| Sie haben nicht locker gelassen, die Fans des BFC Dynamo. Ein streitbares Dutzend rund um Fanbetreuer Rainer Lüdtke hat das geschafft, was kaum einer mehr für möglich hielt: Wenn am Freitag, 19 Uhr, im BCA-Hotel die außerordentliche Mitgliederversammlung stattfindet, kann ein neuer Vorstand die finanzielle Rettung des Vereins verkünden. Es ist zwar auch bei erfolgreicher Sanierung nur ein Überleben auf bescheidenem Niveau (der Neuanfang startet in der fünftklassigen Verbandsliga) - immerhin wurde der Konkurs und damit verbundene Sturz bis in die Kreisliga vermieden. Designierter neuer Klub-Präsident ist Mike Peters. Der 30-jährige Inhaber einer Zeitarbeitsfirma sieht durchaus Zukunftschancen: "Es geht aufwärts. Unser Ziel ist die Regionalliga - mindestens." 2,2 Millionen Euro Schulden belasten den BFC, noch vor kurzem schienen 204 000 Euro an Masseforderungen ein unüberwindbares Hindernis, um überhaupt einen Insolvenzplan zu erstellen.
Doch dann klapperten die Fans alle Gläubiger ab, erreichten zahlreiche Verzichtserklärungen. Auch von ehemaligen Spielern, die in der vierten Liga teilweise Monatsgehälter von über 6 000 Euro kassierten. Das soll es nie wieder geben, auch wenn Peters eine "qualitativ hochwertige Mannschaft" ins Rennen schicken will, "der sofort die Rückkehr in die Oberliga gelingt". 110.000 Euro gilt es nun noch zu beschaffen. Den größten Teil gibt Peters, der für sein in Hohenschönhausen ansässiges Unternehmen (50 Angestellte) einen Jahresumsatz von 2,5 Millionen Euro ausweist, der Rest kommt von Dirk Fischer, Besitzer einer Werbeagentur - und 16.000 Euro haben die Fans auf einem Spendenkonto gesammelt. Peters, eigentlich kein ausgewiesener Fußballfan, hat beeindruckt, wie die Fans zuletzt um Sponsoren und sogar Spieler geworben haben.
Hendryk Lau zum Beispiel (zuletzt Dresdner SC), einst auch Torjäger in Babelsberg, würde zurückkommen, wenn der BFC ihm einen Arbeitsplatz vermitteln kann. Den letzten Anstoß gab Peters dann, als ebenfalls Fans gemeinsam mit dem ehemaligen Trainer Volkmar Lucius dafür sorgten, dass das alte Präsidium durch einen Antrag beim Amtsgericht gestürzt wurde. Der bisherige Vorstand mit Rayk Bernt und André Sommer hatte durch seine Nähe zu den "Hell´s Angels" mögliche Geldgeber abgeschreckt. Einziger Wehrmutstropfen: Die Rechte am Vereinslogo, nicht nur dank zehn DDR-Meistertiteln immer noch ein Wirtschaftsfaktor im Bereich Merchandising, liegen beim ehemaligen Vorstand. Natürlich wolle man diese Einnahmequelle zurückhaben, sagt Peters, aber auch so habe der Vereinsname "einen guten Klang - mit dem Potenzial lässt sich etwas machen". Eine diskutierte Fusion mit dem ebenfalls finanziell maroden Berliner AK (der im Besitz einer Oberliga-Lizenz ist) wurde abgelehnt.
"Wir wollen es alleine schaffen, mit einem sauberen Schnitt", sagt Lüdtke. "Lieber weiter unten anfangen, aber gesund." Lüdtke will künftig als Beisitzer die Amtsgeschäfte des Vorstands kontrollieren: "Damit nie mehr der Größenwahn einzieht." Auferstehen aus Ruinen. Dem BFC ist wenig geblieben: Seine 400 Mitglieder, eine zuletzt immer mehr bröckelnde Jugendabteilung mit nur noch 280 Spielern - und die Fans. Für die neue Saison gibt es noch keine adäquate Mannschaft, keinen Trainer - und der Meldeschluss beim Verband lautet eigentlich 31. Mai. Der BFC hat die Frist um sechs Tage verlängern können. Bis dahin soll klar sein, wer den Etat für die Verbandsliga (150 000 Euro) stellt. Es wird in erster Linie Mike Peters sein. "Es würde keinen Sinn machen, für die Altlasten gerade zu stehen und dann nicht den Neubeginn zu finanzieren", sagt er. "Aber ich denke, wir investieren in eine bessere Zukunft."
Matthias Wolf, Berliner Zeitung, 31.05.2002
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