Mit Oleg, Lew und vielen Freunden

Feste soll man feiern, wie sie fallen, heißt es. Zum Beispiel Geburtstage. In diesen Wochen begehen die Fußballklubs unseres Landes den 10. Jahrestag ihrer Gründung. Anlaß genug, den zurückgelegten Weg noch einmal in Gedanken und Erinnerungen Revue passieren zu lassen, Stunden der Freude und des Erfolges, Stunden der Niederlage, mancher Probleme, die es zu meistern galt und gilt. Auf dem Redaktionstisch der fuwo lag in der ersten Januarwoche eine Einladung vom Berliner FC Dynamo. "X. Traditionsball" stand darauf. Journalisten und Fotoreporter erlebten so am Sonnabend mit, wie der BFC mit seinem Anhang Geburtstag feierte. Es war ein schöner Abend. Die Berliner Oberligafußballer begrüßten in ihrer Mitte den Vorsitzenden der Zentralen Leitung der SV Dynamo, Minister Erich Mielke, und weitere Ehrengäste.

Was war das für ein Jubel, als auf der Bühne sowjetische Sportler mit Rang und Namen erschienen. Der Vorsitzende des Zentralrates der SV Dynamo der UdSSR, Pjotr Bogdanow, der unter stürmischen Beifall einen Ehrenwimpel und einen Ball mit den Unterschriften der Spieler jener legendären Moskauer Dynamo-Elf übergab, die 1945 aufsehenerregende Erfolge gegen britische Klubs in London, Cardiff und Glasgow errang - mit der Bitte, die Geschenke dem Ersten Sekretär des ZK der SED, Genossen Erich Honecker, zu überreichen, verbunden mit den herzlichsten Grüßen der Dynamo-Sportler. Dann präsentierte man den 1.300 Gästen in der Dynamo-Halle: Makar Gonscharenko, einer der überlebenden der sowjetischen Mannschaft aus dem Todesspiel von Kiew gegen die faschistischen deutschen Besatzer, die fuwo berichtete darüber anläßlich des 30. Jahrestages der Befreiung, und Michail Semitschastny, der Kapitän der "London"-Elf Dynamo Moskau 1945.

Neuer Jubel: Lew Jaschin! Die nächste Generation Dynamos repräsentierte Wladimir Koslow, der sich an Dynamos Weltfestspieltreffen 1973 mit dem BFC erinnerte. Der Höhepunkte nicht genug - wer hatte schon Jewgeni Rudakow, Torhüter des Welt- und Europacupsiegers Dynamo Kiew unter den Gästen vermutet! Doch als schließlich verkündet wurde: "Und nun begrüßen wir hier unter uns einen Spieler, der vor wenigen Tagen als bester Fußballer Europas gekürt wurde", hallte es durch den Saal: "Oleg!" Jawohl, Oleg Blochin! Ein Siebenmeterschießen, ein Detail aus der Fülle des Programms, das von bekannten Künstlern von Bühne, Funk und Fernsehen gestaltet wurde, sah Rudakow auf dem Posten.

Er ließ sich weder von Dagmar Frederic bezwingen, noch von Peter Wieland und hatte bei Olegs Pfostenschuß Glück. So konstatierte "Programmchef" H. F. Oertel am Ende 0:0. Die Gäste des BFC aus dem Freundesland stellten sich am Sonntag der Presse. Sie waren auf den Seelower Höhen und besichtigten die Hauptstadt. Lew Jaschin kleidete seine Eindrücke in die Worte: "Ich war schon mehrmals in der DDR, und jedesmal begeistert mich das Wachstum Eures Landes. Wir besichtigten die Staatsgrenze am Brandenburger Tor und gingen von dort mit der Gewißheit, daß der Schutz unserer sozialistischen Staatengemeinschaft in sicheren Händen liegt. Unsere Beziehungen entwickeln sich so, wie es unter wahren Freunden üblich ist, ausgezeichnet!"


Joachim Pfitzner, Neue Fußballwoche, 13.01.1976