Nachwuchs sprießt auf dem Dynamo-Boden / Zielstelluing heißt: Durch langfristige Planung etwas von Bestand schaffen / Mut zum Risiko beim Einsatz junger Spieler / Neue Umkleide- und Geschäftsräume / Clubgaststätte soll Treffpunkt für Berlins Fußballfamilie werden

Die Geschäftsstelle des BFC Dynamo in der Berliner Straße in Hohenschönhausen steht vor dem Abriß. Sie muß nur dem Neuen weichen, denn das Sportforum dehnt und reckt sich, wird von Monat zu Monat imposanter. Neben den Fundamenten für eine Mehrzweckhalle mit Naturboden ist der einstige Flachbau mit den Umkleidekabinen der Fußballer von Gerüsten umgeben. "Er wird aufgestockt", sagte uns Georg Gläser, der technische Leiter des BFC, "und zugleich kann innen alles großzügiger gestaltet werden. Wir hoffen, daß wir im ersten Quartal 1969 in unserer neuen Heimstatt Einzug halten. Unten sind die Umkleide-, oben die Geschäftsräume. Auch unsere Anhänger werden wieder ein spezielles Fußball-Casino vorfinden. Außer den bestehenden vier Plätzen geht übrigens ein zweiter Hartplatz seiner Vollendung entgegen."

Der Erneuerungsprozeß beim BFC Dynamo bezieht sich aber natürlich nicht nur auf Gebäude und Plätze. Mehr noch als bei der Gründung des Clubs ist heute das in die Oberliga zurückgekehrte Kollektiv im Gespräch. "Wird es sich in der höchsten Leistungsklasse behaupten?" fragen nicht nur die Berliner Fußballfreunde. "Natürlich verhehlen auch wir nicht, daß es für uns ein sehr schweres Spieljahr wird", hörten wir von Clubleiter Manfred Kirste. Das hält uns aber nicht davon ab, den einmal eingeschlagenen Weg weiter zu beschreiten. Nach dem 1966/67 erfolgten Abstieg in die Liga bewies Trainer Karl Schäffner viel Herz und hatte mit dem Einsatz junger Kräfte den Mut zum Risiko.

Spieler wie Meynhardt, Voigt, Schütze, Weber, Fleischer oder Lyszczan werden nun auch in der Oberliga ihre Chancen zu nutzen versuchen. Mit einem Durchschnittsalter von 23 Jahren haben wir zweifellos die Zukunft für uns. Wenn wir es verstehen, mit unseren hoffnungsvollen Aktiven weiter systematisch zu arbeiten, sollten wir in der Lage sein, in den nächsten Jahren auch wieder in die Spitzengruppe vorzudringen. Bei der Gründung des Clubs war es ohnehin unsere Zielstellung, durch eine langfristige Planung die Grundlage für etwas zu schaffen, was von Bestand ist." Dazu gehört eine leistungsstarke Nachwuchsabteilung. Auf das spielerische und kämpferische Niveau der Mannschaften aller Altersstufen darf der BFC mit berechtigtem Stolz blicken.

Seit der Bildung des Clubs hat Dynamo in Berlin die Mehrzahl der Titel und Pokale erobert, darüber hinaus aber die Hauptstadt auch in den DDR-Wettbewerben ausgezeichnet vertreten, wie die untenstehende Statistik beweist. 1968/67 gewann der BFC bei den Junioren, der Jugend und den Knaben die Berliner Meisterschaft, bei der Jugend, den Schülern und Knaben den Pokal, 1967/68 wurde die Überlegenheit noch deutlicher (Titel für Junioren. Jugend, Knaben und Kinder, Pokale für Jugend, Schüler und Knaben). So braucht man kein Hellseher zu sein. um vorauszusagen. daß aus dem Dynamo-Boden draußen im Nordosten Berlins auch in den nächsten Jahren zahlreiche veranlagte Spieler sprießen werden, die mit vielseitigem Rüstzeug ausgestattet in die Männermannschaften rücken.

Die Verantwortlichen des BFC haben spätestens beim Abstieg 1967 in die Liga endgültig erkannt. daß es nicht allein genügt, kollektiv beachtlich starke Vertretungen aufzubauen, sondern die Jungen zu fördern und zu entdecken, die alle positiven Eigenschaften kommender Spielerpersönlichkeiten in sich vereinen. "Sie sollen unserem Club, aber auch den Auswahlmannschaften unserer Repnblik die belebenden Impulse geben", meinte Dynamo-Trainer Karl Schäffner. Die Berliner legen großen Wert darauf, ihre Leistungsaufträge mit eigenen Kadern auf der Basis der Sportvereinigung Dynamo zu erfüllen. So gehörten Lihsa (Eisleben), Meynhardt (Wanzleben), Voigt (Königs Wusterhausen), Schütze (Oschersleben) oder die jetzt aus den Junioren gekommenen Schramm (Torgau) und Rohde (Rostock) vor ihrer Delegierung nach Berlin Dynamo-Gemeinschaften an.

Natürlich ist der BFC such um gute Kontakte innerhalb der Hauptstadt bemüht. Im heimatlichen Stadtbezirk Weißensee gibt es sie mit mehreren Schulen, ebenso zu verschiedenen Sektionen Fußball. Flügelstürmer Detlef Weber zählte vor drei Jahren zu den Stützen der Juniorenligaelf Berolina Stralaus, heute ist er Stammspieler im Oberligakollektiv des BFC. Zwischen den beiderseitigen Nachwuchsabteilungen gibt es nach wie vor enge Bindungen, wobei der Club keineswegs nur der nehmende Teil ist, sondern die Paten-SG oftmals unterstützt, wie bei Auswärtsfahrten mit einem Omnibus. "Es ist ohnehin eines unserer Anliegen, nach der Fertigstellung unseres Fußball-Clubheims hier einem Treffpunkt für Trainer, Funktionäre und Aktive zu schaffen, denn die Berliner Fußballfamilie braucht solche Stätten, wie man immer wieder hören kann", sagte abschließend Clubleiter Manfred Kirste.

Hans-Günter Burghause, Neue Fußballwoche, 06.08.1968