Geldgeber LIPRO will die Macht / Führungskrise nach Rücktritt von Wanski und Rose

Präsident Volkmar Wanski und Vizepräsident Ralf Rose legten am Dienstag auf Knall und Fall ihre Ämter nieder. Sind das noch Nachwirkungen der verkorksten Saison 99/00 mit Manager- und Trainerwechsel, mit zwar wirtschaftlicher Konsolidierung dank neuen Hauptsponsors LIPRO, aber sportlich indiskutablem Abschneiden? Oder sind das heraufziehende schwarze Wolken vor dem neuen Spieljahr, das nach allen öffentlich getätigten Ankündigungen mit der Oberliga-Meisterschaft enden soll? Darüber zu streiten ist müßig. Fest steht, dass der BFC Dynamo, dessen 1. Mannschaft unter Leitung von Jürgen Bogs heute das Training aufnimmt, enorme Umstellungen in seiner Führungsetage zu bewältigen hat, die den Punktspielstart beim FC Schönberg überschatten. Zur Zeit hält Sportdirektor Hans Reker, den der Wirtschaftsrat zum amtierenden Präsidenten bestimmte, alle Fäden in der Hand. Der frisch gebackene Geschäftsführer Mario Maek an seiner Seite fühlt sich wohl ins eiskalte Wasser geworfen. Mit einer derart schwierigen Aufgabe hat kaum ein anderer Anfänger auf diesem Stuhl fertig werden müssen.

Nach Auskunft des Wirtschaftsrats-Vorsitzenden Matthias Stawinoga wird die "Doppel-Spitze" noch einen Monat durchhalten müssen. Erst Ende Juli/Anfang August tritt das höchste Führungsgremium des Vereins zusammen, um einen neuen Präsidenten einzusetzen. Es wäre keine Überraschung, wenn der aus den LIPRO-Reihen käme. Denn der Geldgeber, der es möglich macht, die Dynamos bis zum Beginn der neuen Saison von ihren Schulden zu befreien, drängt nach mehr Einfluss auf die Führung des BFC. Motto: "Wer die Musik bezahlt, will auch an der Programmgestaltung des Konzerts beteiligt sein." Höchst verständlich! Wahrscheinlich liegt in diesem Streben der Grund für den Wanski-Rücktritt. Der Bauunternehmer hielt den von ihm straff geleiteten Verein jahrelang fast allein über Wasser, investierte nicht nur Zeit, sondern auch erkleckliche Summen. Sein Wirken blieb in der Berliner Fußballszene nicht immer unumstritten, aber seine Verdienste werden allgemein anerkannt.

Um so bedauerlicher sein Rückzug über Nacht. In die Bedeutungslosigkeit zurückwerfen wird dies den Verein in Hohenschönhausen nicht. Dafür stehen die von LIPRO garantierte gesunde finanzielle Basis (Gerüchte von jüngst aufgetauchten Verbindlichkeiten gegenüber Krankenkassen entbehren laut Reker jeglicher Grundlage) sowie mit Jürgen Bogs und Co-Trainer Norbert Paepke erfahrene und engagierte Männer in der sportlichen Führung der Oberligamannschaft. Der amtierende Präsident und Sportdirektor in einem, Hans Reker, und sein als langjährige Spielerpersönlichkeit gereifter und geschätzter Helfer Mario Maek krempelten die Ärmel hoch: Ein erfolgreicher Saisonstart soll trotz allem gewährleistet werden. Dann werden auch in der Führung Lücken geschlossen, und das Ziel des Spieljahres kann mit neuen, an einem Strang ziehenden Leuten angegangen werden.

Wolf Kepler, Neue Fußballwoche, 03.07.2000