| FCB-Präsident Volkmar Wanski drohte bereits in aller Öffentlichkeit mit der Entlassung des Trainers. Und nach der Ankündigung des Bauunternehmers, mit Blick auf die um die Jahrtausend-Wende geplante dritte Profiliga seinen Verein zur Nummer eins im Osten Berlins zu machen, meldeten sich viele Kollegen des Werner Voigt, die auf dessen Nachfolge spekulieren. Der ehemalige DDR-Auswahlspieler Matthias Döschner (Dynamo Dresden, später Fortuna Köln) oder Fritz Bohla (derzeit Coach bei Wacker Nordhausen) zählen dazu.
Das läßt auch einen erfahrenen Mann wie Voigt nicht gänzlich kalt. Dessen Frau beschlich vor dem Spiel gegen Erfurt ein ungutes Gefühl. Sie komme sich bereits vor wie auf gepackten Koffern, "eine blöde Situation, die wir schon zweimal mitgemacht haben". Voigt wurde einst nach jahrelanger guter Arbeit beim FC Hansa Rostock gefeuert (Uwe Reinders erntete die Früchte der Voigtschen Tätigkeit). Die zweite Entlassung erlebte er beim 1. FC Union Berlin, wo ihn Frank Pagelsdorf beerbte.
Präsident Wanski und sein Stellvertreter Rudi Haß waren nach dem Erfolg gegen Erfurt erst mal froh, keine unpopuläre Personalentscheidung treffen zu müssen. Auf dem Höhepunkt der Trainerdiskussion hatten sich die meisten Spieler für den Verbleib von Voigt ausgesprochen. "Der Sieg nach sehr kämpferischem Verlauf war überlebenswichtig für uns", sagte der gestreßte Trainer. Ein Blick auf die kommenden Ansetzungen gibt ihm recht. Es folgen drei Auswärtsspiele in Folge: schon am Freitag bei Tennis Borussia, danach in Plauen und bei Hertha Zehlendorf.
"Wer in dieser Saison absteigt, verschwindet vielleicht auf Nimmerwiedersehen aus der Fußballszene", glaubt FCB-Vizepräsident Haß, "deshalb müssen wir uns schnell ins Mittelfeld absetzen.” Immer mehr Sponsoren seien am FCB interessiert. sagt Haß, aber dem Verein seien trotz intakter Finanzen (man ist schuldenfrei) enge Grenzen gesetzt. Das habe man erst vor wenigen Tagen gespürt. Trainer Voigt war am Torjäger des 1. FC Union, Nico Patschinski, interessiert und man habe ihm auch ein Angebot unterbreitet.
"Doch der SV Babelsberg bot ungleich mehr, da können wir nicht mithalten", klagt Haß. Auch der Unioner Matthias Zimmerling stand zur Debatte. Der wechselt ins österreichische Klagenfurth. "Zu teuer für uns", weiß der Präsident. Trotz dieser Rückschläge geht die FCB-Führung keinen Deut von ihren Zielen ab: Etablieren im Mittelfeld und später angreifen, um eine gute Ausgangsposition bei der Vergabe der Plätze für Liga drei zu haben. Mit Jörn Lenz ist ein wichtiger Abwehrrecke über TeBe und Energie Cottbus zurückgekehrt.
Um seine Ziele zu erreichen, fragte Präsident Wanski beim Neujahrsempfang des Berliner Fußball-Verbandes (BFV) seinen Amtskollegen Manfred Zemaitat von Hertha BSC nach Möglichkeiten einer Kooperation, stieß aber auf wenig Echo. Zemaitat: "Es gab mal Überlegungen für eine Zusammenarbeit. Wir sollten dem FCB 200 000 Mark pro Saison geben und würden dafür talentierte FCB-Spieler mit 10 Prozent Rabatt bekommen. Dafür besteht derzeit kein Interesse bei uns."
Autor nicht bekannt, Berliner Zeitung, 26.01.1998
|