Trio ohne Rückennummer / Lob für Masseur: Er ist der zwölfte Mann!

Beifall gilt ihnen nur in den seltensten Fällen. Wenn Spieler und Trainer im Mittelpunkt des Geschehens stehen, leisten sie gewissermaßen hinter den Kulissen ihre verantwortungsvolle Arbeit. Ihre Namen werden kaum genannt, obgleich dafür eigentlich alle Veranlassung besteht. Denn: Mannschaftsleiter, Arzt und Masseur nehmen entscheidenden Einfluß auf den Leistungsstand eines Kollektivs, auf den Entwicklungsprozeß insgesamt. fuwo würdigt ihr umfangreiches Wirken mit dieser Fortsetzungsfolge. Einbezogen sind die Mannschaften der Oberliga, doch verbunden damit ist gleichzeitig unsere Wertschätzung für all jene, die in diesen Funktionen tätig sind. Bis hin zur untersten Ebene unseres Fußballsports!

DER MANNSCHAFTSLEITER: Joachim Hall, geboren am 6. Juli 1940. Verheiratet, zweiKinder, Diplom-Sportlehrer. Beginn der aktiven Fußball-Laufbahn bei der TSG Fürstenwalde, später bei der SG Dynamo Hohenschönhausen und beim BFC Dynamo. Mannschaftsleiter seit Beginn der Saison 1973/74.
DER ARZT: Dr. Wolfgang Hösrich, geboren am 4. Oktober 1940. Ledig. Facharzt für innere Medizin, Sportmedizin-Ausbildung im
letzten Jahr. Drei Jahre lang im BFC-Nachwuchsbereich tätig, seit Saisonbeginn 1974/75 beim Oberligakollektiv.
DER PHYSIOTHERAPEUT: Jörg Grunzig, geboren am 5. März 1938. Verheiratet, ein Kind, seit 1965 beim BFC.

"In zehn Jahren erlebt man schon einige Höhen und Tiefen mit. Da gab es ebenso Europapokalspiele wie zuvor 1967 den Abstieg in die Liga", meint Jörg Grunzig. Er, der fünf Jahre lang der Straßen-Nationalmannschaft der Radsportler angehörte und viele bedeutende Rennen wie die Tunesien-Rundfahrt, Rund um Dortmund oder Rund um die Braunkohle (Sieger vor Weißleder, Saidjushin und Schur) bestritt, hat den Wechsel ins BFC-Lager nie bereut. "Es war ohnehin mein erklärtes Ziel, nach Beendigung der aktiven Laufbahn mit dem Sport eng verbunden zu bleiben. So nahm ich 1963 die Ausbildung als Masseur auf und qualifizierte mich später als Physiotherapeut", erzählt er uns. Wenn Jörg Grunzig im Sprinttempo auf das Feld eilt, dann geht oft ein Raunen durch die Zuschauerreihen.

Das geschieht aber keineswegs um des äußeren Effektes wegen. "Es kann schon auf die Sekunde ankommen, die Verletzung muß schnell lokalisiert werden, eventuelle Blutungen sollen sich nicht ausdehnen, bei schwereren Blessuren muß der Arzt hinzugerufen werden", schildert er diese von den Fußballanhängern leider noch zu oft zu beobachtende Situation. "Er ist wirklich der zwölfte Mann, hat er doch einen sehr engen Kontakt zur Mannschaft", ergänzt Dr. Wolfgang Hösrich, der lange bei Empor Ilmenau als Linksaußen und Halbstürmer spielte, 1959 und 1960 dann dem damaligen SC Fortschritt Weißenfels angehörte, ehe ein Meniskusschaden ihn zum Pausieren zwang. "Ich möchte ausdrücklich betonen, daß wir in der medizinischen Betreuung ausgezeichnete Voraussetzungen haben, nicht zuletzt durch die sportärztliche Hauptberatungsstelle der SV Dynamo. Hier finden wir besonders bei Dr. Wolf-Dieter Albrecht, meinem Vorgänger beim BFC, jegliche Unterstützung."

Auch Dr. Waldemar Schneider, Abwehrspieler beim einstigen SC Dynamo, steht dem Klub oftmals mit Rat und Tat zur Seite. Fragen der Belastungs- und Erholungsphase, das Aufstellen von Teiltrainingsprogrammen für verletzt gewesene Spieler, die Zusammensetzung sportgemäßer Ernährung mit Kalorien- und Vitaminabstimmung und vieles mehr wird zwischen Sportmedizinern, Trainern und Mannschaftsleitern besprächen. So hat sogar der zur Fülle neigende Dietmar Labes jetzt mit 71 kg ein für ihn akzeptables Gewicht. "Seit zwei Jahren bin ich nun Mannschaftsleiter", sagt Joachim Hall. "Ich hätte nie geglaubt, welche Vielfalt von Dingen da auf einen zukommt. Diese Aufgaben sind andererseits sehr interessant. Allein die verschiedenen Charaktere der Spieler, auf die man sich einstellen muß, da gehört Fingerspitzengefühl dazu, denn schließlich will ich ja an jeden 'rankommen'. Eines habe ich mir von Beginn an zur Richtschnur meiner Tätigkeit gemacht: Erziehungs- und Ausbildungsprozeß sind nicht zu trennen."

Und Wünsche zur kommenden Saison? Joachim Hall: "Keinen so miserablen Start wie 1974/75, als wir in der Anfangsphase 4:12 Punkte erzielten." Jörg Grunzig: "Daß wir die richtige Synthese zwischen Spiel und Kampf finden, so wie wir es im zweiten Durchgang der vergangenen Spielzeit schon mehrmals demonstrierten." Dr. Wolfgang Hösrich: "Weniger Härte-, aber mehr Kombinationsfußball in allen Tabellenregionen. So viele Blessuren wie zuletzt möchte ich nicht wieder behandeln."


Hans Günter Burghause, Neue Fußballwoche, 22.07.1975