Überholen ohne einzuholen / Der BFC Dynamo steigt ein Jahr nach der Rückbenennung in die Oberliga ab - und träumt von Liga zwei

"Die Umbenennung in FC Berlin hat uns nicht viel gebracht. Vielleicht können wir mit der Rückbenennung den einen oder anderen neu motivieren." (Volkmar Wanski, Präsident des BFC Dynamo, am 28. April 1999)

Hohenschönhausen - Geburtstage zählen zu den schönsten Tagen des Jahres. Aus jeder Ecke prasseln Glückwünsche auf einen hernieder, zur Feier des Tages wird eine Kerze angezündet, deren Flamme das Lebenslicht symbolisiert. Auf der Torte des "neuen" BFC Dynamo, dessen Namenstag sich in diesen Tagen zum ersten Mal jährt, strahlt die Flamme auf der Geburtstagstorte mitnichten so hell, wie es sich die Verantwortlichen des Fußball-Regionalligisten gewünscht haben. Am 3. Mai 1999 beschloss die Mitgliederversammlung beinahe einstimmig die Rückbenennung von FC Berlin in BFC Dynamo, seit 8. Mai letzten Jahres ist die namentliche Rückkehr zur zweifelhaften Tradition des einstigen Stasi-Klubs der DDR amtlich.

Doch statt der Auferstehung aus Ruinen wurde auch noch das letzte Fünkchen Hoffnung, in naher Zukunft wieder an große Zeiten mit Meisterschaften und internationalem Fußball anzuknüpfen, dem Erdboden gleichgemacht: Der Klub steht mit dem Abstieg in die Oberliga vor dem Sturz in die Viertklassigkeit. Herzlichen Glückwunsch. Dabei sollte es nun endlich wieder aufwärts gehen. Sponsoren und ein vermeintlich schlagkräftiges Team sollten dem BFC zum Sprung in die neue dritte Profiliga verhelfen. Doch schon nach dem 8. Spieltag der laufenden Saison am 18. September war alles vorbei. Es folgten 13 Partien ohne Sieg.

Auch der zwischenzeitliche Trainerwechsel vom glücklosen Klaus Goldbach zu "Meistermacher" Jürgen Bogs (zehn BFC-Titel von 1979 bis 1988) brachte nichts. Das Saisonziel war schon vor Weihnachten kläglich verspielt, der BFC hatte sich längst am Tabellenende festgesetzt. Herzlichen Glückwunsch. Und nebenher schipperte das BFC-Schiff auch finanziell langsam aber sicher an den Rand des Ruins. Ausstehende Gehälter im Oktober, Entlassung von Manager Horst Göhler, Schulden von etwa einer halben Million Mark - auch das Vorhaben, nur noch sportlich für Schlagzeilen zu sorgen, war ebenfalls pulverisiert. Herzlichen Glückwunsch.

"Ohne Volkmar Wanski wäre der Verein schon längst tot." Hans Reker, seit 1. Januar diesen Jahres geschäftsführender Sportdirektor und Vize-Präsident der Weinrot-Weißen, weiß, wie lebensnotwendig die Finanzspritzen des Präsidenten waren. Und seit Rekers Mitwirken sowie dem Engagement eines Software-Unternehmens ist zumindest finanziell wieder ein wenig Land in Sicht. Reker: "Bisher sind bereits über 100.000 Mark geflossen, in den nächsten fünf Jahren soll die Summe auf sieben Stellen anwachsen." Herzlichen Glückwunsch. Das negative Image scheint der Klub allerdings nicht los zu werden.

"Der Name BFC Dynamo ist aber nur im Osten vorbelastet. Ich habe mit vielen aus dem Westen gesprochen, die kennen den BFC als Klub, der vor allem sportlich sehr erfolgreich war." So viele scheinen Rekers Meinung aber doch nicht zu teilen, denn nach wie vor rennen die Sponsoren den Dynamos keineswegs die Türen ein. Und auch die Zuschauer strömen nicht unbedingt in Scharen ins Sportforum, nur der Rekordbesuch gegen den 1. FC Union (4220) hebt den Saisonschnitt auf kaum über 1000 Fans pro Heimspiel. Herzlichen Glückwunsch. "Wenn wir in zwei, drei Jahren unseren Zielen näher gekommen sind, dann wird sich auch unser Image wandeln", setzt Reker auf den Faktor Zeit - und damit auf die Jugend.

Wie auch Trainer Jürgen Bogs: "Klar, dass bei mir jetzt die jungen Spieler mehr zum Zuge kommen, schließlich sind sie es, mit denen wir gleich wieder aus der Oberliga aufsteigen wollen." Es sollen die ersten Früchte der guten Nachwuchsarbeit (über 400 Spieler in 18 Jugendteams) des BFC sein. Reker: "Wir müssen den BFC wieder zu einer der ersten Adressen für den Nachwuchs machen." Eine ehrenvolle Aufgabe, herzlichen Glückwunsch. Und sogleich schaut der ehemalige Marketing-Manager des EHC Eisbären in eine rosarote Zukunft: "Bis Jahresende ist Dynamo aus den roten Zahlen, in fünf Jahren spielt der Klub in der Zweiten Liga." Der DDR-Traum vom Überholen - ohne wirklich einzuholen. Der BFC Dynamo träumt ihn weiter. Herzlichen Glückwunsch. Alles klärt sich irgendwann durch den Erfolg.

Von Michael Färber, Berliner Morgenpost, 05.05.2000