Zurück in die Zukunft: FC Berlin heißt wieder BFC Dynamo

In der Fußball-Regionalliga Nordost wird der FC Berlin ab der kommenden Saison wieder unter seinem alten Namen BFC Dynamo spielen. Dieser eigentlich eher formale Akt bezieht seine Bedeutung aus der Tatsache, daß es sich um jenen Klub handelt, der mit zehn Meistertiteln in Folge (von 1979 bis 1988) in der DDR zwar beispiellos erfolgreich, wegen seiner politischen Nähe zum Ministerium für Staatssicherheit in der Bevölkerung aber ausgesprochen verhaßt war. Stasi-Chef Erich Mielke hatte den Fußballverein zu seinem persönlichen Lieblingsspielzeug erklärt. Auch nach der Wende hatte der im Stadtteil Hohenschönhausen beheimatete Klub, obwohl er sich 1991 in FC Berlin umbenannte, unter dem Stasi-Image von einst zu leiden. Die Spieler aus der erfolgreichen DDR-Ära (u. a. Thom, Doll, Ernst und Rohde) waren schnell verkauft, die einstigen Funktionäre sind längst verschwunden - aber an dem Image hat sich bis heute nichts geändert.

"Wir konnten machen, was wir wollten. Den Stasi-Geruch von früher bekamen wir einfach nicht weg", mußte auch Präsident Volkmar Wanski einsehen. Als der Bauunternehmer aus dem Westteil der Stadt vor fünf Jahren sein Amt antrat, glaubte er für seinen Verein noch an eine faire Chance. Doch die gab es nicht. Zu sehr drückte die Last aus früheren Zeiten: Sponsoren wollten kein Geld geben, bei Auswärtspartien wurden die Spieler vom Publikum regelmäßig als "Stasi-Schweine" beschimpft und daheim von den eigenen Fans stets mit "Dynamo, Dynamo"-Sprechchören angefeuert. Nun soll die erneute Namensänderung den Etikettenschwindel beenden. "Den Namen FC Berlin hat ohnehin keiner angenommen. Die Leute, die sich mit diesem Klub identifizieren, identifizieren sich mit dem BFC Dynamo", hat Wanski erkannt. Das bewies auch die Mitgliederversammlung am Montag, als die Umbenennung mit Mehrheit beschlossen wurde (125 Ja- und drei Nein-Stimmen bei sieben Enthaltungen).

Das klare Votum wertet Wanski als neue Chance für die Zukunft: "Ich erhoffe mir vor allem mehr Zuschauer. Denn wir wollen nicht die politisch-gestrigen, sondern die sportlich-interessierten Anhänger aus früheren Zeiten wieder ins Stadion locken", hofft der Präsident auf einen positiven Schub, der dann auch den einen oder anderen neuen Sponsor anlocken soll. Zwar wird der Klub offiziell erst in der nächsten Saison unter seinem neuen Namen antreten, doch die Rückkehr zum alten Namen sorgt in der Szene schon jetzt für hitzige Diskussionen. Und die (öffentliche) Probe aufs Exempel wird es bereits am Samstag geben. Dann nämlich gastiert der FCB/BFC in der Regionalliga ausgerechnet bei Union Berlin - dem vom politischen Regime zu DDR-Zeiten stets unterdrückten Lokalrivalen.


Sascha Stolz, Die Welt, 05. 05. 1999