| Jetzt sollte man die Vergangenheit einfach ruhen lassen." Für Jürgen Bogs, den neuen, alten Trainer beim Fußball-Regionalligisten BFC Dynamo, sind die Blicke klar nach vorn gerichtet. Seit Dienstag vergangener Woche ist der Trainer wieder in seinem Revier. Schließlich holte Bogs zu DDR-Zeiten mit dem BFC von 1979 bis 1988 zehn Meistertitel in Folge, stand zudem bei rund 50 Auftritten auf europäischer Bühne an der Seitenlinie des in der Bevölkerung verhassten Stasi-Klubs. Doch nachdem das Aushängeschild des DDR-Fußballs nach der Wende in der Versenkung der Regionalliga verschwunden war, kam nach diversen Spielerabgängen (z. B. Doll, Thom, Rohde) auch für Bogs im Jahre 1993 das Aus bei dem Verein, an dem nach wie vor sein Herz hängt.
"Ich habe auch lange gezögert, bis ich ihn angerufen habe", erinnert sich BFC-Präsident Volkmar Wanski an die Stunden nach dem Rauswurf von Klaus Goldbach, der nach dem 0:3 beim VfB Leipzig - zugleich dem achten Spiel ohne Sieg - seinen Platz räumen musste. Zunächst die Umbenennung von FC Berlin in BFC Dynamo, nun die Rückkehr von Jürgen Bogs - schon machte der Kalauer "jetzt fehlt ja bloß noch Erich Mielke" die Runde. Und spätestens nachdem Dynamo im Spiel gegen die Tennis Borussia Amateure nach gut einer Stunde einen unberechtigten Elfmeter zugesprochen bekam, wehte tatsächlich ein Hauch des alten Miefs durch das Sportforum Hohenschönhausen. Nur gut, dass Maric zum Strafstoß antrat und den Ball völlig unmotiviert in den Berliner Himmel jagte.
"Was nun von draußen hineingetragen wird, interessiert mich nicht. Die Dinge bewegen sich im Laufe der Zeit eben in andere Richtungen", so Wanski. Eine einfache Rechtfertigung dafür, dass der ehemalige Leiter der BFC-Jugendabteilung Bogs zuvor schon mehrfach als neuen Trainer abgelehnt hatte. Nun, da das Schiff bereits dem völligen Untergang nahe ist, soll es Bogs jedoch richten. In der vergangenen Saison, als der BFC nach ähnlich starkem Beginn lediglich bis ins Mittelfeld abgerutscht war, schien Bogs nach der Demission von Henry Häusler noch nicht gut genug, um den drohenden Absturz zu vermeiden. Wanski, der inzwischen schon selbst nicht mehr an Platz sechs und die Qualifikation für die neue dritte Liga glaubt, hält ihn nun "für einen guten Trainer".
"Ich glaube, dass in der Mannschaft mehr steckt, als es die momentane Tabellensituation aussagt", machte sich Bogs frisch ans Werk. "Der Kader hat das Potenzial für die ersten sechs Plätze", so der 52-Jährige, der über Schwedt, Emden und Neustrelitz den Weg zurück nach Berlin fand. Schließlich habe die Mannschaft dies in den ersten acht Saisonspielen mit dem Sprung auf Rang zwei bewiesen ("Da hat das Team an sich geglaubt."). Dass im Rausch einer Erfolgsserie auf dem Rasen viel mehr gelingt als in Krisenzeiten, scheint der Meistertrainer vergangener Jahre allerdings zu übersehen. Als Grund der derzeit miserablen Leistungen hat Bogs ein "Kopf- und Fitnessproblem ausgemacht. Die Spieler stellen sich viel zu oft selbst die Räume zu und schlagen die Bälle nur planlos nach vorn. Es wurde vergessen, Fußball zu spielen".
Außerdem fehlt im Mittelfeld ein Spielgestalter. Bogs: "Ich hatte gehofft, dass Rehbein diesen Part übernehmen kann", bleibt diese Position nach dem 1:2 gegen TeBes Amateure weiter unbeantwortet. Um den Spielern das Alibi für schlechte Leistungen zu nehmen, hat der Trainer "erst einmal drei Tage lang nur geredet. Denn wenn wir jetzt sagen, wir planen ohnehin schon für die Oberliga, dann ist die Motivation völlig weg." Die ersten 90 Minuten der neuen Ära Bogs beim BFC begannen jedoch so, wie die letzten unter Goldbach aufgehört hatten - enttäuschend. "Das Schlimme ist nur, dass wir mit dieser bitteren Niederlage nun acht Wochen leben müssen", so Bogs. Genau bis zum 5. Februar 2000, wenn die Dynamos zum Rückrundenauftakt im Sportforum den 1. FC Magdeburg empfangen. Bis dahin soll die Vergangenheit endgültig zur Ruhe gebettet sein.
Michael Färber, Berliner Morgenpost, 13.12.1999
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