Wir haben ein paar ordentliche Fußballer dazubekommen", findet Rajko Fijalek, "rein sportlich bin ich zufrieden." Ganz oben mitzumischen hält allerdings auch er für unmöglich: "Unser Ziel ist es, den Abstand nach oben zu verkürzen. Für die eine oder andere Überraschung sind wir sicherlich gut." Gut möglich. Besonders im Angriff scheint Dynamo sich wirkungsvoll verstärkt zu haben. Fricke, der Ex-Babelsberger, ist immer für 15 bis 17 Saisontore gut. Ähnliches wird vom Ex-Eberswalder Jahn erwartet, der seinen befähigten Kollegen Lorenz gleich mitgebracht hat. Dessen Aufgabe wird es sein, dem manchmal etwas ideenarmen Mittelfeldspiel mehr Esprit zu verleihen - noch dazu nach dem Abgang des Altmeisters Zöphel, den berufliche Perspektiven ins brandenburgische Rüdersdorf lockten. Und im Abwehrbereich, wo Dynamo ohnehin die geringsten Sorgen plagten, ist mit Pocrnic ein weiterer Modellathlet hinzugekommen - womöglich eine langfristige Alternative für Urgestein Lenz, dessen Karriere sich allmählich dem Ende zuneigt. "Über Platz zwei bis fünf würden wir uns riesig freuen", fasst Fijalek zusammen, schränkt aber als alter Skeptiker sofort ein: "Wir müssen schnell eine Einheit werden und von Verletzungen verschont bleiben." Ja, sicher - aber das gilt natürlich für jede andere Mannschaft auch....

Raimund Wilheim, Fußballwoche-Sonderheft, 04.08.2006


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