FDGB-Pokal 1975/76 - Viertelfinale (Rückspiel): 1. FC Magdeburg - BFC Dynamo 4:0

BFC-Hoffnungen zerstoben schnell
Übermütig stimmten selbst die als "gemäßigte Fans" geltenden Tribünen-Zuschauer beim 1. FCM den frohen Gesang "Wo bleibt denn das 5. Tor...?" an. Ein solches Schützen- und Freudenfest hatte wohl vorher keiner aus der zuletzt schon etwas wankelmütig gewordenen Anhängerschar des Meisters erwartet. Sowenig Zuschauer wie diesmal, die gab's beim 1. FCM doch lange, lange nicht. Aber rechtzeitig, "um im Pokal und Meisterschaft vielleicht noch vieles zu retten" (Klubvorsitzender Herbert Groth), kann der Gastgeber auf seine Stammelf und auf sichtlich verbesserte Verfassung bauen.

Zwar bedeutete Pommerenkes Fußverletzung einen bitteren Tropfen in den Kelch der Freude, den Sparwasser wie Streich mit ihrem Auftauchen nach langer Zwangspause füllten, doch vom Vorsatz, "das 1:3 auf jeden Fall noch wettzumachen" (Kapitän Zapf) und auch vom entsprechenden Elan nahm das nicht einen Deut. Im Gegenteil, ein bißchen "Nun-erst-recht"-Stimmung spiegelte sich in den Reihen des 1. FCM wider. So entschlossen, einsatz- und lauffreudig hat man die Elbestädter in dieser Saison wohl zuvor kaum gesehen. "Für mich war es ihre ein wandfrei beste Leistung, auch spielerisch", betonte DFV-Trainer Kurt Holke.

Und Georg Buschner freute sich, daß "Streich wie Sparwasser, noch dazu auf diesem schwierigen Boden, gleich so gut wieder Fuß faßten." Es herrschte wirklich tolle Stimmung bei frostiger Kälte. Die Magdeburger Akteure ließen alle warm werden, so beherzt stürmte man mit allen Kräften, von Sandrock bis Hoffmann. Dabei zwar enormes Tempo, aber wenig Hast, kaum Übereifer. Der kluge Blick für den günstigen Nebenmann, das Gefühl für den besten Abspielzeitpunkt - er ging niemand ab. Imponierend der kleine "Quirl" Steinbach, der seinem Bewacher Lauck davonhuschte, wie er wollte. Und auch Tyll, Seguin ließen ihre Schatten Terletzki bzw. Riediger (!) nie über ihre Schatten springen.

So kam aus den hinteren Reihen ein Druck, der im BFC-Strafraum dank Streich, Sparwasser, Steinbach und dem verbesserten Hoffmann in zielstrebige Toraktionen gelenkt wurde. Wenn weiter vorn von "Warmwerden" die Rede war, so galt dies vorrangig den Zuschauern, dem Gast nicht. Er wurde es über die vollen 90 Minuten nicht so recht. Jedenfalls ließ er kaum organisierten Widerstand erkennen. "Reden wir nicht davon", winkte Reinhard Lauck enttäuscht wie alle ab. Sie fanden einfach keine Bande, weder zur Spielweise der Magdeburger, noch zum Boden. "Statt aus sicherer Abwehr beweglich zu spielen, stellten sich alle, auch unsere Routiniers Terletzki, Lauck hinten 'rein, schlugen die Bälle nur weg", zeigte sich Harry Nippert außer sich. "So wollten wir und so kann man auch nicht spielen."


1. FC Magdeburg:
Dorendorf; Zapf; Sandrock, Raugust, Decker; Stein, Seguin, Tyll; Streich, Sparwasser, Hoffmann
BFC Dynamo:
Creydt; Jonelat, Noack, Eigendorf, Wroblewski; Terletzki, Lauck, Schulenberg, Riediger; Netz (55. Johannsen), Jüngling (55. Brillat)

1:0 Zapf               (24.)
2:0 Hoffmann           (28.)
3:0 Sparwasser         (58.)
4:0 Tyll               (69.)

Schiedsrichter:        Glöckner (Markranstädt)
Zuschauer:             12.000


Horst Friedemann, Neue Fußballwoche, 23.12.1975